Der Doubs und auf der Spur französischer Kanäle
Auf Kanalforschung im Vogesen
Montag, 10.September 2007
Zur weiteren Kanalerkundung führen alle Wege bergauf. Einen Leinpfad hat es wohl nie gegeben, zu sehen ist am Kanalbett jedenfalls nichts, weil er von beiden Seiten mit Büschen zugewachsen ist. Man erkennt ihn als künstliche Wasserstraße aber an seiner geraden oder elegant geschwungenen Führung an Abhängen entlang, an Brücken, die alle eine Höhe von über 4 Metern haben und an zahlreichen Viadukten des Kanals über Wege und Straßen.
Weshalb nur hat man eine Wasserstraße über die Höhen des Vogesen bauen müssen ? Kommentarlos steht der Kanal in der Michelinkarte, und dort ist auch zu sehen, dass er auch noch durch einen Tunnel führen soll.
Das muß ich mir doch mal ansehen!
Leider muß ich dazu befahrbare Straßen benutzen, die mal weg vom Kanal und dann wieder auf den Kanal zu führen. Dabei muß mich beträchtliche Höhenunterschiede überwinden und Umwege machen.
Einmal komme ich auf ein Viadukt zu, auf dem der Kanal hoch über die Straße geführt wird. Ich steige ab, klettere die Böschung hinauf und - entdecke oben einen intakten Kanal, auf dessen einer Seite ein Weg entlang führt, der durchaus einmal Leinpfad gewesen sein könnte. Aber hier das Fahrrad heraufzuwuchten, gelingt mir nicht, zuviele Brombeeren wachsen auf der Böschung.
Weiter geht es zur Hauptstraße nach Ronchamps, von der biegt vor der Überquerung des Kanals ein Weg ab, der "rue du port" heißt.
Hafenstraße ?
Das sehe ich mir an! Nach wenigen Metern komme ich an den Kanal, der hier zu einem Freizeitzentrum ausgebaut ist. Ein Rastplatz auf beiden Seiten, und der Kanal ist hier besonders breit, vielleicht ein Hafen oder zumindest eine Begegnungsstelle für Binnenschiffe. Nach Westen geht der Kanal in den Wald, wo der Berg am steilsten ansteigt.
Sollte das der Tunneleingang sein ? Ich fahre ein Stück in den Wald hinein und finde das Ende des Kanals: umgestürzte Bäume und Büsche und dann eine geheimnisvolle Mauer, hinter die man nicht sehen kann.
Dieser Kanal scheint angefangen, aber niemals fertiggestellt worden zu sein.
Als Frankreich den Krieg gegen Deutschland 1870/71 verloren hatte und Elsaß-Lothringen deutsch wurde, hatte es keine Wasserverbindung mehr zwischen Mittelmeer und Nordseehäfen. Und da damals Transporte auf Wasserwegen eine herausragende Bedeutung hatten, muß Frankreich enorme Anstrengungen gemacht haben, wieder eine schiffbare Verbindung im eigenen Land zu bekommen. Die Saone und die Mosel und Maas wurden kanalisiert und durch den Canal de l'Est miteinander verbunden und damit Städte wie Montbeliard und Belfort, die bisher an der wichtigen Verkehrsader zwischen Rhone und Rhein gelegen hatten, nun nicht in eine Randlage gerieten, baute man offenbar eine Kanal-Querverbindung vom Rhein-Rhone-Kanal nach Nordwesten quer durch die Vogesen zu Saone!
Die Ingenieurleistungen, die damals erbracht wurden, können sich noch heute sehen lassen.
So will ich meine Neugierde weiter befriedigen und fahre noch ein Stück an einem Bewässerungskanal für den Kanal weiter aufwärts. Zu meinem Erstaunen ist der Weg an diesem Wasserlauf für Service VNF (die staatliche Gesellschaft, die die Kanäle betreibt) reserviert.
