Träume leben!

Reisezeit: September 2003 - November 2004  |  von Yvonne Schulze-Schoettler

Ein anderes Thailand - Jan. 2004

Mittwoch; 07.01.2004/2547 - Songkhla/Thailand

Erst einmal ein tolles 2547.
Ja, hier in Thailand wird genau dieses Jahr seid einigen Tagen froehlich begruesst. Aber auch unsere Zeitrechnung kommt einem "happy new year ... 2004" zur Geltung.

Mit Neujahrsfesten sind die Thais reich gesegnet. In wenigen Tagen feiern die vielen, vielen Chinesen im Lande ihr Jahr des ... (? vergessen). Dann kommt auch schon im April das 3-taegige buddhistische Neujahrs- und Wasserfest, bei dem es ordentlich zur Sache gehen soll. Im Jahr 2001 haette es angeblich, laut Internet-Artikeln eine Rekordzahl von 790 Toten und 35.000 Verletzten gegeben. Was genau bei den Feierlichkeiten ablaeuft, wissen wir nicht, jedoch sollen die meisten schrecklichen Ereignisse ein Folge des uebermassigen Alkoholkonsums sein. Dieser "Genuss" haette besondere Auswirkungen im Verkehr und bei persoenlichen Auseinandersetzungen.

Diese Erfahrung konnten wir wie folgt teilen:
Unser eher besinnliches, nein, fast vergessenes Weihnachten, verbrachten wir mit Katrin Blond und ihrer Freundin Sarah (auf keinen Fall Sandra!) auf der Insel Bulon Lae. Es war ein schoener Abend, mit wenig Schmus und leckerem Schmaus. Und haette uns Katrin nicht eine Flasche Sakrotan geschenkt, welche in einer Weihnachtsplastetuete lag, dann haetten wir fast voellig vergessen, was gerade zur selbigen Zeit in Deutschland abgeht.
In bester Stimmung liessen wir den Abend, bei einer kleinen Feier mit und fuer lauter barfuessiger Touristen, ausklingen. Um uns herum nur strahlende blonde Skandinavier und ein paar Thais.
Selbigen Spass erhofften wir uns fuer den Sylvesterabend und hatten folgerichtig einen Plan: Erst schick Essen gehen und dann wieder zu einer Feier (mit einem gross angekuendigtem Feuerwerk).

Schick Essen waren wir (Danke fuer die Einladung, liebe Katrin!), sind auch rechtzeitig zum Tanz und dem ersehnten Feuerwerk erschienen. Natuerlich amuesierten wir uns wieder koestlich ueber die alles gebenden Touristinnen, in ihren Batiktuechern und dem ausschweifenden Huefttanz, der eigentlich mit roten Tuechern haette gekennzeichnet werden muessen.
Und natuerlich amuesierten uns auch die passenden Herren dazu, die in Nichts nachstehen wollten. Mit ihren wedelnden Armen und den dazu "rythmisch" nickenden Koepfen entschwebten sie allen heimatlichem Stress.
Urlaub macht die Leute anders.
Sie laecheln lange und wohlwollend zu den bedienenden Einheimischen, um denen geradezu ein Ruecklaecheln abzuzwingen. Natuerlich kann den Thais nichts besseres passieren, als tanzende Farangs (Auslaender) um sich zu haben! Und mit einem langsamen angedeutetem Nicken wird eine positive Bestaetigung fuer die tolle Party ausgedrueckt. Eigentlich braeuchten die Farangs nur mit den Daumen nach oben tanzen, sich eine Dollar Note auf die Stirn kleben und singen "Ihr muesst mir dankbar sein, dass ich hier bin!".
Nein, ganz so krass ist es nicht! Trotzdem erschreckt uns oft das Verhalten vieler Touristen. Mit welcher Aroganz sie sich in fremden Laendern bewegen! Das trifft fuer Vertreter der sogenannten Travellerszene, der Pauschaltouristen und von den Sextouristen ganz zu schweigen, zu. Es gab Zeiten, da wollten wir nicht als Deutsche erkannt werden und schwiegen einfach in der Oeffentlichkeit.
Aber eigentlich ist das Quatsch! Wir haben inzwischen die Erfahrung gemacht, das nicht immer die Deutschen, die laute, biersaufende Meute am Strand sind.

