Frankreich 2009 - Katharerland - Zentralmassiv

Reisezeit: September / Oktober 2009  |  von Uschi Agboka

6.-10. Tag - Tal der Dordogne

Sonntag, 27. September 2009 6. Tag

Um 8.30 Uhr werden wir wach, ungestört haben wir geschlafen. Mittlerweile hat sich die Routine entwickelt: Ich verschwinde im Bad, Rolf räumt die Betten weg und baut Tisch und Stühle draußen auf. In der Zwischenzeit bin ich im Bad fertig und kann Rolf alles anreichen, um den Tisch draußen zum Frühstück zu decken. Und dann genießen wir die einmalig schöne Natur. Die ländlichen Gegenden Frankreichs sind nicht stark bewohnt wie es bei uns der Fall ist. Man kann kilometerweit fahren, ohne ein Haus zu sehen. Um 11.30 Uhr fahren wir los, bei herrlichem Wetter, 21 Grad und die Sonne lacht vom Himmel. Über eine kleine alte Straße geht es durch einen ver-wunschenen Wald, wo die Dordogne gestaut wird: Ein riesiger Stausee - Barrage de L'Aigle - umgeben von Wald. Sehr schön. Bald erreichen wir den Stausee Chastang und um 14 Uhr sind wir in Argentat an der Dordogne. Wir sitzen am See und trinken Kaffee. Später schauen wir uns die Altstadt von Argentat an: Es gibt viele hübsche Bürger- und Fischerhäuschen zu bestaunen. Und weiter geht es an der Dordogne entlang bis nach Beaulieu-sur-de-Dordogne, wo wir die Eglise St. Pierre aus dem 12. Jahrh. und die Altstadt besichtigen. Der Bau der Abteikirche begann kurz nach 1100 und dauerte fast 200 Jahre. Es handelt sich um eine typisch geräumige benediktinische Wallfahrtskirche der damaligen Zeit. Sie gehört zu den bedeutendsten Zeugnissen roma-nischer Baukunst im Südwesten Frankreichs. Beaulieu heißt "Schöner Ort". Durch die idyllische Lage, zwischen Wald und Wiesen am Fluss, trägt der Ort diesen Namen zu Recht. Es ist 16 Uhr und wir haben 40 Grad in der Sonne. Wir blicken auf das Chateau Castelnau und kommen nach Carennac. Auch dieser Ort gehört zu den schönsten Dörfern Frankreichs. Um 17.10 Uhr finden wir einen privaten Platz an der Dordogne. Wir fragen und erhalten die Erlaubnis, hier zu übernachten. Toll. Ein Angler leistet uns Gesellschaft. Aber er scheint kein Glück zu haben. Es ist ein herrlicher Abend. Ein Sonnenuntergang wie im Märchenbuch. Zum Abendessen gibt es heute Pastete, Wurst, Käse, Tomatensalat, Baguette, Wein. Alles frisch aus der Region. Ein romantischer Abend am Fluss, einfach nur schön.

