Huskytour in Norwegen
Eine Woche übernachten in einer Lodge in Norwegen in der Nähe (45 Stunden) von Trysil... und jeden Morgen bis Abends umgeben von über 150 süßen Hunden.
Das Glück der Erde ...
Samstag, 13. Januar 2007, die Wolkendecke ist weg und Norwegen taucht unter mir auf. Die Küste unterscheidet sich nicht viel von anderen Küsten, die ich bisher gesehen habe. Bärbel schaut mich an und fragt ob ich Schnee sehen kann, was ich ihr leider verneinen muss.
Doch dann, wir fliegen Oslo an, verändert sich die Farbe der kleinen Welt unter uns zu weiß.
Ja, wir haben es geschafft, wir sind in den Winter geflogen um eine Woche mit Huskys zu verbringen.
Am Flughafen warten wir auf unseren Bus und treffen auf die ersten Mitstreiter. Ein junges Pärchen aus dem Schwabenländle, ein Heidelberger und zwei nette Männer aus Bayern.
Die 200km nach Trysil vergehen wie im Fluge und als wir neben der Kirche ankommen, steht auch schon unser Minibus zur Villmark Lodge, in Ljørdalen am Fullufjell Nationalpark, bereit.
Wir alle gehen von einem kurzen Transfer aus und sind überrascht, dass es sich um 45min reine Fahrzeit über spiegelglatte Straßen handelt.
Die Landschaft die wir aus dem Fenster sehen hat trotz der Dämmerung etwas Fantastisches. Alle 5km steht ein Haus oder ein Bauernhof. So gibt es wohl nie Streit mit den Nachbarn.
Auf der Lodge angekommen begrüßt uns Anna mit unserem Bettbezug und wir kundschaften unsere Doppelhüttenhälften aus. Diese sind großzügig ausgestattet mit 2-3 Schlafzimmern und einem Wohn-/Essraum.
Kurze Zeit später gibt es das erste Abendessen.
Unsere Gruppe besteht aus 12 Personen aus ganz Deutschland. Ich bin die jüngste, womit ich jedoch gerechnet habe.
Das erste Essen zeigt schon, hier hat jemand Ahnung in der Küche. Es gibt Kartoffelauflauf, Brokkoli und Rostbeef. Noch sind wir nicht die einzige Truppe und noch dazu findet im Nebenraum eine Rocker-Party statt, was aber nicht weiter stört.
Anna setzt sich noch zu uns und erzählt kurz, wie der morgige Tag vonstatten geht, dass wir die Hunde kennen lernen und eine erste kurze Ausfahrt unternehmen werden.
Ich bin schon sehr gespannt.
Die erste Nacht war sehr unruhig. Ich bin mehrfach aufgewacht, da mir die Luft zu trocken war. Jedoch hat sich der Blick aus dem Fenster gelohnt. Es schneite, wohin man sah.
Sonntag, 14. Januar, 9Uhr.
Das Frühstückbuffet ist sehr ausreichend und man wird satt. Dann bekommen wir jedoch von Frank und Anna die schlechte Nachricht. Aufgrund von zu viel Schnee und Schneeverwehungen können wir heute keine erste Ausfahrt mit den Schlitten unternehmen.
Einigen aus der Gruppe ist das natürlich alles andere als recht, ich jedoch finde mich recht schnell damit ab. Hauptsache ich lerne die Hunde kennen.
Ein Problem gibt es vorher noch. Welcher Overall passt wem und wem passen welche Schuhe. Nach einiger Zeit ist dies allerdings geklärt und wir fahren in 2 Landrovern zu dem sogenannten "Zwinger".
Schon beim aussteigen hören wir lautes Gebell. Ca. 165 Hunde, Huskys, bzw. Husky-Jagdhund-Hunde, soll es geben.
Es ist ein Bild für die Götter welches sich uns bietet. Die Hunde laufen vor ihren Hütten hin und her, bellen, springen und freuen sich, wenn man auf sie zugeht um sie zu kraulen oder sich von ihnen abschlecken zu lassen.
Für die meisten kommt nun die schwierigste Aufgabe, mit der sie nicht gerechnet hatten: Ställe ausmisten. Einige fangen an mit Spaten und Eimer die Häufchen zu beseitigen, während ich mit ein paar anderen, sowie Franzi von der Farm das Stroh in den Hütten wechsle.
