zurück im organisierten chaos - von süd nach nord: indien 2008
19.02.08 - 22.02.08 Goa - Palolem Beach
Mysore - Palolem
Irgendwann gegen Abend verlassen wir Mysore zusammen. Das letzte Mal, vor rund einem Jahr blieb Saleem in Mysore zuruck, nun reisen wir gemeinsam gen Goa. Ein gutes Gefühl und ich freue mich auf den kommenden Trip mit ihm. Letztlich haben wir beide lange genug darauf gewartet, endlich kann es nun losgehen.
Unser Bus sieht ziemlich klapprig aus und zugleich wird mir bewusst, dass es dies mal wieder eine holprige Nacht werden wird. Wir hupen uns durch Mysore, lassen diese schöne Stadt hinter und fahren durch die Pampa. Wie zu erwarten war lasst das Geschleuder nicht allzu lange auf sich warten und es ist vorbei mit der entspannten Fahrt. Doch es dauert auch nicht lange und wir kommen wieder zum Stehen: Stau. Mitten im Nirgendwo, wahrscheinlich gab es einen Unfall.
Doch irgendwann geht es weiter unserem Ziel entgegen.
Irgendwann in der Früh, es mag wohl so gegen 5h sein, kommt unser Bus abrupt zum Stehen. Recht uns links von uns sind einzig Palmen in der Morgendämmerung zu erkennen, die erhoffte Stadt in der wir hätten ankommen sollten leider nicht. Etwas verpennt verlassen wir den Bus und erfahren, dass an eine Weiterfahrt wohl erst mal nicht zu denken sei - aufgrund eines Streiks wird die Straße blockiert. Und das soll wohl auch die kommenden Stunden so bleiben.
Ich könnte durchdrehen, bin hundemüde und will verdammt nochmal einfach nur das Ziel erreichen um von dort entspannt weiter nach Palolem Beach reisen konnen, eine Hütte zu mieten und etwas zu entspannen. Offensichtlich wurde mein Wunsch unmittelbar erhört, denn aus irgendeinem Grund habe ich das Gefühl nicht allzu weit von Palolem Beach entfernt zu sein. Zwar sind weder irgendwelche Hütten, noch das Meer zu sehen geschweige denn zu hören, aber irgendwie bin ich mir plötzlich sicher. Und siehe da, sie Strase ist unmittelbar dort blockiert, wo wir hatten aussteigen müssen wenn wir gewusst hätten, dass der Bus an Palolem Beach vorbei fahrt. Besseres konnte uns also nicht passieren, andernfalls wären wir nämlich noch rund 80km in die nächste Stadt gefahren und hätten von dort aus schauen mussen, wie wir nach Palolem kommen.
Wir schultern also unsere Rucksack, ich mein Monstrum, Saleem sein Monsterchen und brechen in jene Richtung auf, in der wir den Strand vermuten. Die Ausläufer der Hügel im Rücken, bahnen wir uns unseren Weg durch die Palmen und durch irgendwelche Plantagen, als in der Ferne auch schon die ersten Hütten auftauchen. Langsam erwacht die Welt, es ist ein einziges Gezirpe und Gesumme, der Himmel wird zunehmend heller.
Wir laufen durch einen richtigen Palmenhain und sehen, langsam auf uns zukommend, das Meer. Zwar bin ich hundemüde, zugleich aber auch extrem glücklich als meine Füße den weichen Sand berühren. Also lassen wir uns in den Sand fallen und verweilen einige Minuten. Ich denke an das letzte Jahr, an Hannah, Gesine und daran wie extrem glücklich ich damals war und welche hohe Relevanz die Entscheidung für mich hatte nach Indien zu reisen. Und daran, dass es damals wie heute wohl eine der besten Entscheidungen meines Lebens war. Für Saleem ist es das erste Mal in seinem Leben, dass er am Meer ist.
Langsam geht die Sonne weiter auf.
Nach der ruhigen Verschnaufspause wollen wir versuchen eine Hütte zu suchen und schon geht der Stress wieder los. Entweder uns werden vollkommene Wucherpreise angeboten (u.a. auch in jenen Hütten, in denen ich ein Jahr zuvor gepennt habe) oder aber es ist mehr als deutlich, dass Saleem nicht willkommen ist. Im besten Fall: Eine Kombination aus beiden, um das eine zu verhindern.
