Canal du Midi westwärts bis zum Scheitel
hinter der Küste dem Kanal entgegen
Aber in Port St. Louis ist eine Schleuse zur Rhone, an deren Schleusenzeiten wir uns halten müssen. Heute läuft da nichts mehr, erst morgen. So kommen wir noch in den Genuß eines Gastliegeplatzes im Vorhafen, mit Duschmöglichkeit, 5 Minuten zum Intermarche und vor allem: ohne Mücken.
Freitag, 17.Mai 2002
Alle Schleusenzeiten für Sportboote sind illusorisch, wenn Berufsschiffe durchschleusen müssen. Genau das erwischt uns, und wir müssen fast 3 Stunden auf die nächste Schleusung warten. Endlich, am frühen Nachmittag sind wir im Rhonestrom und nun erst können wir ausrechnen, ob wir es gegenan heute noch bis Arles, ca. 35 km stromauf schaffen können. Das GPS gibt uns immer nur die Luftlinienentfernung an, also programmiere ich noch möglichst viele Wegepunkte in Kurven des Stromlaufs mit ein. Das Ergebnis ist zunächst befriedigend, wird aber immer schlechter, je weiter wir stromauf kommen. Wir versuchen, die Prallhangseiten zu meiden, aber etwa 12 km vor Arles müssen wir regelrechte Stromschnellen passieren. manchmal scheinen wir auf der Stelle zu stehen, mit etwas mehr Gas kommen wir gerade noch gegenan, aber das letzte Stück belohnt uns mit mildem Gegenstrom. Wir kommen noch bei Tageslicht an und, was noch schöner ist, ab Freitagabend wird kein Hafengeld mehr kassiert. Andere wissen das aber auch, und das scheint den Andrang am Gastanleger zu erklären.
Sonnabend, 18.Mai 2002
Ein idealer Tag zur Stadtbesichtigung. Sonnabends ist Markt, da scheint sich die ganze Camargue hier zu treffen und Touristen werden busweise herangekarrt. Leider schüttet Petrus einen Dauerregen hinein, auf den wir absolut nicht vorbereitet sind. Horst kennt sich hier schon aus und betätigt sich als Stadtführer, zeigt mir das gewaltige Kastell mit immer großartigeren Ausblicken auf die Rhone und in den engen Gassen verbreiten sich alle Düfte der Provence - von Lavendel bis Schafskäse und Muscheln. Im Intermarche ergänzen wir unsere Vorräte und anschließend tut uns ein Mittagsschläfchen an Bord ganz gut. Nachmittags wagen wir noch eine Radtour in die nähere Umgebung, denn ich möchte doch die Gabelung der Rhone in le petit Rhone und grand Rhone oberhalb von Arles sehen. Wir kommen auch fast dorthin, aber erliegen vorher süßen Verlockungen am Wege. In einer Kirschenallee greifen wir in die Vollen und futtern genüßlich darauf los, bis uns ein Bauer darauf hinweist, dass wir uns auf privatem Grund befinden und schleunigst verschwinden sollen. Da er seinen Hund dabei hat, ziehen wir es vor, uns zurückzuziehen.
Sonntag, 19.Mai 2002
Noch einmal radeln wir in die Umgebung, dieses Mal zu der Brücke, die van Gogh gemalt hat. Sie führt über einen stillgelegten Kanal Richtung Martigues. Am Ufer finden sich ländliche Idylle, alle möglichen Aussteiger haben sich mit ihren Wohnbooten hier angesiedelt, Angler haben den Kanal erobert. Die Brücke an einer alten Schleuse hat man restauriert und von einer gepflasterten Platform aus können die Touristen ihre Fotos schießen. Aber so viele scheinen hierher gar nicht zu kommen.
Montag, 20.Mai 2002
Pfingstmontag ist auch in Frankreich Feiertag. Es wird also auch heute kein Hafengeld kassiert, Grund genug, noch einen Tag hierzubleiben. Per Fahrrad gibt es noch viele malerische Ecken zu entdecken, zumal bei dem immer besseren Wetter.
Dienstag, 21.Mai 2002
Petroleum für unseren Kocher besorgen wir noch, dann starten wir rhoneaufwärts durch bis zur Gabelung der Rhone, eine satte Stunde stramme Fahrt gegenan, dann eine große Wende nach Backbord und wir tauchen in ein idyllisches Rinnsal ein, dem ich kaum zugetraut hätte, dass wir mit unserem Kiel überall durchkommen, le petit Rhone. Dazu schiebt uns der Strom zwischen den hohen Steinböschungen kräftig nach Südwesten. Von der Camargue sehen wir nicht viel, weil wir tiefer liegen als der Deich auf beiden Seiten und uns die Bäume der Bruchwälder die Sicht nehmen. Dennoch ist es ein besonderes Erlebnis, einzige Zeichen der Zivilistion sind ein paar Brücken, die wir passieren und Pumpstationen, die Wasser aus dem Fluß pumpen. Wenn die Rhone Hochwasser hat, dienen dieselben Pumpstationen wohl zur Entwässerung der Camargue. Mittags erreichen wir an StB eine große Schleuse, die seitlich in den Canal du Rhone a Sete führt. Wir sind erstaunt, dass wir in der Schleuse sinken statt zu steigen, wenn auch nur 30 cm. Danach kommen wir in die Camargue pur: endlose Steppe, soweit das Auge reicht und ein Seitenwind, der selbst mit gelegtem Mast manchmal mühsam ausgesteuert werden muß. Gelegentlich begegnen uns Charterboote mit Flaggen aus ganz Europa. Jeder Charterer bringt hier wohl seine Nationale mit. Aiges Mortes ist unser Tagesziel, eine Touristenhochburg. Früher sind hier die Kreuzfahrer in den Orient gestartet und haben sich hinter gewaltigen Mauern verschanzt. Ein abendlicher Spaziergang rund um die Stadt mit einem Blick in die endlose Weite einer Saline und immer wieder Kanäle, von denen einer sogar Verbindung mit dem Mittelmeer haben soll.
Mittwoch, 22.Mai 2002
Spätestens heute entscheiden wir uns endgültig für den Canal du Midi, der Mast bleibt gelegt und die Kanalverbindung zur See interessiert uns nicht. Statt dessen tuckern wir weiter Richtung Sete, ein Programm für den Rest des Tages. Schleusen gibt es hier keine, Brücken nur gelegentlich, Wartezeiten allenfalls an Baustellen. Aber man spürt die Nähe zum Meer. Der Kanal führt durch flache Haffs, die mit Stichgräben Verbindung zur See haben. Die Haffs enthalten Salzwasser, und hier werden Muscheln gezüchtet. Aber die Industrie scheint auf dem Vormarsch zu sein, wir sehen auch schlimme Kloaken und Tümpel, die als Abfallhalde mißbraucht werden. In Frontignan kreuzen wir die Haupteisenbahnlinie nach Narbonne, hier richten sich die Brückenöffnungszeiten nach dem Bahnfahrplan, wir müssen warten. Als wir durch sind, beschließen wir, erst einmal hier zu bleiben. Das Städtchen hat eine Lagune mit einem Yachthafen am Mittelmeer, aber keine Wasserverbindung vom Kanal dorthin. Per Rad nehmen wir alles in Augenschein und kommen zu dem Ergebnis, dass wir morgen besser weiter nach Sete fahren sollten.
Donnerstag, 23.Mai 2002
Nun kommen wir auf dem Haff sogar in offeneres Wasser, Navigation für die Binnenzufahrt nach Sete ist gefragt. Die Anlegemöglichkeiten sind aber dürftig, an einem ehemaligen Fichereikai dürfen wir ein paar Stunden festmachen, und dann suchen wir den Fußweg in die Stadt. Wir sind den Straßenverkehr schon nicht mehr gewöhnt, als wir uns durch einen Autostraßenknoten neben dem Bahnhof den Weg bahnen, landen wir immer wieder in Sackgassen, es bleibt nur der Weg mitten zwischen rasenden Autos. Erst als wir über die erste Brücke ins Stadtgebiet kommen, ahnen wir etwas vom Flair der Kanalstadt. Die Gassen sind fest in Touristenhand, wir werfen einen Blick vom Ausrüstungskai einer Werft zum eleganten Segelhafen, wo KNURRHAHN im Mai 1997 den Mast gelegt bekam, um in Gegenrichtung nach Holland geschippert zu werden. Im Windschatten wärmt die Sonne angenehm, aber schon zurück zum Boot pfeift uns ein kalter Mistral entgegen. Das Ablegemanöver muß schon mit voller Motorkraft erfolgen, weil Wind und Strom uns unter die Brücke zu drücken drohen, dann kommt die Überfahrt über den Etang de Thau. Strahlende Sonne, aber mindestens 7 Windstärken aus Nordwest wühlen das Haff so auf, dass KNURRHAHN ständig Schlagseite behält und wir uns gegen das Spritzwasser unser Ölzeug anziehen müssen. 3 Stunden Überfahrt, die uns den Muschelzuchtgebieten immer näher bringt. Die Einfahrt zum Canal du Midi am Südwestende des Haffs zu finden, ist trotz GPS und Seekarte gar nicht einfach. Mit salzverkrustetem Kragen tuckern wir die ersten Meilen in einen Graben landeinwärts, und plötzlich, nach einer sanften Biegung, säumen Platanen den Kanal auf beiden Seiten. So kennt man den Kanal du Midi von vielen Bildern, aber den Schatten und das Rauschen des Windes in den Bäumen kann man nur in Natur erleben! Die ersten beiden Schleusen heben uns aus dem Salzwasser, und nun geht es durch historischen Boden durch Südfrankreich. Die dritte Schleuse führt in einen Fluß, dem wir backbords eine Meile folgen, dann geht's wieder steuerbords in die Platanenallee des Kanals. Wir kommen schließlich an eine Schleuse mit drei Schleusentoren. In dieser Schleuse führt ein Seitenkanal nach Agde auf den Fluß zurück, den wir soeben, oberhalb eines Wehrs, noch befahren hatten. Hinter dieser Schleuse machen wir fest. Auch hier liegen wieder Aussteiger mit ihren Booten der skurrilsten Sorte, Engländer, Belgier, Italiener, mit Hunden, Katzen, Wellensittichen an Bord, alles offenbar Dauerlieger seit Jahren.
Aufbruch: | 10.05.2002 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 07.06.2002 |
Andorra