Madeira

Reisezeit: Juli 2014  |  von Markus Blackmar

Eine Woche Madeira, mal zum Relaxen.

Kurzurlaub im Sommer

17.7.
Es geht von der heißen Heimat zur angenehm milden Atlantikinsel mit nicht mehr als 26°C. Ich fliege mittags ab Frankfurt, ist wesentlich entspannter als morgens von Stuttgart. Der Flughafenbus hält nicht weit vom Hotel.

Die östliche Halbinsel Sao Lorenzo

Die östliche Halbinsel Sao Lorenzo

Vom Hotel fahren tagsüber stündlich Shuttles ins Zentrum Funchals, ich kaufe recht schnell für die Stadtbusse eine Magnetkarte am Kiosk.
Im Café am Stadtgarten haben sie gutes Eis. In Funchal leben die Hälfte der ca. 240 000 Einwohner Madeiras: Altstadt, Kathedrale, der Palacio mit dem Sitz der Regionalregierung und Hafen liegen hier recht nahe beieinander.
Vor allem an der Küste wird ziemlich viel gebaut: Kanäle werden nach Überschwemmungen in den letzten Jahren tiefer ausgehoben, Kreisverkehre werden umgebaut und eine neue Promenade und ein größerer Hafen für Kreuzfahrstschiffe werden errichtet. Dabei geht natürlich ein Teil des Charakters der Stadt verloren. Wenn man erfährt, daß die EU dazu an eine Regierung viele Millionen gibt, die von einem Mann geführt wird, der schon Jahrzehnte die Insel autokratisch führt und in dunkle finanzielle Transaktionen verwickelt ist kann das kurzfristig die Stimmung drücken.
Gut, daß heute der erste Abend eines Musikfestivals ist: wie so Vieles hier wird es mit dem Wort Atlantik vermarktet, aber zurecht: die Musiker des Atlantic roots festivals kommen von hier, aus Brasilien, Festland-Portugal und von den Kapverden. Das Eröffnungskonzert ist von Banda d'Alem (Videos bei youtube), sie spielen madeirensische Folklore ohne die üblichen Übertreibungen, die Musiker schnell mal etwas debil aussehen lassen (seien es nun Kniebund-Lederhosen, Holz- oder Filzschuhe oder Mützen mit Oberleitung). Portugiesisch ist zwar schon etwas verwandt mit Spanisch, mich erinnert die Sprache aber mal mehr an Dänisch, mal etwas an Russisch - die Liedtexte kann ich nicht beurteilen.
An der Hafenstraße sind mehrere Bushaltestellen mit elektronischen Displays, aber es ist nicht so einfach wie es sein könnte: die Haltestellen sind auch nachts auf 100 m verteilt, auf den Diplays wird nicht etwa der kommende Bus zuoberst angezeigt, sondern die niedrigste Liniennummer, oft wechselt dann das Display, weil die Busse in zwei Etappen angezeigt werden und nicht selten sind Leuchten des Displays ausgefallen, so daß man Zahlen oder Richtung nur raten kann. Die Busfahrer sprechen zwar alle etwas Englisch, aber die Einheimischen an den Haltestellen zumeist nicht.

Sitz der Regionalregierung in der alten Festung

Sitz der Regionalregierung in der alten Festung

Die Bühne im Stadtgarten...

Die Bühne im Stadtgarten...

und gleich nebenan verfallende Häuser.

und gleich nebenan verfallende Häuser.

Ein Brunnen im Stadtgarten, sogar mit Schwänen.

Ein Brunnen im Stadtgarten, sogar mit Schwänen.

18.7.
Die erste Wanderung will ich auf dem östlichen Ende der Insel machen, die man auch beim Landeanflug sieht, hier überwiegt das Lavagestein. Da die im Wanderführer vorgestellte Tour recht kurz ist möchte ich sie mit der benachbarten Tour von Machico nach Carnical verknüpfen. An dem kleinen Häuserblock am Busbahnhof, zu dem mich die Ticketverkäuferin geschickt hat, versuche ich mich an den Fahrplänen zu orientieren. Erstmal scheinen mir recht ähnliche Routen von verschiedenen Linien durcheinandergewürfelt, in manchen Orten hält nur jeder zweite Bus. Ich habe eine halbe Stunde Zeit und sehe mir die nähere Umgebung an: zwischen Busbahnhof und Markthalle sind ein paar Gassen mit bunt bemalten Türen, hier sind Wohnhäuser mit Bars und Galerien gemischt. Zum Museum "story of Madeira" gehören große Glaskästen mit Schiffsmodellen. Im Hafen liegt übrigens ein Nachbau von Kolumbus' Schiff "Santa Maria" (er hat die Tochter des hiesigen Gouvernours geheiratet).