Ich komme immer weiter bergauf bis an die Mauer einer großen Talsperre, die zwar abgelassen ist, aber offenbar reaktiviert und zu einem Wasserschutzgebiet oder Erholungsgebiet umgestaltet wird.
Am künftigen Seeufer blüht schon die Bodenspekulation! Kurz darauf bin ich an der Paßhöhe, lasse mich nach Ronchamps abwärts rollen.
Leider gibt es in der Michelinkarte keine Informationen, ob der Kanal auch auf der Westseite des Tunnels noch zu sehen ist oder wie er weitergeführt werden sollte.
Sollte es die Scheitelhaltung werden ? Der Kanalsee ist ein einsamer Rastplatz, der ganz versteckt liegt.
So konzentriere ich mich wieder auf meine Radtour, die mich nach Port sur Saone führen soll, wo die KNURRHAHN auf mich wartet. Bis Lure komme ich auf der Hauptstraße schnell, aber der Verkehr bereitet kein Vergnügen.
Da ist Bahnfahren über die nächsten Berge bis Vesoul die bessere Alternative. Angenehme Überraschung: In den Regionalzügen darf man das Fahrrad gratis mitnehmen! In Vesoul gibt es keinen weiteren Zug Richtung Port-sur-Saone, denn die Strecke ist stillgelegt.
Also gibt es doch noch was zu radeln, aber in der Ebene.
Ich will gerade aufs Rad aufsteigen, da werde ich auf deutsch angesprochen. Es ist Horst, der Eigner der KNURRHAHN, der nach einer Busverbindung nach Port-sur Saone sucht, wo wir uns ja treffen wollten. So ein Zufall ! Sein Bus fährt erst um 17.30 Uhr, da können wir hier ja erst einmal ein Picknick in den Grünanlagen halten!
Auf dem Weg per Fahrrad nach Port-sur-Saone komme ich dann doch noch in den Genuß der Bahnstecke. Man hat die Trasse nämlich zu einem Fahrradweg abseits der Straße umgestaltet, auf dem man mal richtig in die Pedalen treten kann.
Zu spät merke ich, dass dieser Weg aber weiter südlich führt und am Ende muß ich mir meinen richtigen Weg noch über Dörfer in der Provinz suchen und komme deutlich später an als Horst, der den Bus genommen hat.
Auf diese Weise endet mein Tagespensum heute auch wieder bei über 80 Kilometern - macht nichts, denn nun beginnt ja der gemütliche Teil der Reise mit dem Boot.
Dienstag, 11.September 2007
Zunächst ist erst einmal Einkaufen und Bevorraten angesagt. Mit meinem Rad sind wir zwar beweglich, aber 30 Liter Diesel und Verpflegung für mindestens eine Woche stellen Transportanforderungen, gegen die das bisherige Gepäck ein Leichtgewicht war. Und dann dieser Verkehr auf der Hauptstraße Paris-Basel, die hier mitten durch den Ort führt, auf der Brücke über die Saone sogar einspurig im Wechsel, damit die 20-Tonner die Brücke nicht überlasten, die wohl schon 200 Jahre alt ist!
Endlich legen wir gegen 15 Uhr ab, um wenigstens noch ein paar Kilometer saoneaufwärts zu kommen.
Fahrradmaßstäbe bei zurückzulegenden Entfernungen kann ich nun vergessen. Wenn wir heute 20 km schaffen sollten, wäre das schon rekordverdächtig. An Bord zählen nicht die Kilometer, sondern die Schleusen, die man passiert! Jede bringt uns 3 Meter höher und, wenn man sofort einlaufen kann, dauert das Schleusen etwa 20 Minuten.
Die Schleusen, so sehe ich auf der Spezialkarte, liegen im Abstand weniger Kilometer an der Saone, aber auf dem Canal de l'Est, der in Corre beginnt, fängt die Nummerierung der Schleusen neu an: 46 Schleusen bis zum Gipfel, der Scheitelhaltung vor Epinal.
Immerhin ist die Bedienung auf der Saone ganz einfach: Man fährt unter einem Seil etwa 150 Meter vor der Schleuse hindurch, an dem ein Kabel mit einem Drehschalter herabhängt, den man betätigen muß.
Ist die Zufahrt frei, leuchtet die bisher rote Ampel vor der Einfahrt grün, man läuft ein, einer klettert in der Schleuse an einer Leiter herauf, macht das Boot fest und betätigt wieder einen Schalter an einer Zugstange. Alles andere läuft dann automatisch: Schließen des Untertores, Fluten der Schleuse, Öffnen des Obertores. Man braucht nur noch losmachen und kann ausfahren.
Wir sind an den ersten beiden Schleusen das einzige Boot, haben keinen Gegenverkehr und kommen gut voran. Morgen schon können wir in Corre sein.
Mittwoch, 12.September 2007
Wir haben alle Vorräte an Bord bis auf das Baguette, das wir täglich morgens irgendwo frisch kaufen wollen. Auch da hilft mein Fahrrad ungemein.
Aber die Orte, an denen wir vorbeifahren, liegen weitab jeder Zivilisation.
Es gibt keine Bäckerei, Fleischerei oder auch nur einen Lebensmittelladen mehr.
Da kommt ein fahrender "Superette" zu festgelegten Tageszeiten, die nur die Einheimischen kennen, und dann muß man dort sein.
Ob man dann ein frisches Baguette bekommen kann, ist fraglich, wenn man keins bestellt hat. Bei Baguettes haben wir bisher Glück, mit dem Preisniveau dieser fahrenden Läden machen wir nur nachrichtlich Bekanntschaft.
Schon am späten Vormittag erreichen wir Corre und laufen in die Ecluse No 46 ein. Nun wird die Schleusenbedienung noch komfortabler: Statt des Drehschalters vor der Schleuse müssen wir nun eine Peilbake anfunken, für den man uns das Sendegerät mitgibt.
Außerdem sind wir beim Servicepersonal angemeldet, das per Auto uns auf dem Leinpfad überholt oder begegnet und uns nach unseren Wünschen fragt. Wir fühlen uns richtig gut betreut, werden über möglichen Gegenverkehr von Penichen informiert und über die letzte Schleuse, die wir heute wohl noch werden erreichen können.
Penichen, das sind Frachtkähne, häufig auch als Hausboote genutzt, auf deren Größe die Schleusen zentimetergenau zugeschnitten sind. Die Begegnung zweier Penichen auf dem Kanal ist ein Schauspiel, das Regie des Kanalpersonals erfordert und Frachtpenichen haben Vorfahrt vor der Sportschifffahrt.
Mit diesen Kentnissen können wir uns nun voll dem Genuß der Kanalfahrt hingeben, die uns stufenweise den Vogesen in einem Tal aufwärtsführt, das malerischer nicht sein könnte. Auch hier gibt es wieder 130 Jahre alte Wasserbauwerke zu bewundern, die in ihrer Bauzeit einmal richtungweisend waren.
Wir kommen heute bis zu Kanalschleuse 31, dort leuchtet die Ampel nicht mehr, als wir sie anfunken, also Feierabend, wir machen am Kanalufer mitten im Wald fest. Dabei haben wir Glück, dass unser Kiel mit 1,40 m Tiefgang nicht vor der Böschung aufsetzt, sonst kämen wir nicht ans Ufer. Durchgehender Verkehr kann auch nicht mehr kommen, wenn die Schleusen nicht mehr arbeiten, also braucht es uns auch nicht zu interessieren, ob man hier festmachen darf oder nicht.
Donnerstag, 13.September 2007
Hier liegen wir so weitab von jeder Zivilisation, dass wir zum Baguetteholen erst einmal ein Stück motoren und zwei weitere Schleusen passieren müssen. Um 9 Uhr leuchtet das Schleusensignal wieder, wir wollen gleich die ersten sein. Horst läßt den Motor an, legt den Gang ein, ich werfe die Leinen los, Routine wie bei jedem Start.
