Canal du Midi westwärts bis zum Scheitel
kanalaufwärts bis Carcassonne
Freitag, 24.Mai 2002
In Cap dÀgde ist wieder eine Servicestation für unseren Autohelm, hierher sollte er aus Paris repariert zurückgeschickt werden. Der Weg dorthin ist selbst mit den Fahrrädern eine beschwerliche Radtour. Zwischen der Altstadt von Agde und dem Kap liegt ein Hügel, der das Mittelalter vom Heute trennt. In Cap dÀgde fahren wir durch riesige Feriensiedlungen mit entsprechendem Kommerz und beim Yachtservice ist der Autohelm noch nicht da. Telefonisch fragt man in Paris nach. Ja, dort war er schon, war aber okay und soll nun unterwegs nach Cap dÀgde sein. Fragen Sie am Sonnabend noch mal nach, vielleicht ist er dann da. Also auch morgen noch eine Radtour hierher ! Auf dem Weg zurück mache ich mir schon Gedanken, wo denn nun der Fehler in der Selbststeueranliage liegen könnte, wenn sowohl die Zuleitung in Ordnung ist als auch das Gerät selbst.
Sonnabend, den 25.Mai 2002
Ich werde das Problem nicht lösen können, denn auch am folgenden Tag trifft kein Autohelm beim Service ein und wir geben die Order, ihn bei Eintreffen an die Servicestation in Narbonne weiterzuleiten, denn dort wird Horst auf dem Rückweg durchkommen. Nun wollen wir heute noch weiter, solange am Kanal noch geschleust wird, denn morgen ist Sonntag, da ist totale Kanalruhe. Wir schaffen es noch bis mitten in die Stadt Beziers. Dort finden wir in einem toten Kanalarm einen Liegeplatz im Grünen ganz für uns allein und haben noch reichlich Zeit für einen langen Stadtrundgang. Die ganze Stadt scheint auf den Beinen zu sein, man flaniert auf allen Straßen und Plätzen. Wir werden in ein Geschäft mit chinesischen Möbeln gebeten und die Besitzerin erklärt uns ausführlich viele Herstellungsdetails, die auf eine Serienproduktion schließen lassen, dennoch sieht jedes fertige Stück wie ein Unikat aus. Wer kauft sich solche Möbel in Beziers ? Stolz erklärt uns die Besitzerin, dass man schon seit 50 Jahren besteht und Kunden in ganz Frankreich hat. Ihre Englischkenntnisse sind notwendig für den Einkauf in China, wohin sie dreimal jährlich fährt.
Sonntag, den 26.Mai 2002
nach einem ausführlichen Frühstück mit frischen Sonntags-Baguettes sehe ich, dass die Schleuse arbeitet. Tatsächlich, Charterboote können nicht warten, für sie zumindest schleust man auch sonntags. Wir reihen uns in die Warteschlange und kommen auch bald dran. Nach der Schleuse geht es ein Stück an der Bahnstrecke entlang und dann über einen Fluß per Aquädukt. Das muß natürlich fotografiert werden, auch wenn der Gegenverkehr einen Moment warten muß. Anschließend geraten wir in einen Stau. 22 Boote, davon 21 Charterer warten auf Einlaß in die Schleusentreppe von Beziers, der größten Treppe des Canal du Midi. Wir legen uns neben einen Österreicher, den wir vor ein paar Tagen schon einmal gesehen hatten. Wir erfahren, dass dessen ganze Mannschaft genervt ist. Man hatte einen Motorschaden gehabt, der in zwei Tagen zwar behoben worden ist, aber nun fehlen für die Rückreise zwei Tagesetappen auf dem Kanal, man ist in Sorge, ob man das Boot rechtzeitig wieder an der Charterbasis in Castelnaudary vor Toulouse wird abliefern können. Man schenkt uns einen Cidre ein, von nun an werden wir durch alle Schleusen gemeinsam fahren. Wie schön, ohne Stress den Kanal auf eigenem Kiel und ohne Zeitdruck befahren zu können. Heute allerdings verbrauchen wir den Rest des Tages mit dem Aufstieg durch 5 aufeinanderfolgende Schleusen. Danach aber folgen 42 km ohne Schleusen, die wir uns für morgen reservieren.