In der bunten Gasse am Busbahnhof.

In der bunten Gasse am Busbahnhof.

Der Hafen, links die Santa Maria

Der Hafen, links die Santa Maria

Zurück an der Bushaltestelle höre ich zwei Deutsche vor dem Busfahrplan reden, Vater und Tochter kommen aus Stuttgart. Auch sie machen die Wanderung über die Halbinsel. Während wir uns unterhalten übersehe ich wohl gerade meinen Bus , ich beschließe kurzfristig, auch zuerst über die Halbinsel zu wandern. Man sieht der Tochter an, daß ihr die Arbeit als Projektentwicklerin gefällt: der schönen Frühsommer in Deutschland hat ihr nicht viel Farbe verliehen, am reibenden Rucksackriemen an der Schulter hat sie trotz Sonnenschutzfaktor 50 einen leichten Sonnenbrand. Am Wanderweg sind viel Geländer und Seile, außerdem ist die Halbinsel sehr schmal: verlaufen nicht möglich. Die beiden Stuttgarter legen nicht viel Wert auf Fotos: die Tochter benutzt den Blackberry, den sie vom Arbeitgeber hat. Die Klippen sind schon beeindruckend, auch wenn das Meer relativ ruhig ist. 300 m vom Wendepunkt ist eine Art Nationalparkhaus, hier machen wir auf dem Rückweg Rast. Wenn ich meine Pflaumenkerne wegwerfe kommen sofort je 10 Eidechsen und schnappen sie sich. Eine andere Wanderin legt einen Pfirsich auf einen Stein und fotografiert die Eidechsen.

Zwei Mininseln liegen vor dem Ostzipfel Madeiras.

Zwei Mininseln liegen vor dem Ostzipfel Madeiras.

Nachdem in meinem letzten Urlaub durch Erkältung das Wandern kurz gekommen ist, habe ich mir ja jetzt erstmal viel vorgenommen; da der Vater schon Ermüdungserscheinungen zeigt, verabschiede ich mich, um zügig weiterzukommen (obwohl die Tochter ganz goldig ist).
Bald stelle ich fest, daß ich einen Fehler gemacht habe: der Weg vom Parkplatz nach Carnical führt fast nur an der Straße entlang, dementsprechend wenig Spaß macht er; auf dem Weg liegen eine überdimensionale Ferienanlage und der Industriehafen - dort sind hohe Zäune zu beiden Seiten der Straße. In Carnical sehe ich nochmal nach: für die andere Etappe sind drei Stunden veranschlagt; ich nehme dann doch den Bus von hier nach Funchal.
Im Hotel bin ich froh über die Dusche und ein paar Runden im kühlen Swimmingpool. Abends versuche ich zu Fuß in die Innenstadt einen Weg etwas abseits von der Küste, dieser ist jedoch auch nicht kürzer und führt über schmale Gehwege in längeren Tunnels - in Madeira sind übrigens bei mehrspurigen Straßen meist zwei Tunnel nebeneinander, also die Richtungen geteilt. Ich komme dann zum vermutlich 2. Song von Dany Silva von den Kapverden (der für das Programm wohl ein recht altes Foto herausgegeben hatte ). Obwohl "die brasilianische Musik" schon alt ist und dann natürlich auch ältere Liebhaber hat ist es für mich durchschnittlichen Mitteleuropäer doch witzig zu sehen, wie auch Leute über 70 hier mitgehen. Den zweiten Auftritt macht Júlio Pereira mit Begleitung, Mandoline mit Gitarre und Cello. Manche Stücke wirken aber etwas eintönig, wenn Pereira an der Mandoline nur Akkorde spielt.
Relativ viele Zuschauer gehen schon vor dem Ende des Konzertes, vermutlich um noch einen Bus zu erreichen, da spätabends nur wenige fahren. Ich gehe schließlich wieder zurück, da auf den Anzeigetafeln keine meiner Linien erscheint.

