Zwei Schwaben in Japan
10. Tag: Besichtigung Kyoto 2.Teil
Der letzte Urlaubstag vor der Abreise beginnt. Mit einem bissle Stress beim Frühstück geht es los, wir müssen uns extrem beeilen, da wir keine Zeit haben, aber da sind wir selber schuld daran - wenn man nicht aus den Federn kommt ...
Inzwischen haben wir wie bereits erwähnt sehr viele Sehenswürdigkeiten religiöser Art gesehen, trotzdem gehen wir heute beim 2. Teil Kyoto wieder religiöse Besichtigungswege. Aber es lohnt sich. Wir kommen am größten Shinto-Tor Japans vorbei und besichtigen im Anschluss super-schön angelegte Gartenanlagen sowie einen Tempel mit einer Terrasse, die eine weniger schöne Vergangenheit hat. Da sie sehr hoch gelegen ist, gingen hier schon mehrere unglücklich verliebte Pärchen in den Freitod. Unzählige Möglichkeiten zu beten gibt es hier, auch speziell für Jugendliche gibt es einen Weg zwischen 2 Steinen, den sie mit geschlossenen Augen zurücklegen müssen, damit sich ihr Wunsch in Bezug auf die Liebe erfüllen kann.
Der Garten löst bei jedem Fotografen ein Lächeln aus, da er mit sehr viel Liebe gestaltet wurde und mit sehr viel Sorgfalt gepflegt wird. Wir sehen zwei Gärtner, die Nadelbäume von Hand ausstreifen - um an den richtigen Stellen, den Baum schlank zu bekommen.
Nun trennt sich die Gruppe für eine Stunde. Ein paar genießen die meditative Ruhe bei einem Tee-Zeremoniell während wir anderen auf dem Pfad der Philosophen wandeln. Riesige Spinnen erfreuen das Paparazzi-Herz, doch hinlangen möchte ich trotzdem nicht. Wir sind sehr viel zu Fuß unterwegs, und so kommt bald wieder der Hunger, den wir bei einem leckeren Süppchen stillen. Danach laufen wir in ein Viertel, auf das sich vor allem die Männer in der Gruppe sehr freuen - die Geisha-und Meiko-Area bzw. Geko-Area, wie es der Japaner hier sagt. Leider bekommen wir nur ganz kurz von hinten eine Meiko zu Gesicht. Mich treibt es durch die Gässchen immer der Spürnase nach, aber vorerst bleibt der Wunsch unerfüllt, eine Geisha hautnah zu erleben.
Da es bereits nachmittags ist, wird die Gruppe aufgelöst und jeder kann noch ein paar Erledigungen machen. Mich treibt es eigentlich zurück zum Geisha-Viertel, aber plötzlich kommt alles ganz anders und der Tag nimmt einen ganz anderen Verlauf: vor uns steht eine ältere Japanerin, der wir bereits einen Tag zuvor begegnet sind, die sich riesig gefreut hat, dass Deutsche hier in Japan Urlaub machen. Freudig hatte sie mir sogar einen Kalender geschenkt. Was nun die kommenden Stunden passiert, können wir nur schwer in Worte fassen und mit unserem europäischen Barbaren-Verstand bzgl. Nächstenliebe versuchen zu erklären:
Die ältere Dame nimmt sich 3 Stunden Zeit für uns, führt uns mit gebrochenem Englisch durch Kyoto hindurch ohne auch nur einen Jen zu verlangen. Frau Nakamaro wohnt in einem anderen Geisha-Viertel, kennt hier Gott und die Welt und wen wundert es, dass wir uns plötzlich in einem Geisha-Haus wiederfinden, wo uns eine Freundin von Frau N. Bier ausschenkt, Knabbereien hinstellt und auf einer japanischen Leier Musik macht und dazu singt. Eine One-Woman-Show, welche im Endeffekt 3000 Jen kostet, die wir eigenartigerweise nicht bezahlen müssen. Darüberhinaus bekommen wir druckfrische Geisha-Bilder aus dem Viertel hier einfach so geschenkt. Andi und ich schauen uns an und fragen uns, wo der Haken an der Sache ist! Doch es bleibt dabei, es kommt kein Haken, im Gegenteil, Frau N. ist uns noch bei diversen Besorgungen behilflich, erzählt uns von ihrer Familie und schenkt uns noch einige persönliche Fotos.
Wie können wir das gutmachen? Als kleine Geste der Dankbarkeit laden wir sie in ein winziges, aber süßes Cafe ein. Sie möchte nichts weiter, als dass wir ihr eine Postkarte von unserem Heimatland schreiben. Das werden wir mit Sicherheit machen. Ein wenig stutzig werden wir dann allerdings schon, als sie plötzlich ein Foto hervorholt, das unsere Reisegruppe einen Tag zuvor in Kyoto zeigt. Erstaunlich, sie knippst uns und ausgerechnet einen Tag später treffen wir sie wieder und sie hat "zufällig" das bereits entwickelte Bild unserer Gruppe dabei. Schon bissle komisch, aber inzwischen habe ich aufgehört, darüber nachzudenken und nach einem Haken zu suchen. Wir nehmen es einfach als schönes Urlaubserlebnis und wissen spätestens jetzt, dass es auf dieser Welt noch Menschen gibt, die sich für andere aufopfern bzw. die anderen Gutes tun ohne eine Gegenleistung zu verlangen.
Den Abend und somit den letzten Urlaubstag lassen wir bei einem gemeinsamen Mittagessen mit gemischten Speisen ausklingen - ich hänge doch tatsächlich wieder am rohen Fisch rum, diesmal rohe Krake, rohe Jakobsmuschel, rohe Garnele u.a., tapfer wandert alles in den Magen und bleibt auch dort. Wir haben viel Spaß, stärken die Ost-West-Beziehungen, positionieren uns gegenüber Österreich und haben bei kleinen verbalen Schabernacks mächtig viel Freude!
Der Abschied fällt allen schwer, denn wir waren eine harmonische Supertruppe mit einem Reiseführer, der mehr über Japan weiß, als die Japaner selber.
Nun wird es Zeit Koffer zu packen, selbst durch Einsatz meines ganzen nicht unerheblichen Körpergewichtes dauert es recht lange, viel Schweiß und Verwünschungen bis ich den Koffer zu habe - hoffnungslos überladen. Mal schauen, was der Zoll meint!
Um 2:15 Uhr ist es dann soweit, der Nachtkrabb kann kommen, wir müssen ja erst in 3,5 Stunden aufstehen, oh Schreck!
Aufbruch: | 22.10.2008 |
Dauer: | 11 Tage |
Heimkehr: | 01.11.2008 |