Zweiter Versuch in Kambodscha
Eine Reise durch Kambodscha - Sihanoukville, Phnom Penh, Battambang, Sangker Fluss, Siem Reap und Angkor Wat.
Kleine Rundreise
Der südlichste Punkt um nach Kambodscha einzureisen - von Thailand kommend - ist Koh Kong, das man von Bangkok über das nette Städtchen Trang erreicht. Am Grenzübergang wird man gleich mit dem konfrontiert, womit man in Kambodscha ständig rechnen muss, nämlich dass man als Kuh gesehen wird, die gemolken werden muss. Die Grenzbeamten nehmen einem für die Visagebühren statt der offiziellen 20 Dollar fast das Doppelte ab. Jugendliche wollen - gegen Entgelt natürlich -für einen die Formulare ausfüllen. Der Fahrer des Taxis, das uns nach Koh Kong bringt, will uns unbedingt zur Wechselstube lotsen und auch Bustickets für die Weiterfahrt verkaufen, wobei er jedes Mal verdient, auch im Hotel in dem wir absteigen.
In Koh Kong gibt es ein paar nette Hotels am Flussufer. Ansonsten ist es ein ziemlich trostloser Ort, wo man auch gleich die Erfahrung macht, dass in diesem Land das Essen zwei- bis dreimal so teuer ist wie in Thailand oder Vietnam. Schön soll die Umgebung sein mit Bergen, Wäldern und Wasserfällen, und in der Stadt hat am Flussufer auch ein Franzose sein Büro, der Ausflüge in die Umgebung organisiert. Leider fand sich niemand, der mitgemacht hätte, und so fuhr ich am nächsten morgen mit dem Bus weiter nach Sihanoukville. Die Busse sind ordentlich und auch preiswert, wenn man das Ticket nicht über einen Mittelsmann kauft. So bezahlte ich statt der ursprünglich von mir geforderten 18 Dollar dann nur sieben.
Die Stadt von Sihanoukville bietet auch nicht gerade viel. Ein großer Markt, ein paar Restaurants und Hotels. Ich wohnte im von einem Schweden hervorragend geführten Small Hotel, das schön eingerichtete Zimmer und gutes Essen zu bieten hat. Überhaupt scheint es hier viele Schweden zu geben, sei es als Unternehmer oder als Gast. Mehr Unterkunftsmöglichkeiten, Bars und Restaurants finden sich in der Nähe der lebhaften Strände Ochheuteal und Serendipity. Hier geht es quirlig zu, an Feiertagen kommen viele Einheimische, und die zahlreichen Beach Vendors versuchen ein gutes Geschäft zu machen, wie auch die mit schönen Liegen und Sitzgruppen einladenden Strandboutiquen. Einen Besuch wert sind die Fischerdörfer nördlich des Hafens. In Pim`s Restaurant hatte ich Gelegenheit, einer vielseitigen Tanzaufführung mit Folklore, Apsara und modernem Akt beizuwohnen, bestritten von so genannten Straßenkindern. So genannt, weil ich erfuhr, dass diese Kids zwischen 14 und 19 alle ein Zuhause haben. Die richtigen Straßenkinder sieht man trotz Tausender in Kambodscha tätigen NGO's nach wie vor beim Betteln und Müll durchwühlen.
Ein paar Busgesellschaften bedienen die Route nach Phnom Penh. Dort muss man sich dann in den wahnwitzigen Verkehr wagen. In die Kreuzungen fahren die Fahrzeuge, in der Mehrzahl Motorräder und Tuk-Tuks, von allen Straßen gleichzeitig ein zu einem scheinbar unentwirrbaren Chaos, um dann doch irgendwie wieder raus gespült zu werden, wenn vielleicht auch auf der falschen Straßenseite. Aber das macht nichts, da hupt man sich den Weg eben frei. Als ich das einmal mit dem Moto mitgemacht hatte, nahm ich dann nur noch Tuk-Tuks, weil ich zu sehr Angst um meine Beine hatte.