19.7.
Samstag sehe ich mir Funchal an. In der Markthalle ist Freitag und Samstag deutlich mehr los als sonst. Vorne sind die Blumenverkäufer und im und um den Innenhof Obst- und Gemüsehändler, an den Seiten abgeschlossene Läden von Strickwaren, Wein und Fleischereien, hinten der modernere Fischmarkt mit fast schon klassischer Besuchergalerie zum Fotografieren im Obergeschoß. Vorne und an den Seiten sind traditionelle Azujelos (blaue Kachelbilder) an den Wänden und die Blumenverkäuferinnen tragen Tracht, der Innenhof mit Bäumen und wuchernden Blumen verleiht dem Markt eine ausgesprochen angenehme Atmosphäre, wobei ich in Spanien meiner Erinnerung nach architektonisch noch schönere Markthallen gesehen habe. Auf Madeira wachsen sehr viele Bananen, auch einen kleine Art, die aber anders schmeckt und etwas größer ist als die mir bekannten Baby - Bananen. Dazu werden Passionsfrüchte in vielen Varianten verkauft: sie sehen aus wie kleine Orangen, Zitronen oder Bananen und haben den entsprechenden Beigeschmack; ich vermute das Ergebnis von Gentechnik - aber tatsächlich gibt es in Südamerika 200 Arten von Passionsfrüchten. Am Samstag (und vielleicht, weil ich kauflustig wirke) werden sehr viele davon zum Probieren angeboten. Sie sind auch überraschend flüssig und süßer, als ich sie kenne - die, die ich kaufe, dann leider wieder nicht.

die Markthalle

die Markthalle

...vorne die Blumenverkäuferinnen

...vorne die Blumenverkäuferinnen

der Innenhof

der Innenhof

die Espadas

die Espadas

Ich sehe mir die weitgehen autofreien Gassen in der Nähe an: Kork ist wohl auch eine Spezialität Madeiras, so gibt es einen Laden mit Produkten (Taschen, Schuhe, Schirme...) nur aus Kork. Außer vielen Kneipen gibt es auch mehrere moderne (relativ billige) Galerien.
Funchal hat ausgesprochen viele Shoppingcenter, wobei mehrere zu einem sehr geringen Teil belegt sind, ein Bewohner macht später die Lage in den südeuropäischen Ländern für ausbleibende Touristen verantwortlich. In einem kleineren Shoppingcenter fällt mir wenige Meter neben einem Juwelierladen eine Frau auf einem Stuhl an einem kleinen Klapptisch auf, die Parfüms - vermutlich Imitate - verkauft.

Mein Weg führt mich am Zuckermuseum vorbei (Zuckerexport war lange entscheidend für den hiesigen Wohlstand) zu einem größeren Platz, an dem das Jesuitenkolleg und das Rathaus liegen. Die Jesuitenkirche hat, wie mir auf Anhieb scheint, eine typisch portugiesische Deckenbemalung und einen Altarraum mit reichlich Blattgold und viel Kacheln an den Seiten. Eine Hochzeit wird vorbereitet, auch die Braut in Weiß taucht schon auf während die Bänke noch leer sind.
Etwas deplaziert wirkt eine Ausstellung von Rennwägen hier auf dem Platz die gerade aufgebaut wird. Auch ein Museum für sakrale Kunst ist hier: mit dem Erlös des Zuckerexportes wurden Werke holländischer Meister gekauft.

So steigen die meisten Straßen von der Küste weg an.

So steigen die meisten Straßen von der Küste weg an.

Auch die Kanäle sind gut bewachsen.

Auch die Kanäle sind gut bewachsen.

Rathaus

Rathaus

Jesuitenkirche

Jesuitenkirche

Von hier bergab Richtung Kathedrale und "Stadtgarten" befinden sich einige beliebte Gassen, teilweise für Autos gesperrt. Der kleine Kaffee wirkt auf mich weniger stark wie in Spanien.
Die Kathedrale ist älter als die Jesuitenkirche und wurde schon mehrfach verändert, die Holzdecke hier erinnert mich mit ihren Schnitzereien an die maurischen Decken, die ich in Spanien gesehen habe. Das Prachtstück hier ist das Chorgestühl.

