Kilimandscharo 2015 Machame Route
Besteigung des Kili mit zusätzlichem Akklimatisierungstag
Auf das Dach Afrika's
Auf zum "hellen Berg"
Plan:
Über die sog. „Machame Route“, auch „Whisky Route“ genannt, da länger, anspruchsvoller und schwieriger als die sog. „Coca Cola Route. Vorteil: Landschaftlich am reizvollsten, da es durch 4 Klimazonen geht. Nachteil: Übernachtung in Zelten und nicht in festen Hütten, also kälter. Natur pur. Und so sollte es auch kommen.
Planungszeitraum:
Ein Jahr: Logistik, Buchung, Training, ärztliche Untersuchung und alles andere, was bei derartigen Touren noch zu erledigen ist.
Geografischer Hinweis / Historie:
Das Kilimandscharomassiv (auch Kilimanjaro) ist das höchste Bergmassiv Afrikas. Es befindet sich im Nordosten Tansanias und hat mit dem „Kibo“ ( der Helle) den höchsten Berg des Kontinents.
Die beiden weiteren zugehörigen Berge heißen „Mawenzi“ ( der Dunkle, 5148 Meter) und „Shira“ (3962 Meter). Vulkanischen Ursprungs. Angeblich letzter Ausbruch um das Jahr 1700.
Der höchste Gipfel des Kibo ist der „Uhuru-Peak“ (5895 Meter). Übersetzt: Spitze des Friedens.
Bis 1964 hieß der Berg „Kaiser-Wilhelm-Spitze“...; ein Hoch auf denjenigen, der sich diesen Namen ausgedacht hat ! Tansania war mal deutsche Kolonie.
Weltnaturerbe der UNESCO seit 1987. Erstbesteigung am 06.10.1889 durch den Leipziger Hans Meyer.
Höchster „freistehender“ Berg der Erde.
Und genau, dieses „Freistehende“ macht diesen Berg so gefährlich. Jährlich versuchen Tausende „unwissende“ Touristen diesen Berg zu besteigen, weil er ja so „schön da steht“ in der Sonne der Serengeti oder während der Safari im Ngorogoro- Krater.
Frei nach dem Motto.“ Ach,Schatzilein, das sieht so schön aus. Lass uns da mal eben hochgehen. Von da oben hat man bestimmt eine ganz tolle Aussicht....“
Ca. 20 Prozent schaffen den Gipfel am Uhuru Peak.
Allgemeines / Höhenkrankheit:
Reinhold Messner bezeichnet den Kibo nicht umsonst als den gefährlichsten Berg der Erde, weil er völlig unterschätzt wird. Ab 3000 Meter kann es zu Symptomen der Höhenkrankheit kommen, wenn zu schnell aufgestiegen wird. Werden diese falsch gedeutet oder ignoriert, endet die Reise tödlich. Und zwar schnell.
Dazu kommt eine völlige Selbstüberschätzung der eigenen Fähigkeiten.
Selbst die bekannte Tennisspielerin Martina Navratilova ist 2010 bei 4500 Metern gescheitert und wurde ins Krankenhaus gebracht. Auch ihr wurde der wahnwitzige Hinweis gegeben, dass sie den Auf- und Abstieg in 5 Tagen schafft. Bekannte Ärzte sprechen hierbei von „physiologisch versuchtem Selbstmord“. Der Körper hat gar nicht die Zeit, genug rote Blukörperchen zu produzieren, um den nötigen Sauerstoff aufnehmen zu können (Akklimatisierung). Es sei denn, man wohnt in der Schweiz oder Österreich über 2500 bis 3000 Metern und ist die Höhe gewohnt.
Mindestens 7 Tage sollten für Auf- und Abstieg eingeplant werden. Wir entschieden uns für 8 Tage, mit einem extra Akklimatisierungstag auf 3000 Metern.
Wie sich herausstellen sollte, eine perfekte Entscheidung.
