Hans und Rezzo im Reich der Mitte - China 1994

Reisezeit: Februar / März 1994  |  von Ralph Granzow

Die krasseste Zugfahrt...ever!

Abfahrt soll um 12.30 uhr sein, wir spielen noch ne partie schach...markus gewinnt natuerlich, dann stellen wir uns an...nein nicht am bahnsteig, sondern vor nem tor VOR dem bahnsteig.

Als die 2 tore aufgemacht werden, sorgen polizisten dafuer, dass nicht zu sehr gedraengelt wird. Dann wartet die menge auf den einlauf des zuges...als das passiert, wird mir ein wenig anders...der zug ist eigentlich schon voll, und am bahnsteig warten hunderte, um da noch irgendwie reinzukommen. Na toll, da wirds wohl nix mit sitzplatz...habe ich schon erwaehnt, dass wir nur 2 hardseater bekommen haben, wobei keine reservierung eines sitzplatzes moeglich war!

Also los, da gibts kein zurueck und kein erbarmen. Wir versuchen unser glueck recht weit hinten vom zug...mit einigem druecken und schieben kommen wir tatsaechlich in den zug...das waere erstmal geschafft...jetzt nur noch zwei sitzplaetze und es ist perfekt....tja das war dann wohl nix...wir koennen - wi viele andere auch - nur im gang stehen...es ist sogar so voll, dass wir schwierigkeiten haben, wenigstens unsere grossen rucksaecke abzuziehen und wo hinzustellen.
Jetzt kann man ja auch sagen, hey du willst doch immer so ein harter traveller sein, der schon sooo viel mitgemacht hat...dann ist ja wohl ne kleine zugfahrt im stehen ein leichtes. Hmm..eigentlich richtig...es gibt aber ein kleines problem: die fahrt dauert ca. 21 std...also nichts fuer ungut, aber 21 std in einem schwankenden zug zu verbringen, dazu noch stehend und kaum platz sich zu bewegen, hoert sich selbst fuer mich nicht nach spass an!

Naja dann begluecke ich mich halt mit der schoenen aussicht...tja wieder pech gehabt...ein tunnel nach dem anderen...nix zu sehen und so vergeht die zeit...

Aber wie so oft: wir haben glueck im unglueck! Ein chinese, der mit seiner frau und kind in einer reihe sitzt, bietet mir einen platz an! Von jetzt an koennen wir uns zumindest abwechseln. Markus hat dann die idee einen schaffner zu suchen, um vielleicht einen hardsleeper platz zu ergattern...er verschwindet....und kommt fuer eine lange zeit nicht mehr zurueck.
Als er schliesslich wieder erscheint, hat er gute aber auch ernuechternde nachrichten.
Die gute: unser abteil ist noch im vergleich zu den anderen leer...
die schlechte: er hat keinen schaffner gefunden und weiter vorne ist der zug so voll, dass er umkehren musste. Nach mehreren stunden hat markus glueck und ergattert auch einen sitzplatz...auf diesen sitzen wir nun verharren.

Obwohl das abteil ja ganz gut voll ist, laufen trotzdem alle 5 minuten verkaeufer durch, um irgendwas essbares zu verkaufen...da ich am gang sitze, werde ich also jedesmal von den verkaeufern angerempelt...echt witzig, alle 5 minuten das gleiche spiel und das ueber stunden! Sagen kann ich ja auch nichts, die wollen ja auch nur was verkaufen und muessen irgendwie ihren weg durch die massen finden! Und so gehts dahin...da man ja leider nichts von der landschaft mitbekommt, muss man sich was anderes suchen...ok gibts halt chinesen- beobachten-spiel!

Unglaublich was die in sich reinstopfen koennen, die essen echt ohne unterbrechung...und mit den dazugehoerigen geraeuschen.
Als dann die tunnels aufhoeren, koennen wir ja endlich die landschaft beobachten...falsch gedacht, jetzt geht naemlich die sonne unter und man sieht wieder gar nichts!

Wenigstens wird es waermer...das ist doch auch was. Die familie neben uns will gegen 1 uhr morgens aussteigen, klasse, denn dann koennen wir die sitze am fenster ergattern. Warum?

Nicht weil man was sehen kann (ist ja gerade dunkel), aber es gibt einen kleinen tisch, auf den man sich drauflehnen koennte. Hmmm...das problem besteht allerdings darin, dass wir alles andere als die einzigen sind, die diese plaetze haben wollen. Als der vater seine sachen zusammensucht, wirds um uns herum unruhig...mehrere leute versuchen auf den platz zu kommen...da gibs nur eines was ich machen kann: vergiss deine gute erziehung.

Ich stemme mich gegen die leute und mache den raum mit meinem arm zu, dass keiner sich reinzwaengen kann. Gar nicht einfach, denn auch bei den chinesen gilt, vergiss die erziehung und versuche einen platz zu ergattern...was man nicht vergessen sollte, da gibts viele leute die hier schon stunden im gang stehen! Natuerlich wollen die einen platz haben.

Als dann der vater aufsteht, springt markus auf seinen platz und ich ruecke ans fenster! Jippi...das hat geklappt! Endlich mal seine arme und den kopf auf den tisch aufstuetzen. Nun ja...ist trotzdem alles andere als einfach nur zu sitzen...der hintern tut weh und man weiss nach paar std nicht mehr wie man sitzen soll, man hat auch keinen platz, um mal anders hinzusitzen. und immer den kleinen rucksack aufm schoss. Immer noch 9 std liegen vor uns.

Weiteres problem: man kann nicht aufstehen und auf toilette gehn, sonst ist der platz naemlich weg, und dann ne diskussion anfangen wie: hey das ist aber mein Platz ...naja viel glueck. Auf das haben wir uns erst gar nicht eingelassen!

Mittlerweile steigen einige chinesen nicht mehr durch die tuer ein, nee die kommen jetzt durch die fenster reingesprungen, weil es auch bei uns jetzt richtig voll ist. Man muss aufpassen nicht von einem koffer getroffen zu werden.

Ein paar std bevor wir ankommen, wirds noch mal sehr gemuetlich: die toilette laeuft ueber und fliesst ins abteil rein....lecker...knapp ein zentimeter hoch., bahnt es sich seinen weg durch den Zug.
Aber: auch das ueberstehen wir (naja, kannst ja nichts dagegen machen) und um 10 uhr morgens kommen wir ENDLICH und mit schmerzenden hintern in kunming an.
Und was lernt man daraus: wenn man muss, kann man ziemlich viel aushalten...nur dasitzen, nichts tun und die schmerzen im hintern irgendwie vergessen.
21 st im zug ohne sich zu bewegen...was ein chinesisches abenteuer!

am Anfang als es noch "leer" ist!

am Anfang als es noch "leer" ist!

© Ralph Granzow, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Kaum aus Schweden zurueck, gehts wieder auf grosse Reise mit meinem Kumpel "Hans Peter"!
Details:
Aufbruch: 05.02.1994
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 15.03.1994
Reiseziele: Hongkong
China
Der Autor
 
Ralph Granzow berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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