Bad Hersfeld - das "hessische Salzburg"
Ein Wochenende in einer mir zunächst ganz unbekannten Festspielstadt, wo ich aber viel Schönes und Interessantes entdeckte - tolle Architektur, spannende und lustige historische Begebenheiten, und eine schöne Fachwerkstadt in strahlender Sonne!
Bad Hersfeld in Hessen
Ich wäre vielleicht niemals nach Bad Hersfeld gekommen, wenn nicht dort das Jahrestreffen 2010 einer literarischen Gesellschaft stattgefunden hätte, bei der ich Mitglied bin. Freitag und Samstag zwei volle Tage Vorträge, Konzerte, Aktivitäten und lustiges Beisammensein - der Sonntag war frei, und ich buchte meinen Zug extra erst für den späten Nachmittag, da ich mir unbedingt noch Bad Hersfeld selbst ansehen wollte. Nachdem ich kurz recherchiert hatte, stellte ich nämlich fest, dass es durchaus eine sehenswerte und hübsche Stadt zu sein schien - und dieser Eindruck sollte sich bestätigen!
Die Jugendherberge liegt ganz in der Nähe der Fulda - hier machte ich am ersten Abend einen schönen Spaziergang
Am Sonntag, den ich ja für die Stadtbesichtiung reserviert hatte, machte ich mich zuerst auf zum Highlight der Stadt: Die Stiftsruine!
Diese Ruine ist die größte Ruine einer romanischen Basilika in Europa, und eine der größte romanischen Basiliken nördlich der Alpen.
Die örtliche Abtei wurde im Jahr 769 von Erzbischof Lullus gegründet, der einem in Bad Hersfeld immer wieder begegnet, wie ich später sah. Das heutige Gebäude wurde Mitte des 12. Jahrhunderts gebaut, 1761 während des siebenjährigen Krieges zerstört und nicht wieder aufgebaut, so dass es heute immer noch eine Ruine ist.
Seit über fünfzig Jahren finden in Bad Hersfeld jeden Sommer die Hersfelder Festspiele statt, auch an dem Wochenende, an dem ich die Stadt besuchte, daher konnte ich die Ruine nicht betreten. Aber auch von außen war sie sehr schön und atmosphärisch, und außerdem wurde gerade die Zauberflöte geprobt und die Klänge drangen ungehindert nach außen, so dass ich mich auf einer Bank niederließ und ein ganz privates Konzert, ganz umsonst genießen konnte!
In der Nähe der Ruine befindet sich auch ein interessantes Denkmal. Es zeigt Konrad Duden und Konrad Zuse, zwei bedeutende Söhne Bad Hersfelds. Duden war von 1876 bis 1905 Direktor des Hersfelder Gymnasiums und ist auch hier begraben. Er schrieb den ersten "Duden" während seiner Zeit in dieser Stadt.
Konrad Zuse war mir vorher ehrlich gesagt nicht bekannt, obwohl er einer der Erfinder des Computers ist! Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er, nachdem er einige der ersten Computer der Welt entwickelt hatte, eine Computerfirma, die 1957 nach Bad Hersfeld zog.
Im Katharinenturm, neben der Stiftsruine, befindet sich die älteste noch erhaltene Glocke Deutschlands, gegossen im Jahr 1038!
In der Nähe der Stiftsruine findet man auch das Vitaliskreuz, das an einen wichtigen Moment in der Stadtgeschichte erinnert: Im Jahr 1378 wurde Bad Hersfeld von den Rittern des Abts Berthold von Völkershausen angegriffen, da die Hersfelder einen neuen Bürgermeister wählen wollten und der Abt um seine Macht fürchtete. Der Abt sammelte also seine Ritter um sich, einer aber warnte heimlich die Bürger der Stadt, so dass diese sich vorbereiten konnten und den Kampf gewannen.
Die Geschichte der Vitalisnacht war die erste der vielen kleinen Stadtgeschichten, denen ich in Bad Hersfeld begegnete!
Nachdem ich die Stiftsruine bestaunt und die Denkmäler in der Nähe besichtigt hatte, besuchte ich das Hersfeld Museum, das sich ebenfalls ganz in der Nähe der Ruine befand. Es ist ein typisches regionales Stadtmuseum, aber ich liebe Museen dieser Art - vielleicht gibt es interessantere Themen, dafür ist es toll, die liebevoll hergerichteten Exponate und den Enthusiasmus der Einheimischen zu sehen. Auch dieses Museum war ein richtiges kleines Lokalmuseum, das sich vor allem mit der Geschichte der Stadt und der Stiftsruine auseinandersetzte.
