Zwei Wochen türkische "Air Quality" in Ankara
Beschreibung eines zweiwöchigen berufsbedingten Aufenthalts in Ankara im Auftrage der EU.
Ankara
"Was um alles in der Welt will ich hier eigentlich?" ist der erste Gedanke, der mir durch den Kopf geht, als ich aus dem Flugzeug steige und einmal in die Runde schaue. Immerhin schlägt mir angenehm warme Luft entgegen, bestimmt 20 Grad. Aber alles andere ist zunächst wenig einladend: graue bis mittelbraune Farbtöne bestimmen das Panorama aus Hügeln und Bergen, ein paar wenige Häuser verlieren sich am Horizont. Schon beim Anflug haben lediglich braune Hügel das Bild bestimmt. Von einer Stadt weit und breit nichts zu sehen.
Es ist der 31. Oktober, 14 Uhr Ortszeit - und das also ist Ankara, der internationale Flughafen Esenboga. Dieser wirkt auf mich etwa so provinziell wie die Flughäfen Braunschweig oder Friedrichshafen. Und das soll der Flughafen einer Hauptstadt mit, je nach Angabe, 2,5 bis 5 Millionen Einwohnern sein? Ich bin, nun ja, recht irritiert - Was soll ich hier nur? Und: Wo ist denn eigentlich die Stadt?
Nun, wenn man die ca. 35 kurzweiligen Kilometer in die Stadtmitte, am besten mit dem Havas-Bus für 8.000.000 Lira, zurückgelegt hat, dann ist sie da. Mit Wucht breitet sie sich vor einem aus, verschluckt einen schneller als man denkt in ihren eigenen Rhythmus.
Und schneller als ich dachte wird mir auch klar, warum ich hier bin: die Luft in Ankara kann man oft an ganz normalen, durchschnittlichen Tagen sehen, riechen, zuweilen schmecken. Viele Busse neben "meinem" zugegebenermaßen sehr modernen sowie die meisten der LKW ziehen dicke schwarze Rauch- und Rußwolken hinter sich her. Immer mal wieder qualmt es am Wegesrand: Wenn man Müll schnell verbrennt ist er schließlich weg - und man brauch ihn nicht noch umständlich zu entsorgen! Praktisch, oder? Kurz: Die Luftverschmutzung in Ankara ist erheblich - so etwas kennt man in Deutschland mittlerweile nicht mehr!
Was da wohl - direkt neben dem großen Süperlig-Stadion - qualmt?
Insgesamt Grund genug für die Europäische Union, ein Projekt "Air Quality" ins Leben zu rufen mit der Zielsetzung, die EU-weit gültige Gesetzgebung zur Reinhaltung der Luft in der Türkei zu etablieren und umzusetzen. Sowohl, was die Schadstoffemissionen, als auch was die Einhaltung der Grenzwerte in der Immissionsbelastung anbelangt. "Twinning-Projekte" werden solche Projekte genannt, die in größerer Anzahl in potentiellen EU-Beitrittsländern durchgeführt werden - längst nicht nur zu Umweltthemen, sondern alle möglichen Ebenen staatlichen Verwaltungshandelns angehend. "Twinning" vom englischen Wort "twin" für Zwilling - es arbeiten bei diesen Projekten immer zwei Staaten eng zusammen. Bei diesem Projekt also Deutschland und die Türkei.
Wie es nun genau dazu gekommen ist, dass die Leitung dieses Projektes in Hamburger Hände in persona meiner langjährigen Chefin Frau Dr. Gömer, der Leiterin des Hamburger Luftmessnetzes im Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt, fiel, entzieht sich meiner detaillierten Kenntnis. Jedenfalls gab es im Oktober 2003 eine entsprechende Anfrage aus dem Bundesumweltministerium. Und: Frau Gömer griff zu. Für zwei Jahre leitet sie als erste Frau seit Oktober 2004 ein Twinning-Projekt in der Türkei. Als "Langzeitexpertin", im EU-internen Fachterminus "RTA" für Residential Twinning Advisor. CDU-regierte Bundesländer lehnen es übrigens im allgemeinen ab, solche Langzeitexperten in die Türkei abzutreten - was den Kreis der in Frage kommenden Fachpersonen in der Bundesrepublik schon sehr eingrenzt. Wie schön, dass Hamburg mit 80.000 türkischen Bewohnern da eine Ausnahme bildet!