Die Erinnerungen an das letzte Jahr werden wieder wach, auch damals gab es vergleichbare, unschöne Erlebnisse in einigen Hotels, wie zum Beispiel in Mumbai. Ich werde zunehmend wütender und muss mich total zusammenreisen um nicht ausfallend zu werden, auch wenn mir jedwedes Verstandnis fur diese Ignoranz und Intoleranz fehlt.
Irgendwann werden wir dann aber zum Glück doch noch fündig, der Besitzer ist halbwegs in Ordnung, die Hütten halbwegs schön und wir somit halbwegs zufrieden. Da wir beide noch ziemlich k.o. sind und es auch noch immer früh am Morgen ist, kriechen wir nochmals in unser Bett und lassen ein paar Stunden bis zum Morgen vergehen.
Es ist schon verdammt heiß und die Sonne knallt vom Himmel, als wir aufstehen und uns die nächsten zwanzig Meter zum Restaurant bewegen. Dort angekommen gibt es erstmal Frühstück, ich freue mich extrem über saftig süßes Obst und Müsli, Saleem bleibt auf seinen Wunsch hin bei Chapatti. Ich versuche ihn zwar die ganze Zeit zu mehr zu bewegen, doch trotzdem bleibt dieses für die kommenden Tage eine seiner Hauptmahlzeiten, ergänzt mit einigen Currys. Einmal jedoch gehen wir gemeinsam im Little Italy essen. Auch dort war ich vor einem Jahr und kann mich erinnern, wie lecker ich die Pizzen dort fand. Naturlich, Goa ist touristisch, Pizza alles andere als indisch, doch irgendwie ist´s auch mal nett und lecker. Und Saleem schmeckt es auch, sogleich er bereits nach 2 Stücken satt ist. Ich nicht.
Die Tage verbringen wir hauptsachlich damit, in der Sonne zu liegen, zu dösen, zu quatschen, den Leuten nachzuschauen und vor allem im kühlen Nass zu schwimmen. Saleem ist dabei richtig cool, extrem glücklich und die ganze Zeit am Lachen. Wirklich, es ist eine wahre Freude die Zeit mit ihm zu verbringen!
Delfintour
Leider verderbe ich mir hier bereits den Magen etwas und verbringe daher einige Zeit abwechselnd in der Hütte und auf dem Klo. Letztlich nicht weiter dramatisch, aber Saleem macht sich offensichtlich große Gedanken und erzählt mir die ganze Zeit, dass ich zwischen "warmen" und "kaltem" Essen trennen muss, wobei dabei nicht die Temperatur, sondern vielmehr die Eigenschaften des Essens selbst gemeint sind. Das Problem: Mein Körper schreit offensichtlich die ganze Zeit nach den falsch temperierten Lebensmitteln und so gerate ich immer wieder mit Saleem in eine Diskussion darüber, was denn nun gerade besser fur mich sei. So richtig einig werden wir uns nicht und die Magenverstimmung wird auch noch fur einige Tage bleiben, doch was soll´s.
Dafür ist der Rest der Zeit umso schöner und entspannender, es ist ganz formidabel mit Saleem am Strand zu chillen und alles andere zu vergessen.
Am letzten Tag, als gemeinsamer Goa-Abschied sozusagen buche ich fur uns zwei eine Delfintour. Wir schippern also mit einem etwas knarzigen Holzboot an der Küste entlang und verschwinden irgendwann hinter einer der Landzungen, die Palolem Beach umgeben. Und tatsachlich: Wir haben Glück und sehen einige Delfine durch das Wasser schwimmen. Zwar ist die ganze Szenerie etwas weniger beeindruckend, wie man vielleicht denken mag und es handelt sich dabei auch nicht um jene Delfine, die durch die Luft springen und vor der Sonne Saltos schlagen, doch trotzdem ist es ziemlich eindrücklich und es gefällt uns mehr als gut.
Nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, dass wir auf der Rückfahrt für einige Stunden an einem "geheimen" Strand anhalten. Geheim deshalb, weil er einerseits extrem klein ist, andererseits nicht ohne weiteres über Land zu erreichen und daher wunderbar versteckt und einsam ist. Wir legen also dort an, waten durchs Wasser an die Küste und legen uns ein weiteres Mal in die Sonne. Links und rechts wird der weiße Strand von riesigen, glatt gewaschenen Steinen begrenzt , vor uns schaukelt unser Schiffchen in den Wogen - wirklich wunderschön.
