Wanderreise in Jordanien
meine erste Gruppenreise
Amman
Ankunft
Eigentlich habe ich mir seit meinem Südamerika - Urlaub vorletzten Winter keine größeren (weiteren) Reisen mehr vorgenommen und mich dann relativ spontan nach einer TV-Reportage für Jordanien entschieden. Freunde bzw. v. a. Freundinnen haben mir öfter von den Vorteilen organisierten Reisens erzählt und da ich dieses Mal nicht (mehr) alleine reisen wollte nun also meine erste Gruppenreise.
Im Flughafen Amman sammeln sich überraschend Viele um den Fahrer mit dem Schild des Veranstalters: eine andere Gruppe macht zur gleichen Zeit eine andere Tour; während das Durchschnittsalter der anderen Gruppe deutlich über 60 ist sind von den acht Teilnehmern unserer Gruppe immerhin auch schon drei im Rentenalter. Der Fahrer sammelt unsere Pässe für die Visumstempel ein und bleibt danach eine ganze Weile verschwunden, weil ein Koffer der anderen Gruppe nicht ankommt. Nach ca. 40 min Fahrt kommen wir um etwa halb elf abends im Hotel Toledo (abseits der Altstadt) an.
Einige haben noch Hunger. Das Buffet ist zwar aufgelöst, aber wir bekommen nach dem Auspacken noch reichlich gute "Reste". Zu meiner Überraschung ist nur ein Paar in unserer Gruppe (auch für sie ist es die erste vom Veranstalter organisierte Reise), die anderen Frauen kennen sich zwar teilweise, haben aber einzelne Zimmer.
Amman wurde wie Rom einst auf sieben Hügeln erbaut und auch unser Hotel steht an einem solchen: die Rezeption, die wir von der Straße ebenerdig betreten, befindet sich im 7. Stock, zu den Zimmern geht es mit dem Aufzug abwärts.
Museum
Schon morgens wechseln sich Sonne und Regen ab. Angesichts der ungewöhnlich schlechten Wetteraussichten hatte ich schon warme Sachen eingepackt.
Im Frühstücksraum hier sind kleine Tische. Ich setze mich zu Ruth, die wie das Paar Petra und Claus in meinem Alter ist. Sie hat mit den Nachwirkungen einer Bronchitis zu kämpfen und die ersten Tage noch stärkeren Husten. Nachdem ich mich einige Zeit mit ihr über ihre Arbeit unterhalten habe (Psychotherapie mit Kindern) erzählt sie auf meine Nachfrage, daß sie im Urlaub darüber nicht so gerne spricht.
Während wir zur Zitadelle von Amman fahren wird es wieder dunkel und windig. Als der Regen stärker wird sind wir zum Glück am Museum, wir halten uns darin auf, bis der Regen nachlässt und kommen hier gut davon.
Hier wie im Neuen Museum befinden sich die archäologisch spektakulären Statuen von ʿAin Ghazal: vor über 8500 Jahren, also vor Beginn der eigentlichen Keramikzeit, beherrschten die Menschen hier schon die Kunst des Kalkbrennens.
Als die Sonne rauskommt dampft der Asphalt, auf Empfehlung unseres Guides Osama fahren wir noch ins Neue Museum, hierhin sind u. a. mittlerweile die ältesten Plastiken gewechselt (in klimatisierte Räume), ausgegraben wurden sie in den 80'er Jahren.
Das System, nach dem die Arbeiter hier Unkraut jäten, wirkt für Mitteleuropäer schwer nachvollziehbar... Im Vordergrund die Namen Ammans im Lauf der Geschichte.
Altstadt
Osama erzählt: lange Zeit waren Minarette die höchsten Gebäude der Stadt und die Bauvorschriften waren streng, auch wegen der Erdbebengefahr. Beginnend mit teilweise reichen Flüchtlingen aus dem Irak setzte Anfang der 90'er ein enormer Boom ein und die Grundstückspreise stiegen laut Osama über die jeder europäischen City, schließlich wurden Wolkenkratzer genehmigt.
Alleine die letzten 15 Jahre hat sich die Einwohnerzahl Ammans nochmal etwa verdreifacht(!), sie liegt bei über vier Millionen.
Mit einem Spaziergang durch die Suqs wird es dann erstmal nichts: als wir in der Altstadt aussteigen regnet es in Strömen. So gehen wir in ein Kaffeehaus, immerhin auch ganz interessant ausgestattet, im gleichen Gebäude wie ein Arabisches Bad. Es gibt hier jeweils türkischen (Mokka) oder arabischen (mit 70% Kardamon statt Kaffeebohnen) wie einfachen Kaffee oder Capuccino, eine arabische Spezialität ist ein Zitronenshake mit viel Minze: obwohl ich gesüsste Getränke nicht so mag und das gestossene Eis nicht wirklich zum Wetter passt schmeckt er mir sehr gut. Als der Regen nachlässt gehen wir in eine Wechselstube (auch dort gibt es arab. Kaffee und Tee) und in einen Gewürzladen, wo ich Safran kaufe. Auch an der Hauptstraße ist ein Obst- und Gemüsemarkt mit rufenden und singenden Händlern. Es bleibt unbeständig und wir sind dann recht früh im Hotel zurück. Unsere Gruppe differenziert sich langsam aus: interessanterweise sitzen von Anfang an die etwas Älteren (und erfahrenen Gruppenreisenden), darunter zwei Freundinnen, vorne im Minibus, hinter der Tür vor mir Petra und Claus und neben mir Ruth.
Ich treffe mich mit Ruth zum Teetrinken in der Lobby. Als nach etwa 20 min noch keine Bedienung aufgetaucht ist fragen wir an der Rezeption nach: der Mann dort sagt, wie Ruth versteht, er habe schon jemand geschickt und deutet auf die Lobby: dort stehen und sitzen einige Männer im Overall, die nicht nach Hotelangestellten aussehen. Als weitere fünf Minuten niemand auftaucht überlege ich, daß die Sitten in Jordanien vielleicht anders sind, die Hotelangestellten hier Pause machen und ungewöhnliche Kleidung tragen. Ich winke Einem zu und sage ihm, daß ich gerne einen Caj hätte. Der lacht und wendet sich an seine Kollegen, die mitlachen. Schließlich geht er zur Rezeption und jetzt kommt unverzüglich ein Kellner im angemessenen Schwarz, der unsere Bestellung aufnimmt.
Die Jordanier lernen in der Schule übrigens relativ intensiv Englisch (natürlich vergessen es viele danach wieder). Osama hat erklärt, daß in den Hotels hier keine Frauen arbeiten, weil die Gefahr der Belästigung durch reiche südarabische Touristen zu groß ist.
Der Typ, den ich angesprochen habe, gehört zu einer Gruppe Feuerwehrleute aus dem Irak, die für China Petrol arbeiten; alle sechs Anfang 20 bis Anfang 30. Die Schulbildung dort ist, wie man ahnt, nicht so gut und dementsprechend haben sie einen englischen Wortschatz von wenigen Dutzend bis wenigen Hundert Wörtern; es reicht für eine witzige kleine Unterhaltung, u. a. erzählen sie noch, daß sie mehrere Wochen einen Kurs bei jordanischen (Öl-)Brandbekämpfern machen.
Nach dem Teetrinken gehe ich ein paar hundert Meter zur Einkaufsstraße dieses Stadtteils. In den größeren Shoppingcentern hier gibt es Metalldetektoren an den Eingängen wie in unserem Hotel, ein Alarm wird jedoch hier wie dort vom Wachmann ignoriert; auch Carrefour hat hier schon eine Niederlassung. Daß Frauen- und Männermode getrennt sind liegt wohl v. a. an der Größe der Läden, ein bisschen vermeine ich aber auch den Einfluß des Islam zu erkennen - vermutlich deutlich weniger als in vielen anderen arabischen Ländern.
Zurück im Hotel sehe ich meinen irakischen Freund wieder in der Lobby sitzen, auf dem Tisch eine halbleere Whiskyflasche, aus der anscheinend v. a. er getrunken hat, seine Kollegen halten sich eher an Bier. Man merkt es nicht nur daran, wie er spricht, sondern auch, was er sagt: als ich ihm auf seine Frage sage, daß ich Deutscher bin lobt er Hitler, den Erzfeind der Juden. Ich überlege nach meiner Antwort und komme zu dem Schluß, daß ihn eine entschiedenere Reaktion auch nicht nachdenklicher machen würde. Derjenige Kollege, der am Besten Englisch spricht, übersetzt etwas erzählt von den vielen Kindern, die er und die Kollegen schon haben.
Beim Abendessen erwähne ich die Iraker und Ruth gibt die Geschichte mit dem vermeintlichen Kellner zum Besten .
Ich schlage vor, nach dem Abendessen die MAD-Version von Mau-Mau zu spielen (schon in der Schweiz hat Mau-Mau einen anderen Namen: Tschau Sepp). Kaum sitzen Ruth und ich in der Lobby am Tisch kommt schon der erste Feuerwehrmann vom Nachbartisch zu uns: der „Dolmetscher“ - sein Wortschatz hat heute abend aber wohl schon unter mehreren Bieren gelitten; immerhin scheint er das Kartenspiel (das in dieser Version deutsche Wörter auf manchen Karten hat) recht schnell zu begreifen. Nach einiger Zeit traut sich auch der „Kellner“ (der offensichtlich auch weiter gebechert hat) zu uns und spielt mit. Der Geist des Alkohols hilft ihm anscheinend: er versteht verblüffenderweise nicht nur, wie Ruth auf Deutsch meint, er sei ja betrunken, sondern spielt auch besser bzw. glücklicher wie sein Kollege. Auffallend ist, daß er sich öfter auf die Fingerknöchel beisst. Waltraud sieht uns stehend eine Zeitlang zu und amüsiert sich auch etwas – einen Moment lang tickt der Feuerwehrmann dabei aber ganz aus und beisst statt in seine Knöchel in ihren Unterarm – am anderen Morgen wundert sich Waltraud über Schmerzen im Arm und entdeckt einen blauen Fleck. Die meisten Spiele gewinne ich als routinierter Spieler , während Ruth vorwiegend verliert.
Aufbruch: | 11.04.2015 |
Dauer: | 10 Tage |
Heimkehr: | 20.04.2015 |