Frank, der Besitzer der Lodge erklärt noch, dass er jetzt die Suppe holen geht und wir sind ganz verwirrt. Suppe? Hier oben? Wieso das?
Schnell stellt sich raus, dass es sich dabei um Suppe für die Hunde handelt. Futter gemischt mit Wasser. Dies muss so sein, erklärt uns Anna, damit die Hunde fit genug sind um vor dem Schlitten zu laufen, da sie sonst zu wenig Wasser im Körper haben.
Wir krempeln also unsere Ärmel hoch, ziehen die wärmenden Handschuhe aus und schöpfen für jeden Hund 1 ½ Liter frische Suppe.
Puh, hätten wir das geschafft.
Jedoch war dies noch nicht alles.
Als nächstes gibt es gefrorene Lachsköpfe. Ein tägliches Highlight für die Hunde.
Wir ziehen also unsere Handschuhe wieder an und gehen an den Hütten vorbei, wobei jeder Hund einen Kopf bekommt und damit, meistens, schnell in die Hütte verschwindet.
So schnell wir auch da oben waren, so schnell war es wieder vorbei und wir fuhren zurück zur ca. 10km entfernten Lodge.
Nach einer kurzen Verschnaufpause gibt es Abendessen, was wieder einfach nur klasse geschmeckt hat. Wir erfahren auch, dass Anna, Frank, Franzi, sowie das polnische Pärchen Richard und ?, nicht nur für die Hunde, sondern auch für das Essen verantwortlich sind.
Großes Lob schallt durch den Raum. Solche Allround-Talente sind selten, aber genauso selten ersetzbar.
Zurück in der Hütte werden wir an den vergangenen Tag erinnert. Es riecht alles, wirklich alles, nach Lachs.
Montag, 15. Januar, mein Geburtstag
Nach einer etwas ruhigeren Nacht erscheinen wir um 9Uhr am Frühstückstisch und hoffen auf positive Nachrichten, die wir von Frank auch bekommen. Heute dürfen wir die Hundeschlitten das erste Mal besteigen und eine kurze Runde drehen.
Um 11Uhr geht es los, hoch zum Zwinger.
Da wir 12 Leute sind, werden wir in 2 Gruppen eingeteilt. Einer der Gruppe entscheidet sich vorerst gegen das fahren und so sind wir 5 bzw. 6 Leute.
Jeder einzelne bekommt ein Gespann von 6 Hunden und unsere "Tempomacher", Anna und Franzi nehmen zusammen 12 Hunde.
Zuerst werden die Schlitten hintereinander aufgestellt und die Geschirre bereit gelegt.
Wo ist welcher Hund, ist das nächste "Spiel" was wir spielen. Anna, Frank und Franzi sagen uns die Hundenamen und deuten uns, wo wir den jeweiligen Hund finden.
In Teamarbeit scheren wir so die Hunde an, nachdem wir sie am Halsband zu dem jeweiligen Schlitten geführt haben.
Einige Hunde sind stark und man muss aufpassen, dass man die Hunde führt und nicht die Hunde einen selber führen. Andere sind ganz lieb und laufen brav neben einem her.
Jeder für sich ist aber etwas Besonderes.
Dann geht es los, die erste Gruppe startet und wir 6, Frank und Richard bleiben zurück und können erstmal entspannen.
Nach ca. 45min kündigen die dagebliebenen Hunde mit lautem Gebell an, dass ihre Freunde sich nähern. Die erste Gruppe ist wieder da. Bilanz: Es hat fast jeden einmal vom Schlitten gefegt, aber es war wirklich gut.
Nun ist es an der Zeit die Hunde wieder aus ihrem Gespann zu befreien, die Schlitten wieder zu richten und neue Hunde einzuspannen.
Ich werde immer aufgeregter.
Dann ist es endlich soweit. Es geht los. Ein komisches Gefühl auf den 2 Kufen des Schlittens zu stehen.
Ja, der Aufbau eines Schlittens sieht wie folgt aus. Es gibt 3 verschiedene Bremsen. Die Softbremse, eine etwas härtere Bremse, sowie die Kralle, wenn man stehen bleiben will. Die Kommandos lauten wie folgt: "Okay", fürs Weiterlaufen oder zur Anfeuerung, "Ho" um langsamer zu werden und "Stay", wenn man stoppt.