Der Besiedler der Insel.

Der Besiedler der Insel.

Zwischen dem Zentrum und dem Hotelviertel im Westen Funchals ist der Garten Santa Catarina mit schönen Pflanzen. Dann beginnt aber leider vom Dach des Casinos 200 m weiter dumpfe Technomusik zu dröhnen.
Es wirkt etwas unwirklich, daß auch recht zentral in Funchal immer wieder Gärten mit mehren hundert Quadratmetern Bananenbäumen zu sehen sind.
Es ist der letzte Abend des Festivals, es spielen Couple Coffee (Richtung Bossa nova) und das Quinteto Medioatlantico mit Musik aus dem 16. - 19. Jh, allerdings eher eintönige.

Strelitzien

Strelitzien

Ein Baum aus Mexico, öfter hier zu sehen.

Ein Baum aus Mexico, öfter hier zu sehen.

20.7.
Die Spezialität Madeiras sind Levadawanderungen: Levadas sind die Bewässerungskanäle, mit denen das Wasser aus dem regenreichen Norden und den Bergen in den trockenen Süden geleitet wird. Da die Kanäle nur leichtes Gefälle haben und zur Wartung Wege entlang dieser Kanäle führen sind diese Wanderungen meist ausgesprochen einfach. Ich habe eine Dreistundenwanderung und eine Wanderung eine halbe Stunde und zurück zu einem Aussichtspunkt jeweils ab Ribeiro Frio geplant.
Sonntags fahren weniger Busse (nur eine Möglichkeit zurück), aber mittlerweile komme ich besser mit Madeiras Bus - App zurecht. Eine Gruppe hiesiger Jugendlicher fährt mit ihren Mountainbikes einen Teil der Strecke hoch. Ribeiro Frio besteht im Wesentlichen aus einer Forellenzucht und ein paar Restaurants an der Straße und gehört zur Gemeinde Faial an der Nordküste. Es liegt in 860 m Höhe und die Straße führ auf Sperpentinen bergauf und -ab. Gleich neben dem Parkplatz führt ein Wegweiser zum Wanderweg kurz am Bach entlang und dann die Levada entlang. Es sieht toll aus, wie die Bäume teilweise quer zum Weg wachsen. Ich kenne mich mit Bäumen nicht aus, erkenne Lorbeerbäume, Weiden und Eukalyptus, in der Ferne fallen vor allem die hohen Araukarien (kommen von der Südhalbkugel) auf. Außerdem sehe ich viele Bäume mit roter, oft abblätternder Rinde. Einige schöne Vögel kommen recht nahe, vermutlich werden sie von Wanderern gefüttert. Die Forellen im Fluß sehe ich nicht. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch, viele Wolken ziehen durch die Schluchten, es regnet aber fast nicht, und die Temperatur ist angenehm. Aus Bequemlichkeit orientiere ich mich an der Wegbeschreibung, die ich mir mit einer App heruntergeladen habe statt am Buch. Die entspricht nicht meinem geplanten Weg und so gehe ich über zwei Stunden Richtung Portela. Dadurch komme ich aber bis zu einem eindrucksvollem langen Tunnel aus Basalt (war Lava) und Tuff (verdichtete Asche). Dahinter bietet sich der Ausblick auf eine neue Schlucht.

Hier fliesst schwefelhaltiges Wasser (wie man riecht)

Hier fliesst schwefelhaltiges Wasser (wie man riecht)

