Australische Hostels: Von Weihnachtsfrühstück und schnarchenden Zimmergenossen
Ich dachte immer die Unterkünfte wären mit Abstand das Unwichtigste an meiner Reise. Letztendlich musste ich aber feststellen, dass vernünftige Betten die beste Medizin gegen Reisemüdigkeit ist – und zwar in jeglicher Hinsicht!
Was bei Hostels zu beachten wäre...
Unterkünfte sind etwas sehr essentielles und eigentlich möchte man an sie kaum einen Gedanken verschwenden. Die stundenlange Flugreise von Europa nach Australien treten schließlich nur außergewöhnlich bemerkenswerte Charaktere an, um dann ihre kostbare Zeit hinter den rissigen Gemäuern großer Hostelketten zu verbringen. Doch selbst als langweiliger 0815 - Backpacker, der sich um einzigartige Outdooraktivitäten reißt, muss man schlafen, kochen, essen und sich irgendwo ein wenig heimisch fühlen.
Im Oktober landete ich in Melbourne, Victoria. Es war schon längst dunkel, ich war desorientiert und vom Jetlag völlig geplättet, trotzdem musste ich mich allein und ohne Straßenkarte (es soll ja ein Abenteuer werden, nicht wahr?) zu meinem bereits gebuchten Hostel durchschlagen. Als ich schließlich vor meinem neuen Zuhause stand, bereute ich das billigste gebucht zu haben: bröckelnder Putz, lärmender Verkehr, Züge und Menschenmassen direkt vor nicht verschließbaren Fenstern und auch das Treppenhaus machte keinen besseren Eindruck. Aber man schläft ja bekanntlich mit geschlossenen Augen und dann stört das sparsame Design meiner Unterkunft kaum. Immer noch guten Mutes stand ich bald an der Rezeption, freute mich über mein kostenloses Upgrade in ein 8er Zimmer und machte mich mit meinem überdimensionalen Rucksack auf den harten Weg in den vierten Stock. Ich versuchte die Tür zu öffnen, sie blieb allerdings noch nach 5 Minuten des Probierens verschlossen. Die Schlüsselkarte war recht eigen und auch das System des Schlosses war mir neu, aber auf den Kopf gefallen war ich nicht und so stand fest, dass an meinem Debakel der Schlüssel schuld war und nicht ich! Also lief ich zurück in den ersten Stock - noch immer mit Rucksack, weil es gemeine Diebe sicherlich schon auf meine Klamotten abgesehen haben -, bat um die Behebung meines Problems und stapfte mit neuer Karte wieder nach oben. Ich weiß nicht warum, aber es überraschte mich kaum als ich mich zum zweiten Mal vor verschlossener Tür wiederfand. Mit deutlich schlechterer Laune ging ich wieder zum Herrn Rezeptionisten (etwa 18 jähriger schottischer Backpacker), der mir ohne Entschuldigung oder ähnliches ein neues Zimmer zuteilte. Völlig entkräftet und entnervt viel ich endlich in mein Bett.
Als ich gegen 4 Uhr Nachts hellwach im Bett lag (blödes Jetlag), ließ mich dieser Vorfall nicht los. Mein erstes kleines Erlebnis in Australien war nicht nur unerfreulicher Natur, sondern auch ganz anders als erwartet. Es fand nämlich genau an dem Ort statt, an dem ich eigentlich kaum Zeit verbringen wollte und der mir völlig gleichgültig war - zumindest bis dahin.
Doch Hostels können Backpackern viel mehr bieten als nur ein Bett: sie sind der Treffpunkt mit anderen Reisenden schlechthin, ein sicherer Arbeitgeber wenn man nichts Besseres findet - Hostels zahlen schließlich unglaublich schlecht - und eine günstige Unterhaltung an den zahlreichen Themenabenden. Deshalb nahm ich mir vor dieses Rattenloch so schnell wie möglich zu verlassen (am nächsten Tag entdeckte ich zur Krönung noch schimmlige Bäder, eine winzige Küche und Dreck wohin das Auge reichte) und mir bei der Auswahl meines Schlafplatzes künftig mehr Zeit zu nehmen.
