Ciao Toscana
... und ab ans Meer
Frühmorgens gibt es wieder einen Regenschauer. Als wir gegen halb neun Uhr aufstehen, ist es jedoch trocken. Die Sonne lässt sich zwar nicht blicken, es ist jedoch knapp 20 grad warm.
Gegen halb zwölf fahren wir ab über Tavernelle zur Autostrada Firence-Siena (kostenfrei) in Richtung Grossetto. Unser Ziel ist Castigliano dell Pescaja. In Richtung Rochette gibt es mehrere Campingplätze. Der "Stella Mare" liegt ganz am Ende. Dort gibt es genügend Plätze und nette Eckchen. Weil die Rezeption erst um 15h30 aufmacht, schauen wir noch die anderen Campingplätze in der Nähe an. Der " Maremma" ist auch hübsch, vielleicht etwas schattiger. Blick zum Meer gibt es nirgends, weil eine Sanddüne dazwischen liegt und die Plätze gut bewaldet sind. Darüber hinaus kann man nur im "Stella Mare" den PKW am Platz haben. Bei den anderen sind die PKWs auf einem vorgelagerten Parkplatz abzustellen. So entscheiden wir uns für den "Stella Mare".
Als wir den WoWa auf dem Standplatz drehen, kommt darunter ein junges Kätzchen hervor. Es scheint uns sofort als seine Pflegeeltern adoptiert zu haben. Jedes Mal wenn sich Wolfgang hinsetzt, hüpft ihm das Kätzchen auf den Schoß. Als ein neuerlicher Regenschauer kommt, verziehen wir uns in den WOWA. Dem Kätzchen machen wir in der Spülschüssel ein Lager aus Zeitungspapier und einem Lappen. Es nimmt es sofort an und schläft augenblicklich ein. Als wir nach zwei Stunden vom Pizzaessen und anschließendem Spaziergang am Meer zurückkommen, ist das Kätzchen verschwunden. Der Abend bleibt dann trocken, so dass noch ein wenig draußen sitzen können.
Endlich ein sonniger Morgen. Wir tragen den Frühstückstisch in die Sonne. Erstaunlich ist, wie man die Himmelsrichtung bei bedecktem Himmel fehleinschätzt. Orientiert an dem Küstenverlauf waren wir davon ausgegangen, den WoWa-Eingang gegen Süden gestellt zu haben - weit gefehlt. Wir stehen Richtung Norden. Man lernt nie aus. Unser Platz ist riesig, wie fast alle Plätze auf diesem CP im hinteren, abgelegenen Bereich. Die Plätze vorne im Pinienhain sind kleiner und die PKWs stehen auf separaten Parkplätzen, weil sie auf der Parzelle keinen Platz mehr hätten. Trotzdem stehen die Camper - vorwiegend Deutsche - dort dicht gedrängt. Vermutlich wegen der Nähe zum schönen Swimming-Pool, dem Einkaufsmarkt und dem Restaurant.
Wir genießen den sonnigen Morgen und brechen gegen 11 Uhr zu einem Ausflug auf. "Monte Argentario" ist das Ziel. Zuerst fahren wir Richtung Grosseto. In der Hoffung, einen unkonventionellen Weg durch die Maremma zu finden , biegen wir auf einen schmalen Schotterweg ab, der aber nach kurzer Zeit schon unbefahrbar wird. Also geht es wieder zurück. Wir fahren dann eben auf der ursprünglichen alten Via Aurelia (heute Autostrada - zwar vierspurig, aber sehr eng) durch das Naturschutzgebiet der Maremma. Der "Monte Argentario ist eine felsige Insel, nur durch eine Lagune vom Festland getrennt und verfügt über drei Dämme, die als Zufahrt dienen. Einer davon ist in Privateigentum. Auf dem "Monte Argentario" tummeln sich die Reichen aus aller Welt, so hat auch die holländische Königsfamilie hier ein Ferienhäuschen.