Schließlich sehe ich im Wanderbuch nach und kehre um: ich hätte nach einer halben Stunde an einer kleinen Levada abbiegen müssen, hier geht es steiler hoch, bald kommt man an einen breiteren Fluß voller Felsen. Es geht weiter bergauf und der Wald wird durch hohe Sträucher und schließlich durch eine kleine Hochebene abgelöst. Hier ist der Weg nicht mehr erkennbar und eine Wolke hat sich hier festgesetzt, die Sichtweite ist unter 50 Metern. Ich bin froh, als ich nach knapp 10 Minuten das beschriebene verlassene Gehöft knapp unter dem Plateau sehe. Bald sehe ich die ersten Wanderer nach einer Familie im Fluß. Es folgt ein längerer gerader Abschnitt bevor es im Wald wieder etwas unübersichtlich wird, bis ich an eine breite Levada komme, die sich in Kaskaden ergiesst. Einige Minuten später bin ich wieder an der Forellenzucht. Da ich hungrig bin und es bedeckt ist gehe ich in das Restaurant und esse Degenfisch, der kommt aus der Tiefsee, die nah an Madeira heranreicht. Die ürsprünglich geplante zweite (kurze) Wanderung zum Aussichtspunkt Balcôes erübrigt sich auch weil es keine Fernsicht mehr gibt, es regnet auch mehrmals etwas.

Gegenüber vom Restaurant ist ein Lokal, das den Schildern nach auf Touristen ausgerichtet scheint, die Gäste sind aber anscheinend mehrheitlich Portugiesen. Ich trinke einen Poncha, schlichtweg der Drink in Madeira: eine Mischung aus Aguardente (Zuckerrohrschnaps), Honig, Eis und meist Orangen- und Zitronensaft - ergibt etwa 20 % Alkohol und wird in kleinen Gläsern serviert. Eine nette kleine Info zum Poncha gibt es auch hier: http://www.merian.de/magazin/madeira-spezialitaet-poncha.html.
Die Rückfahrt verläuft recht zügig, der Bus überholt auch ein Auto mit Touristen, die sich auf den nebligen Serpentinen nicht so schnell zu fahren trauen. Mein Tagesfazit: es ist wirklich ein Paradies für Blüten und Bäume hier. Als Konsequenz haben die Siedler dann solche aus aller Welt hierhergeholt, leider auch Eukalyptusbäume, welche die Erosion begünstigen. Zuletzt wurde aber Eukalyptus wieder durch die ursprünglich heimischen Lorbeerbäume ersetzt.

Poncha!

Poncha!

21.7.
Heute steht die Bootstour an: im Reiseführer und auf einigen Webseiten wird Lobosonda als ökologischer Veranstalter empfohlen, der darauf Wert legt, die Tiere nicht zu belästigen. Er fährt von Calheta ca. 50 km westlich von Funchal los. Die Busverbindung ist leider relativ schlecht: es gibt nur Fahrten über die Dörfer, die Fahrt dauert eineinhalb Stunden und natürlich gibt es so keine Möglichkeit, die morgendliche Bootstour zu machen. Es gibt zwar eine Kunstausstellung in Calheta, aber die ist zu weit vom Hafen weg (auf deutlich erhöhter Position). In Calheta gibt es zwei Meeresschwimmbäder, an denen in mit Beton geformten Buchten ein weißer Sandstrand angelegt wurde. Die Hafenstraße wird von zwei großen Hotels dominiert, an der dem Hafen zugewandten Seite sind Surf- und Tauchveranstalter und Lobosonda (auf youtube haben die auch tolle Videos).

Die terassierten Hänge an der Küste.

Die terassierten Hänge an der Küste.

In Calheta oberhalb der Bucht.

In Calheta oberhalb der Bucht.

Die Firma hat einen modernen Katamaran und ein altes Fischerboot, für das ich gebucht habe, die Teilnehmer sind alle deutschsprachig und auch die Späherin hat einen deutschen Vornamen. Relativ bald kommen wir an eine Gruppe von 15 - 20 Delphinen, die zu beiden Seiten Sprünge machen und auch unter das Boot hindurchtauchen. Wir bleiben etwa eine halbe Stunde bei den Delphinen. Dann sehen wir länger nichts, später noch eine Karettschildkröte, auf der ein Vogel sitzt. Die Späherin sieht dann noch mehrere springende Fische, die uns beim Näherkommen aber nicht mehr den Gefallen tun. Wieder habe die Sonne, diesmal in Verbindung mit dem spiegelnden Wasser unterschätzt, und ich habe einen leichteren Sonnenbrand an den Armen, trotz der neu gekauften Lotion mit Sonnenschutzfaktor 20. Irrtümlich war ich nachmittags von einem stärkeren kühlenden Wind auf dem Meer an der Südseite ausgegangen, der lange Ärmel erfordern würde.