Als ich mir manche Touristengruppen in unserem Hotel in Moshi (Ausgangspunkt der Besteigung) ansah, schauerte es mich förmlich. Billige Wanderschuhe, bestenfalls für den Vorharz geeignet. Schlafsäcke, die für ein Camping auf Wangerooge gut genug sind. Jacken und Hosen für gemütliche Wanderungen im bayerischen Voralpenland und so weiter.
Wie sich später herausstellte, hat es niemand dieser Gruppen geschafft. Bei den meisten endet das Abenteuer „Kili“ zwischen 4500 und 5000 Metern Höhe. Und das ist für jene „Pauschaltouristen“ auch gut so, da sie gar nicht wissen, in welche Gefahr sie sich begeben hätten, wären sie noch höher gestiegen.
Es gibt nur zwei Mittel gegen die Höhenkrankheit : Akklimatisierung und rechtzeitiges Absteigen. Tabletten wie Diamox o.ä. verzögern nur den Tod und geben mehr Zeit zum dringend erforderlichen Abstieg um meistens ca. 1000 Höhenmeter. Dann lassen die Symptome ( Stechende Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Orientierungslosigkeit, wirres Reden ) wieder nach und alles ist ok. Die Gefahr eines Gehirn- oder Lungenödems ist gebannt. Oftmals kann einen Tag später wieder der Aufstieg versucht werden. Zehn Prozent der Menschheit hat jedoch ein genetisches Problem bei großer Höhe. Da hilft es auch nicht, wenn du Marathonläufer und topfit bist. Ist nun mal so. Bei allen anderen hilft schon „Pole, pole“. Das heisst auf tansaniisch „langsam langsam“.
Wer schnell geht, geht dumm. Wer langsam geht, geht weit.
Da die Betroffenen oftmals nicht selber in der Lage sind, die Entscheidung zu treffen abzusteigen, bedarf es erfahrener Bergführer, die richtig und konsequent handeln oder einen besonnenen Kletterkameraden, der dies tut. Bergführer habe ich am Kili genug gesehen, aber leider wenig erfahrene und schon gar keine konsequenten. Sprich: Für Geld schleppen die Dich weiter hoch, wenn Du es verlangst. Daher auch die erschreckende jährliche Bilanz von 25 bis 30 Toten . Ca. 20 durch die Höhenkrankheit und 10 durch andere Unfälle.
In der Zeit als wir da waren, gab es zwei Tote. Einen Bergführer und einen asiatischen Touristen.
Mein guter Bekannter und ich waren uns wiedermal einig. Genau, wie schon 2013 in Nepal, als wir den Kala Patthar ( 5554 Meter) am Everest Base-Camp bestiegen: Wir bleiben zusammen ! Egal was passiert ! Die Entscheidung über Weitergehen oder Abstieg trifft der „Noch Gesunde“ oder, falls es noch geht, wird gemeinsam entschieden. Glücklicherweise war unser Bergführer, nach unserer Einschätzung ein Guter. Über 100 Aufstiege. Er sollte das allerletzte Wort haben, falls es eng wird. Wir haben uns täglich beäugt und hatten, Gott sei Dank, keine Probleme.
Auf 4600 Meter, am sog. Lava-Tower (später mehr) , hatten wir eine Stunde spürbare Kopfschmerzen, die aber, während des Abstiegs ins nächste Camp, verschwunden waren.
Unser großer Vorteil ist auch, dass wir beide ungefähr die gleiche Kondition haben und so ist es auch mit dem Schritttempo. Das hilft sehr, weil keiner warten muss und jeder seinen Rhythmus findet. Bei langen und anstrengenden Märschen ein Riesenvorteil. Deswegen wollten wir auch keine große Gruppe mit „Unbekannten“. Das wäre zwar günstiger gewesen, aber wer bei so einer Reise anfängt zur rechnen, macht schon wieder einen Fehler.....
So waren es nur wir beide und 10 treue Helfer aus Tansania.
Ja, Zehn ! Und zwar: 2 Bergführer (Chef und Assistent), 6 Träger für Ausrüstung und Zelte, einen Koch und sein Hilfskoch. (Hilfskoch-- lustig, wie bei der Polizei.....
Die Zelte werden jeden Tag auf und abgebaut. Im Nationalpark darf nichts zurückbleiben. So ist die Vorschrift.