Dass es bei einem solchen Projekt doch ziemlich "zur Sache" geht, bemerkte ich schnell: nach dem Ankommen und einem gemeinsamen Abendessen mit einer weiteren "Kurzzeitexpertin" ("Short Term Expert", STE, ist der offizielle Terminus für Leute wie mich, die dort für kurze Zeit im Projekt arbeiten) geht es am Montagmorgen gleich in die Vollen: ab ins Ministerium für Umwelt und Forsten im abgelegenen Stadtteil Bilkent (die Taxifahrt durch den abenteuerlichen Verkehr in Ankara raubt einem anfänglich schon einige Nerven, aber dazu später mehr), und es geht direkt in eine Projektbesprechung. Dort gerät gleich eines meiner zahlreichen Vorurteile über die Türkei und deren Gesellschaft ins wanken. In der Besprechung sitzen zehn Personen: acht Frauen (einige davon in Leitungspositionen), zwei Männer - mich eingeschlossen. Ist die Türkei nicht eigentlich eine Männergesellschaft? Die selbstbewussten und schwungvollen Frauen hier stimmen mich da schon nachdenklich...
Das passt nicht wirklich in mein offenbar schräges Bild der Türkei zusammen, erworben in einem zehn Jahre zurückliegenden Urlaub in der Südtürkei, aus Begegnungen mit hiesigen "Deutsch-Türken" und vielen Medienberichten. Dies Bild wird sich im Laufe der zwei Wochen noch einige Male als antiquiert erweisen: ich bin in einer modernen Stadt angekommen, in einer oftmals für mich überraschend modernen Gesellschaft. Man sieht aber in einigen Stadtteilen auch Menschen und Szenen, die durchaus in das traditionelle Bild der Türkei passen - nur: die Regel ist das, zumindest in Ankara, nicht!
In abgelegeneren Gegenden der Türkei mag dies ja anders sein - aber zu meiner Überraschung lerne ich, dass die Türkei viel mehr "verstädtert" ist, als ich vermute. Es gibt allein 16 Millionenstädte, in denen allein deutlich mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung der Türkei (derzeit ca. 65-70 Mio.) leben. Wie ist das noch gleich in Deutschland? Drei oder vier Millionenstadt, in denen nicht einmal zehn Prozent der Bevölkerung leben?
Immerhin: direkt neben der autobahnähnlichen Ausfallstraße wird mit viel Aufwand eine Metrostrecke gebaut!
Aber zurück zum Arbeitsleben in Ankara: die türkischen Kollegen erweisen sich als nette, offene Menschen, man begegnet mir vielleicht mit ein wenig Zurückhaltung (ganz meinerseits), aber immer freundlich und aufgeschlossen. Wie sich herausstellt, wurden in den zuständigen Abteilungen schon ein paar größere Projekte durchgeführt, offenbar haben die türkischen Kollegen da schon etliche Erfahrungen und somit eine gewisse Souveränität gesammelt.
Allerdings: Gut Ding will dort manchmal ein wenig Weile haben, so brauchen Möbel und EDV-Ausstattung des Projektes eine Weile, bis sie eintreffen und einiges - z.B. der Drucker - war auch nach meiner Abreise noch ungeklärt bzw. unauffindbar. Aber die Dinge sind doch immer im Fluss. Man zeigt sich kooperativ, und die Assistentin von Fr. Dr. Gömer, Hursat Yücel, erweist sich als großartige Organisatorin. Irgendwie findet sich dann doch recht flott ein Arbeitsplatz, um mich meinem Auftrag, der Erstellung der Projekt-Internet-Seite, konzentriert zuwenden zu können. Intensiv und zügig geht's an die Arbeit, zumeist nur unterbrochen von einer Mittagspause, die wir vorzugsweise - es ist zum Schluss meines Aufenthaltes immerhin schon Mitte November! - bei 20 bis 25 Grad in der Sonne sitzend verbringen. Und das ist ein auch für Ankaraer Verhältnisse um diese Jahreszeit ungewöhnlicher Genuss!
Ab ca. 18 Uhr, es ist dann schon seit einer Stunde dunkel, spielt sich vor den Dienstgebäuden aus meiner Sicht Merkwürdiges ab: es sammeln sich täglich eine ganze Anzahl von (zumeist Klein-)Bussen, vielleicht 12-15 Stück, die in den Frontfenstern Zettel oder Schildchen mit Fahrzielen haben. Diese können von den Mitarbeitern des Ministeriums kostenfrei genutzt werden, ebenso wie morgens auf den Weg zur Arbeit. Sie fahren punkt 18:10 Uhr in die unterschiedlichsten Richtungen in die Stadt - der Arbeitgeber sorgt also dafür, dass man zum Arbeitsplatz und wieder zurück kommt. Eine schöne Einrichtung und das von allen freundlich beim Betreten und Verlassen des Busses in die Runde gerufene "Iyi aksamlar" ("Guten Abend") hat schon seinen eigenen Charme...
