Südostasien, nur wohin?

Reisezeit: Februar / März 2003  |  von Martin Gädeke

LAOS: Auf Odyssee

Vang Vieng ist kalt, graue Wolken verschleiern die Berge und nachts ist Frieren angesagt. Das Kaff ist voll mit zugedröhnten Kiffern, die mit Sicherheit eine Menge Spaß dabei haben, nichts zu tun - das aber langsam. Und die Einwohner sind - vielleicht selbst von dem touristischen Verfall ihrers Ortes genervt - eher auf Distanz.

Auf der Flucht nach Norden, trotz Reisewarnung:
Zeit für mich, was Neues zu sehen, und Louang Prabang, noch weiter im Norden gelegen, soll ja sooo toll sein. Also schwinge ich mich aufs Motorrad, bekleidet mit 2 T-Shirts und einem dünnen Hemd, also allem, was ich zurzeit an Klamotten aufbieten kann.
Wie nicht anders zu erwarten, ist die kühle Luft des laotischen Nordens bei 100 km/h nicht mehr kühl, sondern ausgesprochen kalt. Und dummerweise geht die Fahrt hoch in die Berge, wo es noch kälter, dafür aber auch nebliger ist.
Hin und wieder stehen Männer mit bedrohlich aussehender Ausstattung am Straßenrand rum, die in ihrer verranzten Uniform zwar teilweise aussehen wie verwahrloste Deserteure, aber vermutlich nur den Rebellen angehören und auf Lokalbusse warten. Die Gewehre bleiben zumindest in meinem Fall geschultert, stattdessen winken die vermeintlichen Soldaten-Rebellen sogar von Zeit zu Zeit. Ob sie die Straße bewachen, belagern, oder einfach nur faul sind, bleibt mir vorerst verborgen.
Verborgen bleibt mir auch weiterhin die Stadt Louang Prabang, denn nachdem ich wegen der Kälte meine Finger nicht mehr recht fühle, entscheide ich mich endgültig (...?), auf den Norden, die Menschen dort, das Wetter, die zugedröhnten Touristen und überhaupt auf Nordlaos zu pfeifen.

Nun doch wieder nach Kambodscha?
Also zurück nach Vang Vieng, wo mir mir nach 2 Pizzen (unhappy!) und einer Menge Tee auch irgendwann wieder halbwegs warm ist. Nach erzwungener Übernachtung in diesem Ort geht es für mich endlich wieder Richtung Süden, hoffentlich zu wärmerem Wetter.
Doch die Fahrt ist immer noch reichlich kalt und auch in der Hauptstadt, die ich innerhalb von 2 Stunden - bei meiner Raserei vermutlich Rekordzeit - erreiche, gibt's kein bisschen Sonne, dafür aber teure Zimmer. So sehe ich mich zum ersten Mal gezwungen, in einem Schlafsaal abzusteigen - eine gute Wahl, denn die Japanerin, mit der ich das Zimmer teile, ist erstens die einzige hübsche Japanerin, die ich je gesehen habe, spricht außerdem besser Englisch als alle ihre Genossen zusammen (Oh Gott, das japanische Englisch!) und ist zu allem Überfluss auch noch richtig lustig.
So fällt es mir fast schon schwer, Vientiane wieder zu verlassen, doch ich bin hart und befinde mich am nächsten Tag im 500 Kilometer südlicher gelegenen Savannakhet, wie der Name schon andeutet, auch ein ziemliches Kaff - aber dafür eins mit Sonne.

Ich hege Hoffnung, irgendwie die Grenze von Laos nach Kambodscha überschreiten zu können, um dort am Mekong entlang wieder nach Phnom Penh zu gelangen. Doch ich habe kein Visum, in Vientiane war es nicht möglich, denn wegen Wochenende, anschließendem (Frauen-)Feiertag und einem Tag Wartezeit hätte ich dort 3 Tage warten müssen. Also lieber in den Süden und über verschiedene Internet-Foren ein paar Visumsinformationen ergattern, in der Hoffnung, dass sich alles klären wird. Doch Pustekuchen, die Internetfritzen liefern 24 Stunden lang nur negative Informationen.
Da sitze ich also vollkommen genervt, planlos (im Sinne des Wortes) und müde im hinterletzten Kaff am Mekong (übrigens die drittgrößte Stadt Laos') und vegetiere sinnierend vor mich hin, als ein Tuk-Tuk vor mir hält und ein paar sehr erschöpft aussehende Schweden direkt vor meinen Füßen auslädt: Tano und Voja, die beiden Reisenden, mit denen ich 10 Tage lang Kambodscha unsicher gemacht habe. Sie kommen gerade aus Vietnam und wollen, selbst am Ende ihres Urlaubs angelangt, dorthin, wo ich gerade herkomme: Vang Vieng. Das ist zwar auch keine Lösung für meine Probleme, aber wenn der Zufall schon dermaßen mitspielt, sollte man sich vielleicht drauf einlassen.

