Albanien – Einblicke in ein für Deutsche unbekanntes Land

Reisezeit: Juli / August 2008  |  von Katja Döring

Die letzten Tage in Tirana

Zurück in Tirana musste mein Freund wieder arbeiten und ich machte mich Tag für Tag oder besser gesagt, Vormittag für Vormittag auf, die Stadt zu erkunden. Vormittag für Vormittag deswegen, weil man auf Grund der im Hochsommer herrschenden, teilweise unerträglichen Temperaturen ab der Mittagszeit freiwillig schattige oder noch besser, klimatisierte Orte aufsucht. Ich bin, was Hitze betrifft, wirklich ziemlich unempfindlich, aber die alltäglichen 34°-38° Grad im Schatten, schafften sogar mich. Da ich die ersten Tage in Tirana meistens einfach nur jemandem hinterher gelaufen war, verschaffte ich mir nun erst einmal einen Überblick über die Umgebung, immer schön mit dem Stadtplan bewaffnet.

Die Oper am Skanderbegplatz mit dem Skanderbegdenkmal und der Et'hem-Bey-Moschee

Die Oper am Skanderbegplatz mit dem Skanderbegdenkmal und der Et'hem-Bey-Moschee

Die weiteren Tage besichtigte ich nochmals den Skanderbegplatz, mit Oper, Nationalmuseum, dem Glockenturm und der Et'hem-Bey-Moschee, sowie den umliegenden Regierungsgebäuden.
Dann ging es weiter den Boulevard Deshmoret e Kombit entlang bis zum Youth Park mit dem Taiwan. Tagsüber kann man sich hier gemütlich auf eine Bank setzen, mit Blick auf den schönen Springbrunnen und tatsächlich mal den Tumult der Hauptstadt etwas hinter sich lassen. Der Park ist zwar nicht besonders groß, aber recht schön angelegt und ab dem frühen Abend kann man hier alle möglichen und unmöglichen Dinge kaufen: alte Bücher oder Zeitschriften, Sonnenblumenkerne, Zigaretten, Feuerzeuge oder man bezahlt einfach 20 Leke dafür, dass man sich auf einer uralten Waage wiegen lässt. Ich habe allerdings nie jemanden gesehen, der das tatsächlich getan hat.

Skytower

Skytower

Blick auf die Pyramide

Blick auf die Pyramide

Ganz in der Nähe liegt die Pyramide oder auch der Sky Tower und auf der anderen Straßenseite des Taiwan, bzw. auf der anderen Seite der Lana, zu Füßen des Skytowers, beginnt das Blokku. Ich muss sagen, dass ich selten eine Stadt erlebt habe, in der sich so viele einladende Restaurants, Bars und Cafès so nah aneinander reihen. Ich denke, dass hier wirklich für jeden Geschmack etwas dabei sein muss.

Taiwan

Taiwan

Entweder quer durchs Blokku oder aber den Boulevard Deshmoret e Kombit weiter entlang bis zum Mutter Tereza Platz, an dem auch praktisch das Sheraton Hotel liegt, erreicht man dann den Tirana Grand Park. Ein größtenteils naturbelassener Park mit einigen asphaltierten Wegen und vielen Trampelpfaden quer durch. Den Rundweg entlang kommt man früher oder später dann auch an den Tirana Lake, einem kleinen, ziemlich schmutzigen See, in dem aber während der Sommermonate tatsächlich auch Kinder planschen und schwimmen. Mitten im Park fand ich dann auch ein Pferd zum Grasen angebunden und jede Menge, vor allem ältere Leute, die sich ein stilles Plätzchen zum sonnenbaden gesucht hatten. Stadtauswärts, am Tirana Lake vorbei, kommt man auch zum Zoo, dem Freibad und dem Botanischen Garten.

Tirana Lake

Tirana Lake

An einem meiner letzten Tage machte ich mich schließlich noch auf zu Tiranas Bazar. Direkt linkerhand vom Bahnhof führt eine schmale Straße hinab, die auf einem relativ großen Platz direkt neben den Bahngleisen endet. Links und rechts dieser Gasse reiht sich ein Stand an den anderen, mit Planen überdachte Innenhöfe, alte Schuppen und ähnliches. Und es ist unglaublich, was man hier alles kaufen kann! Ich begnügte mich mit einem Wasser, aber vor allem Schuhe in allen Farben und Formen und Zuständen kann man hier kaufen, Kleidung aller Art, Lebensmittel, Imbisse wie Döner oder Bürek und, und, und... Und es ist natürlich jede Menge los.