Montag, den 27.Mai 2002
So stellt man sich eine Spazierfahrt vor. Die Landschaft gleitet langsam vorbei, die Platanenallee zu beiden Seiten des Kanals liefert Schatten, eine spürbare Nordwestbrise läßt die Blätter rauschen und sorgt für Durchzug. Im Kanalführer lesen wir, was die Orte am Ufer für Attraktionen bieten, im übrigen laden Tafeln am Kanal zur Weinprobe oder zur Einkehr zu einem Mittagessen nach Art des Hauses ein. Nur: Die Zeit dafür müßte eingeplant werden, wenn man mit Charterboot führe. Obwohl auch wir keine Weinprobe machen und uns kein Menü kredenzen lassen, genießen wir das Gefühl der unbeschränkten Freiheit, es eben, wenn wir nur wollten, auch jederzeit tun zu können. Selten führt der Kanal mitten durch einen Ort, denn er führt an den Höhenlinien entlang, was manchmal zu nicht nachvollziebaren Kurven in seinem Verlauf führt. Abends gelangen wir an den Abzweig nach Narbonne. Wir halten uns aber weiter Richtung Carcassonne und wollen, wenn möglich, einmal bis zur Scheitelhaltung und zurück fahren. Erst dann wird Horst seine Crew wechseln.
Hinter einem Aquädukt machen wir fest. Hier geht das problemlos trotz unseres Tiefgangs, weil wir an der Mauer der Zufahrt zum Aquädukt liegen können. An der normalen Böschung gäbe es Probleme, wenn der Kiel auf dem Kanalgrund liegt und vorbeifahrende Schiffe Wellen machen und ihren Sog am Ufer entlangschieben. Es folgt ein langer Landgang zum Einkauf mit dürftigen Ergebnissen. Provinz eben.
Dienstag, den 28.Mai 2002
Morgens bade ich erst einmal im Fluß unter dem Viadukt. Ein reißender Gebirgsbach mit entsprechend kaltem Wasser, aber sauber und erfrischend. Es folgt der langsame Aufstieg des Kanals mit vielen Schleusen. Alle Schleusen des Kanals sind oval, bei der Bergfahrt scheint das Vorteile zu haben, weil das einströmende Wasser kalkulierbarere Strudel bildet. Wir versuchen, möglichst den Platz an Backbord hinten zu bekommen. Vor der Schleuse springe ich mit oder ohne Schleppleine an Land, Horst fährt hinein, ich mache vorn mit langer Leine fest, bremse hinten und hole anschließend die vordere Leine nach. Das wird allmählich Routine, bis uns einer überholt und für uns nur noch den Platz an der rechten Seite übrig läßt. An jeder Schleuse kann man deren Höhe über dem Meeresspiegel ablesen und die Entfernung zur nächsten Schleuse zentimetergenau. Und was für Namen! Ecluse de la guerre, ecluse des partisans. Die Schleusenmeister haben das Schleusengelände oft zu einem blühenden Blumen- oder Gemüsegarten umgewandelt, an einer Schleuse wimmelt es von selbstgeschnitzten Gartenzwergen. Manchmal fahren wir an Kolonien von ausgemusterten Penichetten vorbei, die von Aussteigern als Wohnschiffe benutzt werden. Gelegentlich kann man an so einer Penichette auch Gemüse, Obst , Eier und Brot kaufen, wir nutzen solche Möglichkeiten wegen der bequemen Anlegestellen.
Unsere Tagesetappen in Kilometern nachzuvollziehen, geben wir lieber auf. Statt dessen zählen wir die Schleusen und rechnen, wie viele noch bis Carcassonne vor uns liegen.
Mittwoch, 29.Mai 2002
Schaffen wir Carcassonne heute ? Die Schleusen folgen in immer kürzeren Abständen aufeinander. Inzwischen sind wir aus den Weinfeldern heraus, jetzt ist rechts und links Landwirtschaft, es geht in einem breiten Tal bergauf, wir kommen bis La Redorte. Hier geht der Kanal einmal mitten durch die Stadt, eine günstige Gelegenheit für uns, Baguettes und Käse nachzukaufen und unsere Weinvorräte aufzufüllen.
Donnerstag, 30.Mai 2002
Mittags erreichen wir Carcassonne ! Es gibt einen Gästesteg direkt vor dem Bahnhof, nach langer Zeit auch eine Duschmöglichkeit, so dass wir uns für den Landgang richtig feinmachen können. Die erste Runde führt nur in die Gassen der Nachbarschaft, in denen quirliges Treiben herrscht. Dann geht es quer durch die Altstadt auf die andere Seite des Flusses zur Burg. Hier finden wir eine komplette zweite Stadt und eine Touristenfalle vom Feinsten. Wenn wir wollten, könnten wir zwischen 9 Schlemmerlokalen wählen und uns mit Souvenirs für Jahre eindecken! Aber die Blicke auf die Burg, von der Burg herunter und durch die Gassen in der Burg sind wirklich einmalig. Gut, dass ich mir noch eine flash card für die Digitalkamera gekauft habe, es wird alles festgehalten.
Abends werden wir mit dem sehr lebhaften Bahnverkehr über die Bücke konfrontiert, vor der wir festgemacht haben. Die Provinz bisher hatte auch Vorteile gehabt...
Aufbruch: | 10.05.2002 |
Dauer: | 4 Wochen |
Heimkehr: | 07.06.2002 |
Andorra