Sonnenuntergang am Mekong (Savannakhet).

Sonnenuntergang am Mekong (Savannakhet).

Mit dem Hühnerbus zurück zum Start:

Am Visumsproblem gescheitert, entscheide ich mich also für den Rückweg nach Norden, zumindest bis Vientiane, wo ich erstens nicht mehr am Arsch der Welt bin und zweitens eine bessere Ausgangslage für meine weiteren Pläne habe.
Der Nachtbus zurück in den Norden ist einen Dollar billiger, als meine bequeme Klimaanlagen-Tour gen Süden.
Der billige Preis hat es aber wirklich in sich:
doppelte Fahrtzeit, wesentlich mehr Leute als Sitze, der Mittelgang bis 1 Meter Höhe mit Reissäcken beladen, das Dach des Busses voll mit Gepäck, Motorrädern, riesigen Kühltruhen.
Unter dem Sitz vor mir steht eine große Tüte, gefüllt mit Wasser und voll mit grossen, seltsamen Fischen, die sich zweifelsohne sehr auf die 10-stündige Fahrt freuen.
Und ich bin mir sicher: Die SEHR laute Musik während der gesamten Nacht wird einen leichteren Gehirnschaden bei mir hinterlassen. Laos live.
Gemütlich lege ich zum Schlafen meine Füße auf einen der vermeintlichen Reissäcke, nur um bei der Ankunft festzustellen, dass kein Reis darin war, sondern lebende Enten, die jetzt durch den ganzen Bus rennen. Ein Spaß.
Die Musik läuft immer noch, eine laotische Version von "No No Limits", 2 Unlimited.
Ohnehin ist die Musik in Asien einfach toll, darum hier meine Top3:
3. Hotel California auf Thai
2. No No Limits auf Lao
1. Der "Titanic"-Song (Celine Dion) auf Khmer
Near, far, wherever you are ...

Die Entscheidung:
Noch habe ich meine Kambodscha-Pläne nicht aufgegeben, doch bei der örtlichen Visumsagentur muss ich mir freundlich erklären lassen, dass "same day - 45 Dollar" 2 Tage Warten bedeutet. Zwar verstehe ich es nicht, scheint aber dasselbe zu sein wie mit dem Videoverleih in Deuschland (1 Tag = 2 Tage, häh?). Hab ich auch noch nie verstanden.

Die Zeit rennt mir gerade massiv davon und ständig soll ich warten! Was soll denn der Scheiß?
Und öffentliche Verkehrsmittel kann ich auch keine mehr sehen:

  • über Laos nach Kambodscha? Visumsbedingt mindestens 3 Tage - allein bis zur Grenze.

  • über Thailand nach Kambodscha? 4 Tage insgesamt.

  • nach Thailand zu den südlichen Inseln? 3 Tage insgesamt.

  • 10 Tage Bangkok, meine letzten Dollar in Pat Pong in die lokalen Mädels investieren? Krank, dafür aber nur ein Tag Fahrtzeit!!! Der Favorit!!!

Oder einfach mit meinen Freunden zurück in den mittlerweile wieder warmen Norden, die Reiserei lassen und einfach nur noch relaxen? Ein paar Beerlao trinken, essen so viel wie möglich und Kambodscha und alles andere der Vergessenheit überlassen?
Ich lasse das Los entscheiden, ziehe "10 Tage im Puff in Pat Pong", womit die Sache klar wäre.
Natürlich finde ich Lose schwachsinnig (Lose!, nicht zu verwechseln mit "Laos", oder "Stefan Loose, Reiseführer"). Also sitze ich eine Stunde später mit meinen beiden Schweden in einem Bus, der dem vorab geschilderten fatal ähnelt, und befinde mich wieder auf dem Weg nach Norden.
Nun endlich bin ich nach 3 Tagen Fahrerei und weit ueber 20 Stunden auf der Straße immer noch am selben Ort: Vang Vieng, Zentrum laotischen Hanfanbaus.

Zur Hölle! Was mache ich hier?!?

© Martin Gädeke, 2003
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nachdem offenbar vor wenigen Stunden die thailändische Botschaft in Kambodscha abgebrannt ist - offenbar nicht ohne Fremdeinwirkung - stehe ich nun vor dem Scherbenhaufen meiner hochtrabenden Kambodscha-Pläne. Sicher scheint im Augenblick nur die Landung in Bangkok - die Frage nach dem "Wohin" wird sich dann wohl dort lösen.
Details:
Aufbruch: 08.02.2003
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 23.03.2003
Reiseziele: Katar
Thailand
Kambodscha
Phnom Penh
Laos
Kambodscha-Packliste
Der Autor
 
Martin Gädeke hat www.umdiewelt.de vor über 23 Jahren gegründet, ist aber nur einer von tausenden Aut­oren - und bei Weitem nicht der Aktivste. Dafür ist er für alles andere auf der Seite zuständig und immer für Dich erreichbar!
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