die Schildkröte, auf der sich eine Möwe ausruht

die Schildkröte, auf der sich eine Möwe ausruht

die Südwestküste

die Südwestküste

Ich gehe noch in ein Schwimmbad, um wenigstens mal kurz mit dem Füßen im Meer zu stehen. Auf dem Rückweg steige ich an einem Einkaufszentrum in Funchal aus und schaue nach den Getränken in einem Supermarkt, auch die Fischabteilung hier ist schon deutlich größer als in einem mitteleuropäischen Kaufhaus, ansonsten wirkt das Center eher austauschbar. Auf dem Nachhauseweg an der Küste entlang sehe ich mir noch die Lichtspiele von Sonne und Meer an, die Variationen sind faszinierend.

Denkmal zur portugiesischen Nelkenrevolution in den Außenbezirken Funchals.

Denkmal zur portugiesischen Nelkenrevolution in den Außenbezirken Funchals.

22.7.
Heute ist das typische Programm eines Kurzurlaubers: der Botanische Garten über Funchal und die Kirche und der tropische Garten im benachbarten Monte mit zwei Seilbahnfahrten. Diesen urlaub habe ich zu sehr mit Kleidung gegeizt (um viel Platz für Einkäufe zu haben) - Wäsche waschen muß bei einem einwöchigen Urlaub nicht sein - und mein T-Shirt ist zwar witzig, aber weit: um meinen Hals vor der Sonne zu schützen benutze ich ein Halstuch.
Zum Botanischen Garten fahre ich mit dem Bus vom Busbahnhof in Funchal. Er ist ganz schön terassenförmig angelegt und bietet eine gute Aussicht über Funchal, er hat auch ein gut in den Garten integriertes Café - sie trachten augenscheinlich auch nicht danach, hier mit der Bewirtschaftung große Gewinne zu machen. Am nördlichen Ausgang des Gartens stelle ich fest, daß kein Weg und keine Straße vom Botanischen Garten nach Monte führt, also nehme ich die Seilbahn als einzige direkte Möglichkeit.

Sicht über Funchal

Sicht über Funchal

auch viele Kakteen blühen

auch viele Kakteen blühen

ein verschwitzter Markus

ein verschwitzter Markus

So sehen die traditionellen Häuser in Santana aus.

So sehen die traditionellen Häuser in Santana aus.

so groß sind die Blüten

so groß sind die Blüten

...im Maßstab

...im Maßstab

Ich gehe zuerst zur Kirche, wo einmal jährlich eine große Marienprozession stattfindet. Außerdem steht hier der Sarg des letzten österreichischen Kaisers Karl, der das letzte halbe Jahr seines Lebens nach Madeira verbannt wurde.
Nahe der Kirche beginnt der Tropische Garten: Herzstück sind der Japanische und Chinesische Garten, genannt orientalische Gärten, außerdem gibt es viele Azulejos (blaue Kachelbilder), v. a. zur portugiesischen Geschichte. Mit vielen Toren und Buddhafiguren und von Beton eingefassten rauschendem Wasser entspricht der Garten den etwas kitschigen südeuropäischen Vorstellungen von Schönheit - aber die Gärten in den Originalländern sind ja wohl nicht weniger kitschig. Im Garten sind eine Mineralienausstellung und eine Ausstellung für Afrikanische Kunst; die Kunstsammlung kommt zum größten Teil aus einem Garten in Pretoria: hier hat der Gründer des Gartens vor 30 Jahren 2500 Skulpturen gekauft. In den 60'er Jahren des letzten Jh gab es in Simbabwe eine Künstlergemeinschaft, die rasch bekannt wurde, weil damals erstmals mächtige Sammler sich intensiv für zeitgenössische afrikanische Kunst interessierten. Ein Raum ist auch ausgesprochen vollgestellt mit Exponaten; der Garten wird übrigens mittlerweile von einer Stiftung geführt.
An den Kassenhäuschen stand noch, daß es im Café eine Madeira-Weinprobe gibt: praktisch bedeutet das, daß an der SB-Theke zweierlei Weine in Plastikbecherchen bereitstehen, wobei der süße Vielen zu süß ist. Fazit: wenn man in Monte ist, kann man in den Park gehen, man sollte aber nicht zuviel erwarten.