So, nun aber genug mit Vorreden.
Anreise / Besteigung / Abstieg / Weiterreise:
1. Tag
Das Warten hatte ein Ende und es folgte am 24.09.2015 die erste Etappe.
Flug von Hannover über Amsterdam zunächst nach Nairobi (Kenia).
Dann weiter mit „Turboprop“ eine Stunde zum Kilimanjaro-Airport.
Dort Visum besorgen (50 Euro) und ab durch die Passkontrolle.
Nach einer guten Stunde war alles erledigt.
Wir haben dann nach ca. 15 Stunden tansaniischen Boden betreten.
30 Grad, schwül.
Vor dem Flughafen wartete bereits ein Reiseleiter von „ZARA-Tours“.
Per Minibus ging es eine Stunde zum Hotel in der Stadt Moshi
Moshi hat ca. 150000 Einwohner und ist eine typische afrikanische Stadt.
Sie liegt auf 900 Metern Höhe.
Viel zu sehen gibt es hier nicht. Kinder grüßen und freuen sich. Der Rest ist Staub, Dreck , Müll und Souvenirläden für Touristen. Ein abenteuerlicher Schotterweg führte uns zum Hotel.
Eine dicke Stahltür öffnete sich und wir waren drin. Das Hotel ist mit hohen Mauern umgeben. Alles Notwendige gibt es hier. Sogar einen Pool. Ein optimaler Ausgangspunkt für Kili-Touren. In einem kleinen Shop kann man noch Ausrüstung ausleihen, falls etwas vergessen wurde. Ein Biergarten läd zum Verweilen ein.
Nachmittags kam dann „Freddy“, unser Bergführer. Wir besprachen die Route und die Logistik. Zu unserem zusätzliche Akklimatisierungstag sagte er nur:“ Clever !“.
Er vermittelte uns sofort ein gutes Gefühl. Nach 2 Bieren und Abendessen dann ab ins Bett.
2. Tag
Morgens um 09.00 Uhr Abholung mit dem Minibus. Abfahrt zum Machame Gate auf 1800 Meter. Dauer ca. 1,5 Stunden.
Am Gate, auch der Eingang zum Nationalpark, der erste kleine Schock: Hunderte von Touristen tummeln sich auf dem Parkplatz. Dazu noch mehr Träger und Ausrüstung.
Organisiertes Chaos. Einchecken mit Reisepass war angesagt.
Um 11.30 Uhr war alles erledigt und es hieß Abmarsch.
Auf einem befestigten Weg ging es in den Regenwald hinein und es folgten ca. 5 Stunden gemütlicher Aufstieg zum ersten Camp. Das Machame-Camp auf 3000 Metern.
Die Träger waren schon lange an uns „vorbeigehuscht“ und die Zelte standen bereits.
Der Koch hockte in seinem kleinen Zelt und bruzelte das Abendessen. Was dieser Koch und sein Hilfskoch in dem Zeltchen leisteten und wie sie es immer wieder schafften uns ziemlich leckeres Essen zu kochen, bedarf besonderer Anerkennung.
Die Stimmung im Camp war fröhlich und ausgelassen. Die Träger sangen das Kilimanjaro- Lied „Hakuna Matata“ ( das ist Swahili und heisst soviel wie alles easy, alles cool, keine Porbleme...)
Herrlicher Sonnenuntergang gegen 19.00 Uhr. Es wurde kalt und ab in den Daunenschlafsack.
3. Tag (Akklimatisierungstag)
Um 05.30 Uhr wurde ich wach und, auch aufgrund von zu viel Tee am Vorabend, trieb es mich aus dem warmen Schlafsack. Es war noch bitter kalt (ca. 0 Grad), aber der Himmel war klar und die Sonne zeigte sich schon leicht am Horizont. Schnell stieg sie höher und es begann ein herrlicher Tag, der aus Nichtstun bestand.
Wir beobachteten die Gruppen beim Zusammenpacken, während wir gemütlich Pulverkaffee tranken und frühstückten.