Tirana Grand Park (ein kleiner, gepflegter Teil davon)

Tirana Grand Park (ein kleiner, gepflegter Teil davon)

Auf dem Rückweg hatte ich mal wieder erhebliche Probleme, über die stark befahrenen Straßen zu kommen. Nach 2 Wochen Albanien hatte ich mich eigentlich daran gewöhnt und hatte es mittlerweile sogar schon einige Male erlebt, dass Autos tatsächlich angehalten hatten, um mich über die Straße zu lassen, aber oftmals stand ich auch minutenlang da und wartete auf eine Lücke in dem nicht weniger werdenden Verkehr, um lebend die Straße überqueren zu können. Ich habe gehört, dass allein in Tirana täglich 7 Menschen überfahren werden sollen. Keine ermunternde Statistik eine der stark befahrenen Hauptstraßen kreuzen zu wollen.
Während ich also am Bahnhof stand und versuchte, die drei vor mir liegenden Spuren hinter mich zu bringen, gesellte sich ein Albaner mit seinem Fahrrad zu mir und bedeutete mir, die Straße gemeinsam mit ihm zu überqueren. Er benutzte sein Fahrrad als "Schutzschild" für uns beide und so schafften wir es, unbeschadet über die ersten beiden Fahrbahnen zu kommen. Doch ausgerechnet bei der dritten, relativ ruhigen Spur, wollte er nach links und ich nach rechts und wir hätten uns um Haaresbreite gegenseitig umgerannt. Unter vielen Entschuldigungen trennten sich dann unsere Wege und wenig später stand ich dann vor der 4spurigen Rruga Durresi und schaffte es dann nach guten 5 Minuten und dem dritten Versuch auch hier wieder heil rüber zu kommen. Ich glaube, auch nach 2 Monaten hätte ich mich an diesen Verkehr und die Fahrweise der Albaner nicht gewöhnt

Ein weiteres albanisches Erlebnis war es, Postkarten zu verschicken. Ich kaufte in einem Schreibwarenladen an der Rruga Kavaje ein paar wirklich schöne Karten und da das Geschäft recht ordentlich aussah, fragte ich auch direkt nach Briefmarken. Leider wurde ich enttäuscht und auf die Post verwiesen. Ich wusste, dass am Eingang zur Botschaftsstraße eine kleine Poststelle war und startete, soweit ich mich erinnern kann, drei Versuche meine Karten dort los zu werden. Die ersten beiden Versuche brach ich nach zehn bis fünfzehn Minuten ab, weil sich die Warteschlange nicht einen Meter vorwärts bewegt hatte. Den dritten Versuch brach ich auf Grund "des Rechts der alten Leute" ab. Ich stand als Zweite (!) vor dem Schalter, aber ein Pensionär nach dem anderen stellte sich wortlos vor mich, legte seinen Pass hin und holte das ihm zustehende Geld ab. Nach einer guten Viertelstunde hatte ich die Nase voll, machte mich auf den Weg zum Skanderbegplatz, in dessen Nähe die Hauptstelle der Post sein sollte. Und... et voilá, nach nicht einmal einer Minute hatte ich Briefmarken und nach weiterem kurzen Anstehen die Anweisung, die frankierten Karten vor dem Gebäude in den Postkasten zu werfen.

Normales Verkehrschaos am Skanderbegplatz

Normales Verkehrschaos am Skanderbegplatz

Zum Abschluss meines Albanien-Aufenthalts machten wir an meinem letzten Tag dann doch noch einen kurzen Ausflug nach Durres. Zwar nicht mit dem Zug, sondern mit dem Auto, aber das war vielleicht auch besser so. Mir war erzählt worden, dass die Züge auf einem bestimmten Streckenabschnitt gerne mit Steinen beworfen wurden und man sich dort besser mit eingezogenem Kopf schützte. Die Wagons haben auch alle tatsächlich riesige Löcher in den Scheiben.

Es war Sonntag. Tag der Hochzeiten in Albanien. Auf dem Weg Tirana - Durres, in Durres selbst und den Rest des Tages kamen uns bestimmt an die 30 (!) Hochzeitsgesellschaften entgegen. So etwas habe ich noch in keinem anderen Land erlebt! Es kommt einem so vor, als würden in Albanien mehr Hochzeiten stattfinden, als es Einwohner hat.

Durres gehört auch zu den Städten, in denen die letzten Jahre über sehr viel gebaut wurde. Ein Teil der Innenstadt ist mittlerweile verkehrsberuhigt, sodass man dort entspannt bummeln kann und nur die Hauptstraße überqueren muss, um an die Strandpromenade und den Pier zu gelangen. An diesem Übergang steht der Venezianische Turm. Von hier aus, kommt man der alten Stadtmauer folgend auch zum antiken Amphitheater, um das herum lauter Wohnhäuser gebaut wurden.

Innenstadt von Durres

Innenstadt von Durres

Der Strand in Durres ist, um es kurz zu sagen, widerlich! Auch in Durres Plazh, südlich der Stadt, ist das Wasser nicht unbedingt einladend. Hier boomt zwar der Tourismus und es wird ein Hotel am anderen gebaut, aber die Abwässer werden angeblich geradewegs ins Meer geleitet und durch die Strömung kommen die ganzen Abwässer der Stadt und des Hafens ebenfalls hierher. Mir wurde gesagt, dass man wohl nördlich von Durres bei Porto Romano schön baden gehen kann.
In Durres liegt außerdem das Zentrum der Albanischen Eisenbahn, auch wenn man das nicht wirklich glauben kann, wenn man das Bahnhofsgebäude sieht, aber von hier aus verkehren Züge nach Shkodra, Vlora, Pogradec und natürlich Tirana.
Oberhalb von Durres auf einem fast die ganze Stadt überblickenden Hügel, liegt die Villa des Königs Zogu. Von hier aus hat man einen fantastischen Blick auf die Stadt, den Hafen und die gesamte Bucht südlich der Stadt. Hier oben hat es einen kleinen Kiosk und es war schön, zum Abschluss diesen herrlichen Blick bei einem eiskalten Tirana Bier genießen zu können.

Badende Albaner an der Promenade von Durres

Badende Albaner an der Promenade von Durres

Am nächsten Tag ging es dann nachmittags mit Adria Airways und viel Verspätung über Ljubljana zurück.
Aber in Gedanken bin ich auch heute noch gerne in Albanien. Wie eigentlich jeder Deutsche, war ich ziemlich skeptisch bevor ich hierher gekommen bin und hatte nicht wenige Vorurteile. Aber ich habe ein wunderschönes Land, mit freundlichen, offenen Leuten kennen gelernt und mit einem großen Potenzial. Ich könnte mir vorstellen, dass Albanien mit einer verbesserten Infrastruktur, einigem Engagement und Umdenken, vor allem auch seitens der Regierung und dem entsprechenden Marketing anderen Adria-Anliegern bis in einigen Jahren vielleicht sogar den Rang ablaufen könnte. Bis dahin muss sich noch einiges tun, aber jedem, der etwas abenteuerlustig ist, nicht all zu hohe Ansprüche hat und das ein oder andere Manko mit einem Lächeln oder Augenzwinkern abtun kann, kann ich dieses Land nur wärmstens empfehlen. Ich glaube jedenfalls, dass ich zwar zum ersten, aber nicht zum letzten Mal in Albanien gewesen bin.

Blick von der Villa Zogu

Blick von der Villa Zogu

© Katja Döring, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Meinen Sommerurlaub 2008 verbrachte ich in Albanien. Wie viele Deutsche hatte auch ich ziemlich viele Vorurteile. Mit diesem Bericht, hoffe ich diesen entgegenwirken zu können und den Lesern einige Einblicke in ein schönes Land, mit freundlichen Menschen geben zu können und vielleicht auch den ein oder anderen Tipp für an Albanien interessierte Leute.
Details:
Aufbruch: 25.07.2008
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 11.08.2008
Reiseziele: Albanien
Der Autor
 
Katja Döring berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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