Nach einigen Badegängen brechen wir langsam auf, die Sonne knallt immer mehr und ich möchte irgendwo in den Schatten. Als wir in unser Boot klettern fällt Saleem leider sein Handy ins Wasser, jenes das ich ihm vor rund einem Jahr geschickt habe und das es uns immer ermöglichte in Kontakt zu bleiben. Blöd, aber sicherlich auch kein Drama, denn das wird auch zukünftig funktionieren, bisher kam dank der indischen Post alles an, also auch ein weiteres Handy.
Nach einiger Zeit kommen wir also wieder am Palolem Beach an, flüchten in den Schatten und genießen unser Mittagessen während wir in die Ferne schauen. In etwa jener Stellung verbringen wir auch den Rest des Tages, so lange, bis die Sonne untergeht und ein weiteres Mal den Himmel in eindrücklich grandiose und unzählige Gelb- und Rottöne taucht. Im Dunkeln laufen wir ein letztes Mal am Strand entlang, hinterlassen ein letztes Mal unsere Spuren im feuchten Sand, die schon bald vom Meer wieder weggespült werden.
Am nächsten Morgen dann brechen wir auf und nehmen einen extrem vollen Bus in Richtung XXX. Dort werden wir dann den Rest des Tages verbringen, bevor von dort wiederum unser Bus nach Aurangabad startet.
Doch zunächst durchstreifen wir die Stadt, die einige relativ brunkvolle und schöne Häuser aufweisen kann. Jene jedoch sind allesamt vergilbt, vergammelt und versifft, haben aber zugleich ihren ganz eigenen Charme und ihre zerbrechliche Schönheit bewahrt.
Nachdem ich eine Apotheke ausfindig gemacht und mich dort mit einigen Pillen und Pulverchen eingedeckt habe gehen wir noch in einem äußerst hektischen, gut besuchten Restaurant essen. Ich habe Hunger wie sonstwas, aber zugleich habe ich Panik, dass die uns bevorstehende lange Busfahrt magentechnisch alles andere als entspannt verlaufen könnte. Zu allem Überfluss müssen wir auch noch die Western Ghats überqueren, und ich kann mich erinnern, wie panisch sich Hannah damals an meinen Arm krallte. Mal sehen was da auf mich zukommt, denn dieses Mal sitze ich am Fenster...
Über die Western Ghats
Unser Bus ist glücklicherweise recht neu und modern. Kurz nachdem wir starten betätigt der Fahrer zwei Knöpfe: jenen für die Klimaanlage, und jenen für die Fernseher. Fortan geht es mit der Temperatur rapide bergab und es wird so kalt, dass wir uns extra Decken kaufen müssen, denn unsere Rucksäcke sind irgendwo in den Innereien des Busses verstaut. Zugleich startet aber auch ein furchtbares Bollywoodprogramm. Zwar liebe ich indische Filme und somit auch Bollywood, aber das ist furchtbar und vor allem furchtbar laut!!! Ich rechne jede Minute damit, dass plötzlich alle Passagiere aufspringen und - analog zum Geschehen im Film - eine kleine Tanzsession im Busgang vollziehen...Wäre ja auch mal was. Stattdessen endet nach 4 Stunden das Geschäpper, denn wir halten an und unser Fahrer verlässt das Bushäuschen um am Rande der Straße einer Gottheit zu huldigen. Vermutlich eine gute Idee, denn jetzt geht es auch promt deutlich bergauf und in steilen Serpentinen schraubt sich unser Bus die Berge hinauf. Was ich dabei rechts von mir sehe ist alles andere als beruhigend, denn dort geht es teilweise einige hundert Meter, mehr oder weniger senkrecht bergab. Leitblanke? Fehlanzeige! Arm zum Krallen? Theoretisch vorhanden, doch Saleem schnarcht gemächlich und ich will ihn nicht aufwecken. Also schließe ich provisorisch mit meinem Leben ab und philosophiere über Fallgeschwindigkeiten, Straßenbreiten, Gegenverkehr und das Können indischer Busfahrer. Unserer jedenfalls scheint seinen Job ganz passabel zu machen, denn einzige Zeit später erreichen wir wohl erhalten die Höhe, fortan geht es gemächlicher weiter und konstant wieder etwas bergab...
Als es draußen schon wieder hell und sehr, sehr heiß ich rasen wir noch immer durch eine staubige Gegend, erreichen dann aber doch noch nach einigen weiteren Stunden endlich unser Ziel: Aurangabad, den Ausgangspunkt nach Ajanta und Ellora.
Aufbruch: | 14.02.2008 |
Dauer: | 8 Wochen |
Heimkehr: | 11.04.2008 |