Gestoppt bin ich sehr schnell. In der ersten Kurve wollen meine Hunde eine Abkürzung durch den Tiefschnee nehmen und ich lande in eben diesem. Auch wenn es nicht gut ist zu fallen, das Gefühl von Schnee auf der Haut ist etwas Tolles.
Dann geht es weiter, die Aussicht ist unbeschreiblich, die Landschaft unfassbar. Als wir auf dem Rückweg der Schlaufe auch noch in den Sonnenuntergang hinein fahren fließen bei mir die ersten Tränen des Glückes.
Man sagt, das Glück der Erde sei auf den Rücken der Pferde, dabei musste ich feststellen, dass es auf den Kufen eines Hundesschlittens ist.
Nach dem Ausspannen der Hunde gibt es wieder Essen. Suppe und Fisch. Mhmm, lecker.
Zurück in der Hütte sind Bärbel und ich ziemlich kaputt, woraufhin wir uns eine Stunde schlafen legen, bevor es zum Abendbrot geht, wo mir die ganze Gruppe zum Geburtstag singt und eine Flasche Sekt hervorgezaubert wird.
Dienstag, 16.01.
Heute finde ich endlich fast alle Namen meines Gespanns heraus.
Die beiden Leithunde sind Rantanplan und Rapid, in der Mitte laufen Språket und Tylla und hinten laufen Rotor und ein Hund, dessen Namen ich leider nicht kenne.
Die Tour heute ist um einiges länger als die letzte. Wir fahren auch wieder die kleine Schlaufe, hängen aber noch einen großen Bogen rund um einen Berg dran. Endlich geht es durch den Wald mit vielen Kurven und Ästen unter denen man sich hindurch ducken muss.
Das erste was mir passiert, geschieht schon bei dem ersten Stop. Spåket beißt die Leine von Rapid immer und immer wieder durch. Somit sollte dies auch der letzte Tag sein, wo er in meinem Gespann vertreten ist. Leider. Er ist erst seit dem Sommer mit dabei und wurde von seinem vorherigen Besitzer geschlagen. Nun ist er sehr schüchtern, aber ein wirklich wunderschönes und liebes Tier!
In der ersten Schlaufe passiert mir ein kleines Malheur. Alle fahren den Weg nach rechts, nur meine Hunde wollen nach links und ich spüre wieder Schnee auf meinem Gesicht.
Meine Hunde laufen weiter und Anne und ich, per Fuß hinterher, finden meinen Schlitten an einem Baum klebend und die Hunde im Schnee. Somit wechsle ich die Position von der 3. auf die 5. und letzte Stelle.
Ab dann läuft alles gut und ich kann die Landschaft genießen.
Abends bekommen wir eine schlechte Nachricht, dass unsere Wildnistour, die wir eigentlich gebucht hatten, nicht stattfinden kann. Jedoch werden wir die nächsten Tage immer längere Touren unternehmen.
Mittwoch, 17.01.
Da einige aus der Gruppe abgesprungen sind, werden die 2 Gruppen neu geordnet und wir fahren jeweils zu 4 Leuten die Tour.
Das erste mal fahren wir über eine Straße drüber, was allerdings sehr gut klappt. Dann geht es von 800 Höhenmetern hinab ins Tal mit dem Wissen, nachher alles wieder rauf zu müssen.
Wir kommen an die Schlaufe und ab jetzt heißt es berghoch. Die Hunde können dieses Gewicht nicht ziehen und ich laufe die meiste Zeit mit dem Schlitten mit. Das erste Mal merke ich eine richtige Anstrengung bei der Fahrt.
Nach gut 2 Stunden sind wir wieder am Ausgangspunkt und fahren hinab zur Lodge.
Heute läuft Bärbel ins Dorf und besorgt uns Schokolade. Immerhin ich habe es mir reichlich verdient nach diesem Berg.
Donnerstag, 18.01.
Wir werden immer weniger, die sich hoch auf die Hundeschlitten wagen.
Wir fahren heute zu 7., was wirklich viele Schlitten hintereinander bedeutet.
Ich fahre als letztes, was mir heute gar nicht gefällt, da ich mehr auf der Bremse stehe als dass ich wirklich fahren kann.
Swen, vor mir, hat dauernd Probleme mit seinen Hunden und einmal muss Franzi, die bei Frank mit im Schlitten hockte, sogar zurücklaufen und bei den Hunden schauen.
Danach darf ich sie dann zurück zur Gruppe "schieben"
Die Tour an sich ist wieder mal sehr schön. Besonders dafür, dass wir morgens am Tisch rätselten ob wir überhaupt fahren können, da es die ganze Nacht über wieder geschneit hatte.
Frank zieht mit seinem Gespann die Bahn und trotzdem sind wir hinten die meiste Zeit damit beschäftigt den Schnee von der Softbremse zu scheffeln.
Auch ist die Aussicht heute nicht so schön, was aber wenig ausmacht.
Wieder zurück laufe ich mit Bärbel und Annegret in das Dorf um auch mal dort gewesen zu sein.
Abends spiele ich mit Trinity, einem der "Haushunde" in der Lodge lustiges umherlaufen. "Wie ich die Hunde vermissen werde", denke ich, während ich mit Trinity auf dem Sofa vor dem Kamin liege und Imjac beobachte, wie er durch den Raum stolziert.
Freitag, 19.01., der letzte Tag
Und wieder sind wir weniger auf den Schlitten. Um genau zu sein sind wir von 12 Personen nur noch 4, wobei ich die einzige Frau bin.
Die Schlitten sind schneller angespannt als mit vielen Leuten und die Tour ist die schönste von der ganzen Woche. Es ist strahlender Sonnenschein, die Piste ist nicht mehr von so viel Neuschnee geprägt und durch die Sicherheit, die man während der Woche bekommen hat, fährt es sich viel angenehmer. Ich komme sogar dazu Fotos zu machen.
Wir fahren 2x die kleine Schlaufe und einmal um den Berg herum. Es ist einfach nur herrlich und wir haben sogar zwischendurch Zeit etwas rumzualbern.
Wieder im Zwinger versorgen wir ein letztes Mal die Hunde mit Suppe und Fischköpfen und misten die Ställe der Welpen aus. Es ist ein trauriger Moment, als ich mich von den Hunden verabschiede.
Es wird einige geben, die ich sehr lange vermissen werde.
Um den Nachmittag ausklingen zu lassen, sitzen Bärbel, Bertl, Carsten und ich noch lange am Kamin und trinken ein Bier. Dabei schmuse ich wieder gründlich mit Trinity. Was ein toller Hund sie doch ist.
Abends sitzen wir noch länger zusammen und tauschen Adressen aus. Ich frage mich, von wem man wohl wieder etwas hören wird und denke dabei, dass die Gruppe wohl leider auseinander gehen wird.
Samstag, 20.01.
Die letzte Nacht wird sehr kurz, da unser Taxi um 6.30Uhr von der Lodge abfährt.
Dabei sind es -21°C und das Auto von Annegret und Volker springt nicht an. Die beiden Hamburger waren per Auto und Fähre nach Norwegen angereist.
Um kurz nach halb 7 ist es soweit und wir sitzen im Taxi nach Trysil, wo wir noch 20min auf den Bus nach Oslo warten müssen.
In Deutschland erwarten uns, im Gegensatz zu Norwegen, warme Temperaturen und wir sind auch nur dementsprechend gekleidet.
Nach 10min spürt niemand mehr seine Füße.
Die Fahrt zum Flughafen geht recht schnell vorbei und wir sind fast 3 Stunden zu früh dort, wo wir uns erstmal einen Cappuchino mit dem letzten Rest Kronen gönnen.
Der Flug verläuft auch soweit gut, abgesehen von einem Sturm, den wir kurz vor der Landung in Köln/Bonn streifen und einige Turbolenzen haben. Unser Pilot meistert die Situation sehr geschickt und wir landen sicher im regnerischen, stürmischen, grauen und tristen Deutschland.
Mein Fazit: Ich will wieder zurück. Mir fehlen die Hunde, mir fehlt die Lodge, mir fehlen die Leute. Dies war nicht das erste und letzte und Norwegen, dies war erst der Anfang.
Aufbruch: | 13.01.2007 |
Dauer: | 8 Tage |
Heimkehr: | 20.01.2007 |