Alle, außer uns, verließen das Camp zwischen 07.00 und 08.00 Uhr, um weiterzugehen.
Wir nutzten den Tag, um unsere Truppe näher kennenzulernen und unsere Sachen zu ordnen (im Trekkingrucksack sucht man immer irgendwas...).
Mittags stiegen wir ca. 300 Höhenmeter auf, genossen die Aussicht, machten Fotos , um dann wieder ins Camp zu gehen. Stichwort: „ Go high, sleep low“.
Gegen 15.00 Uhr trafen schon wieder neue Gruppen ein. Zuerst die Träger. Zu beobachten, wie nun wieder alles aufgebaut wurde, hatte auch seinen Reiz.
So geht das hier täglich.
Abends wieder „Hakuna Matata“ und nach dem Essen ab ins Zelt.
Ein schöner und wichtiger Tag.
4. Tag
Ausgeruht wurde um 06.30 Uhr gefrühstückt. Am Anfang gab es immer so eine braune Pampe, genannt „Porridge“ (englisch für Haferbrei). Sollte wohl gesund sein. So eine Art Müsli mit Kakao oder so. Geschmacklich siedele ich sie mal im Mittelmaß an. Dazu aber immer Toast und Marmelade. Manchmal Ei. Reichte vollkommen aus, um die nächste Etappe in den Angriff zu nehmen. Für den Weg hatten wir ja noch unsere Powerriegel und ca. 3 Liter Wasser dabei.
Heute ging es hoch zum „Shira-Camp“ auf 3830 Meter.
Der Weg bestand nur aus Geröll. Der Regenwald endet und wird durch Philippiabüsche und Senecien abgelöst. Ein mittelschwerer „Wandertag“ ist nach 5 Stunden Aufstieg beendet.
Wieder über 800 Höhenmeter geschafft.
Es folgt, ihr wisst schon, „Hakuna- Matata“, Essen, Tee. Ok, ich gebe es zu, ca. 2 bis 3 Zigarettchen auch dabei und dann ab ins Zelt.
Vorher natürlich noch ein wiederum herrlicher Sonnenuntergang, bevor die Kälte und die Wolken ins Camp ziehen.
5. Tag (erste richtige Kraftprobe)
Nach den üblichen morgendlichen Ritualen und, das muss hier auch mal erwähnt werden, abenteuerliches Entsorgen in schäbigen, übelriechenden stillen Örtchen, in erbärmlichem Zustand, sollte ein langer und harter Tag folgen.
Ab jetzt war der Spaß vorbei. Jeder Tag wurde nun zur Kraftprobe und die Reihen der Gipfelaspiranten lichtete sich zusehenst.
Es ging über ein riesiges Lavafeld mit meterhohen Findlingen, die der Berg vor langer Zeit ausgespuckt hatte, hoch zum sog. „Lava-Tower“ auf 4600 Meter.
Eine eindrucksvolle Felsformation die sich hier vor langer Zeit formte.
Man sagt, dass wer den Lava- Tower schafft, eine ca. 70 prozentige Gipfelchance hat.
An den Gesichtern der hier angekommenen, war schon ganz gut zu erkennen, wer es weiter schafft. Manche waren schon ziemlich am Ende, andere bester Laune.
Uns ging es, bis auf etwas Kopfschmerzen, gut.
Hier wäre die richtige Gelegenheit, von den Bergführern die Spreu vom Weizen zu trennen.
Aber es passiert nichts. Die Bergführer trauen sich offensichtlich nicht, den Leuten ins Gesicht zu sagen, dass es besser wäre, den Gipfel nicht zu versuchen. Eine nicht einfache Entscheidung, das ist schon klar, aber eine, die Leben retten könnte.
Also alle weiter nochmals ca. 4 Stunden bergab ins nächste Camp.
Es ging an Riesenlobelien, eine Art Kaktee, die über 10 Meter hoch wird, vorbei und weiter durch Geröll zum „Barranco-Camp“ auf 3950 Meter.
Mit Pausen Ankunft nach ca. 10 Stunden. Die Kopfschmerzen waren verflogen. Gut !