Die Korbschlitten werden von den Fahrern tatsächlich ohne Hilfsmittel die Straße runter gesteuert.

Die Korbschlitten werden von den Fahrern tatsächlich ohne Hilfsmittel die Straße runter gesteuert.

Im Hintergrund ein berühmtes Hotel.

Im Hintergrund ein berühmtes Hotel.

Umständehalber kommt das Auto auch mal aufs Dach.

Umständehalber kommt das Auto auch mal aufs Dach.

Zurück in Funchal gehe ich zur kleinen Felseninsel Potinha, die durch eine Straße Teil des Hafens ist. Sie gehörte mal den englischen Tempelrittern, hier steht noch eine kleine Festung. Auf einem Plakat hat der Besitzer geschrieben, daß die Regierung von Madeira sich die Insel illegal angeeignet hätte, er bezeichnet sich mir gegenüber auch als "der Prinz"; aber es ist doch eher ein Spaß: er war Lehrer, hat die Festung vor einigen Jahren gekauft und lebt jetzt mit seiner Familie hier.

Wo ein echter Prinz ist, sind auch die Amis nicht weit - sie haben sogar eine beschwerliche Schiffsreise auf sich genommen

Wo ein echter Prinz ist, sind auch die Amis nicht weit - sie haben sogar eine beschwerliche Schiffsreise auf sich genommen

Auch eine Art Santa Claus wartet auf die Touris.

Auch eine Art Santa Claus wartet auf die Touris.

Nebenberuflich kümmert sich der Prinz um notleidende Kätzchen.

Nebenberuflich kümmert sich der Prinz um notleidende Kätzchen.

Danach spaziere ich vom Lido, dem geschlossenen Felsenbad in Höhe des Hotels, stadtauswärts an der Küste entlang, hier gibt es mehrere öffentliche Badestellen.

23.07.
Heute steht eine geführte Wanderung zum höchsten Berg der Insel an, dem Pico Ruivo. Vor wenigen Wochen gab es hier Steinschläge und der Weg war gesperrt, einige Veranstalter haben die Tour noch aus dem Programm genommen, bei diesem ist die Tour gekürzt. Ich hatte schon überlegt, ob ich mir für den Weg ein Elektroauto miete: an der Küstenstraße stehen die neuen zweisitzigen Renaults, hier "bubble car" genannt. Um halb neun werde ich abgeholt und wir fahren zum Parkplatz des Pico Arieiro, hier stehen eine große Abhörstation, eine Aussichtsplattform und ein Restaurant mit Laden; die Wolken lassen schon jetzt nur kurze Ausblicke zu, die Küste sieht man nicht. Aber das Wandern durch die verschiedenen Felsformationen hat auch mit den Wolken durchaus seinen Reiz.

am Pico Arieiro

am Pico Arieiro

Der Weg ist trocken, aber an manchen abschüssigen Stellen kommt man auf lockerem Sand leicht ins Rutschen - ein Seil an der Hangseite reduziert zwar die Gefahr, aber es macht schon Sinn, nicht alleine zu wandern. Vor ein paar Jahren wurde im oberen Teil ein neuer Weg geschaffen, da der alte öfter verschüttet wurde. In einem Tunnel schlägt sich Einer ordentlich den Kopf an. Der Führer geht bis zur Hütte des Pico Ruivo (die ein Verwandter leitet), danach führt noch ein leichter Weg 10 min bis zum Gipfelplateau. Auf der Gegend ringsum liegen dichte Wolken, aber der Wind treibt sie weiter und es sind auch mehrere Gipfel, u. a. der Ausgangspunkt, zu sehen. Nach gut einer Stunde gehen wir etwa 40 min zum Parkplatz des Pico Ruivo.

