Trekking-Tour durch Nordindien

Reisezeit: März / April 2009  |  von Antonia Bäder

Reisebericht: Kapitel 6: Rishikesh bis Delhi

18.04.09
War die letzten Tage ganz schoen still um uns, ne? Das lag daran, dass wir unsere Reise kurzfristig fuer eine kleine Exkursion in ein indisches Krankenhaus unterbrochen haben. Wir wollten so eine Institution schon immer mal von innen sehen. Dabei durften wir feststellen: Untersuchungen, Infusionen, Injektionen und der ambulante Aufenthalt (ein halber Tag) sind umsonst - zumindest, wenn man das Krankenhaus ueber die Notaufnahme betritt...
Dort herrschte ein ziemliches Durcheinander, da sich etwa 20 Kranke (inklusive ihrer Familien) auf 2 Aerzte stuerzten. Und wir mittendrin! Zum Glueck bewies unser indischer Taxifahrer ein starkes Durchsetzungsvermoegen und so wurden wir ziemlich schnell behandelt. Vielleicht lag es aber auch daran, dass eine von uns vor Kreislaufschwaeche fast zusammengerochen waere. Als wir den Behandlungsraum betraten, war es uns egal, dass wir uns auf Liegen mit undefinierbaren Flecken untersuchen lassen mussten. Allerdings wunderten uns die Flecken nicht mehr, als wir die offensichtlichen Leiden und Krankheiten der anderen Patienten sahen (eitrige Augen und Muender, offene Beine, Platzwunden, verkrustete Hautexzeme, usw.).
Die Situation bekam trotzdem einen gewissen Humor, und zwar dadurch, dass wir auch hier im Krankenhaus wieder mal die Attraktion des Tages waren: Alle um uns herum liegenden und sitzenden Patienten starrten uns waehrend der Behandlung an (unser Taxifahrer auch). Die Aerzte allerdings kamen sehr kompetent, pragmatisch und routiniert 'rueber. Was Hygiene angeht, bestand zwischen dem Krankenhaus und einem oeffentlichen Bahnhof allerdings kein grosser Unterschied. Zum Glueck kamen unsere Infusionsnadeln aus einer sterilen Verpackung. Denn alle anderen Instrumente und Geraete, die wir so sahen, waren veraltet, rostig, schmutzig und/oder kaputt. Wir sind nicht sicher, ob an solch einem Ort nicht mehr Krankheiten erzeugt als geheilt werden. Deshalb waren wir auch so dankbar, das Krankenhaus nach ein paar Stunden wieder verlassen zu duerfen.

Wir glaubten schon ein schlimmes Andenken an das Krankenhaus mitgenommen zu haben, als sich am naechsten Tag bei einer von uns am Arm ein roter Strich bildete - dort, wo die Infusionsnadel gesteckt hatte. Das war der Zeitpunkt, an dem wir ernsthaft ueberlegten, die Reise abzubrechen. Da ueber Nacht der Strich aber etwas verblasst war und sich unser Gesundheitszustand ein wenig verbessert hatte, entschieden wir, nach einem weiteren Tag Bettruhe die Fahrt nach Rishikesh anzutreten.

Hier in Rishikesh kann man sowieso nichts weiter tun als zu meditieren, Yoga zu lernen, massiert zu werden - also einfach nur zu entspannen. Das passt gerade ganz gut . (Trekking-Touren und WW-Rafting gibt's zwar auch noch, haben wir aber aus dem Programm genommen ).
Entlang des Ganges befinden sich unzaehlige hinduistische Schreine, Ashrams und Tempel. Hier gibt es ein wunderschoenes Ganges-Panorama, das man am besten vom 13-stoeckigen Shri Trayanbakshwar-Tempel aus bewundern kann. Der Ganges ist hier uebrigens echt sauber. Jessi hat sich sogar mit dem heiligen Wasser das Gesicht abgekuehlt. Mal sehen, ob sie Ausschlag bekommt oder ihr irgendwann ein Heiligenschein waechst (Toni tippt ja eher auf Ausschlag). Ansonsten kann man hier schoen shoppen, Lassi trinken und die ersten Souvenirs erhandeln.

Tempel: Shri Trayanbakshwar und Swarg Niwas

Tempel: Shri Trayanbakshwar und Swarg Niwas

Hier der dekorative Abschluss unseres Rishikesh-Aufenthaltes!

Hier der dekorative Abschluss unseres Rishikesh-Aufenthaltes!