Doch heute bewegt sich das Boot nicht von der Stelle.
Wir sehen auch keine Wirbel im Wasser hinter der Schraube.
Horst schaltet rückwärts - nichts ändert sich. Ich stehe noch an Land mit der Vorleine in der Hand - zumindest in die nächste Schleuse wird man das Boot wohl auch treideln können. Gesagt, getan, es geht auch leidlich und hinter Schleuse 30 finden wir ein sonniges Anlegeplätzchen mit Quelle, wo Horst der Ursache nachgehen und ich unser Baguette holen kann.
Der nächste Ort ist Bain-les Bains, etwa 6 km östlich des Kanals. Herrlich, einmal ohne Gepäck zu radeln und sich in der Morgenkühle bergauf warmzustrampeln! Aber nur für ein Baguette ist es doch recht mühsam, immerhin sind 200 Höhenmeter zu überwinden.
Als ich zurückkomme, empfängt Horst mich mit finsterem Blick. Irgendwo muß die Schaltung kaput sein, mit Bordmitteln kommt er nicht weiter, wir brauchen einen VOLVO-Mechaniker, der auch Ersatzteile besorgen kann. Und das hier mitten in der Pampa !
Ich fahre mit dem Rad zunächst einmal zurück nach Fontenoy-le-Chateau, dort ist eine Basis einer Bootsvercharterung, die hat auch eine Werkstatt. Der einzige Mechaniker dort ist voll beschäftigt, denn zum Wochenende kommen die Charterboote zurück und neue Gäste müssen eingewiesen werden. Dass etwas mit unserer "boite de vitesse" nicht in Ordnung sein muß, interessiert ihn herzlich wenig, aber vielleicht hätte er morgen mal Zeit dafür.
Demain oder spanisch manana, das kenne ich als Inbegriff südländischer Unzuverlässigkeit, dennoch lasse ich mich auf morgen vertrösten.
Wir verbringen des Rest des Tages mit der Zubereitung eines guten Essens aus unseren Vorräten und nachmittags fahre ich noch einmal nach Bain-les-Bains zum Einkaufen. Horst wird nervös, weil ihm die Zeit davonzulaufen droht, denn er wollte mit mir am liebsten noch bis Roermond in Holland kommen.
Freitag, 14.September 2007
Mein erster Weg führt per Rad wieder die 8 km zurück zur Bootsvercharterung. Dort ist die Werkstatt geschlossen, der Mechaniker ist unterwegs zu einem Kunden, der Probleme mit seinem Charterboot hat. Uns kann heute nicht geholfen werden, vielleicht nächste Woche.....
In Epinal gäbe es eine VOLVO-Werkstatt. Epinal, das sind noch 30 Schleusen aufwärts und 12 bergab zum Moseltal.
Horst, was machen wir nun ?
Vielleicht versuchen wir es mal mit Treideln, denn Nichtstun geht noch mehr auf die Nerven.
Treideln, das heißt, mit der Schleppleine die fast 3 Tonnen schwere Knurrhahn erst einmal auf Fußgängertempo zu bringen und dann mit strammer Schleppleine auf diesem Tempo zu halten. Der Treidelpfad neben dem Kanal ist gut ausgebaut, denn er wird ja von den Serviceautos von VNF, der Kanalbetreibergesellschaft benutzt. Ich mache den Zugsklaven, Horst steuert das Boot. Geht zu Anfang auch ganz gut.
Vor jeder Schleuse kann ich ausspannen, wenn Horst mit dem Restschwung das Boot in die Schleuse zu steuern hat und ich die Schleppleine von der Brücke an Deck werfen muß. Das Festmachen in der Schleuse erspart mir sogar den Weg über die Leiter, denn ich bin ja bereits oben.
Aber dann das Schwungnehmen beim Ausfahren aus der Schleuse!
Das kostet Kraft.
Manchmal bleibt die Leine an einem Pfahl am Leinpfad hängen, dann muß ich sie blitzschnell enttörnen und die Leine wieder stramm holen. An einer Ausweichstelle wird der Kanal etwas breiter, Horst bleibt in der Mitte, da ist unsere Leine zu kurz, fährt Horst näher auf mich am Ufer zu, droht er aufzubrummen.
Das wäre der schlimmstmögliche Fall, denn wie will man ohne Motor und ohne fremde Hilfe da wieder freikommen ?
Wanderer, die uns entgegenkommen, haben ein aufmunterndes Sprüchlein für mich drauf, ich stelle mir Wandern durch die Vogesen doch etwas anders vor!
Mittags brennt die Sonne erbarmungslos vom Himmel, ich schwitze wie ein Treidelpferd und meine Hände werden von der nassen Leine weich und wund.
An Schleuse 21 fragt uns die Bewohnerin des Schleusenhauses nach dem Grund für unsere Mühe und verspricht uns, ihren Neffen um Hilfe zu bitten. Der sei Automechaniker bei Peugeot und könne uns vielleicht weiter helfen.
Wir wollen aber nicht warten, sondern so weit kommen, wie es die Schleusungen heute noch gestatten. Bis Schleuse 14, so rechne ich, müßten wir es noch schaffen, das wäre ein Tagespensum von 16 Kilometern.
Gegen Abend überholt uns auf dem Treidelweg ein Auto.
Der Fahrer kann etwas deutsch und kündigt an, dass an Schleuse 14 sein Schwager mit seinem Sohn kommen würden, um unser Getriebe anzusehen. Garantiert, Jungs, könnt ihr morgen wieder fahren!
An Schleuse 14 kommt tatsächlich die Erlösung. Zumindest für mich, denn die beiden Männer müssen an Bord steigen, die Backskiste ausgeräumt und die komplette Getriebeschaltung freigelegt werden. Das Chaos an Bord ist kaum zu überbieten. Dann riecht es nach Schweiß und Motoröl. Das Gestänge wird ausgeklinkt und der Motor angelassen. An der tiefsten Stelle der Backskiste ist hinter dem Motor am Saildrive, dem Getriebe, ein kleiner Nippel, mit dem man mit der Hand die Gangschaltung betätigen kann. Damit könnte man mit Motorkraft fahren. Der Einganghebel, mit dem man vom Cockpit aus schalten konnte, der ist allerdings hoffnungslos korrodiert und muß bei nächster Gelegenheit erneuert werden.
Die ist vielleicht in Epinal bei VOLVO Service.
Inzwischen ist es dunkel geworden, wir verabschieden unsere Helfer mit herzlichem Dank. Heute reicht es nur für einen kurzen Abendimbiß, bei dem ich fast nur trinken muß, das hatte ich am Tage wohl vergessen.
Jede Schleuse hat eine Nummer und einen Namen, hier hat der frühere Wärter noch Schnitzereien zum Schmuck hinterlassen.
Sonnabend, 15.September 2007
die letzten 13 Schleusen vor der Scheitelhaltung folgen in immer kürzeren Abständen, verläßt man eine Schleuse, dann sieht man schon die nächste.
Horst hat die Klamotten wieder in die Backskisten verstaut und meint, Treideln bei den kurzen Abständen sei wohl einfacher als zu motoren, weil einer sonst ständig in der Backskiste kauern müßte, um die Getriebeschaltung zu betätigen. Und so hält sich das Chaos an Bord auch in Grenzen.
Leider beginne ich den Tag schon mit Muskelkater, der durch das immer kürzere Beschleunigen des Kahns beim Ausfahren aus den Schleusen auch nicht besser wird.
Immerhin freue ich mich, dass die Nummerierung der Schleusen nun einstellig wird.
Wenn wir erst oben in der Scheitelhaltung sind, dann kommen 18 km Strecke ohne Schleuse, dann probieren wir die Motorfahrt. Doch bis dahin wird es 16 Uhr. Als wir endlich die Schleuse 1 hinter uns haben, ziehe ich ein letzes Mal stramm an und finde nun keinen Leinpfad mehr vor. Der Kanal führt in eine Schlucht und ist auf beiden Seiten dicht bewachsen, jetzt bleibt nichts anderes als Motoren!
Doch als ich vom Ufer aus auf den Steven ins Boot gesprungen bin, treibt das Boot seitlich davon und dreht sich, so dass wir mit dem Steven rückwärts stehen.
So können wir kein Wendemanöver unter Motor riskieren! Wieder an Land springen und versuchen, das Boot mit zwei Leinen zu wenden, erweist sich bei leichtem Gegenwind als fast unmöglich. Endlich haben wir den Kahn gewendet, aber wo kann ich nun an Bord springen ?
Nur unter einer Brücke gelingt es, und anschließend wird der Motor angelassen, Vorwärtsgang eingelegt und los geht es! Wieviel einfacher ist es doch, so durch die Landschaft zu gleiten!
Die Scheitelhaltung des Canal de l'Est ist zugleich landschaftlich der Höhepunkt, etwa in der Mitte finden wir einen Rastplatz, an dem wir die Nacht zubringen.
Sonntag, 16.September 2007
Sogar sonntags wird geschleust, so haben wir schon heute die Chance, bis Epinal zu kommen. 13 Schleusen bergab bringen wir in nur 5 Stunden hinter uns, wobei sich nun erweisen muß, ob wir ein eingespieltes Team von Steuermann an Deck und Maschinist in der Backskiste sind.
Doch beim Talschleusen geht alles etwas einfacher und nachträglich frage ich mich, weshalb wir gestern überhaupt noch treideln mußten.
In Epinal erkundigen wir uns nach VOLVO PENTA und erfahren, dass es den hier nicht gibt, allenfalls einen Autohändler mit Volvo-Vetretung.
Der ist ausgerechnet an der höchstgelegegen Stelle der Stadt hoch im Vogesen, ich brauche dorthin per Rad eine gute Stunde, um dort zu erfahren, dass morgen die Firma ihr 40jähriges Bestehen feiert, an Service wird da nicht zu denken sein.
Im Handbuch finden wir nur in Sedan, fast noch 200 km von hier, die Adresse eines Volvo-Vertreters für maritime Diesel.
Vielleicht schaffen wir das noch, solange wir zu zweit sind.
Für die Schönheiten der Stadt haben wir kaum einen Blick, Horst, weil ihn der Zeitdruck treibt, ich, weil mir der starke Verkehr auf dem Rad alle Konzentration abverlangt.
Schade, und das am wahrscheinlich letzten Tag mit herrlichem Spätsommerwetter.
Montag, 17.September 2007
Unser Wettlauf mit der Zeit wird schon an der ersten Schleuse gebremst. Wir sehen kurz vor uns eine voll beladene Penichette in die Schleuse einlaufen. Da kommen wir nicht mit rein und müssen warten.
Es geht nun im Tal der Mosel zwischen Hauptstraße, Bahn und Fluß nach Norden, der Fluß besteht aus zahlreichen Kiesgruben, deren Ausbeute in Spezialschuten auch noch auf dem Wasser transportiert wird, das brockt uns neue Wartezeiten ein, am Ende regnet es auch noch, so kommen wir gerade einmal 16 km weiter bis Charmes.
In gedrückter Stimmung machen wir uns unser Abendbrot und rechnen, wie weit wir es morgen wohl schaffen könnten.
Dienstag, 18.September 2007
um kurz vor 9 Uhr sind wir an der Schleuse, doch dort wartet man auf eine Peniche, die vor uns Vorfahrt hat. Die kommt auch tatsächlich mit hohem Tempo auf das noch geschlossene Tor zugelaufen und der Schleusenwärter schafft es gerade noch voher, das Tor zu öffnen.