Tageskilometer: 141

Montag, 28. September 2009 7. Tag

Um 8.30 Uhr werden wir wach. Es ist frisch draußen, 10 Grad. Doch wir packen Tisch, Stühle in die Sonne und frühstücken. Es wird wieder ein schöner Tag. Wir sehen ganz nah einen Eisvogel fliegen. Wunderschön. Gegen 10.45 Uhr fahren wir los, entlang der Dordogne, Richtung Souillac, eine Stadt in der Region Midi Pyrénées. Wir befinden uns auf der "Rue de Noix", überall Nuss-bäume (Walnüsse). Die landschaftlich sehr schöne Strecke führt an Lacave vorbei, wo man mit einer kleinen Bahn in die Grotte fahren kann. Wir sehen "Belcastel", auf einem über dem Zusammenfluss von Ouysse und der Dordogne aufragenden Felsen gelegen. Ein Chateau mit dem ältesten Teil aus dem 9. Jahrh., welches heute einem jungen amerikanischen Paar gehört, die eine Kunstgalerie in New York besitzen. Wir kommen zum Chateau de La Treyne, zwischen den Flüssen Lot und Dordogne gelegen, im Jahr 1342 erbaut. Während der Religionskriege wurde es von den Katholiken niedergebrannt. Im 17. Jahrh. wurde das Chateau restauriert und mit einem zusätzlichen Turm versehen. 1982 kaufte die Familie Gombert das Anwesen und schuf hier ein Luxushotel in einer traumhaften Lage. Wir können aber hier nicht nächtigen: Das günstige Zimmer kostet 180 Euro, Frühstück 24 Euro, Menu 138 Euro! Ein Spitzenkoch steht hier am Herd. Nach unserem Einkauf in Souillac besichtigen wir das Städtchen Martel, Stadt der 7 Türme. Es liegt auf einem Kalkplateau des Haut-Quercy. Nachdem Karl Martell 732 die Araber bei Poitiers zurückgeschlagen hatte, verfolgte er sie bis nach Aquitanien. Ein paar Jahre später brachte er ihnen eine vernichtende Niederlage bei. Zum Dank Gottes ließ er an dieser Stelle eine Kirche errichten, um die herum eine Stadt entstand. Diese erhielt in Erinnerung an ihren Gründer den Namen Martel. Ihr Wappen stellt drei Hämmer dar: Die Lieblingswaffen des Retters der Christenheit. Es ist sehr warm geworden, 28 Grad und wir genießen den Rundgang durch die Altstadt, bevor wir an einem idyllischen Platz an der Dordogne picknicken. Gestärkt fahren wir zu nun zum Wallfahrtsort Rocamadour. Er wird von dem schlanken Turm seines Schlosses überragt und bietet eine Vielzahl alter Häuser, Kapellen, Türme und überhängende Felsen an den Wänden einer 150 m über dem Fluss Alzou aufragenden Klippe. Rocamadour ist einer der am schönsten gelegenen Orte Frankreichs. Rolf lässt mich am Eingang zu dem kleinen Ort aussteigen. Er muss den Bus weit entfernt parken. Ein Mitarbeiter der Comune, der mich mit meinen Krücken warten sieht, bringt mir einen Stuhl. Eine sehr nette Geste der Hilfsbereitschaft der Franzosen. Wir laufen durch die Stadt, die im Sommer vom Massentourismus überflutet wird. Doch jetzt ist es angenehm hier zu sein. Rolf kauft mir einen Rock und eine Bluse, die besser zum campen passen als meine übliche Kleidung. Während ich die Geschäfte unsicher mache, steigt Rolf zu der "Chapelle Notre-Dame" hoch. Diese "Wunderkapelle" gilt als das "Allerheiligste" von Rocamadour. Hier befindet sich auch die "Vierge Noire", die Schwarze Madonna, zu der die Menschen pilgern, weil sie sich Wunder erhoffen. Auf einem Campingplatz in der Nähe des Chateau de La Treyne übernachten wir. Es gibt auf dem schönen Platz nur 2 Camper. Ein Traum. Zum Abendessen gibt es Putenfilet, frische Champignons, Baguette, Wein, Endiviensalat. Es ist warm, 30 Grad und wir genießen die Stille am Fluss. Wieder erspähen wir einen Eisvogel. Später am Abend ist noch Kino im Bus angesagt.

Tageskilometer: 106

Dienstag, 29. September 2009 8. Tag

Um 9 Uhr stehen wir auf. Die Nachttemperatur mit 10 Grad war angenehm zum Schlafen. Der Tag wird schön und so können wir unser Frühstück wieder draußen am Fluss genießen. Erst um 11 Uhr fahren wir nach Carsac und besichtigen dort die aus schönen gelben Steinen gebaute schlichte Kirche Saint Caprais, die einen malerischen Anblick bietet. Und weiter geht die Fahrt nach Domme. Die auf einem steil aufragenden Felsen gelegene Bastide Domme, die "Akropolis des Périgord" beherrscht eine der reizvollsten Landschaften des Dordogne-Tals. Der Ort hat sich seit Rolfs letztem Besuch stark verändert, sehr viel Kommerz. An der Dordogne, mit Blick auf Chateau de Castelnaud, picknicken wir, bevor wir die direkt gegenüberliegende Burg Beynac (in Privatbesitz) besichtigen. Das klappt auch mit meinen Krücken. Die Burg hat eine herrliche Lage auf einem Steilfelsen an der Dordogne. Sie ist gut erhalten und man keine einige schöne Räume anschauen. Gegen 17 Uhr erreichen wir einen tollen Campingplatz am Fluss, in La Roque Gageac: Berühmt wegen seiner reizvollen Lage in der Region Aquitanien, im Departement Dordogne, landschaftlich im Périgord und unmittelbar am Fuß einer hoch aufragenden nach Süden ausgerichteten Felsklippe in einer Schleife der Dordogne. Die Touristen lieben diesen Ort aufgrund seines mediterranen Klimas und der tropischen Vegetation. Um die Mitte des ersten Jahrtausends unserer Zeitrechnung mussten sich die Bewohner des Périgord vor den kriegerischen Einfällen der Normannen, Sarazenen und anderen marodierenden Horden schützen. Darum nutzte man die eingeschnittenen Aushöhlungen und Felsüberhänge in den steilen Felswänden der Flusstäler der Vézère, Dordogne und deren Zuflüsse und baute diese aus. So entstanden im 8. Jahrh. die Besiedlungen von La Madeleine und von La Roque Saint-Christoph im Tal der Vézère. Die Zugänge ließen sich aufgrund ihrer Lage leicht verteidigen. Man nimmt an, dass derartige Behausungen schon in weitaus früheren Zeiten genutzt wurden. Schnell Stühle und Tisch raus und dann sitzen wir an der Dordogne, beobachten die vorbeifahrenden Kanus und einige Ausflugsschiffe. Eine Entengroßfamilie führt uns ihre Flug- und Landekünste vor. Und das alles ohne Lärm, ohne Menschenansammlungen. Es sind nur 4 Camperpaare auf dem großen Platz: Holländer, Engländer, Franzosen und wir. Zum Abendbrot gibt es frische Sardinen, Salat, Baguette und Wein. Erst als es dunkel und kalt wird, verziehen wir uns in unseren Bus und schauen einen weiteren Film an.

