ALBANIEN - Unbekanntes Land zwischen Shkodra und Saranda

Reisezeit: Mai 2000 - Februar 2001  |  von Gerd Birnzain

Albanien - erste Berührungen: Leben in der MAPEXT-Mission

Diese Seite ist nicht geheim ! Ich hatte nur noch keine Zeit daran zu arbeiten...

Aber jetzt versuch´ ich wenigstens einen Teil meines Lebens in der MAPEXT-Mission hier zu offenbaren.

Ich bitte um Nachsicht, wenn ich in diesem Kapitel vorwiegend von MAPEXT-Mitarbeiter spreche und eher über "dienstliche" Angelegenheiten reflektiere, dafür aber weniger von Albanien und seinen Bewohnern berichte.
Ich habe Verständnis, dass dieser Teil meines Berichtes nicht wirklich alle Leser interessiert - also ruhig weiterblättern - es gibt ja noch andere Kapitel...

Eine der Einreisemöglichkeiten. 
Mit der Fähre von Bari nach Durres

Eine der Einreisemöglichkeiten.
Mit der Fähre von Bari nach Durres

Neben der Einreise über den Flughafen "RINAS-Airport" gibt es für Reisende aus Deutschland auch die Möglichkeit, über Österreich, Kroatien und Montenegro am Shkodra-See nach Albanien einzureisen.
Eine Variante, die aber eher "Freaks" naturaler Schütteltouren angeraten werden kann. Zudem sollte man sich vorher ausführlich über die aktuellen Einreiseformalitäten informieren und vor allem viel Geduld an den Grenzübergängen aufbringen.
Nicht verschwiegen werden soll an dieser Stelle auch, dass die Reise vom nördlichen Shkodra nach Tirana - zumindest in den Jahren 2000/2001 - nicht ganz ungefährlich war.

Mit "Straßenkontrollen", bei denen nicht nur albanische Polizeibeamte freundlich die Hand aufhielten, sondern durchaus auch einmal grimmig dreinblickende, schwarzbärtige, glutäugige - mit Maschienenpistolen bewaffnete - Männer ihr Auto (nebst gesamtem Inhalt) dankend entgegennahmen, mussten Sie zu dieser Zeit schon rechnen.

Die deutschen Kollegen der MAPEXT-Mission, reisten zum Teil mit schweren Landrovern oder mit Mercedes-Geländewagen über Österreich, Italien und dann mit der Fähre von Bari nach Albanien ein.
Der grösste Hafen des Landes "Durres" war regelmässig die Anlaufstelle, an der wir neue Kontingentsmitglieder aus Deutschland begrüssten...

In diesem Gebäude war für Monate mein Büro untergebracht.

In diesem Gebäude war für Monate mein Büro untergebracht.

In Tirana war das Headquarter der MAPEXT-Mission in der alten Stadtvilla des Diktators Enver Hoxhas untergebracht. Einzelne Abteilungen der Mission waren allerdings in der gesamten Stadt verstreut, so dass z.B. Besprechungen mit einem entsprechenden zeitlichen Vorlauf anberaumt werden mussten, weil die Entfernungen, der Verkehr und vor allem die Strassenverhältnisse oft wenige Kilometer Distanz zu einer "Weltreise" machten.

Mein Büro als "Chief of Staff" war im Kaminzimmer der historischen Villa eingerichtet.
Es wäre geschwindelt, wenn ich nicht zugeben würde, dass "der Hauch der Geschichte" hier gelegentlich ganz kräftig geweht hat.
Meinen französischen Kollegen - den PR-Officer der Mission -störte das allerdings wenig. Mit modernsten Kommunikationsmitteln wurde die Verbindung zur Aussenwelt aufrecht erhalten.

Natürlich gab es auch eine Reihe offizieller Repräsentationsaufgaben, wie hier mit dem Verbindungsbeamten des albanischen Innenministeriums und seiner Dolmetscherin.

Das international renomierte Hotel "Rogers" in der Innenstadt Tiranas wurde ebenso für Veranstaltungen gebucht(hier für die Verabschiedung des Commanders der MAPEXT-Mission) wie die Hochschule der Polizei Albaniens...

... wenn gleich ich gewisse Unterschiede zugeben muss.
Das Bild zeigt das Casino der Hochschule. Ich bin sicher, dass das ramponierte Leuchtreklamenschild zwischenzeitlich durch die Aktivitäten der Hans-Seidel-Stiftung aus Bayern zwischenzeitlich restauriert worden ist!