Ich war hier 1997 schon einmal. Häuser und Straßen waren vom Krieg zerstört. Es gab nur ein paar Motorräder. Die Leute schliefen zu Tausenden in den Straßen. Vor dem einzigen Straßen-Café prostituierten sich die Kinder, alle paar Minuten stieß ein bettelnder Invalide einem seinen Armstumpf ins Gesicht, nachts waren immer wieder Gewehrschüsse zu hören. Es war traumatisch, und ich verließ das Land ganz schnell wieder in Richtung Vietnam.
In der Zwischenzeit hat sich viel getan. Die Stadt ist eine einzige riesige Baustelle. Ich habe mir sagen lassen, dass die Bewohner aus dem Zentrum zwangsevakuiert werden, um dem Boom Platz zu machen. Überall entstehen neue Hotels und Restaurants, vor allem in dem Viertel nördlich des Königspalastes, in dem schon wieder etwas von französischem Flair zu spüren ist. Ausnahmsweise preiswertes - und dazu sehr schmackhaftes - Essen fand ich im Gasthaus Last Home. Ich wollte da auch wohnen, aber wie in vielen anderen Häusern in der Hochsaison war kein Zimmer frei. Ich bin nebenan im Royal Highness untergekommen für 20 Dollar die Nacht, das war okay.
Das Glanzstück von Phnom Penh ist der prachtvolle noch nicht 100 Jahre alte Königspalast. Für seine Besichtigung einschließlich der Silberpagode und zahlreicher Museumsstücke sollte man sich schon ein paar Stunden Zeit nehmen. Zur Entspannung kann man einer Kambodschanerin beim Weben zusehen oder den Klängen traditioneller Musik lauschen. Wem am frühen Abend ein stimmungsvoller Spaziergang am Ufer des Tonle Sap nicht ausreicht, will vielleicht beim allgemeinen Aerobic vor dem Tanzpavillon mitmachen.
Ein Muß ist der Besuch desVölkermordmuseums Toul Sieng. In den Räumlichkeiten des ehemaligen Schulgebäudes hatten die Roten Khmer ein Verhör- und Folterzentrum eingerichtet, in dem Tausende den Tod fanden. Die zum Teil winzigen Zellen, in denen man sich noch nicht einmal ausstrecken konnte, die eisernen Bettgestelle, an die die Gefangenen gekettet waren, die Fotos der Opfer und die Gemälde der Foltermethoden sind realistische und bestürzende Zeugnisse einer furchtbaren sich über Jahre hinziehenden Greueltat, die tief betroffen macht. 1997 gab es hier an der Wand noch eine Landkarte von Kambodscha zu sehen, die aus den Schädeln gefolterter Opfer zusammen gesetzt war.
Von Phnom Penh ging es mit dem Bus weiter nach Battambang, einer geruhsamen kleinen Stadt am Ufer des Sangker Flusses. Ein Markt, einige Kolonialbauten und zwei Pagoden sind aber alles was es zu sehen gibt. Der Ort ist noch nicht so touristisch versaut, die Leute sind freundlicher, die Preise für Ausländer wesentlich niedriger. Sehr zu empfehlen ist das Hotel Royal, nur sollte man sich vom Manager kein Zimmer in einem Gasthaus in Siem Reap buchen lassen, da die nicht so gut sind. Ein schöner Ausflug führt zum Phnom Sampeau, einem Hügel mit mehreren Pagoden und Höhlen. Von da wo man vom Moto abgesetzt wird, muss man noch ganz schön lange laufen, und sich der Dienste sich anbietender Halbwüchsiger bedienen, damit man sich nicht verläuft. Außerdem haben diese Kinder eine Taschenlampe dabei, die man für die Besichtigung der Höhlen braucht.