Es folgte kein „Hakuna-Matata“ mehr. Es war ziemlich still geworden und die Leute aßen ihr Abendessen im Zelt. Wolken, die innerhalb weniger Minuten den Berg hinaufzogen vernebelten die Sicht. Also bleibt nichts als ab in den Schlafsack. Das E-Book rausgeholt und noch etwas lesen, um dann in einen tiefen Schlaf zu fallen.
6. Tag (Die „Breakfast Wall“)
Erste morgendliche Geräusche der Träger und Köche machten mich wach. Raus aus dem Zelt und der Himmel erstrahlte morgens um 6 Uhr in einem herrlichen tiefblau.
Ich blickte mich um, und dann sah ich sie: Die sog. „Breakfast Wall“ (Frühstückswand, weil sie gleich nach dem Frühstück das erste Teilstück auf der Etappe zum Karanga- Camp ist).
Was ist das denn, dachte ich. Eine steile Felswand durch die sich ein ganz schmaler Pfad nach oben zog.
Die ersten Trekker waren schon zu erkennen. Am Vorabend verdeckte der Nebel diesen Ausblick. Man gut, sonst hätte ich wahrscheinlich nicht so gut geschlafen.
Ohne Trekkingstöcke ging es sofort in die Wand. Nun brauchte man an einigen Stellen auch Hände und Füße um weiterzukommen. Jeder Schritt mußte gut überlegt werden und manchmal mußte man genau entscheiden, ob ich nun den rechten oder linken Fuß zurerst aufsetzte. Mit den Fingern halt suchen und bloß nicht nach unten gucken. Klettern eben.
So direkt hatte uns das vorher keiner gesagt. In einigen Passagen würde es in den Alpen bestimmt Fixseile geben, aber hier mal wieder nichts !
Nach ca. 1 ½ Stunden war sie geschafft. Erleichterung machte sich breit. Wie die einheimischen Träger diesen Weg mit den Lasten, teilweise auf dem Kopf, erledigen, ist für uns nicht nachzuvollziehen. Höchster Respekt von allen Seiten.
Weiter ging der Weg nun gemächlicher fast geradeaus. Dann sahen wir aus der Ferne schon das Camp. Super, dachten wir, schon da. Wir gingen ein paar hundert Meter weiter und dann kam, was kommen musste. Vor uns lag das Camp in ca. 1 KM Luftlinie entfernt, aber dazwischen das Karanga – Valley. Eine tiefe Schlucht. Ca. 300 Höhenmeter steil bergab um dann nach 15 Minuten durch das Tal wieder 300 Meter steil bergauf zu steigen, um das Karanga Camp zu erreichen.
Prima. Na dann mal los. Und weil es so schön ist, kam jetzt auch noch der Regen. Das erste Mal während des Tages. Die Temperatur fiel schlagartig, als die Sonne verschwand.
Die ganze Geschichte dauert etwa 2 Stunden, bis wir endlich oben im Camp waren.
Der Kili hatte es mal wieder geschafft, das wir geschafft waren.
Plötzlich riss der Himmel wieder auf und da stand dieser Bastard in der Sonne schon ziemlich dicht vor uns. Schneebedeckt und in seiner ganzen Pracht. Wenn nicht noch dieser steile Blick nach oben wäre. Wir waren noch lange nicht am Ziel.
7. und 8. Tag (der längste Tag, die längste Nacht...)
Route: Karanga Camp > Barafu Camp > Gipfel > Abstieg ins Highcamp.
In einer relativ kurzen und gleichmäßigen Etappe ging es hinauf auf 4.600 Meter zum Barafu-Camp. Hier ist nur noch Geröll- und Steinwüste. Die Luft wird merklich „dünner“. Jede schnelle Bewegung erfordert die entsprechenden Atemzüge. Die Atmung verdoppelt sich, wobei die Schritte schon kürzer werden. Viel trinken und am besten gleichmäßig in seinem Rhythmus gehen, ohne lange Pausen zu machen.
Schon gegen Mittag sind wir am Camp. Es ist klein, voller Geröll und steht mitten im Wind.
