Mit dem Auto in den Senegal

Reisezeit: Januar / Februar 2003  |  von Hans-Gunter Herrmann

Eine Fahrt mit einem Mercedes 508 Bus, einfachste Wohnmobileinrichtung, über Algeciras ES, Marokko, Mauretanien, Senegal, Gambia und wieder Senegal/Casamance.

Marokko,Mauretanien und Senegal

18.02.2003 Emmendingen
Endlich war es soweit! Wir wollten an diesem Tag zu unserer Fahrt in den Senegal aufbrechen. Das Fahrzeug war ein alter Mercedes Bus 508 mit provisorischem "Betteinbau", Gasherd und einem Schrank. Eine kleine Gartenbank wie man sie in Biergärten finden kann, diente als Rückbank. Das Bett war eine Spanplatte mit Schaumstoffauflage. Diese Platte stand auf diversen Kanthölzern, so dass unter der Platte genug Raum für einen 508er Motor mit Getriebe plus Schaltgetriebe vorhanden war. Das hatte natürlich einiges an Gewicht. Dazu kam natürlich noch das Gepäck für uns 3 Männer und einige leere Plastikkanister
Der Besitzer des Fahrzeuges wollte dieses nach Senegal fahren und dort verkaufen. Das hatte er bereits 2-mal gemacht, kannte sich auch sehr gut in Marokko aus, da er dort nach eigener Aussage schon 15-mal war. Das war also seine dritte Fahrt durch die Sahara. Im weiteren Verlauf werde ich den Besitzer und "Organisator" dieser Reise Jochen nennen.
Ursprünglich hatte ich gar keine Ambitionen nach Afrika zu fahren, meine Sehnsüchte lagen mehr im Osten, nämlich China, Japan und Korea. Doch Markus, der Dritte im Bunde, hatte mich mit wenigen aber überzeugenden Worten zum Mitfahren gebracht. Ohne ihn hätten wir unterwegs noch die größten Schwierigkeiten bekommen. Um die Vorbereitungen konnte ich mich nicht kümmern, da ich bis zuletzt gearbeitet habe.
Also sollte es am späten Nachmittag losgehen. Doch Markus bemerkte, dass wir gar keine zusätzlichen Reservereifen dabei hatten. Also von Emmendingen nach Teningen auf den Bauhof, Räder suchen. Wir fanden auch ein Rad, allerdings auf einem Halter aufgeschraubt. Da sich die Schrauben nicht lösen ließen, nahmen wir das komplette Teil mit und wollten es in wärmeren Gefilden oder zumindest im Hellen probieren.

Das Reserverad mit Halter

Das Reserverad mit Halter

Inzwischen war es 19.00 Uhr geworden und natürlich stockdunkel. Nun ging es endlich los. Auf die Autobahn A 5 bis Mulhouse und dann Richtung Lyon, Orange, La Jonquera. Jochen fiel es ein, er müsste unbedingt einen Freund in Lleida ( Lerida ) besuchen. Also nach Lleida. Der Freund stammte aus Marokko, aus dem Rif. Er lud uns zum Essen ein in einem einfachen aber guten Restaurant. Bei ihm zu Hause tranken wir noch ein paar Whiskeys, unterhielten uns und nahmen dann für seine Verwandten in Marokko einige große Töpfe mit spanischem Honig mit. Die erste Nacht war ich durchgefahren, die nächste Nacht fuhren überwiegend Jochen und Markus.
In Algeciras angekommen, schliefen wir erst mal 3,5 Std. in Ruhe und gingen dann ins Carrefour Kaffee trinken und Einkaufen. Markus wollte vor allem Wasser mitnehmen, da wir ja nicht wussten wie die Wasserqualität in Marokko ist. Auf dem Dach hatte Jochen einen alten Motorroller mit unserer Hilfe vor der Abfahrt hoch gehievt. An diesen schraubte er jetzt das alte ungültige Kennzeichen und verschnürte ihn noch mal neu. Meinen Vorschlag, Öl und Treibstoff abzulassen, verwarf er als nicht nötig. Also auf in den Hafen.
Tickets lösen für Auto und uns. Das Auto kostet 156 €, plus pro Person 17,05 € von Algeciras nach Ceuta. Ceuta ist eine spanische Enklave innerhalb Marokko´s, schwer mit einem 4 m hohen Zaun gesichert, unterbrochen von Wachtürmen. Fühle mich etwas an die DDR Grenze erinnert. Der Zaun soll verhindern, dass Marokkaner oder Afrikaner aus anderen Ländern nach Ceuta, also spanisches Territorium eindringen.
Wir reihen uns in die Autoschlange ein, die sich vor dem marokkanischen Grenzübergang gebildet hat. Doch da kassieren wir ganz schnell einen heftigen Anpfiff, wir müssen uns links halten. Marokkaner rechts, Europäer links. Die marokkanischen Grenzbeamten gehen auch sehr grob oder auch brutal mit ihren Landsleuten um. Konnte sehen, wie einer von ihnen einer Frau mit einem groben Stock auf die Beine schlug, weil er meinte sie stehe nicht richtig in der Reihe. Von nun an heißt Ceuta "Septa". Darauf wird Wert gelegt. Diese spanischen Enklaven sind ein Stachel im Fleisch Marokkos und doch bei vielen Marokkanern sehr beliebt. Denn dort können sie sich mit billigen Auto Ersatzteilen und vor allem mit billigen Reifen versorgen. Die Reifen werden in Ceuta mit Schlamm beschmiert, damit sie alt aussehen,

genauso neue Autobatterien. Da wird dann extra Schlamm erzeugt mit Wasserflaschen, spart viel Zoll.
Endlich in Marokko, nun ins Rif. Gott sei Dank hat Markus eine Marokko Karte mitgebracht, so können wir wenigstens auf der Karte sehen, wo wir hin müssen. Denn keiner von uns spricht französisch geschweige denn auch nur ein Wort arabisch. Also fahren wir über Tetuan nach Chefchouen im Rif. In einem Seitental außerhalb des Ortes in einem Haus geben wir Bescheid, dass wir von Ismail kommen und dessen Bruder suchen. Wir warten in einem dreckigem Raum zusammen mit vier Arabern und einigen Hühnern auf den Bruder. Wir bekommen Tee. Sehr heißes Wasser kommt in ein Glas wo man einige grüne Blätter hinein tut und viel Zucker. Schmeckt sehr gut, da er aber nicht so viele Gläser hat wie Gäste, wischt er mit Daumen und Zeigefinger kurz den Rand ab, und der nächste kann sich am Tee erfreuen. Die Kälte kroch uns in die Glieder, es waren ungefähr 10 Grad plus. Aber Jochen ist begeistert, denn im Rif kann man ganz legal Haschisch kaufen und rauchen. Er hat ja auf der ganzen Fahrt schon gekifft, aber nicht mehr viel übrig. Also lässt er sich hier noch mal zu einem stolzen Preis edlen Stoff kommen. Den Honig haben wir dem Bruder übergeben, jetzt warten wir auf den Shit. Gegen Abend kommt er endlich. Als wir losfahren ist es bereits dunkel. Ich fahre durch die Nacht, Markus neben mir. Eine nervenaufreibende Fahrt für Markus, denn öfters kommen wir um eine Ecke und es ist keine Strasse mehr vorhanden. Viele Erdrutsche haben die Strasse teilweise weggespült und wir müssen uns im Dunkeln eine Passage suchen. Jochen ist glücklich, er hat den besten Stoff seines Lebens in der Lunge und Gehirn. Endlich kommen wir in Rabat an. Wir suchen das Konsulat von Mauretanien, denn wir brauchen ja ein Visum. An einer Tankstelle spricht Jochen, wieder klar, einen Autofahrer auf Englisch an, der einen dicken Mercedes mit diplomatischem Kennzeichen fährt. Wir haben Glück, er lotst uns direkt bis zum Eingang der Botschaft. Doch der Wächter macht uns klar, hier gibt es keine Visa`s, die gibt es nur noch in Casablanca. Da es sowieso noch Nacht ist, fahre ich weiter nach Casablanca. Nach langem Suchen finden wir endlich das Konsulat. Wir treffen einige Franzosen, auch auf dem Weg nach Mauretanien und gehen mit ihnen frühstücken trotz Sprachproblemen. Jochen hat einige Brocken in Französisch drauf, war ja sehr häufig in Marokko. Doch Markus und mir kräuseln sich die Ohren. Endlich öffnet das Konsulat, wir stellen die Visa Anträge und müssen bis zum Nachmittag warten. Nicht weil das eine aufwändige Arbeit wäre, sondern um Wichtigkeit zu demonstrieren. Auch nehmen oder verlangen die Beamten viel mehr Geld als offiziell die Gebühr beträgt.
Auf einer späteren Fahrt musste ich 60 € extra bezahlen, sonst hätte ich einen ganzen Tag warten müssen. Korruption in ganz Mauretanien, schon in Marokko. Seitdem hole ich mir die Visa nur noch direkt an der Grenze. Viel billiger und noch schneller.

[Warten auf die Visa in Casablanca]

[Warten auf die Visa in Casablanca]

Endlich haben wir die Visa und wir starten Richtung Süden.
Agadir! Jochen ist überzeugt davon, dass wir hier das Auto waschen lassen. Ich fasse es nicht. Wir fahren in die Wüste und lassen das Auto waschen. Ich gebe zu, ich habe ständig vorwärts gedrängt, mir ging es nicht schnell genug. Ich hatte nur 4 Wochen Urlaub wie Markus auch. Jochen hatte ca. 3 Monate veranschlagt. Dem ging das alles viel zu schnell. Na ja, dann lassen wir das Auto eben waschen. Und dann spricht doch tatsächlich einer der Wäscher ein wenig deutsch. Der lädt uns natürlich zum Essen ein. Wir gehen zusammen auf einen Platz, auf dem Markt zu sein scheint. An einem Stand werden Fische zwischen zwei Drahtgeflechten in der Asche geröstet. Die essen wir, für meinen Geschmack mehr Asche als Fisch im Mund. Natürlich bezahlen wir. Mohammed, der Autowäscher, lädt uns zu sich nach Hause ein. Er hat Whiskey und Jochen will hier bleiben. Jochen hat uns vorher "detailliert" über Marokko aufgeklärt. Zum Beispiel gibt es in Marokko keine! Prostitution. Jochen will bei Mohammed bleiben und will mein Einverständnis. In der Gewissheit, dass es unmöglich ist, sage ich, nur wenn er ein paar Frauen besorgt. Denn ich wollte weiter, wollte Schwarzafrika sehen. In der ganzen Umgebung nur Drecklöcher wie auch die Wohnung selbst. So gut wie keine Möbel,
lediglich ein paar Sessel, ein Couch Tisch, der Rest waren Bastmatten und Schaumstoff auf dem Boden.
Mohammed telefonierte, eine halbe Stunde später standen 2 hübsche Marokkanerinnen in der Wohnung. Nun gut, es war ganz lustig. Habe dem Whiskey zu gut zugesprochen. Dachte, gehe spazieren, dann wird der Kopf wieder klar. Drehte so meine Runden um das Haus, machte die Runden etwas größer, plötzlich fand ich das Haus nicht mehr mit dem Bus davor. Ich ging durch viele Strassen und erkannte auch alle Strassen wieder, aber nicht die richtige. Wie Mohammed sonst noch hieß wusste ich natürlich nicht, noch weniger wusste ich die Adresse. Also nehme ich ein Taxi, weil mir die Füße so langsam drohten abzufallen. Er hatte einen Freund bei sich, so fuhren wir ca. eine Stunde durch die Gegend. Ich wusste, in der Nähe des Hauses gab es eine Friseurschule. Die fanden wir auch gleich, aber es war eine andere, und die beiden kannten nur die Eine. Unterwegs fragten sie immer wieder einen der Wächter, die vor den Häusern standen oder saßen. Hatte mich vorher schon gewundert, weil soviel Männer in den Haustüren saßen oder davor standen, alle mit einem Knüppel in der Hand. Das waren Hauswächter, deshalb haben die mich auch alle so argwöhnisch beobachtet, als ich immer wieder meine Runden um die Häuser drehte.
Endlich fand ich durch Zufall das richtige Haus und das Auto und konnte mich gegen 6.00 Uhr endlich schlafen legen.

Irgendwo in Marokko

Irgendwo in Marokko

Wir nahmen noch ein gemeinsames Frühstück und machten uns dann auf den Weg nach Süden. Zumindest war das Auto schön sauber. Da wir kein gutes Kartenmaterial hatten, konnten wir nach Agadir kaum noch die Entfernungen abschätzen. Am Nachmittag schon wurde die Landschaft recht eintönig. Ich fuhr, Markus saß daneben, Jochen lag auf dem Bett und bewunderte den Stoff, der so wunderbar rein haute. Ich fuhr und fuhr und fuhr! Irgendwann in der Nacht, Markus hatte sich schlafen gelegt, Jochen auf dem Beifahrer Sitz, konnte ich nicht mehr. Ich sagte zu Jochen, ich würde auf dem rechten Streifen neben dem Asphalt anhalten und kurz schlafen. Ich wollte nicht, das Jochen fährt, wegen dem Kiffen. Während ich auf den Streifen neben dem Asphalt fuhr, merkte ich, wie die Räder einsanken. Mein Versuch, sofort zurück zu lenken auf den Teer, funktionierte nicht. Bis zum Bodenblech standen wir neben dem Teer im Sand. Wir weckten Markus und gruben den Wagen aus, Sandbleche, dank Markus, hatten wir dabei. Als wir wieder auf der Strasse standen, war ich nicht mehr müde und fuhr weiter. Ich ärgerte mich maßlos über mich selbst, noch nicht mal in der Sahara und schon das Auto eingesandet. Doch wir waren schon lang in der Sahara, doch in der Nacht sieht man das nicht und unser "Führer" hatte keine Ahnung.
Wir kamen öfters an Kreisverkehre, von dem 4, 5 oder 6 Strassen abgingen. Aber keine Hinweisschilder welche Strasse wo hin führte. Also warten bis ein Reiter mit Esel vorbei kam oder, seltener, ein Fahrzeug, fragen: Direction Senegal??? Zeichen des gefragten mit dem Arm in irgendeine Richtung und weiter in der Hoffnung dass es richtig ist. War es auch immer. Manchmal, wenn niemand zu sehen war, auf gut Glück. Wir hatten Glück.
Es wurde Tag, ab und zu hielten wir an und kippten Diesel aus den Kanistern in den Tank. Markus und ich machten Jochen darauf aufmerksam, das wir bald einmal tanken mussten, weil so langsam unser Vorrat an Diesel aufgebraucht war. Doch Jochen sagte, keine Sorgen, es kommen noch jede Menge Tankstellen vor der Grenze. Irgendwann sahen wir auf der linken Seite eine kleine Steinhütte mit einigen Autos und Leuten davor. Einer davon trug eine Uniform, der schaute ganz empört zu uns hoch. Ich stoppte, fuhr rückwärts, dann wieder vorwärts links die schräge Böschung hinab zu dem Haus. Ja, und da war sie, die Grenze nach Mauretanien. Da wir stoppten, wurde Jochen wach. Er fragte, wo wir sind, Markus sagte, wahrscheinlich an der Grenze. Oje, da ging ein Wehklagen und Geschimpfe durch den Wagen. In Mauretanien ist doch der Sprit viel zu teuer und sowieso ist alles meine schuld weil ich ein Vollgasidiot wäre, der immer nur volle Pulle voraus fahren würde. Da erhob Markus seine Stimme und sagte ihm, das er selbst schuld sei, da er ja ständig sagte, kein Problem,
kommen noch genug Tankstellen. Und er ja ständig zugekifft war und nichts mehr mit bekam. Karten hatten wir ja keine.

Grenze Marokko - Mauretanien 2003

Grenze Marokko - Mauretanien 2003

Hier an der marokkanischen Seite war es recht einfach mit der Abfertigung. Jetzt auf die Suche nach dem mauretanischen Posten. Nach vielleicht einer halben Stunde tauchte die Bretterbude des Mauretaniers auf. Auch diese Abfertigung schafften wir ohne größere Komplikationen, ein paar Geschenke für den Zöllner. Jochen war da meiner Meinung nach zu großzügig. Der Zöllner zeigte auf verschiedene Dinge die er wollte und bekam sie manchmal auch. Aber es waren nicht meine Sachen. Sogar den Motor mit Getrieben ließen sie unbehelligt. Direkt nach dem Zoll standen einige Araber, die sich als Guide ( Führer ) anboten. Doch Jochen wollte keinen Führer, man braucht doch nur Richtung Süden zu fahren. Meinen Einwand, dass man auf diese Weise glatt an der Hauptstadt vorbei fahren könnte ohne es zu merken, wischte er beiseite. Ich war halt ein Angsthase und hätte immer noch nicht verstanden, dass das jetzt Afrika ist und nicht Europa. Also fuhr ich los, alle angeregt, denn jetzt waren wir in Afrika, keine geteerten Strassen mehr, nur noch Wüste. Während dem Fahren und Unterhalten merkte ich, dass der Sand uns am Fortkommen hindern wollte und legte schnell einen kleineren Gang ein. Ich musste besser aufpassen auf das Gelände. Doch Jochen fing an zu schimpfen, hier müsste man Vollgas fahren, damit man nicht stecken blieb.
Ich hatte die Schnauze voll, ich stieg aus, ging in den hinteren Teil des Wagens und ließ von da an Jochen fahren. Über 4 000 km war ich überwiegend gefahren, von Süddeutschland bis nach Mauretanien.

Von nun an fuhr Jochen. Nach 15 weiteren Minuten steckten wir im Sand fest. Links wäre eine schräge sandfreie Felsplatte gewesen, er fuhr aber am rechten Rand. Und da lag der feine Sand, der uns nun festhielt. Aussteigen, freischaufeln, Bleche vom Dach holen, drunter damit. Plötzlich steht da ein Beduine, Jochen spricht mit gebrochenem Französisch mit ihm. Sagt, wir wollen nach Senegal, da bedeutet ihm der Beduine, dass wir die falsche Richtung fahren. Aha, doch nicht so einfach, immer Richtung Süden, wenn die Sonne hoch steht und keinen rechten Schatten wirft. Womit auch, den einzigen Schatten warfen wir selbst, keine Möglichkeit einen Schatten beim Fahren zu sehen. Für 50 € bringt uns der Beduine zurück zum Sammelpunkt der Guide´s. Die sind gerade in einem heftigen Streit entbrannt, weil einer von ihnen den Preis auf 200 € oben halten will. Er will die anderen zwingen, das Gleiche zu verlangen. Konnte ich verstehen, aber wenn da 10 - 15 Guide´s rum stehen, aber nur 5 Autos die einen Führer brauchen, sinkt der Preis. Etwas abseits stand ein Mauretanier, der sich nicht in den Vordergrund drängte. Zu dem ging Jochen, handelte einen Preis mit ihm aus, und los ging´s.

Unser Guide, der uns nach Nouakchott führte.

Unser Guide, der uns nach Nouakchott führte.

Er war ein ruhiger Mann, der seine Anweisungen wie zu fahren war, genauso ruhig gab.
Obwohl es für uns recht eben war, fuhren wir immer wieder jetzt rechts, jetzt links, dann geradeaus, dann wieder links oder rechts. Markus und ich dachten, der wird schon wissen warum. Nicht so Jochen, aus dem brach es plötzlich heraus, das ist doch Scheiße, links rechts, links rechts, da fährt man volle Kanne bis die ganze Inneneinrichtung sich zerlegt hat. Und gab Vollgas! Der Guide klammerte sich an dem Haltegriff fest und rief immer wieder auf Französisch langsam, langsam. Doch Jochen war in seinem Element! Markus und ich saßen hinten auf der Bierbank und versuchten uns irgendwo fest zu halten. Doch plötzlich stoppte Jochen! Eine Felskante! Da konnte er nicht darüber fahren. Wir stiegen aus, so weit das Auge reichte, nach Osten und Westen, nirgends sah man eine Möglichkeit des Überwindens. Also hörte er wieder auf den Guide. Der führte uns wieder zurück auf den richtigen Weg. Nach einer längeren Zeit ließ er anhalten, der Guide stieg aus, ging auf eine kleine Düne und ich begleitete ihn aus Neugier. Unter den Füßen fühlte ich die Festigkeit des Sandes. Oben war der Sand sehr fest, je weiter man nach unten kam, umso mehliger wurde der Sand. Nun standen der Guide und ich oben auf dem festen Grund und winkten Jochen, er solle hier entlang fahren. Doch Jochen fuhr einfach Vollgas geradeaus in den Tiefsand zwischen den kleinen Sanddünen. Bis zum Bodenblech steckte der Wagen im Sand fest. Ich fragte ihn,
warum er nicht so gefahren ist, wie wir ihm angezeigt haben. Seine Antwort? Hab euch nicht gesehen. Ja, sagte ich, weil wir hinter den Bäumen standen. Wir mussten auf einer Länge von über 100 m den Bus immer wieder ausgraben. Ausgraben, Bleche drunter, drüber fahren, einsanden. So ging es immer weiter. Inzwischen ist auch aus dem Motorroller der Sprit ausgelaufen über den Bus und hat sich mit dem Sand verbunden. Entsprechend sah der Bus jetzt aus. Deswegen hat Jochen ihn vorher waschen lassen.
Ich kann heute nicht mehr sagen, wie oft wir die Karre ausgegraben haben, aber es war nicht das letzte Mal.

graben, immer wieder graben.....

graben, immer wieder graben.....

Dazu kommen noch 2 Reifenplatzer. Einmal fand Jochen einen einsamen Stein, den er dazu benutzte den Reifen seitlich aufzuschlitzen. Das zweite Mal raste er mit vermindertem Luftdruck über eine Felsplatte mit hoher Geschwindigkeit. Den Wagen hob es aus, krachte mit voller Wucht auf die Felge und durchschnitt komplett den Reifen. Jetzt hatten wir keine Reserve mehr. Aber das ist kein Problem, man gibt den Reifen zum Flicken mit, irgendjemand der vorbei kommt. Das hätte bedeutet, der Guide muss mit, damit er das Auto wieder findet. Später stelle ich fest, das wäre eine 2-3 Tagestour gewesen von unserem Pannenpunkt bis Nouakchott und wieder zurück. Denn wie schon berichtet, keiner von uns wusste wo wir ungefähr sind, außer dem Guide. Doch mit dem konnten wir uns nur mit Händen und Füßen verständigen.
Es wurde Nacht, der Guide legte sich draußen vor den Bus, mit einem Brett als Windschutz. Wir im Bus, das Bett war breit genug für 3 Mann.
Am nächsten Morgen Sandsturm, wir sehen 50 - 80 m weit, alles ist rotgelb. Der Guide führt und fährt auch. Ich habe darauf bestanden, weil Jochen einfach unberechenbar ist. Ging heftig zur Sache bis er einwilligte.
Wir fahren am Strand entlang und kommen an einem Bus oder was davon übrig ist, vorbei. Die Leute aus dem Bus gingen schwimmen und sich umsehen, als die Flut kam. Die Bewohner eines nahe gelegenen Fischerdorfes kamen zu Hilfe, als der Bus nicht mehr aus dem Sand kam. Doch alle Bemühungen waren vergebens, das Wasser unterspülte die Räder, der Bus sank ein. Sie mussten den Bus aufgeben.