Neben dem Museum liegt der Staudengarten, ein kleiner barocker Park - ein herrlicher Platz für eine kleine Pause!
Der Linggplatz ist der Mittelpunkt der Stadt und an diesem Sonntag Mittag herrschte hier reger Trubel!
Das Mückenstürmerdenkmal ist ein Denkmal auf dem Linggplatz, dem eine lustige Anekdote zugrunde liegt: Im Sommer 1674 sahen die Einwohner der Stadt eine große graue Wolke aus dem Kirchturm kommen. Sie hielten diesen "Rauch" natürlich für ein Feuer und stürmten mit Wassereimern und Leitern bewaffnet zur Kirche. Als sie ankamen, stellten sie jedoch fest, dass es sich um einen riesigen Mückenschwarm handelte! So bekamen die Hersfelder den Spitznamen "Mückenstürmer".
Auf dem Linggplatz findet man auch das Denkmal des Leutnant Linggs, der einst einen Befehl Napoleons nicht ganz befolgte und statt die ganze Stadt "an allen vier Ecken anzuzünden" und sie komplett niederzubrennen, nur vier einzelne Häuser in den vier Himmelsrichtungen abbrennen ließ - so rettete er Bad Hersfeld vor der Zerstörung und wurde zum Helden.
Das schöne Rathaus von Bad Hersfeld hat fünf Giebel. Davor befindet sich der Lullus-Brunnen. Zwischen den beiden Gebäuden gelangt man über eine kleine Treppe zur Kirche.
Auf einer Seite des Rathauses gibt es ein Kriegsdenkmal, dass an die friedliche Übergabe der Stadt an die Amerikaner am Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert.
An einer Ecke des Rathauses ist ein Ritterhelm angebracht, der Legende nach der Helm des ersten Ritters, der in der Vitalisnacht die Stadtmauer stürmte.
Der Turm der Stadtkirche - sie wurde ab dem Jahr 1300 vergrößert und verkörperte so das steigende Selbstbewusstsein der Bürger gegenüber der Macht der Abtei.
Da die Kirche mehrmals ausbrannte, ist die Inneneinrichtung neueren Datums und nicht besonders interessant
Weiter geht's durch die Stadt, wo sich immer wieder schöne Motive finden...
Das Küsterhaus neben der Stadtkirche ist das älteste Fachwerkhaus der Stadt und wurde im Jahr 1452 gebaut.
Das Baumeisterhaus ist das beeindruckendste Fachwerkhaus und stammt aus dem Jahr 1609. Der "Baumeister" ließ sich hier wirklich nicht lumpen und zeigte alle seine Fähigkeiten!
Ein weiteres schönes Fachwerkhaus ist die Linggklause - hier wohnte Leutnant Lingg, der die Stadt vor Napoleon rettete, während der Napoleonischen Kriege.
Ganz nah bei der Jugendherberge liegt der Kurpark, wo ich noch einmal ein wenig Zeit verbrachte, bevor ich mich mit meinem Gepäck auf den Weg zum Bahnhof machte. Schon an den Tagen vorher hatte ich mich ab und zu hier aufgehalten, um eine kleine Pause zu haben und die Ruhe zu genießen.
Dieser Park gefiel mir wirklich sehr gut, und jetzt im Sommer standen viele Blumen in vollster Blüte. Der Kurpark ist groß und in verschiedene Bereiche eingeteilt, so dass es für mich viel zu entdecken gab.
Am frühen Abend fuhr ich dann wieder zurück ins Rheinland, den Kopf voller Eindrücke von dieser kleinen, aber so interessanten Stadt. Nicht nur die Schönheit der vielen alten Gebäude hatte mir sehr gut gefallen, sondern auch die spannenden Geschichten, die ich gehört hatte, die vielen kleinen Anekdoten, die die Stadt sehr interessant und liebenswert machten. Das schöne Bad Hersfeld ist wirklich einen Tagesausflug wert, und der Tag hier zeigte mir Deutschland von seiner schönsten Seite!
Das Kurhaus. Hier hörte ich zum zweiten Mal ein herrliches Konzert ganz umsonst, denn es fand ein Kammerkonzert statt, dessen Klänge durch die offenen Fenster hinaus wehten... Wunderbar!
Aufbruch: | 15.07.2010 |
Dauer: | 4 Tage |
Heimkehr: | 18.07.2010 |