Tageskilometer: 92

Mittwoch, 30. September 2009 9. Tag

Nachts waren es 9,6 Grad. Um 8.30 Uhr stehen wir auf. Es liegt Nebel über dem Fluss. Langsam wandert der Nebel am Berg entlang. Das sieht sehr malerisch aus. Rolf läuft ins Dorf, um Baguette zu kaufen. Dann wird draußen gefrühstückt. Es scheint wieder ein herrlicher Tag zu werden. Langsam wird es warm. Um 10.25 Uhr sehen wir das erste Ausflugsboot vorbeishippern. Rolf verfüttert das alte Brot an die Entenfamilie. Die sind ganz aus dem Häuschen. Unser erstes Ziel ist heute Sarlat-La-Caneda, eine im 9. Jahrh. als Benediktinerabtei gegründete Stadt. Den Reiz Sarlats macht die Altstadt aus mit ihren gut erhaltenen Häusern aus dem 15. und 16. Jahrh.. Die ockerfarbenen Gemäuer verbreiten im Licht eine ganz zauberhafte Atmosphäre. Die hinter der Kathedrale gelegene "Lanterne des Morts" gibt Rätsel auf. Niemand weiß so genau, wofür dieser konisch geformte Turm aus dem 12. Jahrh. eigentlich errichtet wurde. Es werden keltische Traditionen vermutet. Mir gefällt dieses rätselhafte Bauwerk sehr. Die Kathedrale St. Sacerdos steht als nächstes zur Besichtigung an. Und dann die vielen wunderschönen alten Häuser in den schmalen Gassen. Vor Beigeisterung bin ich ganz aus dem Häuschen. Heute ist zudem noch Markttag: Ein köstlicher Duft von allen den hier angebotenen Köstlichkeiten liegt in der Luft. Ich erstehe einige Gewürze, Haselnussöl und Erdbeerlikör für Zuhause. Fürs Abendessen kaufe ich Erdbeeren und Ziegenkäse. Rolf kann den tollen Laguiole-Messern nicht widerstehen und ersteht 2 Stück! Dann sitzen wir im Cafe und sehen dem Treiben der Händler zu. Es ist erstaunlich, wie sie mit ihren großen Fahrzeugen in den engen Gassen rangieren. Einer der Händler spendiert uns reife Feigen zum Probieren. Sehr lecker. Gegen 14.30 Uhr verlassen wir diesen schönen Ort. Auf unserer Fahrt sehen wir das Chateau de Montfort, malerisch gelegen auf einem hohen Felsen. Es ist ein traumhafter Tag, 30 Grad und strahlend blauer Himmel. Lt. Aussage der Einheimischen soll das Wetter so bleiben. Wir fahren zurück zu unserem Campingplatz, wo wir eine weitere Nacht bleiben wollen. Auf dem Campingplatz genießen wir die Aussicht auf den Fluss mit seinen Kanus, Schiffen, Enten und Fröschen, die zu meinem Leidwesen nicht quaken. Ich lese und Rolf genießt seine Zigarre und die schöne Aussicht. Um 18 Uhr essen wir: Verschiedene Schinkensorten, Zie-genkäse, Erdbeeren, Baguette und Wein. Lange können wir draußen sitzen. Später sehen wir uns noch einige Sketche von "Hannes und dem Bürgermeister" an.