Zuerst fahren wir nach Porto San Stefano, parken am Hafen und laufen am ersten Hafenbecken entlang, das aber nicht besonders schön ist. Man kann von hieraus mit der Fähre zur Insel Giglio übersetzen. Besser gefällt uns das zweite Hafenbecken, es ist halbrund mit einer schönen, gepflegten Promenade. Die Häuser kleben ineinander verschachtelt am Berghang, sind in verschiedenen Ockertönen getüncht und haben grüne oder braune Fensterläden. Dazwischen wuchern (oh- Neid) als pinkfarbene Tupfer üppige Bougainville- Sträucher und - sogar Bäume! Das Meer im Hafen ist türkisgrün. Eine friedliche, noch etwas verschlafene Atmosphäre herrscht hier; die Saison hat definitiv noch nicht angefangen. Wir nehmen unser obligatorisches Eis einmal direkt in der Gelateria zu uns - zwei Becher für 16 € - es ist leider etwas kümmerlich, aber der schöne Blick und die Mittagssonne lassen deswegen keine schlechte Stimmung aufkommen. Anschließend steigen wir noch etwas den Stadthang hinauf durch die alten, engen Wohnviertel.
Wolfgang will dann die Höhenstraße "Panoramico" befahren. Sie führt von Porto San Stefano aus hoch über dem Meer an der Küste entlang und bietet wunderschöne Ausblicke auf die Macchia mit dem gelbblühenden Ginster und das türkisfarbene Meer und immer wieder auf schöne Villen in atemberaubender Steillage mit fantastischen Panoramen. An einer Straßengabelung biegt Wolfgang ab - wieder mal auf eine "kleinere" Straße (- für Wohnmobile und Caravans sowie LKWs gesperrt), die nach unzähligen, äußerst steilen Serpentinen schließlich an einem Aussichtpunkt mündet und zu einer Privatstraße wird. Diese Fahrt über das unbefestigte Sträßchen verursacht bei mir abwechselnd Schweißausbrüche und Gänsehaut und ich bin froh, als dann Wolfgang nicht darauf versessen ist, weiterzufahren.
Landschaftlich erinnerte uns diese Ecke der Insel an das Cap Corse auf Korsika. Danach geht es zurück Richtung Grosseto und ich lese derweil im Reiseführer, dass dieses nette, kleine Sträßchen "... weiter hinten zur relativ gefährlichen, unbefestigten, engen, holperigen und unasphaltierten Gebirgsstraße mit bedenklichen Steigungen ...." wird. Das hätte ich ja mal vorher lesen können!!
In Grosseto machen wir unseren Einkauf und Wolfgang hat Lust, heute aufwändiger zu kochen.
Vorne am Meer bläst aber der Wind heftiger, so dass mein Mann wieder mal die Küche in den WoWa verlagert. Ich stelle den Tisch zwischen Auto und Hecke, wo wir einigermaßen windgeschützt sitzen können. Die Handtücher an der Wäscheleine flattern meist waagerecht im Wind. Wir speisen dann gemütlich zuerst gratinierten Bleichsellerie mit Panini und dann Ruccolasalat mit Parmiggiano, dazu "Involtini", das sind Kalbfleischröllchen gefüllt mit Parmaschinken, Riccotta, Oliven und frischen Salbeiblättern an Tomaten- Knoblauch- Wein- ,Sahnesoße. Es schmeckte ......!!
Anschließend wollen wir eigentlich noch mit den Rädern los, aber die Gefahr durchnässt zurückzukommen, hält uns davon ab. So verbringen wir den Abend vor dem WoWa und schauen dem Wetterleuchten zu und hoffen, dass über Nacht die Wolken fort geblasen werden.
- Ach ja: "Unser" Kätzchen ist nicht wieder aufgetaucht und der Riss in der Windschutzscheide ist weiter ordentlich geklettert. Es ist nun bereits ein ca. 40 cm langer, geschwungener Bogen.
Die Sonne versteckt sich heute wieder hinter einer grauen Wolkendecke, aber es ist warm.
Nach dem Frühstück wollen wir in das ca. 9 km entfernte Castiglione della Pescaia radeln. Der graue Himmel verheißt zwar nichts Gutes, aber wir wagen es trotzdem und fahren bei heftigem Wind den Radweg an der Starße entlang. Castiglione ist ein hübscher Badeort. An der halbkreisförmigen Bucht führt eine schöne Promenade entlang, am Strand reiht sich Bagno an Bagno - Sonnenschirme und Liegestühle - typisch italienisch eben.
Hübsche gepflasterte Gässchen führen zum Festungshügel des Ortes empor, von wo aus man einen tollen Blick über die Bucht und den kleinen Naturhafen an der Mündung des Bruna hat. Es ist eine schweißtreibende Angelegenheit, das Fahrrad die steilen Gässchen hochzuschieben, denn es ist inzwischen drückend schwül geworden und immer wieder hört man in der Ferne Donnergrollen. Wir besichtigen das schmucke einfache Kirchlein und genießen die schöne Aussicht. Unser "Mittags-Gelato" verspeisen wir dann am Ende der verkehrsfreien Hauptstraße des Örtchens auf einer Bank mit Blick auf den Hafen und das Meer. Auf dem Rückweg müssen wir ganz schön gegen den heftigen Wind anstrampeln - das Gelato wird sich deshalb wohl nicht auf den Hüften festsetzen - 28 Kilometer sind wir insgesamt geradelt.
Wolfgang kocht heute Pasta und ich mache Tomatensalat mit echtem Mozzarella aus der Milch von Büffeln aus der Maremma.
Nach dem Essen packen wir Weinflasche und Gläser in den Rucksack und suchen uns ein schönes Plätzchen am Strand in der Abendsonne. Es ist windstill hier so sitzen wir mit unserem Gläschen Rosé Frizzante, den Rücken an einen Treibgut-Baumstamm gelehnt im warmen Sand und schauen auf das Meer hinaus. Es sind nur vereinzelt Pärchen mit und ohne Kinder unterwegs. Die Sonne geht hinter den Bergen hinter uns unter und so gehen wir zum CP zurück und setzen uns noch in unserer stillen Ecke vor den Wohnwagen. Ich verziehe mich dann nach einer Weile mit meinem Buch in den WoWa ins Bett und Wolfgang tippt noch den Reisbericht in den Laptop und speichert die neusten Bilder von den Digicams ab.
Sonnenschein und blauer Himmel zum Frühstück!!
Nach einem ausgedehnten Frühstück brechen wir auf, um einen CP anzuschauen, den uns der sympathische junge Mann vom CP "Panorama del Chianti" empfohlen hat. Er liegt nicht direkt am Meer in Scarlino. Davor sollten wir aber dringend tanken, die Tankuhr zeigt gerade noch 100 km an. Doch das ist ein Problem. Wir passieren 6-7 Tankstellen - alle "Chiuso"; noch 80 km, der Warnton piept immer wieder eindringlich. Nach einiger Zeit finden wir eine größere Tankstelle die "Aperto" verkündet. Nichts wie hin! Doch an allen Zapfsäulen hängen Schilder, dem Text könne wir aber nur das Datum 6. bis 7. Giugnio entnehmen. Ein freundlicher älterer Italiener erklärt uns, es wird gestreikt. Aber in ca. 7 km Entfernung gäbe es eine Tankstelle, die Treibstoff verkaufe. Wir fahren also in die angegebene Richtung, passieren nochmals 2 geschlossene Tankstellen, erreichen schließlich die geöffnete und können endlich Diesel tanken - voll. Nun kann es nach Scarlino gehen.
Der Ort liegt schön in Panoramalage auf einem Berg und darüber liegt das Castello, eine Burgruine. Wir fahren hoch zur Ruine - die zwar nicht zugänglich ist, in der aber offensichtlich regelmäßige musikalische Veranstaltungen geboten werden. Der Burgberg ist von unzähligen uralten Olivenbäumen umstanden. Man hat von hier aus einen schönen Blick auf die Wälder der Hügel und in die Ebene zum Meer hin. Der CP liegt unterhalb der Burg und bietet den Blick auf das Bergdorf und die Burgruine - es sind viele freie Plätze verfügbar; eine gute Empfehlung. Hier hätte man sicher auch ein paar schöne Tage verbringen können.
Wolfgang gräbt einige Olivenbaumsprösslinge aus, die er zu Hause einpflanzen will.
Danach schlage ich vor, Grosseto zu besuchen. In den beiden Reiseführern wird bedauert, dass so wenige Touristen diese schöne Stadt besuchen, die von den Italienern die "kleine Schwester Luccas" genannt wird. Wir parken außerhalb des Mauerringes, der tatsächlich an den von Lucca erinnert und betreten die Altstadt durch eines der Tore. Einen prachtvollen Dom gibt es hier mit einer Fassade aus unterschiedlich farbigem Marmor, ähnlich denen in Siena und in Florenz. Der Domplatz ist wirklich sehr schön. Leider ist das Umfeld der Stadt nicht so. Überall quellen die Müllbehälter über und es liegen Müllsäcke umher. Streikt etwa die Müllabfuhr auch? Das Städtchen wirkt ausgestorben, jetzt wo die Geschäfte noch geschlossen sind. Nicht einmal eine vernünftige Gelateria ist zu finden. Wir spazieren ein wenig auf der breiten Stadtmauer entlang. Hier ist alles verwahrlost und auch der an sich schöne Stadtpark außerhalb der Stadtmauer bietet einen trostloses Bild: Müll soweit das Auge reicht, Berge von Piniennadeln und abgestorbenes Gestrüpp hätten dringend der Hände der Stadtgärtner bedurft - neapolitanische Verhältnisse. Schade eigentlich, denn die Stadt hätte doch einiges zu bieten.
Wir beschließen zur Marina von Grosseto zu fahren. Doch auch dieser Anblick verschlägt uns dann total die Lust auf das geplante Eis. In liebloser Neuzeitarchitektur hingeklatschte Betonbauten versperren den Blick aufs Meer. Fluchtartig verlassen wir diesen Ort und fahren zurück nach Castiglione. Ach wie schön ist es hier! Die liebevoll gestaltete Fußmeile rückt unsere Welt wieder in Ordnung. Wir lassen uns in einem der schönen Straßencafes nieder, bestellen einen gigantischen Eisbecher und schauen dem Treiben zu.
Abends essen wir nochmals eine leckere Pizza im CP-Restaurant und sitzen dann noch eine Weile vor dem WoWa. Es ist eine sternenklare und windstille Nacht. Kurz entschlossen baut Wolfgang noch das Sonnensegel ab und macht die Fahrräder auf das Autodach. Ich unterhalte ihn dabei - eins der wenigen Male - mit Gitarrenmusik. Wolfgang hat seine Bassgitarre und das Cajon nicht einmal angerührt. Morgen werden wir uns auf den Heimfahrt machen und "Arrivederci Italia" sagen.
Um neun Uhr haben wir fertig gepackt und verlassen den Campingplatz. Bei bedecktem Himmel fahren wir die Küste entlang über Piombino, Livorno, La Spezia nach Pisa. Die Autobahntankstellen werden auch bestreikt - durchgestrichene Zapfsäulen zeigen es an. In Pisa beginnt es zu regnen, hört aber wieder auf. In Genua dann der nächste Schauer. Wir hatten überlegt, eventuell noch eine Übernachtung zu machen, aber das Wetter verlockt nicht dazu. Kurz vor Mailand machen wir eine längere Pause. In Mailand öffnet der Himmel seine Schleusen so heftig, dass wir Mühe haben, die Schilder für die Tangenziale, die Stadt- Umfahrung zu entziffern. Hier herrscht auch ordentlich Verkehr, während es sonst auf den Autobahnen relativ ruhig ist. Weiter geht es durch Gewitterschauer über Como, Lugano, Bellinzona in Richtung San Gottardo. Auch die Schweiz verlockt nicht zu einem Zwischenstopp.
Je näher wir der Heimat kommen, desto besser wird das Wetter. Im Schwarzwald klettert das Thermometer gegen 9 Uhr abends wieder auf 23 Grad und der Himmel ist fast wolkenlos.
Gegen halb zehn Uhr kommen wir zu Hause an.
Aufbruch: | 27.05.2007 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 07.06.2007 |