Vom Strand muss man mit viel Anlauf durch eine Düne hochfahren, um in das Dorf zu fahren, wo wir tanken mussten. Am Strand geht es von da aus auch nicht weiter. Das Dorf bestand aus einigen weit auseinander stehenden einfachsten Bretterhütten. Neben einem Steinhaus liegt das Gerippe eines Wals, was den traurigen Eindruck, den diese Ansammlung von Hütten bietet, auch nicht gerade aufhellt.
Wir fahren zu der "Tankstelle" und sind sofort von vielen Kindern umringt, die zum Teil nur neugierig, zum anderen auch sehr aufdringlich sind. Wir verteilen Gummibärchen, die Jochen dabei hat. Ich bin froh, als wir endlich weiter können um diesen traurigen Ort zu verlassen.
( Ich frage mich, was für eine Abwechslung die Kinder heute haben, 2009, wo die neue Strasse weit am Dorf vorbei führt).
Einmal sind wir am Strand entlang gefahren, zwei Pflöcke im Boden mit einem dicken Seil an dem einen Ende und einem einsamen Soldaten am anderen Ende. Der verlangte die Papiere, ein Cadeau (Geschenk), und weiter ging´s. Eine winzig kleine Hütte aus Zweigen war alles was man sonst noch sah. Keine Ahnung wohin der nach seinem Dienst verschwand, oder woher er kam. Ringsum war nur Einsamkeit.

Der Anfang des Sandsturms, später sahen wir kaum noch etwas.

Der Anfang des Sandsturms, später sahen wir kaum noch etwas.

Ich weiß nicht, an was sich der Guide orientiert, doch er bringt uns zielsicher nach Nouakchott. Kurz vorher eine Militärpatrouille, die uns stoppt, an die er jedoch vorbei rauscht. Erst 30 m nach der Aufforderung zu stoppen, halten wir an. Dachte schon die fangen an zu schießen, doch alles geht gut. Der Guide erklärt ihnen, dass er nicht bremsen konnte. Ich kontrolliere die Bremse, alles in Ordnung. Der Sitz ist zu hoch eingestellt, er kam mit den Füßen nicht ausreichend an die Pedale. Jochen hat ihm den Sitz nicht richtig eingestellt.
In Nouakchott bringt er uns in die "Auberge des Noumads".
Das ist ein kleiner Hof mit flachen Häusern auf zwei Seiten. Links von der Einfahrt steht ein Haus in dem der Betreiber und sein Bruder wohnt, geradeaus Zimmer für Touris. Da befindet sich auch eine Dusche. Die wird natürlich sofort ausgiebig von uns allen genutzt. Schlafen werden wir weiterhin im Bus.

Außer uns sind noch zwei junge Japaner und eine junge Japanerin in der Auberge, die mit dem Rucksack unterwegs sind. Jochen versucht, den Bus schon hier zu verkaufen, sowie den Motor mit Getriebe. Wir fahren auch in die Stadt zu potenziellen Kunden und er wird später den Motor mit allem was dabei ist, los. Markus und ich gehen auf einen Markt und ich kaufe mir einen 5m langen Schal für einen Turban und ein traditionelles Gewand in Blau mit goldenen Stickereien. Habe sogar einen recht günstigen Preis ausgehandelt, natürlich auf Grund meiner nicht existenten Erfahrung nicht so günstig wie ihn ein Einheimischer bekommen hätte. Aber immerhin.
Nouakchott ist ein Dreckloch, wie alle Städte die wir bis jetzt auf unserer Reise auf dem afrikanischem Kontinent gesehen haben und noch sehen werden. Warum? Weil wir immer in den Außenbezirken der Städte waren, in den Slums. Agadir, Ait Melloul, Casablanca, Nouakchott, später St.Louis und Dakar. Was diese Städte wirklich zu bieten haben, habe ich erst später auf meinen Alleinfahrten gesehen.
Jochen möchte gern länger bleiben, Markus und ich wollen weiter. Außerdem will Jochen immer noch den Bus verkaufen, wie auch schon in Casablanca. Unseren Einwand, dass wir ja dann nicht nach Senegal kommen, wischt er beiseite. Denn der Käufer würde uns nach dem Kauf nach Senegal fahren. Ich erkläre ihn für verrückt, kein Käufer würde den Wagen kaufen und dann auch noch 3 000 km nach Senegal fahren. So weit ist es ungefähr von Casa bis Senegal. Von Nouakchott bis Dakar sind es ungefähr noch 500 - 600 km. Wenn der uns dann plötzlich in der Sahara raus schmeißt können wir uns ja an die Polizei wenden mit unseren hervorragenden Sprachkenntnissen.
Da der Motor und Getriebe aber nicht einwandfrei ist, erkläre ich ihm, wie schnell die manchmal sind Motor und Getriebe zu wechseln. Wenn die dann merken was los ist, kommen die ganz schnell vorbei und werden gewiss nicht mit Anwalt kommen, eher mit einigen langen Messern.

Plötzlich zieht es ihn mit aller Kraft nach Senegal, wir brechen sofort auf.
Von Nouakchott nach Senegal gibt es eine relativ gute Strasse, wenn man sie findet. Nach mehrmaligem Fragen finden wir die Strasse auch. Doch wer kennt schon Rosso, kein Mensch. Direction Senegal ist die Rettung, das weiß jeder.
Die Landschaft wird hügelig, fruchtbarer. Abends kommen wir nach Rosso, die mauretanische Grenzstadt am Senegal Fluss. Drei junge Burschen bieten Jochen an, ihn nach Diama zu führen, weil da die Grenze offen ist. Es soll da auch keine P5obleme mit den Kontrollorganen geben wie in Rosso. Von Rosso haben wir schon gehört, das da so was wie Ausrauben der Grenzgänger durch Zoll und Polizei normal ist. Aber Jochen traut den Burschen nicht. Da er immer behauptet, ich hätte die Hosen voll, weil ich etwas dagegen habe, die Karre zu Schrott zu fahren bevor wir am Ziel sind, mache ich die ironische Bemerkung, dass er wohl die Hosen voll habe. Wir bereiten uns das Essen und richten uns danach zum Schlafen ein. Plötzlich ruft Jochen einen der Jungen her, handelt den Preis aus und los geht es nach Diama.
Der Weg von Rosso nach Diama ist gar kein Weg, das ist ein Hochwasserdamm. Auf dem wird gefahren. Manchmal ist er unterbrochen, dann muss man runter vom Damm. Dann muss man wieder die Auffahrt finden, weil unten am Damm Felder sind, die manchmal geflutet werden. Egal, ich bin voll eingeschlafen. Der Weg war auch nicht eine Stunde weit, sondern ca. 3 Stunden. Das ständige Kiffen von Jochen muss mich in den Tiefstschlaf befördert haben.
Als ich aufwache, höre ich Jochen mit dem Burschen diskutieren, es geht um den Preis. Ich frage wo wir sind, wir sind in Senegal. Der Zoll hat den ganzen Bus untersucht, jede Menge

Geschenke gefordert und auch bekommen. Wahrscheinlich waren die sauer, weil sie mitten in der Nacht geweckt wurden.
Im Vorfeld hatte mir Jochen erklärt, wie wichtig es ist, einen einmal ausgehandelten Preis nicht mehr neu zu verhandeln. Und genau das machte er gerade. Als die Diskutiererei nicht enden wollte, stieg ich aus, öffnete die Beifahrertür und warf den Jungen raus. Jochen sagte, endlich, jetzt können wir schlafen gehen. Ich sagte ihm, dass das die wohl dümmste Entscheidung sei. Denn wir wissen nicht, ob und wie viel Freunde der Junge hier hat. Wenn die also kommen um Geld zu erzwingen, wäre es das Beste erst mal von hier zu verschwinden. Das überzeugte, wir fuhren. Jochen machte mir die heftigsten Vorwürfe, ich sei schuld das er so viel hergeben musste am Grenzübergang. Ich lachte nur und sagte, das ist halt Afrika und nicht Europa.
Wir waren in Senegal. An einem Stand stoppte Jochen und holte Speiseeis. Ich blieb im Wagen, denn ich dachte an das Wasser, mit dem das Eis hergestellt wurde. Plötzlich kommt er zu mir an den Wagen und fragt, ob ich etwas dagegen hätte, eine Frau ca. 30 km mitzunehmen. Warum nicht, ist doch sein Auto. Sie setzt sich zu mir auf die wackelige Bierbank und versucht sich in Small Talk. Sie spricht ein wenig englisch, ich noch weniger. Soviel wird klar, sie ist Lehrerin, wir tauschen Postanschrift und E-Mail Adressen. Sie lädt uns alle ein nach Louga zu einem Besuch. Sokhna ist ihr Name. Auf meinen nächsten Reisen taucht sie wieder auf. Wir sagen unverbindlich zu, wenn wir Zeit haben. Denn erst wollen wir mal nach Dakar, Jochen hat dort einen Freund, Demba. Den kennt er von seinen vorigen Reisen. Wir nehmen sie mit bis nach Kebemere, wie ich heute weiß. Ortsnamen bekam ich kaum mit, da ich ja überwiegend hinten saß oder lag, denn die Bierbank war nicht gerade ein bequemer Sitz, vor allem war sie ja nicht befestigt.
Wir kommen nach Dakar und treffen Demba Diedhiou. Er kennt eine Unterkunft für Markus und mich. Wir fahren dort hin und Demba handelt einen annehmbaren Preis aus. Markus und ich bleiben dort, während Jochen mit Demba zurück fährt. Zum Glück funktionieren die Handys, so können wir in Kontakt bleiben. Markus und ich erkunden ein wenig die Gegend, sehen allerdings nichts Besonderes, da wir ja wieder mal in einem Außenbezirk von Dakar sind. Jochen schläft in seinem Bus in der Hafengegend der Fischer. Außerdem hatte er noch einen Freund in Bel Air, eine Gegend wo viele Franzosen wohnen. Dort gibt es ein Restaurant, das von einer Schweizerin aus Lausanne geführt wird, während ihr Mann eine Tauchschule hat.

Bahnhof in Dakar 2003

Bahnhof in Dakar 2003

Markus und ich haben noch ein unschönes Erlebnis mit einem Einheimischen. Da Markus ein Hemd mit kleiner Nationalflagge trägt, erkennt man uns gleich als Deutsche. Ein Senegalese spricht uns auf Deutsch an und lädt uns in ein Internet Cafe ein, da Markus eines suchte. Es stellt sich heraus, er ist der Betreiber. Markus will sein Passwort eingeben um seine E-Mails abrufen zu können. Doch der Mann bleibt direkt dabei stehen und schaut zu. Wir erklären ihm, dass das eine private Sache ist. Er ist der Besitzer, er bleibt. Nach mehreren erfolglosen Versuchen ihn zum Beiseite gehen zu bewegen, gibt Markus auf. Er steht auf und wir gehen. Doch jetzt fängt der Senegalese an zu schreien, er will sein Geld. Doch Markus ist nicht bereit zu zahlen, da er ja das Internet nicht nutzen konnte. Wir gehen, der Senegalese schreit, Markus will diskutieren, ich will weg. Was will man einer aufgebrachten Menge in Deutsch erklären, von denen nur einer deutsch versteht der auch noch der Gegner ist. Also ziehen wir uns, gegen den Widerstand von Markus, im Zickzack zurück, weil der Senegalese seine Verwandtschaft zusammen trommelte. Dann wussten wir allerdings nicht mehr, wo wir waren. Also Jochen anrufen, in einen Shop rein, der erklärte Demba wo wir waren, damit ein Taxi uns aufnehmen und zu ihnen bringen konnte. Wir waren gerettet.
Inzwischen waren Jochen und Demba übereingekommen, nach Baila zu fahren. Dort lebten Verwandte von Demba. Also auf nach dem südlichen Teil von Senegal. Immer ohne Landkarten, denn in Dakar fanden wir keine. Deshalb kann ich auch keinen Weg beschreiben, da ich ja nicht wusste wohin wir fahren. Baila, klar! Aber wo ist das?