Ich habe mir lange überlegt, ob ich die Dienste dieses Schuhputzers inanspruchnehmen sollte. Tatsächlich sind diese Aktivitäten aber oft die einzige Einnahmequelle armer Bevölkerungsteile Albaniens. Weshalb also nicht einen kleinen Anteil zum Monatseinkommen beisteuern...

Von den italienischen Kollegen wurden wir zu einer beeindruckenden Übung auf hoher See (Adria vor dem Haupthafen Durres) eingeladen.
(auf die bedrückenden Bilder der Flüchtlingsboote Ende der 90iger Jahre, sowie den vielen Schmugglerboote möchte ich hier nicht näher eingehen)

Fast könnte man bei diesem Farbspiel den tragischen Ernst der Realität vergessen...

Beeindruckende Manöver, ein unvergessliches Lichtspiel und bewegende Bilder - eine nahezu irreale Situation!
Und trotzdem sind solche Übungen erforderlich, um ein fragiles Gleichgewicht zu erhalten.

Nicht zu beneiden waren diejenigen Kollegen, die im Winter, zum Teil bei minus 20 Grad, in den nördlichen Direktionen den albanischen Kollegen mitteleuropäische Standards zu vermitteln versuchten.

Unterrichtsräume mit zugigen Fenstern - z.T. sogar ohne Scheiben-, gelegentlich wenigstens mit einem "einsamen" Gasbrenner, waren nicht selten die Rahmenbedingungen für Dozent und Student.

Von alledem war in der Landeshauptstadt Tirana weniger zu spüren; vor allem dann nicht, wenn "hoher Besuch" angesagt war.
Hier nähert sich gerade die Delegation des griechischen Aussenministers dem Hauptquartier der MAPEXT-Mission.

Die Führungsebene der Mission hat stets versucht, die besonderen Gegebenheiten des Landes realistisch zu vermitteln.
(Entgegen gewohnter Bilder aus Brüssel oder Strassburg darf ich hier auch mal auf die beim Besuch des griechischen Aussenministers kredenzten Plastikflaschen mit -bechern hinweisen)

An anderer Stelle schon des öfteren angesprochen:
In solchen Garagenkaufhäusern haben auch wir uns mit dem täglichen Bedarf versorgt.
Denn es gab weder eine Kantine noch ein Casino oder gar eine Hotelküche für unsere ca. 175 Mitarbeiter.
Jeder musste sich, so gut es eben ging, selbst versorgen. Die Höflichkeit verbietet es, hier näher darauf einzugehen, wie das in der Realität gelegentlich aussah.

Abwechslung aber auch Entbehrungen brachten Inspektionsreisen in die einzelnen Landesteile, bei denen - wie hier - oft innerhalb weniger Stunden sonnige Sandstrände mit schneebedeckten Berghöhen abwechselten.

Ich gebe zu, ein abendliches Bierchen - wie hier in Begleitung des deutschen Botschafters Peter Kiewitt und seiner Gattin - war mir allerdings deutlich angenehmer.

... und trotzdem gingen die Monate wie im Fluge vorbei und der Abschied stand an.
Im Kreis der "Senior-Officer" wurde ich über Gebühr aus der MAPEXT-Mission verabschiedet...

... unter anderem ein "Krumm-Dolch", den jeder echter Shkipetar in seinem Gürtel trägt, war das Abschiedsgeschenk der Kollegen.

... und dann war es schon soweit:
Eine Delegation des deutschen Kontigents verabschiedete mich am "International RINAS-Airport" und die Heimat hatte mich wieder.

© Gerd Birnzain, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein (Erfahrungs-)Bericht von Gerd Birnzain. Vielleicht interessieren Sie m e i n e Eindrücke aus einem 9monatigen Aufenthalt im Land der Shkipetaren. Der albanische Schriftsteller Ismail Kadare hat einmal die herausragende Gastfreundschaft in Albanien mit den Worten umschrieben: "Das Haus des Albaners gehört ganz nach dem Kanun zuerst Gott und dem Gast und dann erst den Bewohnern". Gilt das auch noch nach dem Zusammenbruch der sog. Pyramidengesellschaft am Ende des 20. Jahrhunderts?
Details:
Aufbruch: Mai 2000
Dauer: 9 Monate
Heimkehr: Februar 2001
Reiseziele: Albanien
Der Autor
 
Gerd Birnzain berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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