Und nach dem Feierabend? Die Tage sind intensiv und voller neuer und spannender Dinge - da fällt es mir zuweilen ein wenig schwer, mich abends noch aufzuraffen und dann leider im Dunkeln ein wenig "Sightseeing" zu betreiben. Das Hotel liegt zwar nicht mitten im Zentrum Ankaras - aber doch lässt sich vieles noch bequem zu Fuß erreichen. Schnell wird mir klar: für seine Schönheit wird Ankara wohl nie berühmt werden! An klassischen Sehenswürdigkeiten gibt es wohl nur eine Handvoll (die größte Moschee der Türkei, das Burgviertel, das Atatürk-Mausoleum und das eine oder andere Museum).
In der Innenstadt von Ankara. Die Architekt ist zuweilen etwas... nun ja, einfallslos.
Aber vielleicht reist man ja nicht nur, um zu arbeiten und sich bei Gelegenheit schöne Sehenswürdigkeiten anzustaunen, sondern auch um ein wenig in die alltägliche Kultur und das normale Leben vor Ort einzutauchen. Und fürwahr: dafür ist die überaus quirlige und lebendige Stadt Ankara bestens geeignet! Mir erscheint es sogar als Vorteil, dass die Stadt keine Touristenströme anzieht: niemand packt mich am Arm und versucht, mich in ein Teppich- oder Lederwarengeschäft zu zerren (wie zehn Jahre zuvor in einer Touristenhochburg wiederholt geschehen). Man ist freundlich und unaufdringlich und gibt Reisenden so durchaus die Möglichkeit, das "normale", vielschichtige und wuselige Leben in dieser Stadt kennen zu lernen. Ist das nicht oftmals weitaus interessanter, als die Besichtigung herausgeputzter Touristenattraktionen?
Als Glücksfall erweist sich da für mich, dass ich über zwei Wochen in Ankara bin - und somit auch Zeit habe, mich am Wochenende ein wenig umzuschauen, bei Tageslicht etwas von der Stadt zu sehen und mich ganz nach Belieben treiben zu lassen. Das große Durcheinander in dem im Stadtzentrum gelegenen Einkaufgebiet Kizilay wird, am Samstag, jedoch überdeckt von Polizei. Über Kilometer am Atatürk-Boulevardul entlang (an dem u.a. das Parlamentgebäude, Ministerien, Militär und auch viele Botschaften gelegen sind) ist überall alles voller Polizisten, z.T. in Hundertschaften. Insgesamt schätze ich für mich, dass es wohl 2-3000 Polizisten sein mögen (nebst zahlreicher gepanzerter Fahrzeuge, Wasserwerfern, Feuerwehrwagen), die dort teilweise gezielt vor Banken, Ministerien etc., z.T, aber offenbar auch wahllos aufgestellt worden sind. Abends im türkischen Fernsehen sehe ich ausführliche Berichte über eine gar nicht mal so große Stundentendemonstration gegen ein altes Hochschulgesetz, bei der es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam, mit großen Tränengasschwaden und zahlreichen fliegenden Steinen und Molotow-Cocktails.... Offenbar müssen auch hier noch beide Seiten lernen - ein gewisser westlicher Standard der 70er Jahre ist jedoch leider erreicht.
Also erweist sich meine Entscheidung durchaus als goldrichtig, diese Szenerie zu verlassen (ich weiß ja nicht, was zu erwarten ist) und mir das Burgviertel Ulus anzuschauen. Man biegt vom Atatürk-Boulevardul ab und - schwups - hat man die moderne Stadt zum großen Teil hinter sich gelassen und befindet sich in einem Stadtviertel, so wie ich mir die traditionelle Türkei vorstelle: plötzlich tragen ca. 98 Prozent der Frauen ein Kopftuch (ansonsten eher 99 Prozent keines) oder sind gar verschleiert, laufen zuweilen zwei bis drei Schritte hinter dem Mann (sofern das heillose Durcheinander auf dem Bazar dies zulässt) oder sitzen gar auf der Straße und bieten für ein paar Cent Gehäkeltes oder Gestricktes feil. Die ganze Atmosphäre ist schlagartig orientalischer, noch wuseliger, noch mehr Durcheinander, noch lauter. Faszinierend und auch überraschend, wie krass die Gegensätze in dieser Stadt sein können und wie man hiermit offenbar gut klarkommt. Nur am Rande sei vermerkt, dass der Gang auf die Burg schon allein wegen der sensationellen Aussicht auf die Millionenstadt den Weg wert ist - was man (etwas gediegener) auch vom Aussichtsturm Atakule an anderer Stelle der Stadt genießen kann...