Auf der Suche nach dem perfekten Ersatzzuhause stolperte ich bald über mehr dieser, nennen wir sie mal 'interessanten' Jugendherbergen, die einzig und allein dazu konzipiert sind jungen Reisenden die Möglichkeit zu geben einen engen Schlafsaal mit Drogenabhängigen und Teilzeitobdachlosen zu teilen. Ich hatte mir das Attribut 'Abenteuer' im Zusammenhang meiner Reise allerdings nicht ganz so buchstäblich vorgestellt, musste mich deshalb regelmäßig für ein paar Minuten ins Internetcafé an der Ecke quälen und mich mit dem leidigen Thema "Hostel" beschäftigen. Es muss günstig sein, am besten unter 20$ pro Nacht, unmittelbare Nähe zum Strand ist eigentlich eine Mindestvoraussetzung - ein Standart sozusagen, den man gar nicht erst erwähnen muss - es wäre ganz angenehm das Zimmer nur mit etwa sieben bis elf Fremden zu teilen, kostenloses Frühstück am Morgen ist ebenfalls sehr angenehm (vor allem nach durchzechten Nächten), aber ansonsten bin ich ja vollkommen anspruchslos und bescheiden.
Neben riesigen Hostelketten, die es praktisch überall gibt und auf die man sich als nach Beständigkeit hungernder Reisende verlassen kann, sind kleine, familiengeführte Unterkünfte eine tragende Säule der australischen Backpackerkultur und meine persönlichen Favoriten. Dort fand ich ein festliches Frühstücksbuffet zu Weihnachten, Hostelbesitzer, die jeden ihrer Gäste beim Vornamen kennen und nicht zuletzt ein kleines Stückchen Heimat.
Und genau das machte für mich den entscheidenden Unterschied in der Fremde. Denn bereits nach vier Nächten in dem tristen und müffelnden Schlafsaal, in denen ich mir von meinen schnarchenden Zimmergenossen den Schlaf rauben lassen musste, verließ mich die Reiselust (ein zweiter Grund für meinen Anflug von Heimweh war sicherlich die Tatsache, dass es in Melbournes Innenstadt keine Kängurus gab. Ist denn das zu glauben?!). Damit war ich aber glücklicherweise nicht alleine: haufenweise Weltenbummler müssen ihre Reise frühzeitig abbrechen, da sie sich nirgends recht wohl fühlen. Und schließlich führt eines zum anderen: plötzlich vermisst man Schnee und Kälte, der Wunsch nach vernünftigem Brot und gekühltem Bier drängt sich immer stärker ins Bewusstsein und plötzlich wird man nicht einmal mehr von verschlafenen Koalababys aufgeheitert.
Das Problem Hostel brachte für mich aber auch die Lösung: zusammen mit einem Franzosen und einem Iren (Heimweh scheint etwas Internationales zu sein!) die ich beim Frühstück traf, zog ich für einige Wochen in eine WG. Auf diese Weise lernten wir unsere Mitbewohner genauer kennen, was in den großen Schlafsälen kaum möglich ist, man vertraut sich und lebt ohne Türsteher, Nachtwächter sowie unfähige Rezeptionisten.
Aber auch bei kürzeren Aufenthalten können die tückischen Anflüge von Heimweh wegen Heimatlosigkeit leicht überwunden werden: gelegentliche Übernachtungen in schönen Unterkünften (die zweifelsohne existieren) helfen Wunder! Denn dort ist es bedeutend leichter nette Mitreisende zu finden und sich wohl zu fühlen. So kann man schließlich das genießen wofür man gekommen ist: das wunderschönen Fleckchen Erde Australien, atemberaubende Landschaften, Kängurus (ich habe sie später doch noch gefunden!) und das kleine Stückchen Fremde das das Reisen ausmacht. Und wenn wir mal ehrlich sind, lassen sich die 2$ Extraausgaben pro Nacht sicherlich eines Abends an der Bar einsparen!
Aufbruch: | 27.10.2009 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 20.02.2010 |