23.04.09 Dharamshala
Unser letzter Nachtzug brachte uns nach Dharamshala/Mc Leod Ganj. Die Maus/Ratte, die Jessi gesehen haben will, und ein Dutzend schnarchender Maenner und Keuchhusten-geplagter Kinder machen uns den Abschied von indischen Nachtzuegen nicht gerade schwer. Aber nun sind wir mal wieder am Fusse des Himalaya - diesmal im Norden Indiens bei angenehmen 20 Grad, einem frischen Lueftchen und gelegentlich ein paar wenigen Regentropfen. Hier kann man's aushalten. 
Im Gegensatz zu Darjeeling, wo man nepalesische Einfluesse merkte, ist Mc Leod Ganj eher tibetisch. Denn hier residiert die tibetische Exilregierung (auch seine Heiligkeit der IVX. Dalai Lama). Die "Residenz" ist uebrigens ziemlich unspektakulaer: ein kleines holzverkleidetes, blau angestrichenes Haeuschen mit Blumen im Fenster.
Rot-orange gekleidete buddhistische Moenche praegen das Bild des Ortes. Sie leben in Kloestern und Tempeln, die fuer die Oeffentlichkeit weitestgehend zugaenglich sind. Der groesste ist sicher der Tsuglakhang-Komplex mit dem Kalachakra-Tempel und der Namgyal-Gompa.
Es gibt aber auch Spuren der christlichen Religion: "The Church of St. John in the Wilderness" zeigt, dass Dharamshala frueher einmal eine englische Hillstation war. Das war aber lange bevor die Tibeter hier um Asyl baten. Die bis heute anhaltende Leidensgeschichte Tibets kann man in einem beeindruckenden Museum erfahren. Wir sind ueberrascht, wie wenig davon in unseren Medien bekannt gemacht wird...
Was uns ausserdem in Erinnerung bleiben wird, ist die wunderschoene Natur. Vom Fenster unseres Hotels aus haben wir einen netten Blick auf die schneebedeckten Berge. Wir haben sie natuerlich nicht nur von Weitem gesehen, sondern auch erklettert - zumindest ein bisschen. Eine 10 km-Wanderung brachte uns bis an die Baumgrenze. An der Bergstation Triund wurde uns klar, wie lecker eigentlich eine Maggi-Tueten-Nudelsuppe sein kann. Nach dieser wohlverdienten Staerkung waren die 10 km Rueckweg ein Klacks. (Naja, ehrlich gesagt haben wir hinterher ganz schoen unsere Knie gemerkt, sowas ist halt nix mehr fuer alte, untrainierte Frauen.)

Aber auch wenn der Weg nach Triund aeusserst beschwerlich ist, zieht es viele Touristen nach da oben. Ausser einer ganz besonderen Art von Reisenden, von uns liebevoll die "Oekis" genannt. So ein Oeki ist ueblicherweise daran zu erkennen, dass er schmuddelig wirkt, verzottelte Haare a la Bob Marley und gammelige Schlabberklamotten traegt. Die Hauptbeschaeftigung von Oekis ist vermutlich ´Rumhaengen, und das meistens in Gruppen. Nie sehen wir solche "coolen" Leute beim Sightseeing, beim Wandern oder in Tempelanlagen, sondern eigentlich nur in Bars, Internet-Cafes und Klamottenlaeden. Aber vielleicht sind sie durch Yoga- und Meditationskurse in hoehere Bewusstseinsebenen vorgestossen als wir sie je erreichen werden...
Moeglicherweise ist das auch der Grund dafuer, dass wir die Oekis immer nur an "kultigen" Orten und nicht in groesseren Staedten getroffen haben. Aber dennoch tragen sie zur besonderen Atmosphaere von Dharamshala, Rishikesh oder Pushkar bei, an die wir nach unserer Weiterreise bestimmt noch oft denken werden.
Ueberhaupt fragen wir uns, was wir wohl alles vermissen werden, wenn wir in nicht mal einer Woche wieder zu Hause sind. Dazu gehoert sicher die Gelassenheit der Menschen hier, die sich auch auf uns uebertragen hat. Es mag vielleicht erschreckend klingen, aber auch an die Armut und das Elend haben wir uns gewoehnt. Das heisst aber nicht, dass wir abgestumpft sind: Bilder von Krankheit, Hunger und Obdachlosigkeit haben sich uns fest eingepraegt. Wir werden nicht traurig sein, diese Anblicke hinter uns zu lassen. Was wir hingegen sehr vermissen werden, ist das Gefuehl des Abenteuers beim Erkunden dieses fuer uns einzigartigen Landes.
Nichtsdestotrotz freut sich Jessi schon wahnsinnig auf zu Hause, waehrend Toni immer noch ueberlegt, ob sie nicht ihren Sikh heiraten und in Indien bleiben sollte . Nee, jetzt mal im Ernst: Wir haben gemerkt, dass diese Reise unser Fernweh nicht gestillt hat, sondern eher noch Lust auf neue Ziele macht. Naja, wir sind ja noch jung...