Wir fuhren und kamen irgendwann an eine Grenze nach Gambia, dann an den Gambia Fluss, übersetzen, wieder eine Grenze, der südliche Teil Senegals. Hier lebt überwiegend das Volk der Djolla. Da wir nicht über Banjul kamen, denke ich dass wir die N 4 über Farafenni und Soma in Gambia gefahren sind. Dann weiter über Bounkiling und Bignona nach Baila.
Dort in Baila lebt und arbeitet die bekannte (Insider) Maimouna Diedhiou, verwandt mit unserem Begleiter Demba. Baila liegt an der N 5 zwischen Bignona und Banjul, der Hauptstadt Gambias. Baila ist ein großes Dorf in der Casamance, Bezirkshauptstadt ist Ziguinchor. Casamance ist auch ein Fluss, der ein sehr großes Delta hat. Allerdings fließt in dieses Delta noch der Fluss Marigot de Baila hinein, der später Marigot de Diouloulou heißt. Von Diouloulou im Norden bis nach Kabrousse im Süden, also zwischen Gambia und Guinea-Bissau, ist ein riesiges Delta, durchzogen mit Mangroven. Hier drückt das Salzwasser bei Flut sehr tief ins Land hinein, sodass das Wasser zur Felderbewässerung ungeeignet ist.
In Baila wurden ein paar Häuser für Touristen gebaut, um ein klein wenig zu verdienen, wenn die Ernte zu schlecht ausfiel wegen zu wenig Regen oder zuviel Regen. Einmal verdorrt die Frucht auf den Feldern, einmal ersäuft alles oder wird sogar weggespült. Wir kamen in der Trockenperiode. Man quartierte uns in den einfachen aber sauberen Hütten ein. Ich bekam den rechten Teil der Rundhütte, Markus den Linken. Jochen schlief im Bus. Einige muskulöse junge Männer und ein oder zwei junge Frauen hielten sich immer in der Nähe auf. Die Frauen kochten und wuschen für uns, die jungen Männer begleiteten uns, wenn wir ins Telecentre wollten. Unsere Verbindung zur Heimat, denn die Handys gingen hier nicht.

Auf der Fähre über den Gambia River

Auf der Fähre über den Gambia River

Der Älteste des Dorfes kam vorbei, um sich bei Jochen mit einem Grand Boubou (traditionelles Männergewand) für eine Reparatur zu bedanken, die Jochen bei einem früheren Besuch durchgeführt hatte. Der Schwimmer hatte sich verklemmt, dadurch sprang die Pumpe nicht an, Jochen befreite den Schwimmer. Kleine Ursache, große Wirkung.
Am nächsten Tag statteten wir der Pumpstation einen Besuch ab, Jochen stieg hinab und überprüfte die Funktion des Schwimmers. Alles war in Ordnung und der Dorfälteste glücklich.
Wir setzten uns zum Essen an den Tisch, Demba, Jochen, Markus und ich. Die Frauen servierten uns das Essen und setzten sich dann in etwa 3 m Entfernung weiter weg am Boden neben den Schalen mit den Speisen. Nachdem keiner von uns mehr etwas essen wollte, begannen sie zu essen.
Begrüßt eine Senegalesin einen Mann, gehört fast immer ein Knicks dazu. Die Umgangsformen zwischen Mann und Frau, Kind und Eltern, Jüngere gegenüber Älteren, erinnert stark an das 19. Jahrhundert bis Anfang 20. Jahrhundert.
Der Respekt älteren Männern gegenüber reicht in manchen Gegenden aus, sein Auto unter die Aufsicht desselben zu stellen. Kein Jugendlicher würde sich an einem Fahrzeug zu schaffen machen, der unter der Aufsicht eines alten Mannes steht. Auch wenn er sich kaum noch bewegen kann. Der Respekt reicht aus. Doch wie lang das anhält, ist eine Frage der Zeit.
Nach wenigen Tagen musste Demba zurück nach Dakar, Jochen wollte auch zurück. Markus wollte aus gewissen Gründen hier bleiben, ich, weil ich Jochen kaum noch ertragen konnte. Wir lernten noch eine Helferin von Maimouna, Amine, kennen. Zusammen fuhren wir nach Kafoutine ans Meer und nach Bignona.

In der Mitte Jochen mit dem "Grand Boubou"

In der Mitte Jochen mit dem "Grand Boubou"

Die Radfahrergruppe, 4 Frauen, 2 Mann. Stephanie die Führerin mit dem grünen Kopftuch.

Die Radfahrergruppe, 4 Frauen, 2 Mann. Stephanie die Führerin mit dem grünen Kopftuch.

Stundenlange, beliebte Arbeit: Haare einflechten!

Stundenlange, beliebte Arbeit: Haare einflechten!

Ein konventioneller Brunnen, immerhin schon eingefaßt zum Schutz vor Oberflächenwasser.

Ein konventioneller Brunnen, immerhin schon eingefaßt zum Schutz vor Oberflächenwasser.

