3 Wochen durch Bolivien

Reisezeit: August 2004  |  von Carsten Embert

Über die Todesstraße in den Dschungel

El Camino de La Muerte - Die Todesstraße
(Nach einer Autopanne Übernachtung auf ca. 3500 m Höhe)

Die Erde wackelt. Schon wieder fährt einer dieser dicken LKW's an unserem Schlafplatz vorbei. Hinauf nach La Paz. Es waren dutzende in der Nacht. Kurzer Blick auf die Uhr...05:00...ich bin nervös, und denke an die vielen Geschichten, die ich über die Straße gehört habe. Ich mache mir Gedanken über die armen LKW-Fahrer, die diese Strecke in der Nacht bewältigen müssen. Gab es heute Nacht vielleicht wieder einen tragischen Unfall, oder sind alle heil angekommen. Warum mache ich mir eigentlich so viele Gedanken, ich kenne die Strecke doch überhaupt nicht. So schlimm wird es nicht sein.

Unser Nachtlager auf ca. 3500 m Höhe

Unser Nachtlager auf ca. 3500 m Höhe

Jetzt muss ich auch noch auf Toilette. Mist. Es ist noch Stock-Duster und verdammt feucht. Wo ist die Taschenlampe? Ohne werde ich bestimmt nicht gehen. Dirk hat erzählt, in dieser Höhe gibt es durchaus schon Schlangen. Auch giftige. Ich habe die Taschenlampe gefunden, raus in die Kälte, ziemlich unangenehm.
Ein komisches Gefühl so mitten im Dunkeln in dieser verlassenen Gegend zu stehen. Nur der Lichtkegel um mich herum, sonst sehe ich gar nichts. Was ist da zwei Meter links von mir, was wackelt da im Gebüsch vor mir? Ich setze mich auf einen Stein, den ich natürlich entsprechend inspeziert habe, und denke über den kommenden Tag nach. Schlafen kann ich jetzt eh nicht mehr, also sitze ich hier ein wenig und schaue ins Nichts.

Dirk, Robert und ich (Freed)(von r. nach l.) noch warm eingepackt im Auto

Dirk, Robert und ich (Freed)(von r. nach l.) noch warm eingepackt im Auto

Irgendwann beschließe ich dann doch mich wieder zum Auto zu begeben. Robert ist mittlerweile wach, und ist froh mich wieder zu sehen. Er hat mitbekommen wie ich das Auto verlassen habe und hat sich Sorgen gemacht, weil ich nicht zurück gekommen bin. Hier oben in den Anden soll es hin und wieder auch zu Raubüberfällen auf Touris kommen. Das einzige was mich allerdings überfällt ist steigenden Nervosität, aber auch gleichzeitig Freude auf die "Camino de La Muerte", die Todesstraße.
Gegen 06:30 Uhr erwachen auch die andern müden Geister. Das erste Wort was man von den beiden im Zelt vernehmen kann ist "kaaaalt". Ohne groß zu zögern packen wir unsere 7 Sachen, schnell eine Katzenwäsche, und los geht es.

Der Beginn der Todesstraße (gegen 07:30 morgens)

Der Beginn der Todesstraße (gegen 07:30 morgens)

Gegen 07:30 Uhr, mittlerweile hat sich die Sonne über den Horizont geschoben, erreichen wir eine Weggabelung. Links geht die geteerte Straße weiter. Die mittlerweile neu gebaute Strecke ist aber wegen Bauarbeiten geschlossen. Egal, wir wollten sowieso die alte Straße fahren. Also ab rechts herum um einen Felsvorsprung. Schon jetzt ist zu erkennen, was uns die nächsten Stunden erwartet. Wir haben einen fantastischen Blick hinunter in den Bergregenwald. Noch weit in der Ferne ist die Straße zu erkennen, die wir jetzt befahren werden. Wahnsinn, wie sie sich um die Berge schlängelt. Allerdings befällt mich auch ein etwas mulmiges Gefühl, denn es ist steil, sehr steil. Die Straße ist nur 3-4 Meter breit, und Absperrungen gibt es nicht. Ich schaue Dirk an, und hoffe er ist fitt und wach genug uns hier heil runter zu bringen. Ich habe viel erwartet, aber dass, was ich hier sehe übertrifft alles.
Ein Schild am Anfang der Straße weist uns auf einige Verhaltensregeln hin. Licht anschalten, vor den Kurven hupen und ab sofort ist Linksverkehr. Warum? Klar! Nachdem unter vielen LKWs, die vollbeladen nach La Paz gefahren sind, die Kante weggebrochen ist, sollen die schweren vollbeladenen LKWs so an der Berginnenseite fahren, um dieses Problem nicht zu haben. Außerdem sitzt der Fahrer auch in Bolivien links am Steuer, und er kann durch den Linksverkehr um einiges besser die Abbruchkante einsehen.
Zuerst kommen wir noch an einer kleinen Hausansammlung vorbei, keine Ahnung ob man es Dorf nennen kann. Dann geht es so richtig ab.

Eine der vielen Kurven. Blos nicht gerade aus fahren....

Eine der vielen Kurven. Blos nicht gerade aus fahren....

In wirklich abenteuerliche Weise kriechen wir um jede Ecke, wild hupend und sichtlich nervös. Jeder von uns ist bis oben hin mit Adrenalin vollgepumpt. Überall sehen wir Kreuze, mal nur ein einziges, oft eine ganze Ansammlung. Dort ist wohl ein größeres Unglück geschehen. Vielleicht ein Bus, oder ein LKW mit vielen Anhaltern, der hier in die Tiefe gestürzt ist. Jedes Kreuz weist auf eine andere tragische Geschichte hin, die uns aber unbekannt bleiben wird.

Es ist steil, sehr steil!

Es ist steil, sehr steil!

Je weiter wir die Straße hinunter kommen, desto wärmer wird es. Auch die Vegetation wir immer üppiger. Und auch die Straße wird immer trockener und wir ziehen eine dichte Staubwolke hinter uns her.

Ein Problem, hoffentlich geht das gut!

Ein Problem, hoffentlich geht das gut!

Hin und wieder kommt uns ein Auto entgegen und Dirk muss in eine Ausweichbucht zurück setzen. Ich steige jedes Mal dafür aus, um ihn einzuweisen. Während ich Dirk Zeichen gebe, stehe ich selber am Abgrund und schaue mehrer Hundert Meter tief ins Tal. Nein, da will ich wirklich nicht runter stürzen. Die LKW schleichen an uns vorbei, nur Zentimeter trennen die Autos voneinander. Hoffentlich schwenkt der LKW nicht zur Seite und stürzt uns so in die Schlucht. Alles geht gut.

Unser Etappenzwischenstopp, Coroico.

Unser Etappenzwischenstopp, Coroico.

Nach ein paar wirklich aufregenden Stunden haben wir es geschafft. Glücklich heil hinunter gekommen zu sein, erreichen wir Coroico. Hier ist es schon richtig war, und das um 11 Uhr. In T-Shirt sitzen wir beim Frühstück und diskutieren über das eben erlebte, der Fahrt auf der Todesstraße.

tropischer Bergregenwald

tropischer Bergregenwald

Es geht weiter.Die Straße schlängelt sich weiterhin entlang der Berge zu Tal, jetzt ist sie aber breiter und daher nicht mehr "ganz" so gefährlich. Zwischenzeitlich halten wir an, da Dirk Echsen gesichtet hat und sich mit seinem Luftgewehr auf die Jagd begibt. Ausbeute sind drei Echsen, die Dirk in eine Tonne mit 96% Alkohol packt.
Allmählich kommen wir aus den Bergen raus, es ist heiß und sehr staubig, da wir seit dem Hochland kein Stück Teer mehr gesehen haben, sondern nur noch ein Gemisch aus Sand und Steinen. Bei einem entgegenkommenden Auto wird soviel Staub aufgewirbelt, dass man kurzzeitig gerade mal noch die eigene Motorhaube erkennen kann. So verläuft unsere Tour immer weiter, bis es allmählich dunkel wird.

Ea vor einem kleinen Wasserfall

Ea vor einem kleinen Wasserfall

Gegen 21:30, mittlerweile schon im tiefsten Dschungel im Amazonasbecken, erreichen wir Yakumo, wo wir zu Abend essen. Hier fragen wir, wie so oft auf der Tour; "quanta falta a rurrenabaque", was soviel heißt wie "wie viel fehlt noch bis Rurrenabaque". Die Aussagen der Bolivianer haben aber wenig Wert. Am besten man fragt immer so 3-4 Leute und nimmt einen Mittelwert von den genannten Zeiten. So haben wir in Yakumo Zeiten zwischen 1,5 und 5 Stunden genannt bekommen. Im Endeffekt sind wir drei Stunden später, so gegen 01 Uhr nachts in Rurrenabaque angekommen.


Hört hier meine Sprachaufzeichung des Tages:
über die Todesstraße in den Dschungel


Hier haben wir in der Moskito-Bar noch ein paar Bierchen getrunken und uns dann völlig erschöpft ins Hotelbett fallen lassen.
Wir sind überglücklich, endlich haben wir unser Ziel erreicht...den Dschungel.


besucht mich auf meiner Homepage

© Carsten Embert, 2005
Du bist hier : Startseite Amerika Bolivien Über die Todesstraße in den Dschungel
Die Reise
 
Worum geht's?:
Zuerst vertreiben wir uns die Zeit in Santa Cruz. Dann geht es über Cochabamba hoch aufs Alti Plano nach La Paz. Nach einer Panne und einer nicht geplanten Übernachtung auf 3500 m Höhe mitten im Nichts geht es über die Todesstraße hinab in den Dschungel. Weiter geht es Richtung Pampa und über Trinidad zurück nach Santa Cruz. Beim Rückflug machen wir noch einen 3-tägigen Zwischenstopp in Buenos Aires.
Details:
Aufbruch: 02.08.2004
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 28.08.2004
Reiseziele: Bolivien
Argentinien
Der Autor
 
Carsten Embert berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors