Jordanien 2012
Abseiling
Wadi Mujib
Noch ein kleiner Nachtrag zum vorigen Bericht. Dass nicht jede Demo so friedlich verläuft, zeigt der folgende Link:
Dein Linktext hier...
Doch nun zum Highlight des Tages:
Fast 1 Stunde marschieren wir schon in der brütenden Hitze steil bergauf, nach 10 Minuten läuft uns allen der Schweiß in die Augen. Der Boden staubt auf diesem knochentrocken Weg bei jedem Schritt. Wir sind 18 Belgier, die sich von der Uni her kennen, sowie Jan, Annalena und ich. Wir sind im tiefsten Naturschutzgebiet der Erde, 400 m unter dem Meeresspiegel. Von der Küste des Toten Meeres wandern wir gerade in ein Seitental des Wadi Mujib hinein, es geht gefühlt 200 m hoch, ringsherum fast weiße und rötliche Felsformationen , die mich an einen amerikanischen Nationalpark erinnern (Zion?. )Der Blick zurück offenbart tolle Ausblicke auf das tatsächlich blaue Tote Meer und die gegenüberliegenden Berge der Westbank, die ja schon zu Israel gehören bzw. als besetzt gelten. Dann geht es wieder steil hinab, soweit nichts Besonderes. Nun stoßen wir aber auf den Fluss des Wadi Mujib, er führt tatsächlich ordentlich viel Wasser und fließt an dieser Stelle schäumend und gurgelnd in einen engen Canyon, dessen senkrechte Wände 150 m hoch sind und sich dabei bis auf 4m verengen. Klamm wäre vielleicht der passendere Ausdruck. Das Problem: Es gibt hier nur den Fluss, der da in Strudeln abwärts fließt. Das bedeutet, wir wandern ab sofort im Fluss, tasten uns bei den zum Teil großen Steinen unter Wasser Schritt für Schritt vorwärts, manchmal ist das Loch brusttief und ich muss mich der Strömung entgegenstemmen, manchmal kann ich sogar schwimmen man treibt dann rasch vorwärts bis der nächste Felsen kommt. Mein Unterwasserbeutel für die Kamera seine "Wasser"probe. So arbeiten wir uns nun 40 Minuten vorwärts, teilweise wird es regelrecht dämmrig und man kann man den Himmel gar nicht mehr sehen.
Dann ist der Fluss plötzlich zu Ende, scheint es, denn er ist nicht mehr da!? Ein vorsichtiger Blick über die Kante zeigt, dass ein kräftiger Wasserfall hier über 20 m in die Tiefe stürzt. Was macht nun der erfahrene Canyoning-Experte: Richtig: Er seilt sich fachmännisch ab , was im Englischen tatsächlich Abseiling heißt.
Einer nach dem anderen von unserer Gruppe legt sich das Klettergeschirr um, das Bergseil wird eingehakt, die Reibungsbremse eingelegt und dann klettert man über einen glitschigen Felsen ins Nichts (da bekomme ich jetzt noch eine Gänsehaut). Rückwärts am Seil hängend stütze ich mich mit gestreckten Füßen an der Felswand ab, die Hände sind frei und werden zum Balancieren (oder zum Winken) benutzt. So geht es Schritt für Schritt geht hinunter. Leider (oder erfrischenderweise) ist auch hier wenig Platz, daher wird man praktisch im Wasserfall abgeseilt, Wasser ist überall, es prasselt einem auf den Kopf, man ist wirklich komplett von oben bis unten durch, der Rucksack ist voller Wasser und unten verschwindet man erst mal in der tiefen Gischt, bis man sich wieder orientiert hat und den Weg aus dem Fall findet. Lustig für Außenstehenden, wie man da plötzlich verschwunden ist. Da wir alle keine Profis sind, gibt es die verschiedensten Stile zu bewundern. Jan ist mit einer (wasserdichten) Kopfkamera ausgerüstet und filmt alles. Während die meisten mit zweckmäßigen schnell trocknenden Trekkingklamotten ausgerüstet sind, trägt einer der Belgier - offenbar der Star der Gruppe - einen gelbes Halstuch, ein knappes Leopardenhöschen und raucht die ganze Zeit eine kleine langstielige Pfeife (außer im Wasserfall natürlich). In einem späteren Strudel wird er dann die besagte Hose unter dem Gejohle der anderen verlieren .
Es dauert nun eine ganze Weile, bis alle durch sind, dabei werden unsere Füße von kleinen Fischen abgenagt. Es sind sog. Doktorfische, korrekter Kangals bzw. rötliche Saugbarben, eine Karpfenart, die die Hautschuppen abnagt. Das gibt es jetzt auch in Deutschland als (unbewiesene) Therapie, dafür muss man bei uns Geld bezahlen! Ich habe es letztes Jahr in Siem Reap in Kambodscha gesehen.
So spannend geht es dann schließlich weiter, denn der Fluss stürzt nun immer wieder über große Felsblöcke steil nach unten. Teilweise müssen uns im Wasser herunterhangeln, teilweise springen wir in die tiefen Strudel. Mehrfach können/müssen wir über bis zu 5 m hoheglitschige Felsen in die Gischt rutschen, man wird herumgeworfen, bis man dann doch wieder irgendwie Fuß fasst oder unser Guide einen da wieder herauszieht. Einmal muss ich mich über eingelassene Eisengriffe senkrecht nach unten hangeln und mit den Füßen nach kleinen Absätzen im nassen Fels tasten. Es ist schon sehr spannen, wie der Fluss hinter der nächste Ecke aussieht.......
Schließlich verbreitert sich der Canyon aber doch allmählich, es wird wieder heller und dann haben uns die Hitze und die Sonne schlagartig wieder, es müssen so 35 - 38 Grad sein, eine gute Gelegenheit, das obligatorische Bad im Toten Meer zu nehmen. Ein echtes Vergnügen ist das allerdings nicht, denn die lauwarme Brühe ist regelrecht zäh, sie schliert und schmeckt ekelhaft salzig - 33% Salz (Mittelmeer 3,5%!). Man sollte keine Wunden haben und vor allen Dingen auf keinen Fall das Wasser einatmen, selbst bei geringen Mengen soll es zum sofortigen Tode führen, da die Wände der Lungenbläschen platzen und man erstickt. Beim Rauskommen trocknet das Salz sofort auf der Haut, gut, das es bei den Mujib Chalets Duschen gibt.
Das Tote Meer liegt wie schon erwähnt 410m unter dem Meeresspiegel und ist selbst nochmals bis zu 390 m tief. Der Salzgehalt steigt ständig weiter an, da das zufließende Wasser des Jordan mehr und mehr abgezweigt wird. Die Kreuzfahrer trafen noch 15% an, Mitte der Siebziger ist der See endgültig umgekippt und langsam wird er austrocknen, ein Drittel ist bereits verlandet. Interessant ist vielleicht noch, dass das Rote Meer und der Jordangraben die Verlängerung des ostafrikanischen Grabenbruches ist, an dem meines Wissens die Kontinente auseinandergerissen werden - dauert aber noch ein bisschen.
Aufbruch: | 03.10.2012 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 27.10.2012 |