Wir wissen es jetzt: Peinlichkeit ist international und nicht nur im maennlichen Lager vertreten.
Also, um die Sache jetzt nochmal auf den "." zu bringen: der Sylvesterabend.
Wir waren also bereits bei den Feierlichkeiten zugegen, positionierten uns als Feuerwerkserfahrene am besten Platz und warteten. Ploetzlich ging der inzwischen nun schon zum dritten Mal laufende Song aus und wurde kurz nochmal von DJ Bobo uebertoent. Erst zaghaft dann stuermisch lagen sich die Leute in den Armen und wuenschten sich so Einiges. Jehes Miteinander und Geknutsche wurde von DREI !, in Abstand mehrerer Sekunden, aufeinanderfolgenden Raketen unterbrochen. Vielleicht waren es auch vier oder fuenf, jedoch eine zischte an uns vorbei und landete, Goettin sei dank, im Meer.
In der Ferne liessen sich, zu unserer Ueberraschung, noch andere Knaller hoeren.
Inzwischen hatten sich auch immer mehr Einheimische eingefunden, um am Tourispektakel teilzuhaben.
Wir wollten tanzen und Leute beschauen. Also waehlten wir den Platz direkt neben der Tanzflaeche. Fuer Biernachschub hatte inzwischen die Vonne gesorgt - die Party konnte nun beginnen.
In einer Reihe sassen wir und warteten und quatschten und warteten.Viele, viele Minuten spaeter wunderten wir uns, dass immer noch keine Musik zu hoeren war und es immer leerer wurde. Ein Bediensteter erklaerte uns, es laege an den betrunkenen Thais vom Festland, welche Stunk machten. Demnach solle laut Anordung auf der gesamten Insel keine Party mehr stattfinden. Sarah konnte spaeter beobachten, wie mehrere Thaiburschen, vom mit Maschinengewehr bewaffneten Inselsherif und zwei Pistole tragenden Gehilfen, abgefuehrt wurden.

Wir waren weiterhin guter Dinge, torkelten zu unseren Bambushuetten und gingen nach einigen Zigaretten ins Bett.
Nach einer etwas laengeren Ausnuechterungsphase am naechsten Tag und dem Reflektieren (umgangssprachlich auch: Getratsche) des vergangenden Abends, wurde uns erstmal bewusst, was eigentlich geschah. Wir kamen zu der Feststellung, dass die Knaller in der Ferne Schuesse gewesen sein mussten oder koennten.

Prost Neujahr!

Inzwischen haben sich die Wege der beiden Urlauberinnen und unsere in Hat Yai getrennt. Wir sind immer noch im Sueden Thailands, allerdings an der Ostkueste in Songkhla. Das ist eine mittelgrosse Destrikt Hauptstadt (von denen es 74 geben soll) und liegt direkt auf einer kleinen Landzunge. Untergekommen sind wir im Gasthaus Amsterdam. Das wird von einer aelteren Dame namens Paula mit vielen Katzen, Hunden und Voegeln gefuehrt. Paula kommt aus Holland, lebt schon lange hier und liest gerade ein Buch ueber Potsdam. Welch ein Zufall!

Hier in Songkhla lassen sich mit dem Mofa wunderschoene Ausfluege machen. Wir waren schon auf einer alten Fischerinsel, fuhren zufaellig durch ein voellig moslemisches Dorf, in dem von ueberall her Gebetsgesang aus Lautsprechern kam...
Gestern liehen wir uns wieder ein Mofa aus und wollten in die naechst groessere Stadt, nach Pattani, zu einer beruehmten Tempelanlage. Der thailaendische Hausmeister vom Gasthaus meinte aber, es waere zu windig und zu weit. Wir fuhren aber trotzdem in diese Richtung und landeten nur in der kleineren Stadt Chana, in der 95% Moslems leben. Dort ist so gut wie kein Tourismus, dementsprechend wurden wir auch unglaeubig angestarrt. Da wir diesbezueglich schon einiges aus China gewohnt sind, scherrte es uns wenig und wir schlichen frohgemuts uebern Markt.