Jetzt nochmal ordentlich Bilder

Jetzt nochmal ordentlich Bilder

Diese Blume wird der "Stolz Madeiras" genannt

Diese Blume wird der "Stolz Madeiras" genannt

Die Straße führt zur Nordküste durch Santana (leider ohne die traditionellen Häuser hier zu sehen). In Faial halten wir an einem Café, ich sitze mit einem Ehepaar aus Aachen an einem Tisch. Die Frau, die ich für eine gebürtige Französin hielt, kommt aus Polen und hält mich witzigerweise für aus Frankreich kommend. Der etwas kauzige Führer schläft während der Rast über dem Lenkrad und meint dann, er hat seinen Fahrer verloren.
Ich dusche mich und ziehe mich schnell um, um noch zur Tea time ins berühmte Reid's Palace zu kommen. Das ist nicht weit von meinem Hotel und ich hatte schon am 1. Tag auf meiner Liste, hier auf der Terasse Tee zu trinken. Für Gäste von außerhalb wird hier aber nur ein Gedeck zu jeweils 35 € angeboten, das ist mir dann doch zuviel und auf Scones habe ich auch keine Lust. Ich setze mich einen Stockwerk höher in die Bar an die Fensterfront zum Meer, trinke Tee und esse die wirklich leckere Auswahl von Patisserien.
Auch in Funchal kann man an vielen Stellen bewundern, was und in welcher Größe Pflanzen und Früchte hier wachsen, ich sehe mir u. a. noch einen der vielen Gärten an.

Auch auf dem Hotelgelände gibt es Kätzchen, mein Fisch aus dem Supermarkt ist ihnen leider zu salzig.

Auch auf dem Hotelgelände gibt es Kätzchen, mein Fisch aus dem Supermarkt ist ihnen leider zu salzig.

24.7.
Am letzten Tag kaufe ich noch eine Tagesdecke als Geschenk und mache eine Führung in der bekanntesten Destillerie von Madeirawein mitten in Funchal. Traditionell waren durch die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen die Briten auf Madeira lange sehr einflußreich, sie hatten auch das Monopol auf den Weinexport und die Briten waren bis vor Kurzem die bedeutendste Touristengruppe. In der Destillerie (Blandy's) werden auch Dankschreiben von Churchill gezeigt, der sich den Wein hier faßweise geholt hat (und auf Madeira gemalt hat).
Der genaue Prozess der Herstellung von Madeirawein scheint der Firma allerdings etwas peinlich zu sein, weder habe ich die Info bei der Führung registriert noch steht sie auf deren Webseiten: der Wein hat schlicht deswegen viel mehr Süße und Alkohol weil die Vergärung mit Branntwein gestoppt wird. Wie der Sherry reift er dann in den Fässern in Kontakt mit Luft. Das Reifen wird durch erhöhte Temperaturen beschleunigt, zu meiner Überraschung teilweise unreguliert (besonders warm wird es unter dem Dach); am Ende kommt er in Riesenfässer oder Container.
Danach sehe ich mir den Archäologischen Garten mit Museum Quinta das Cruzes an. Im Garten sind aus Basalt gehauene Fenster und Simse, das Haus soll der Kapitän bewohnt haben, der im Auftrag des Königs die Insel besiedelte. Die Ausstellungsstücke hier sind vorwiegend aus dem 18. und 19. Jh., u. a. Fayence, Gold, Silber und Sänften.
Anschließend gehe ich die steile Gasse zur Festung mit extrem schmalen Seitengassen hoch , die Bewohner rauschen hier mit wenig Bremsen im 2. Gang hinunter. Madeira wurde zeitweise von Piraten beherrscht und hatte u. a. durch den Zuckerhandel gute Zeiten, darum auch Wert auf seine Verteidigung gelegt. Auch wenn das Fort geschlossen ist (und innen keine große Ausstellung) lohnt sich der Spaziergang.
Schließlich muß ich langsam den Heimweg antreten. Die Abfahrtszeiten auch des Flughafenbusses sind nicht ganz klar und so fahre ich mit dem Kleinbus eines Taxifahrers zum Flughafen (zum gleichen Preis), der sich geschickt kurz vor Ankunft des Busses anbietet.

...eine letzte Blüte.

...eine letzte Blüte.

© Markus Blackmar, 2014
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 17.07.2014
Dauer: 8 Tage
Heimkehr: 24.07.2014
Reiseziele: Portugal
Der Autor
 
Markus Blackmar berichtet seit 10 Jahren auf umdiewelt.