Eines Nachmittags kam eine Gruppe Radfahrer vorbei, die in Baila Station machten. Sie kamen von Dakar über Banjul. Einige von ihnen waren fix und alle, eine der Frauen musste sich erst mal gründlich übergeben vor Erschöpfung und Hitze.
Wir aßen gemeinsam und genossen dann eine Tanz und Musikgruppe des Dorfes.
Die Radfahrergruppe wurde von Stephanie angeführt, solche Fahrradreisen sind auch heute noch möglich. Es gibt einige Anbieter.
An einem Abend fand auch eine Disco Veranstaltung statt, wo viele 12 - 14 jährige Mädchen waren. Da könnte ich mir doch eine aussuchen, meinte Maimouna. Auf meinen Einwand, dass sie doch noch recht jung waren, meinte sie, das wäre das richtige Alter zum Heiraten. Als ich
dann aber erfuhr, das es bei den Djolla üblich ist, die Frauen zu Beschneiden und zu zunähen, hatte ich auch kein Interesse eine ältere Frau kennen zu lernen. War auch nicht auf Brautschau.
In der Casamance ist sehr viel Militär, überall Straßensperren mit Passkontrollen. Ohne Pass kommt man nicht weit, musste das einmal selbst feststellen. Maimouna hat direkt vor einer Brücke über den Marigot de Baila ihr "Restaurant" wo sich auch die Militärkontrollstelle befindet. Mitten im Dorf Baila befindet sich noch ein Militärlager. Das ist nicht besonders hinderlich, da alle Hütten oder Häuser in der Casamance einen großen Abstand voneinander haben. Deshalb ist auch ganz schwer zu sagen, wie groß Baila überhaupt ist.
Eines Nachts, gegen 23.00 Uhr, ging plötzlich eine wilde Schiesserei los. MP Feuer wechselte mit MG Feuer und dazwischen hörte ich es manchmal heftig krachen, vielleicht Granaten. Ich hatte ein großes Jagdmesser dabei, ich stand auf, nahm es und legte es ganz unten in meine Reisetasche. Meine Überlegung war, sollte ein Bewaffneter in die Hütte stürmen, mein Messer sehen, mich vorbeugend zu erschießen. Vielleicht sah er mich dann nicht als Bedrohung. Da ich auch nicht als Geisel dienen wollte, ging ich auch nicht vor die Hütte, um etwas zu sehen. Ein Weißer leuchtet ja wie eine Lichtreklame in der schwarzen afrikanischen Nacht. Um die Hütte hörte ich immer wieder schwere Stiefel schleichen, die Kühe, Ziegen, Hammel, Hühner und sonstiges Viehzeug schrieen um die Wette, rannten mal von links nach rechts oder andersrum. Also es war Leben um die Hütte! Und nicht so wenig. Von meinem Nachbar Markus hörte ich keinen Piep, na ja, ich verhielt mich ja auch ruhig.
Gegen 6.00 Uhr morgens hörte das Schießen auf.
Das Frühstück gab es wie gewohnt. Auf Nachfragen wollte niemand etwas wissen. Schiesserei? Ach so! Das war kleiner Überfall auf den Lebensmittelladen. Wenn man bedenkt, das die Shops ungefähr doppelt so groß sind wie bei uns die Telefonzellen, kann man das stundenlange Schießen ja verstehen.

Ein deutsches Hilfsprojekt. Die Maurer haben sehr saubere Arbeit geleistet.

Ein deutsches Hilfsprojekt. Die Maurer haben sehr saubere Arbeit geleistet.

Muß da nachträglich noch etwas einfügen. In der Nacht nach der Schießerei hatte ich die größten Probleme einzuschlafen. Vorher hörte man nachts immer das Viehzeug um die Hütte streifen mit den natürlichen Tierlauten. Doch in dieser Nacht war Totenstille! Kein Mucks! Denke, die Viecher haben sich alle hinter den Bäumen versteckt und wagten nicht zu atmen oder sich zu bewegen.

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Maimouna, Jochen, Demba und Leute vom Dorf.

Maimouna, Jochen, Demba und Leute vom Dorf.

Die Wasserpumpenstation in Baila

Die Wasserpumpenstation in Baila

Am Mittag wurde aus Dakar angerufen, da machte man sich Sorgen um unsere Gesundheit, weil das Dorf doch von Rebellen angegriffen wurde.
Am nächsten Tag fuhren wir nach Ziguinchor, übernachteten in einem Hotel und flogen dann von dort nach Dakar. Der erste Flug in meinem Leben, dann auch noch mit einer zweimotorigen Propellermaschine der Air Senegal. Wenn ich daran dachte, wie die Strassen aussahen, befürchtete ich, würde die Maschine ohne Radbruch nicht hochkommen. Aber es ging alles gut, die Maschine hob ab und es machte mir sogar Spaß. Die befürchtete Flugangst blieb aus.
Wir landeten in Dakar und Jochen holte uns ab. Er brachte uns zur Familie des Bruders von Demba. Der Bruder war ein Offizier der Surete Nationale. Die Muslime feierten das Hammelfest. Jede Familie schlachtet zu diesem Fest einen Hammel, die Familien besuchen sich gegenseitig, es wird viel gegessen, viel gesprochen. Alkohol ist natürlich tabu.
Wir wurden wie Familienmitglieder aufgenommen und bekamen die besten Stücke. Keiner erwartete ein Cadeau.
Wir, Markus und ich, mussten zurück nach Deutschland. Wir bekamen einen Flug mit der Swiss Air nach Basel-Freiburg-Mulhouse.
Jochen blieb noch längere Zeit in Senegal, wir flogen mit einem Direktflug zurück.
Am 14.02.2003, sechs Stunden nach dem Start in Dakar, landeten wir in Mulhouse.
Mein erstes Senegal Abenteuer war beendet.

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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 18.01.2003
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 14.02.2003
Reiseziele: Senegal
Der Autor
 
Hans-Gunter Herrmann berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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