Was wir sehen, ist maximale Zeitausnutzung und Millimeterarbeit.
Wir hätten nicht den Mut gehabt, mit einem solchen Tempo auf ein geschlossenes Tor zuzufahren. Anschließend werden wir flott durchgeschleust und sehen nun gute Chancen, schnell weiterzukommen.
Aber die Penichette vor uns kann nicht überholt werden, sie bestimmt das Tempo und der Gegenverkehr, auf den auch sie warten muß.
Heute wenigstens Toul zu erreichen, können wir vergessen.
Das Wetter trägt zur miesen Stimmung bei und als uns der Kanalservice schon gegen 17 Uhr einen Liegeplatz am Kanalufer zuweist, obwohl doch bis 18 Uhr geschleust wird, sind wir richtig sauer. Immerhin liegen wir wieder einmal inmitten schönster Natur über Nacht, aber ohne Baguette am nächsten Morgen. Man kann uns nichts mehr recht machen.
Mittwoch, 19.September 2007
Immerhin hat es sich nachts gründlich ausgeregnet, so dass heute Platz für die Sonne bleibt. Auch die Kanalstrecke hat Spektakuläres zu bieten, nämlich das Aquädukt über die Mosel, das fotografisch in allen Einzelheiten festgehalten wird.
Vorbei an Campingplätzen mit Wohnbooten von Aussteigern kommen wir schon mittags an die letzte Kanalschleuse, um dann inmitten von Eisenhütten in die erste riesige Schleuse der kanalisierten Mosel einzulaufen.
Die Fahrt moselabwärts im aufgestauten Bereich vor der nächsten Schleuse ist landschaftlich wieder ein Genuß, wäre da nicht der Zeitdruck, unbedingt noch heute bis Toul kommen zu wollen.
Wir schaffen es am Ende, sind noch bei Tageslicht fest im Port de France mitten in der Schleusentreppe des Verbindungskanals zur Maas. Hier ist sogar eine kleine Marina mit kalten Duschen, wir sind die einzigen Gäste, die Hafenmeisterin ist nur per Handy erreichbar. Nebensaison eben.
Donnerstag, den 20.September 2007
den letzten Tag, den ich noch an Bord sein kann, wollen wir nutzen, um wenigstens die Reparatur vorzubereiten.
Unsere Nachfrage bei der Touristinformation ist wieder nierderschmetternd: Kein VOLVO PENTA hier mitten im Binnenland.
Am Kartentelefon am Hafen versuche ich dann, VOLVO Europe in Kiel zu erreichen, werde auf eine belgische Telefonnummer verwiesen, die mich weiter an die Firma Spürkel in Bochum verweist. Da ist dann mitten im Gespräch die Telefonkarte verbraucht, die nächste muß her. Wiederholt besetzt, auch dabei entsteht wieder Zeitdruck. Wie lange arbeiten die in Bochum freitags ?
Endlich bekomme ich den dortigen Service, schildere unser Problem und erfahre sofort, dass für diesen Motortyp kein Ersatzteil mehr verfügbar ist.
Da müssen wir eine komplett andere Schaltung haben, die wahrscheinlich größere Umbauten am Boot erfordert.
Klar ist jedenfalls: Wenn wir dann endlich das Ersatzteil hier hätten, dann kann es nur ein Fachmann einbauen.
Und den gibt es hier nicht.
Für die Bedienung des Bootes beim Weiterfahren sind unbedingt zwei Mann erforderlich, einer davon schlank genug, um ständig in die Backskiste klettern und wieder herausklettern zu können.
Das kann bedeuten, dass Horst das Boot in Toul wird einwintern müssen. Ich muß morgen abreisen und ihn mit seinen Problemen allein lassen.
Hier ganz unten liegt das Problem, von Hand schalten zu müssen, während der Steuermann oben in die Schleuse steuern muß.
Aufbruch: | 06.09.2007 |
Dauer: | 16 Tage |
Heimkehr: | 21.09.2007 |
Frankreich