Kein schöner Ort. Alles wirkt schon ziemlich unwirklich.
Eilig werden die Zelte aufgebaut, eine Suppe gekocht und dann versuchen zu schlafen.
Wecken um 17.00 Uhr für eine weitere Mahlzeit.
Lagebesprechung mit Freddy für den Gipfelaufstieg. Er sagte, dass es für uns reicht, wenn wir nachts um 01.00 Uhr starten: „You are strong. You will make it in 7 hours.“
Wie wir erfuhren, gingen einige Truppen bereits um 23.00 Uhr los.
Dann wieder ab ins Zelt. Die Temperatur sinkt auf unter minus 10 Grad.
Die Gedanken kreisen nur um eines: Heute ist der Tag. Jetzt gilt es. Alles andere ist Nebensache. Der Rest der Welt ist meilenweit entfernt.
Nach mittelmäßigem Schlaf stand Freddy um 0.00 Uhr vor dem Zelt. „Wake up my friends, time to go !“
Wir krochen aus dem warmen Schlafsack und zogen per „Zwiebeltechnik“ unsere Sachen im Zelt an: Thermosocken, Thermohose, Skiunterwäsche, T-Shirt, dünner Pullover, Fliesspullover und Daunenjacke. Ergänzt durch Wollmütze und Skihandschuhe. Zu guter Letzt die Stirnlampe. Noch 2 Tassen Tee und ein paar Kekse und dann den Tagesrucksack auf den Rücken und los. 1295 Höhenmeter galt es zu bezwingen. Nachts....
Das hatten wir noch nie gemacht, aber es gab nun kein Zurück mehr.
Vor uns sahen wir schon ein weißes Band von Stirnlampen am Berg. Die Nacht war glasklar und der Mond spendete zusätzliches Licht.
Die Temperatur sank auf minus 15 Grad. Die ersten Schritte waren mühsam. Die Knochen waren steif. Aber wir fanden relativ schnell unseren Gehrythmus und Schritt für Schritt ging es hinauf. Der Weg ging im Zickzackkurs durch Felsbrocken steil bergauf. Pro Schritt zwei Atemzüge. Es ging gut voran und wir hatten keine der oben genannten Nebenwirkungen.
Rechts neben uns der 5140 Meter hohe Mawenzi („der Dunkle) mit seinen spitzen Zacken.
Kurze Trinkpausen, einen Powerriegel reingeschoben und weiter.
Gesprochen wurde überhaupt nicht. Starr richtete sich der Blick auf die Füße meines Bergkammeraden. Vorne ging Freddy und hinter mir Victa. Kurze Blicke nach oben gaben wenig Anlaß zur Freude. Zu hoch war noch die Wand und zu weit der Weg. Nach 3 Stunden lag der Mawenzi dann rechts unter uns. Ungefähr die Hälfte war geschafft. Oh Gott, erst die Hälfte, dachte ich. Langsam kamen wir an den ersten Vorbei, die hier an ihre Grenzen kamen. Manche kehrten um und andere lagen am Wegrand und atmeten schwer. Ein Asiate war kurz vorm Einschlafen. „Don't sleep, go down !“ schrie ich ihn an. Keine Reaktion. Sein Bergführer stand regungslos daneben. Wir gingen weiter.
Nach weiteren 2 Stunden bildete sich ein rötlich schimmernder Streif am Horizont. Die ersehnte Sonne ging langsam auf. Der schönste Sonnenaufgang meines Lebens.
Es wurde langsam wärmer und ich tauschte meine Kapuze mit Wollmütze gegen eine Basballkappe. Die Skihandschuhe konnte ich kurze Zeit später ausziehen.
Nach den zwischenzeitlich unweigerlich auftretenden Fragen nach dem Sinn dieser Sache und „Warum tue ich mir das an ?“ , kamen mir andere Gedanken. Bleib positiv dachte ich mir. Du kannst es schaffen. Es ist nicht mehr weit. Geh einfach weiter. Die Beine und der Kopf machten mit und ich spürte zum ersten Mal, das ich den Gipfel tatsächlich erreichen kann.