25.04.09: Amritsar (letzte Station)
Die Haesslichkeit der Stadt macht der Goldene Tempel wirklich wett - am besten um sechs Uhr Frueh zum Sonnenaufgang. Dann erstrahlt der Goldene Tempel in dem rosa Licht wirklich "guelden". Aber selbst um diese Zeit muss man schon mit 1,5 Stunden Warten rechnen, waehrend der man sich mit Hunderten von Sikhs ueber die schmale Bruecke schiebt, die zum "Hari Mandir Sahib" fuehrt.
In Amritsar schlaegt das Herz des Sikhismus und der heiligste Schrein der Sikhs steht, fuer jeden offen, im Goldenen Tempel. Sikhs sind hauptsaechlich an den charakteristischen Turbanen zu erkennen. Wir finden ja, dass ein Sikh dadurch wie ein "Sarotti-Mohr" aussieht.
Aber in Wirklichkeit verleiht ihr Aussehen den Sikhs etwas sehr Charismatisches, Wuerdevolles und Exotisches. Hier hat man am meisten das Gefuehl von 1001 Nacht.
Neben dem Goldenen lohnen aber auch die anderen Tempel einen Besuch, darunter der Shri Durgiana-Tempel. Er ist hinduistischen Goettern geweiht, architektonisch aber dem Sikh-Tempel stark nachempfunden. Dem Original kann er aber dann doch nicht das Wasser reichen. Ein Besuch im Mata-Tempel ist eher eine lustige Erfahrung. Man hat das Gefuehl, durch einen religioesen Erlebnispark zu gehen. Dazu gehoert durch Hoehlen zu kriechen, durch Wasser zu waten - und das alles auf verschiedenen Ebenen. Mit dem Besuch des Jallianwala-Bagh, in dem ein Denkmal an das Blutbad von 1919 erinnert (fuer Interessierte: www.google.de), hat man dann auch alles Wichtige von Amritsar gesehen. Wie schon am Anfang gesagt, der Rest ist heasslich, vermuellt, siffig...na, ihr wisst schon, eben wie andere indische Staedte auch.
So wie wir den Tag begonnen haben, beenden wir ihn auch, und zwar relaxend am Goldenen Tempel - diesmal mit Sonnenuntergang.

27.04.09: Delhi
Mittlerweile sind wir wieder in Delhi - zum dritten und letzten Mal waehrend unserer Reise. Da wir hier inzwischen so ziemlich alles gesehen haben, was uns interessiert, gibt es kaum noch etwas zu tun ausser auf den Rueckflug zu warten. Und das tun wir auch gerade, bei wieder mal 40 Grad Celsius im Schatten. Bevor es dann morgen nach Huase geht, werden wir noch unsere restlichen Rupien irgendwie unters Volk bringen, vielleicht fuer einen Sari, Souvenirs oder Aehnliches.

Wir haben ueberlegt, ob es so etwas wie ein gemeinsames Fazit der Reise fuer uns gibt, und was das sein koennte. Aber jede von uns hat dazu ihre eigenen Gedanken und die sind doch ganz schoen verschieden. Einig sind wir uns aber darin, dass wir Indien nie vergessen werden. Unsere Erlebnisse und Erfahrungen sowie auch die Tatsache, dass wir sie gemeinsam machen konnten, werden unser Leben bereichern.

© Antonia Bäder, 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist tatsächlich so weit: Jessi und ich fahren nach Indien, genauer nach Nordindien. Wir wissen, dass wir beide die Kultur, die Menschen, das Land in all seinen Facetten kennen lernen wollen. Wir wissen, dass auf uns ein völlig anderes Leben als in Deutschland wartet. Und darauf sind wir gespannt und neugierig. Na ja und ein bissl Angst vor dem Ungewissen ist auch dabei. Aber Jessi und ich, wir passen schon auf einander auf...
Details:
Aufbruch: 03.03.2009
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 28.04.2009
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Antonia Bäder berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.