Suedamerika - endlich!

Reisezeit: Mai 2015 - Januar 2016  |  von Benjamin Silbiger

Nachdem ich mich nach langen Ueberlegungen endlich dazu durchgerungen hatte, meinen Job zu kuendigen und mehr oder weniger ohne einen wirklichen Plan bzw. einer Reiseroute etwas zu erleben und mein Spanisch auf zu frischen, hatte ich nun endlich mein Flugticket nach Venezuela, von wo aus ich weiterreisen wollte.....

Venezuela

Auf ein Neues!

Nachdem ich 2010 schon einmal fuer 6 Monate in Venezuela war um spanisch zu lernen (nachdem ich in der Schule nur franzoesisch und englisch gelernt hatte) - wollte ich das Land - in dem ich einen Cousin habe (eigentlich ueber 7 Ecken mit mir indirekt verwandt aber so halten wir es einfacher) bei dem ich bereits 2010 meine Luftmatratze in seiner 1 Zimmer Wohnung ohne Kueche und Waschmaschine ausbreiten durfte - als Ausgangspunkt fuer meine Reisen nehmen.
Nicht zuletzt deswegen weil ich nach 5 Jahren wieder mal vorbeischauen wollte um Hallo zu Bekannten und Cousin zu sagen.

Unerschrocken wie ich bin, habe ich natuerlich auch alle Bedenken, Ratschlaege und Warnungen von Freunden, Bekannten (Onkel war selbst von 2001 - 2005 in der Oesterreichischen Botschaft in Caracas taetig) sowie einer Mitarbeiterin der Botschaft in Caracas - Wortlaut: "Herr Silbiger meinen Sie es wirklich ernst, dass Sie gerade in der jetztigen Situation hier herkommen moechten?? Bitte ueberlegen Sie sich das nocheinmal gut!" - in den Wind geschlagen, schliesslich will man ja was erleben und was zu erzaehlen haben, da kann das Reiseziel ruhig etwas "spannender" sein

Flug gut ueberstanden (Air France von Wien ueber Paris nach Caracas), Einreise dank eines im Vorhinein erstanden Visas (Botschaft in Wien) reibungslos verlaufen, laestige Koffertraeger und Geldwechsler (schwerst illegal!!) nett aber bestimmt abgewimmelt (dank meiner duerftigen Spanischkenntnisse) und verlaesslich (ueberraschenderweise) vom Victor (meinem Cousin) am Flughafen abgeholt worden.

Das Thema Geld wechseln hat mich in der Zeit vor dem Abflug ziemlich beschaeftigt da es mittlerweile 5 (!!!) verschieden Wechselkurse gibt!

Einen offiziellen (1:7 Bsf - Bolivares Fuertes), Einen von dem ich nicht genau weiss wofuer (1:14), Einen fuer Firmen um international einkaufen zu koennen (1:185), Einen fuer Touristen (1:220) und Einen Schwarzmarktkurs der zu dem Zeitpunkt bei 1: 440 war!
Da ich auf Nummer sicher gehen wollte, hab ich mir gedacht dass ich am Flughafen (denn nur da ist der Wechsel zum Touristenpreis moeglich) gleich einmal 500 Euro wechsel und danach weiterschaue ob ich vielleicht ein paar Bekannten meine Euro zu einem besseren Kurs andrehen kann.
Die schwer beschaeftige Dame am Wechselschalter (Naegel lackieren, Handy spielen, bloed dreinschauen, beschaeftigt tun) hat mich einmal gefuehlte 20 Minuten warten lassen bis sie mich gefragt hat was ich moechte (ein Sandwich kaufen natuerlich am Wechselschalter - was fuer eine depperte Frage). Nachdem ich ihr gesagt habe dass ich gerne 500 Euro wechseln moechte hat sie schockiert geschaut und gemeint dass sie nicht soviel Geld da haette zum Wechseln
Wir haben uns dann auf 250 Euro geeinigt. Als sie mir dann das Geld gegeben hatte (nach Fingerabdruck nehmen und Pass kopieren) war ich gleich doppelt verwirrt - erstens weil ich noch nie so viele Geldscheine auf einmal in der Hand hatte (10 Packen zu jeweils 100 Stueck 50er Scheine) und zweitens weil ich statt 55.000 Bsf nur 50.000 Bsf in der Hand hatte. Als Antwort auf meine Frage diesbezueglich meinte sie nur dass waeren die Wechselgebuehren (die allerdings nirgends angeschrieben waren....). Komischerweise konnte sie mir auch keine Quittung aushaendigen weil "der Computer" was hatte.....tja, nicht einmal eine Stunde in dem Land und schon beschissen worden - meine gute Laune und meine Entzuecktheit ueber diese Unverschaemtheit konnte mir das trotzdem nicht nehmen.

Auf der Fahrt von Caracas nach Valencia (ca. 1,5 Stunden im Auto, abhaengig vom Verkehr, vom Wetter und von Verkehrsunfaellen) haben wir gleich einmal auf unser Wiedersehen angestossen - mit ca. 20 Bier...
"Drink and Drive" ist hier ganz normal und wird auch nicht geahndet, auch wenn die Regierung viel Geld in Gegenteile Propaganda und Warnungen investiert.
In die Strassen ist zwar in den letzten Jahren ordentlich investiert worden, im Vergleich zu europaeischen Verhaeltnissen gleichen sie aber trotzdem weitgehend einem Kriegsgebiet (besonders ausserhalb der Staedte). Mittlerweile gibt es sogar Verkehrsschilder und Bodenmarkierungen (an beides haelt man sich jedoch trotzdem nicht). Einem Europaeer wuerde ich dringend abraten hier mit dem Auto oder geschweige denn mit dem Motorrad zu fahren wenn man nicht lebensmuede ist - ich bin selbst schon in Mexico, Panama und der Dominikanischen Republik gefahren aber das ist absolut kein Vergleich zu dem Irrsinn der hier auf den Strassen herrscht!
Somit gleich weiter zum Verkehr
Die Hupe ist hier neben dem Motor und den Raedern das wichtigste Utensil eines Fahrzeugs - sie kann bedeuten "Achtung hier komme ich" oder "Fahr weiter du Idiot" oder sie wird einfach nur aus Langeweile betaetigt wenn man in einem der schier unendlichen langen Staus (cola) steht.
Bodenmarkierungen zaehlen hier nicht, man faehrt einfach wo man faehrt - egal auf Sperrflaeche, Pannenstreifen oder wie die Motorraeder es gerne tun, ueber den Gehsteig - hier gilt wie ich gerne sage das Recht dessen, der sich weniger scheisst! Wer Angst hat bleibt zu Hause oder nimmt den Bus.
Ampeln sind wenig aussagekraeftig und kommen mir oft vor wie eine, noch nicht abgehaengte Weihnachtsbeleuchtung. Wenn es schon eine Seltenheit ist dass jemand untertags bei rot stehen bleibt, so ist es in der Nacht gerade zu ein Wunder (oder ein fahruntaugliches Fahrzeug) das bei einer Ampel haelt. Gewoehnungsbeduerftig (gerade als ordnungsgewohnter Europaeer) aber gerade aufgrund der Sicherheitslage im Land schon beinahe ein muss.

Bestens gelaunt (Bier sei Dank) in Valencia angekommen, wartete bereits eine Ueberraschung auf mich - ein eigenes Zimmer mit Kueche und einem Badezimmer nur fuer mich alleine, was fuer ein Luxus!
Die Hausbesitzerin hatte zufaellig noch was frei und hat es mir fuer eine Monatsmiete von 4.000 Bsf fuer meinen gesamten Aufenthalt frei gehalten. Somit konnte ich mich in Ruhe einrichten, herumreisen, wieder zurueck kommen in mein trautes Heim, bisschen da bleiben, weiterreisen, zurueck kommen, etc.....und das fuer gerade mal 20 Euro monatlich!!! Geil!
Mein Plan war jedenfalls ca. ein Monat zu bleiben, das Leben (und den Wechselkurs) zu geniessen und dann weiter zu reisen. War.....

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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 30.05.2015
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 14.01.2016
Reiseziele: Venezuela
Der Autor
 
Benjamin Silbiger berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.
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