Auf dem Weg zur Burg: Blick über den ursprünglichen Stadtteil Ulus in Richtung moderne Metropole.
Einen eigenen Artikel wäre aber eigentlich der Straßenverkehr in Ankara wert. Nicht nur, dass man vom neuesten Gefährt deutscher Fabrikation bis zur ältesten Klapperkiste alles an Autos sieht, was man sich vorstellen kann (Ausnahme: keine Trabbis!). Nicht nur, dass viele dieser Autos eklige sicht- und vor allem riechbare Abgasfahnen hinter sich her ziehen, vor allem LKW. Nein, es ist noch etwas anderes. Sobald sich diese netten Mensch dort hinter einen Lenker setzen - mutieren sie. Sie werden zu rücksichtslosen, ja, erbarmungslosen Mitmenschen. Soll doch kein anderer Autofahrer vermuten, dass eine kleine sich auftuende Lücke nicht genutzt würde! Soll doch kein Fußgänger glauben oder hoffen, dass ein Autofahrer für ihn bremsen oder auch nur den Fuß vom Gas nehmen würde. Wer schon einmal versucht hat, zur Feierabendszeit (wann ist die eigentlich in Ankara? Geschäfte haben offenbar so lange auf, wie es ihnen gefällt) über den Atatürk Boulevardul zu gelangen, der weiß, wovon hier die Rede ist.... Italienische oder spanische Autofahrer sind rücksichtsvolle Unschuldsengel gegen das hier. Hier tobt das Chaos - wenn auch mit erstaunlich wenig Aggression. Es wird mit Handzeichen und Hupen gearbeitet. Nein, nicht diesem bösen, lauten Hupen, das man daheim zuweilen hört, hin und wieder gibt es das auch in Ankara. Nein, ein kleines "Tüd" sagt den anderen Autofahrern: "ich habe gesehen, da vorne ist eine kleine Lücke - die nutze ich jetzt"; oder "ich habe gesehen, da vorne ist eine kleine Lücke - die du gerade genutzt hast" oder "ich bin ein Taxi und habe Plätze frei" oder "du fährst ja nur 70, also überhole ich dich schnell mal auf der rechten Seite" oder "ich habe eine Hupe und schon seit 30 Sekunden nicht mehr gehupt".
Mitten im Zentrum von Ankara ist es am Samstagmorgen noch angenehm leer...
Unglaublich, dass sich in dieses Chaos (7-8 Unfallstellen habe ich in den zwei Wochen gesehen - alles eher Bagatellen) auch noch Radfahrer mischen! Ganz genau fünf habe ich in den zwei Wochen gezählt: zweimal fuhr ein Radler flott auf der autobahnähnlichen Ausfallstraße stadtauswärts, einer mit Schwung gegen die Richtung der Shopping-Einbahnstraße und zwei wühlten sich rasant durch die Fußgänger auf dem Fußweg - was in den meisten Straßen aufgrund des Zustandes dieser Wege allerdings unmöglich sein wird...
Aber ein Wochenende vergeht schnell und die nächste Arbeitswoche kündigt sich an. Am Mittwoch und Donnerstag (10. und 11. November) der zweiten Woche steht das "KickOff-Meeting" an - die offizielle Eröffnungsveranstaltung des gesamten Projektes. Die Tage vorher werden ein wenig hektisch, es ist doch viel zu regeln und fertig zu stellen... Der erste Tag ist eher politisch besetzt, am zweiten Tag gibt es eine Anzahl von Fachvorträgen.
Nach und nach treffen hierfür Kollegen aus anderen Bundesländern ein, neben weiteren Kollegen aus Hamburg auch noch aus Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Bayern sowie offizielle Vertreter des Bundesumweltministeriums und ein Kollege aus Prag, der vor ein paar Jahren selber in den "Genuss" eines solchen, von Bayern betreuten, Twinning-Projektes gekommen war. Einige Kollegen erfreuen sich an meinen mittlerweile gewonnenen Ortskenntnissen, nach einem kleinen Schwenker an der großen Moschee vorbei ist schnell eine nette Kneipe gefunden, man sitzt bis nach 22 Uhr draußen und (für mich als "Wissenden" ganz besonders) lustig sind die Debatten, in welcher Richtung denn jetzt das Hotel liegt...