Tageskilometer: 39

Donnerstag, 1. Oktober 2009 10. Tag

Meine Uhr spielt verrückt, doch wie immer werden wir um 8.30 Uhr wach. Es sieht so aus, als würde es wieder ein herrlicher Tag. Rolf holt im Dorf frisches Baguette. Unterwegs hat er auch wieder die leckeren Walnüsse gesammelt. Nach dem Frühstück verlassen wir um 10.45 Uhr den schönen Ort. Als erstes gehen wir einkaufen, denn zwischen 12 und 15 Uhr ist meist alles ge-schlossen, auch die großen Geschäfte. Dann fahren wir über schöne Straßen zum La Roque Saint-Christoph und sehen uns die Höhlenbehausungen von außen an. Das ganze Vézère-Tal ist einfach traumhaft. Am Zusammenfluss der Vézère und der Dordogne in Limeuil machen wir Pause. In dem Ort sieht man einige Überreste seiner Vergangenheit als Befestigung. Dann geht die Fahrt nach Süden, ins Périgord. Es ist eine sehr ländliche Gegend. Die Sonne scheint bei 27 Grad. Wir fahren an Monpazier vorbei, eine der am besten erhaltenen Bastiden des Périgord. Dann kommen wir zum Chateau de Bonaguil. Das Chateau ist ein Musterbeispiel für die Wehrbauten des ausgehenden 15. und 16. Jh.s. Trotz des traditionellen Erscheinungsbildes war das Chateau perfekt auf die neuen, mit der Erfindung der Schusswaffen aufgekommenen Kampftechniken ausgerüstet. Bonaguil, als unbezwingbare Fluchtburg gedacht, wurde mit ausschließlich zu Verteidigungszwecken vorgesehenen Feuerwaffen ausgerüstet. Beranger de Roquefeuil, der Bauherr der Burg, war ein exzentrischer Mann. Er stammte aus einer der ältesten Familien des Languedoc. Aber wirklich edel war er nicht. Um sich Gehorsam zu verschaffen, schreckte er vor Gewalt nicht zurück. Roquefeuil benötigte 40 Jahre um diesen uneinnehmbaren Adlerhorst zu errichten. Die Festung wurde niemals angegriffen und blieb bis zur Französischen Revolution un-versehrt. Erst da stürmten die Armeen die Burg. Doch noch heute legt die Ruine ein Zeugnis von der einstigen Größe der Burg, einem Meisterwerk des Wehrbaus, ab. Rolf wird das Innere der Burg morgen besichtigen. Wir können hier oben, direkt am Chateau, auf einem Parkplatz übernachten, mit einem schönen Blick auf einen Friedhof und ins Tal. Zum Abendessen gibt es Fisch, Baguette, Salat und Weißwein. Da wir oben auf einer Felsnadel stehen, wird es in der Nacht wohl kalt werden.
Tageskilometer: 185

Weitere Bilder unter www.harley-rolf.de

Die Dordogne, oberhalb des Stausees "Barrage de Chastang"

Die Dordogne, oberhalb des Stausees "Barrage de Chastang"

Argentat an der Dordogne - wunderschöne alter Häuser

Argentat an der Dordogne - wunderschöne alter Häuser

Mittagspause an der Dordogne

Mittagspause an der Dordogne

Chateau La Treyne - ein Luxushotel mit Spitzenrestaurant

Chateau La Treyne - ein Luxushotel mit Spitzenrestaurant

Martel - Stadt der 7 Türme

Martel - Stadt der 7 Türme

Rocamadour - Chapelle Notre Dame
Diese "Wunderkapelle" ist das "Allerheiligste" von Rocamadour

Rocamadour - Chapelle Notre Dame
Diese "Wunderkapelle" ist das "Allerheiligste" von Rocamadour

Blick auf die "Grande Rue" von Rocamadour

Blick auf die "Grande Rue" von Rocamadour

Blick von Domme auf die Dordogne

Blick von Domme auf die Dordogne

Chateau Beynac

Chateau Beynac

"Lanterne des Morts" in Sarlat

"Lanterne des Morts" in Sarlat

Eines der vielen schönen Häuser in Sarlat

Eines der vielen schönen Häuser in Sarlat

Das Chateau von La Roque Gageac

Das Chateau von La Roque Gageac

La Roque Saint-Christoph mit Höhlenbehausungen

La Roque Saint-Christoph mit Höhlenbehausungen

Chateau Bonaguil

Chateau Bonaguil

Unser "Leben wie Gott in Frankreich"

Unser "Leben wie Gott in Frankreich"

© Uschi Agboka, 2009
Du bist hier : Startseite Europa Frankreich 6.-10. Tag - Tal der Dordogne
Die Reise
 
Worum geht's?:
Es handelt sich um eine 4-wöchige Fahrt mit dem Campingbus von Niederbayern durch die Schweiz nach Frankreich ins Zentralmassiv, durch das Land der Katharer.
Details:
Aufbruch: 22.09.2009
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 20.10.2009
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors