Der Esel, der Hund und ich

Reisezeit: August 2007  |  von Wilfried Virmond

12. Tag, Donnerstag, 23. August 2007

12. Tag, Donnerstag, 23. August 2007, Mas du Seigneur 2

Morgens gibt es ein wunderschönes Morgenrot mit einem herrlichen Sonnenaufgang. Da es jetzt hell und kein (Wild)schwein weit und breit zu sehen ist, kann ich die Tür wieder weit aufmachen und wir schlummern beide noch einmal genüßlich ein. Die Ruhe ist wirklich einzigartig.

Hier gibt es endlich mal eine Art Frühstücksbuffet, ich kann im Freien in der bereits angenehm warmen Sonne frühstücken. Und dann machen wir uns auch schon auf den Weg, heute ist der letzte Wandertag.

Hanni wedelt wie immer freudig mit ihrem Schwanz und dann geht es wieder zum Paß hinauf, den wir schon vor ein paar Tagen im Regen einmal hinaufgelaufen sind. Schon wieder huschen nebenan ein paar Wildschweine durch Gebüsch, aber es ist eigentlich nur ein Spuk, sie haben viel zu viel Angst vor mir. Asterix und Obelix und das ganze Dorf hätten hier jedenfalls genug zum Essen.

Schon wieder, wie jeden Tag, außer am Sonntag glaube ich, donnern Kampfjets dicht über mich hinweg. Keine Rose ohne Dornen, keine so herrlich schöne Landschaft ohne irgendeinen Haken, diese Düsenjäger nerven unheimlich mit ihrem ohrenbetäubenden Krach. Jeden Tag! Hier muß ihr Lieblings-Übungsgebiet sein.

Dann geht es wieder den Berg hinunter, der Weg ist OK, irgendwann stoßen wir auch wieder auf ein bekanntes Stück, es macht einfach nur Spaß. Aber dann nehme ich eine Abkürzung, sie ist in der Karte als Variante eingezeichnet, allerdings ist bald kein Weg mehr zu erkennen, nur noch überall Bäume, Gebüsch und Gestrüpp, fast wie im Urwald, es fehlen nur noch Lianen und Schlangen. Zurück kenne ich nicht, vorwärts heißt die Parole, schließlich ist das ein eingezeichneter Wanderweg, wenn hier auch jahrelang niemand mehr gelaufen sein kann. Mühsam, eine Machete müßte man jetzt haben, oder wenigstens ein Beil, oder eine Motorsäge, dann würde ich den Weg schon freimachen, aber wir kommen auch so durch, wenn auch das Hemd dabei zerrissen wird. Ja, und dann, der geneigte Leser wird es bereits ahnen, schon wieder die 37 Serpentinen bergauf. (Bitte beachten: Es sind offiziell zwölf, ich darf und will ja niemand abschrecken.)[/f]

Um vier sind wir zurück und fallen wie immer tot ins Bett. Nein, geht nicht, da liegt ja schon jemand drin! Ich sehe ein paar Beine unter einer Falte der Bettdecke herauslugen. Schwarze Beine. Bestimmt sechs oder acht Stück. Igittigitt, eine Spinne, eine dicke fette Spinne hat sich da eingekuschelt und wartet schon auf mich. Na, nur gut, daß ich sie gerade noch gesehen habe. Die ist mir doch heute nacht schon mehrmals über den Körper und übers Gesicht gelaufen. Leider gibt es hier kein Glas, um sie rauszutragen, ich muß sie mutig wie ein Drachentöter kurzentschlossen töten. Dann ist mir aber auch alles egal, schlafen, nur noch schlafen, so kaputt bin ich.

Das Abendessen läßt heute Abend lange auf sich warten. Ein paar Leute murren schon. Mir knurrt auch der Magen. Mit einer dreiviertel Stunde Verspätung kommt dann aber endlich der erste Gang: Ein Stück Pizza für jeden. Dann wieder Warten auf Ratatouille mit Reis, ein sehr guter Käse zum Baguette und ein süßer saftiger Pfirsich. Kaffee gibt es auch, wie immer. Und meine Zigarre im Kinderbett.

© Wilfried Virmond, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Robert Louis Stevenson und seiner Erzählung inspiriert wandere ich mit Esel und Hund durch die Cevennen in Süd-Frankreich.
Details:
Aufbruch: 12.08.2007
Dauer: 14 Tage
Heimkehr: 25.08.2007
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Wilfried Virmond berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Wilfried sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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