Da das türkische Ministerium für Umwelt und Forsten seinen Presseverteiler zur Einladung genutzt hat finden sich ca. 70-80 Interessenten ein, die sich in Diskussionen später z.B. als Industrievertreter oder Hochschulprofessoren outen. Ein parlamentarischer Staatssekretär der Türkei redet unverhohlen Klartext, schimpft, dass man nicht drumherum reden brauche - die Luft in der Türkei sei schlecht! Es müsse etwas für bessere Brennstoffe getan werden und auch beim Verkehr müsse man einschreiten ("die meisten Busse qualmen so, als sei eine Fabrik in ihnen" - Recht hat Herr Öztürk, leider). Da der erste Tag des KickOff-Mettings auf den 66. Todestag von Staatsgründer Atatürk fällt (in seiner Todesminute 9:05 Uhr heulen die Sirenen, und die gesamte Stadt kommt im Gedenken für ein paar Minuten zum Stillstand) hat der Minister keine Zeit für das Meeting....
Am zweiten Tag gibt es eine ganze Anzahl interessanter Fachvorträge und auch die Situation, dass es einen ca. eineinhalbstündigen Stromausfall gab, wurde recht souverän gemeistert. Die geöffnete Notausgangstür des hörsaalähnlichen Raumes brachte genügend Licht, alle rückten nach vorne, wo die Dolmetscherin nicht mehr simultan über Sprechanlage, sondern jetzt Satz für Satz von Herrn Novak aus der Tschechischen Republik übersetzten. Insgesamt sind zum Ende des Tages wohl alle zufrieden und mit einem gemeinsamen Essen wird die erste große Etappe des Projektes besiegelt. Auf der Internetseite (Adresse: http://www.havakalitesi.cevreorman.gov.tr ) des Projektes sind neben einigen Erläuterungen zum Projekt unter dem Punkt "KickOff-Meeting" für Interessenten nicht nur die Präsentationen der Vorträge eingestellt, sondern auch ein paar Bilder mit Eindrücken des Projektes gesammelt. Insgesamt sind viele Kontakte geknüpft - ein guter Start!
Die große Moschee in Ankara, erbaut in den 1980er Jahren, bei Tag...
... und bei Nacht.
Aber auch schon fast das Ende meines Aufenthaltes in dieser Stadt, die ich insgesamt betrachtet doch mag - weitaus mehr, als ich im voraus vermutet hatte. Ein wenig unwillig gehe ich den Samstag der Heimreise an, nach dem Frühstück habe ich noch zwei Stunden Zeit, bis ich zum Flughafen muss. Als ich mich noch einen Moment auf eine ruhige Bank auf dem Platz vor der großen Moschee setze, die Sonne brennt so, dass meine leichte Jacke zu warm ist, da kommt gar ein wenig Wehmut auf: Schade, dass die zwei Wochen schon rum sind! Viel Arbeit in neuem Umfeld, viele nette Menschen, viele viele neue Eindrücke - ein spannendes Erlebnis, das meine Arbeitsstelle mir da ermöglicht hat. Aber ich komme ja bald wieder nach Ankara, kurz vor Weihnachten, für eine Woche. Weihnachten hat in der Türkei keine Bedeutung, aber das große Zuckerfest (unmittelbar nach meiner Abreise) mit zwei Feiertagen zum Ende des Ramadans habe ich aber leider versäumt - wobei ich den Eindruck mitnahm, dass der islamische Glauben dort von den weitaus meisten sehr pragmatisch gelebt wird, sehr unaufdringlich und eher zurückhaltend.
Und dann ist es der 13. November, 19:30 Uhr Ortszeit. Eiseskälte schlägt mir entgegen und ein schicker, professioneller, schneller Flughafen Hamburg empfängt mich. Die kühle Distanz später in der U-Bahn fällt mir auf und behagt mir nicht recht. Ich bin zurück in der Stadt, in der man Reisende mit Koffern nicht mit einem kleinen Handzeichen vorbei bittet, sondern locker und rücksichtslos an die Seite quetscht, keine Fahrräder ("Mensch, ist doch voll hier") in halbvolle U-Bahn-Waggons hinein lässt und aus einer seltsamen Mischung aus Coolness und aufgedreht-sein dem abendlichen Event entgegenstrebt. Ansonsten verbiesterte Gesichter, die ich zwei Wochen lang so gar nicht vermisst habe - zurück in der Stadt, in der man sich möglichst nicht ins Gesicht schaut. Mein Blick schweift durch die Runde des U3-Waggons und es beschleicht mich das Gefühl "Was um alles in der Welt will ich eigentlich hier?"
Diesen und einige andere Texte gibt es auf meiner Homepage auf diesem Link.
Aufbruch: | 31.10.2004 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 13.11.2004 |