Zu den Burgen im Zweimuldental
Schloss Moritzburg
Es ist inzwischen schon wieder Mittagszeit vorbei und in Moritzburg nehmen wir dann unser Bütterchen zu uns, bevor wir Richtung Schloß losmarschieren. Imposant präsentiert sich die Burg in einem See.
Leider darf man im Schloß nicht fotografieren und diesmal halte ich mich sogar weitgehend daran. Die bemalten, gepunzten und geprägten Ledertapeten soll man natürlich nicht berühren. Diese sind rund 300 Jahre alt, werden zurzeit aufwendig nach historischem Vorbild restauriert und somit für kommende Generationen konserviert. Um für die Besucher einen haptischen Eindruck zu vermitteln sind extra kleine Muster bereitgestellt, die jeder ‚betatschen‘ darf. Alle Räume sind ausgesprochen düster mit den dunklen Ledertapeten und Bildern, außer der Kapelle, der Halle mit 71 Hirschgeweihen auf lindenholzgeschnitzten Tierköpfen und dem Festsaal, in dem eine riesige Tafel aufgebaut ist.
Doch eine Sonderausstellung ist besonders lohnenswert - das weltweit einmalige Federzimmer im japanischen Palais.
„Gemacht aus Federn aller Farben"
Durch eine Eintragung im Inventar des Japanischen Palais von 1721 ist bekannt, dass August der Starke im Juli 1723 „ein von allerhand bunten natürlichen und gemahlten Federn kostbar gewirktes Bette" erwarb. Das Inventar vermerkt weiter, der König habe die Vorhänge des Baldachins abtrennen und zu Wandtapeten umarbeiten lassen, was zu der Bezeichnung Federzimmer führte. Als Verkäufer ist ein gewisser Monsieur Le Normand, gebürtiger Franzose, überliefert, der das Federbett in London herstellte und 1720 in Paris in der Zeitschrift Le Nouveau Mercure zum Kauf anbot. Wer das Paradebett für August den Starken erwarb, blieb bisher verborgen. Es könnte sich um den führenden Innenarchitekten und Kunstagenten des Königs, Raymond Baron LePlat, handeln, der für zahllose Kunstankäufe bekannt ist.
„Gemacht aus Federn aller Farben" - für diese maßstabsgerechte Webprobe wurden 1700 gefärbte un am Kiel beschnittene Entenfedern verarbeitet. Zum Knüpfen der 50 Federfäden benötigte man 15 Stunden. Das WEeben dieses 36x24 cm großen Federgewebes dauerte 7 Stunden. Anfertigung 2003: Cornelia Hofmann, Birgit Tradler, Christa Steinhäuser
1830 gelangte das Federzimmer nach Moritzburg. „Im Jahre 1972 wurde es wegen Restaurierungsbedürftigkeit aus der Ausstellung genommen. Zunächst fand man keine Restaurierungsmethode“, erklärt Möbius. Als dies endlich gelang, wurde die in der Welt einzigartige kulturhistorische Kostbarkeit ab 1982 immerhin 20 Jahre lang restauriert und ist nun wieder im Rahmen von Rundgängen zu bewundern.
In einem gesonderten Saal kann man studieren, welch üppige "Gelage" es im Jagdschloss Moritzburg gegeben hat.
Als wir das Schloß verlassen, schauen wir auf dunkle Wolken, und da Ulrike das erste Mal ihren Schirm im Wagen gelassen hat, fängt es auch mal an zu regnen. Aber wir erreichen noch so gerade das Auto, an dem allmählich die Schlüsselbatterie den Geist aufgeben will. Immer häufiger muß ich den Schlüssel aus der Hosentasche nehmen, damit sich die Türe öffnet bzw. der Wagen gestartet werden kann. 2 km sind es noch bis zum Fasanenschlößchen, das allerdings als wir es erreichen schon geschlossen ist, da die letzte Führung bereits in Gange ist. Es dürfen nur 10 Personen mit und wir hätten eh keine Platz mehr bekommen.
DIe Dame hat richtig Mitleid mit uns und schickt uns ohne die Schlössserlandcard gesehen zu haben wenigstens noch in die Sonderausstellung "Stroh zu Gold", eine sehr interessante Ausstellung über die Verarbeitung von Stroh zu geflochtenen Bändern und Hüten. Sogar eine Hutnähmaschine ist ausgestellt. Teile der kunsthandwerklichen Schätze stammen aus Sachsen und dem Strohmuseum Wohlen in der Schweiz.
Strohhutfabriken in Kreischa
Die 1868 von Carl August Werner gegründete Werner & Kny KG schloss 1990 als letzte Hutfabrik in Kreischa ihre Pforten. Damit fand die Strohhutproduktion in Kreischa nach mindestens 200 Jahren ihr Ende. Bereits 1800 hatte Johann Gottlieb Grahlen die Konzession einer Strohhutfabrik bekommen. 1840 wurden bereits 250.000 Hüte im Ort hergestellt.
1862 gründete Oskar Gaudich die erste der 6 großen Kreischaer Hutfabriken mit industrieller Produktion. In den folgenden Jahrzehnten folgten Werner & Kny, August Schneider, Moritz Schulze & Söhne, Hutfabrik Schiffel und 1905 Paul Sonntag & Co. Nur zwei dieser Fabriken überdauerten die Zeit bis nach dem zweiten Weltkrieg. 1972 erfolgte deren Verstaatlichung: Moritz Schulz« & Söhne wurde ein Betriebsteil des VEB Kinderoberbekleidung Freital, während die Werner & Kny KG zum VEB Hutfabrik Kreischa umgewandelt und dann dem VEB Dresdner Hutfabriken als Werk 5 angegliedert wurde. Von Kreischa aus wurden Strohhüte in 32 Länder bis nach Südamerika exportiert. Hunderte Menschen fanden einst in den Fabriken Beschäftigung.
Die Eisernen Mamsells: Nähmaschinen und die Strohhutindustrie
Von 1830 an, als der französische Schneider Barthélemy Thimonnier die weltweit erste maschinenbasierte Bekleidungsfabrik zur Herstellung von Uniformen für französische Armee eröffnete, spielten Nähmaschinen eine immer wichtiger werdende Rolle in der weltweiten Textilindustrie. In Deutschland umgangssprachlich als »die Eisemen Mamsells« bekannt, übernahmen diese technischen Wunder im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts auch die zentrale Rolle in der Strohhutproduktion.
Um Strohhüte herzustellen, muss das Strohgeflecht kreisförmig von der Spitze oder Mitte des Hutes bis zur Krempe zusammengenäht werden. Bis Mitte der 1870er Jahre geschah das in Handarbeit. Bereits ab den 1860-er Jahren wurden Versuche zur Entwicklung von Strohhutnähmaschinen gemacht, jedoch dauerte es bis 1875, dass die erste solche Maschine durch die US - amerikanische Firma Willcox & Gibbs auf den Markt kam. Mit 1500 verkauften Exemplaren innerhalb der ersten zwei Jahre konnte die Nähmaschine mit sichtbarem »Kettenstich« einen großen Erfolg erzielen. Ähnliche Versionen brachten die bekannte Firma Singer auf den Markt. Verschiedene andere Arten wurden jedoch auch in Deutschland produziert:
Emst Böttcher stellte in Berlin das Modell »Victoria* her. In Dresden erzeugte die Maschinenfabrik von Heinrich Grossmann die Nähmaschinen »Asema« und »Dresdensia« als Kettenstichmaschinen, sowie die »Anita B« als Zick-Zack-Stich-maschinen. Noch heute sind weitweit Strohhutnähmaschinen in Gebrauch, die auf dem Modell der Willcox & Gibbs basieren.
Trotz des Erfolges dieser Nähmaschinen wurden die feinsten, qualitätvollsten Strohhüte weiterhin per Hand genäht, weil die Nähstiche dabei nicht zu sehen sein sollten. Das Ziel war es nun eine Maschine zu entwickein, die sowohl die Qualität der Handarbeit, als auch deren Geschwindigkeit erreichen konnte. Dies gelang dem Lutoner Ingenieur Edmund Wiseman 1878 mit seiner preisgünstigen und tragbaren »Handstichmaschine*, auf Grund ihrer Form auch als »Kastenmaschine« bekannt. Willcox & Gibbs kaufte Wisemans Patent und ließ in Amerika jene Maschinen bauen, die die Strohhutindustrie sowohl dort, als auch in Europa revolutionierten.
Es dauerte bis zu vier Jahre, bis eine Arbeiterin wirklich geübt in allen Hutarten war, die man auf dieser Maschine ausführen konnte. Aber einmal erlernt war eine Näherin mit vier Minuten pro Hut dann sechs mal schneller als mit der Hand.
Um die Jahrhundertwende wurde eine spätere Version der Handstichmaschine -genannt »Lutonia« - in Grossmann's Dresdner Fabrik produziert. Dies geschah für den neuen Patentinhaber, die in Luton ansässigen Nähmaschinenhändler Janes Brothers. Gleichzeitig baute Grossmann, ebenfalls unter englischem Patent, eine ähnliche Maschine, genannt »Alemannia«, für den deutschen Markt.
1932 muste Die Fabrik Konkurs anmelden. 1935 eröffnet eine Umdruckfabrik , die 1948 in Volseigentum überging, später VEB Polypack
Aufbruch: | 03.07.2017 |
Dauer: | 11 Tage |
Heimkehr: | 13.07.2017 |