Morgens um 7 Uhr fährt das Boot nach Siem Reap. Es ist lange nicht so überfüllt wie das in der Gegenrichtung. Touristen und Einheimische sind die Fahrgäste. An den Orten auf dem Weg wird in der Regel nicht gehalten, sondern kleinere Boot kommen um die Kambodschaner, die aussteigen wollen, abzuholen. Trotzdem dauert die auf sechs Stunden angesetzte Fahrt dann doch acht. Aber es ist ein Highlight der Reise, im Vorbeifahren das Leben am Fluss zu beobachten. Die Kamera hat dank der vielen Motive keine Pause. Vom Sangker-Fluss geht es dann durch schmale in Mangrovenwälder gehauene Passagen -da wird es richtig abenteuerlich - in den Tonle Sap
Ja, und Siem Reap ist auch eine Enttäuschung. Kein schöner Ort, sehr staubig ist es wie überall. Mehrere Gasthäuser habe ich mir angesehen, die mir alle nicht gefallen haben, weil entweder die Zimmer armselig waren, das Management keinen Vertrauen erweckenden Eindruck machte oder die Häuser einfach ungünstig lagen. Ein wirklich gutes, in jeder Hinsicht zufrieden stellendes, ist das neue Prohm Roth Guesthouse neben dem gleichnamigen schönen Tempel. Von diesem ist es auch nicht weit zur Pub Street, einem Areal mit vielen Restaurants, Bars, Musik, wo sich abends alles trifft. Hier sitzt man angenehm draußen, fröhnt den Landesspezialitäten und genießt ein kühles Bier. Und wer andere sinnliche Freuden sucht: Hier flanieren auch die Schönen der Nacht, doch Vorsicht, nicht alle sind weiblichen Geschlechts.
Wenn wohl auch nur Kunsthistoriker voll die Großartigkeit dessen voll ermessen können was da vom 8. bis 12. Jahrhundert erschaffen wurde, so ist der Anblick von Angkor Wat doch auch für den Laien überwältigend. Und man muss sich das vergegenwärtigen: Die gesamten Tempelanlagen erstrecken sich über eine Fläche von über 300 qkm. Neben dem gewaltigen Haupttempel mit seinen fünf gigantischen Türmen besticht vor allem die mit einer Mauer umgebende Stadt Angkor Thom mit seinen Statuen von Göttern und Dämonen vor den Toren und den riesigen in alle Himmelsrichtungen blickenden Gesichtern im Innern. Das schönste Bild bietet aber vielleicht Ta Prohm, wo sich ein gewaltiger Baum in den Tempel gebohrt hat, und einen Eindruck vermittelt davon wie sich die Anlagen einmal im Würgegriff des Dschungels befanden. Insgesamt gesehen haben allerdings die vielen Touristen den Genuss der Erhabenheit der großartigen Architektur beeinträchtigt. Ich wünschte, ich wäre doch schon 1997 hergekommen, was ich ja auch wollte, aber es war schwierig damals.
Schwierig ist für den Touristen auch heute noch Manches in Kambodscha. Ich gewöhne mich kaum daran, dauernd übers Ohr gehauen zu werden. Da müssen die Leute noch viel lernen. Die Kambodschaner scheinen auch keinen Kontakt zu Ausländern zu wollen, außer wenn es um den eigenen Profit geht. Natürlich gibt es Ausnahmen. Aber ich will mal ein Beispiel geben: Die Kambodschaner sitzen wie die Thailänder gerne in den Straßen und spielen Schach. Wenn ich als Ausländer zuschaue und auf Befragen sage, dass ich ihre Form des Schachs (die ursprüngliche übrigens) spielen kann, werde ich von Thailändern immer eingeladen zu spielen, von Kambodschanern nie. Da es mit der Sauberkeit und der Infrastruktur schon in den von Touristen stark frequentierten Orten haperte, habe ich meinen Plan, nicht so bekannte Ziele zu besuchen, aufgegeben und bin nach Thailand zurück geflogen. Es war das zweite Mal. dass ich meine Reise abgekürzt und das Land vorzeitig verlassen habe. Vielleicht probiere ich es in zehn Jahren nochmal.
Heiko Trurnit
Dezember 2008 - Januar 2009n]
KAMBODSCHA
Aufbruch: | Dezember 2008 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | Januar 2009 |