Weit sind wir aber nicht gekommen. Gleich das erste Geschaeft/Stand entpuppte sich neben Tuechern und Stoffe im Angebot auch als Thaimassage"salon". Ich konnte mich noch gerade aus den Faengen der 60-jaehrigen Masseurin befreien. Yvonne nicht. Wenig spaeter lag sie unterm Ladentisch, die Dame lief ueber Beine und Ruecken, knetete ordentlich den Bauch und redete dabei immer auf Vonne ein. Die Ladenbesitzerin unterhielt sich mit mir und wollte unter anderem wissen, wieviel Moslems in Deutschland leben. Gute Frage.
Nach einer Stunde war Yvonne gut durch und 100 Baht leichter (ca. 2 Euro). Wir waren sehr angetan von diesem Erlebnis und auch erfreut darueber, dass die Moslems tatsaechlich freundlich sein koennen. Sie laecheln nicht so viel, wie die Thais, wodurch schnell, und durch Vorurteile begleitet, ein anderer Eindruck entstehen kann.

Heute morgen bruellte uns der Hausmeister an und stammelte irgendwas von nix Pattani und Bombe. Als ich erwiderte, dass wir weiter nach Yala (unser naechstes Reiseziel) wollen, winkte er sofort ab. Einer englischsprachigen Thai Zeitschrift konnten wir dann entnehmen, dass gestern tatsaechlich zwei Mofabomben in Pattani explodierten. Eine in der Naehe einer Schule, die andere an besagter Tempelanlage, die wir noch gestern besuchen wollten. Die Explosionen erfolgten beim Versuch die Bomben zu entschaerfen und rissen zwei Polizisten in den Tod.
Ein schon seit 11 Jahren hier lebender Deutscher erklaerte uns, dass diese Attentate auf Konflikte zwischen den Moslems, die autonom leben wollen, und der Thai Regierung beruhen. Daher stehen oft oeffentliche staatliche Gebaeude im Visier solcher Anschlaege. Am Sonntag wurden 18 staatl. Schulen niedergebrannt und ein Waffenlager der Armee beklaut, wobei 4 Soldaten ums Leben kamen. Diese Waffen wurden allerdings bereits nach Indonesien verhoekert und werden als Tat einer kriminellen Bande zugesprochen.
Liebe Katrin und Sarah, letztes Jahr explodierte eine Bombe in Hatyai, auf dem Bahnhof und toetete einen fuenfjaehrigen Jungen. So viel zu unserer Hier-Ist-Alles-Sicher-Diskussion!
Im Internet und den deutschen Online Zeitungen konnten wir keinen Bericht entnehmen, aber, dass diese Gegend im Sueden praedestiniert ist, fuer Attentate, es sogar monatlich zu welchen kommen soll.
Das Auswaertige Amt warnt vor einer Reise in dieser Regionen um Pattani und Yala. Wir wollten natuerlich hin, denn im Stefan Loose, dem angesagten Thailand-Reise-Fuehrer, sind diese Orte nett beschrieben. Das haben wir nun davon, wenn wir uns einmal nach Reisefuehrern richten.
Jedenfalls werden wir jetzt nochmal unsere Plaene ueberdenken und wahrscheinlich das naechste Mal schon aus einer anderen Stadt schreiben. Vielleicht aber auch nicht, denn uns gefaellt es gut hier. Ich habe auch schon einen Lieblings-Strassen-Essen-Stand. Da kocht eine Muslimin leckeren chinesischen Nudeltopf.
Ohne dabei zu laecheln.

Mehr unter: www.traeume.leben.ms.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Seit 10 Monaten bereise ich mit meiner Frau einen Teil der Welt. Unsere Reise führte von Berlin, über London, Peking, quer durch China, Thailand und Malaysia. Wir besuchten das indonesische Sumatra und Westaustralien. Unter anderem um unsere vom deutschen Mief verstaubten Sinne zu weiten, wollen wir die Welt sehen.
Details:
Aufbruch: 15.09.2003
Dauer: 14 Monate
Heimkehr: November 2004
Reiseziele: China
Thailand
Malaysia
Indonesien
Australien
Der Autor
 
Yvonne Schulze-Schoettler berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.