Gegen 06.30 Uhr sah ich nach oben und zwischen uns und dem Kraterrand lag nur noch ein kurzer steiler Aufstieg. Gegen 07.00 Uhr dann das erste kleine Glücksgefühl. Wir sind (fast) oben. Wir kamen auf ein Schild zu auf dem stand: „Congratiulation, you are now at Stella Point on top of the Kilimanjaro“. Für die meisten war hier Schluß, da der Berg laut „Reiseführer“ nun als bestiegen gilt. Allerdings ist es nur der „falsche Gipfel“. Der richtige lag noch weitere 150 Höhenmeter vor uns. Der Uhuru-Peak.
Wir hatten vorher abgemacht, dass wir, wenn es uns noch gut geht, einfach an dem Schild vorbeigehen und uns nicht lange mit Fotos aufhalten. Das können wir auch auf dem Rückweg machen. Wir wollten den Gipfel. Es ging uns, den Umständen entsprechend, gut und wir gingen weiter. Ganz kleine Schritte, begleitet von tiefen Atemzügen.
Da hinten stand das andere Schild, das Richtige! Es kam langsam näher und um 08.00 Uhr, am 02.10.2015 war es dann soweit. Gipfel ! Das Dach von Afrika ! Großes Glücksgefühl.
Dieses Gefühl kann man nicht beschreiben. Wer es kennt, weiß, wovon ich spreche.
Ich muss zugeben, dass auch Tränen flossen. Der Gipfel ist ein sehr emotionaler Ort.
Nach ca. 30 Minuten verließen wir diesen einzigartigen Platz.
Das Foto mit dem Polizeiwimpel war gemacht. Mission erfüllt.
Auf dem Weg vom Gipfel kam mir der o.a. Asiate entgegen. Er wurde von seinem Bergführer
geschoben...
Es folgte ein quälender Abstieg zunächst wieder in das Barafu Camp. Die Beine schmerzten. Der Adrenalinspiegel sank auf Null.
Gegen 12.00 Uhr waren wir im Camp. Es hieß, dass es nach einer Stunde weiter nach unten geht. Wie soll ich das denn jetzt noch schaffen?, fragte ich mich ernsthaft.
Ich schlief im Sitzen ein und Freddy weckte mich kurze Zeit später. Wie in Trance gingen wir noch weitere 600 Höhenmeter runter ins Highland Camp. Gegen 16.00 Uhr waren wir endlich da.
Es lagen 15 Stunden Auf- und Abstieg hinter uns.
Kurz was gegessen und dann für die nächsten 12 Stunden ab in den Schlafsack.
9. Tag ( weiter hinab zum Mweka Gate )
Ein traumloser Schlaf endete um 06.00 Uhr und wir begaben uns auf die letzte Etappe. Nochmals 2400 Höhenmeter hinunter zum Mweka Gate, wo die Busse standen.
Terrassenförmig ging es durch den Regenwald nach unten. Dazwischen immer steile Passagen über Stock und Stein. Kurze Rast im Mweka Camp und weiter. Nach 5 Stunden hatte die Quälerei endlich ein Ende und wir sahen den erlösenden Parkplatz.
Nun hatten wir den Berg erst richtig bezwungen. Das war der Abstieg zum Erfolg.
Mit dem Minibus ging es zum Hotel. Und jetzt das Allergrößte: Ein kaltes Bier !!!
Geduscht wurde später...
Nach dem Abendessen in frischen Sachen, folgten noch einige Bierchen mit Gleichgesinnten aus dem Hotel. Erfahrungsaustausch.
Ein schöner Abend ging zu Ende und wir schliefen selig im Bett ein.
10. Tag (Abreise)
Wir flogen weiter nach Sansibar.
Dort erholten sich unsere müden Knochen am weißen Strand und im glasklaren Wasser des
Indischen Ozeans.
Gipfel
Gletscher
Kurz vorm Gipfel an den Gletschern vorbei
"sog. Kiss me Wall"
Aufbruch: | 28.09.2015 |
Dauer: | 8 Tage |
Heimkehr: | 05.10.2015 |