Jugendstilbiennale in Brüssel

Reisezeit: September / Oktober 2011  |  von Herbert S.

Hotel Aubecq - Ausstellung an zwei Orten

Die Fassade des Hotel Aubecq hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Victor Horta begann 1899 mit den Arbeiten an der Villa für den belgischen Instustriellen Octave Aubecq. Zunächst gab Aubecq sowohl Bauzeit (1 Jahr) und Kosten vor; doch bei Vorlage der Pläne von Horta antwortete dieser auf die Frage: ob er dieses Haus auch für sich bauen würde mit einem eindeutigen Nein. (zu schnell und zu 'billig'). Daraufhin entschloß sich Aubecq zu einer völligen Freigabe für Horta, der dann tatsächlich 4 Jahre Bauzeit für das große Anwesen an der damaligen Prachtstrasse Brüssels, der avenue Louise 520, benötigte und die Kosten bei weitem übersteigen ließ. Dafür ließ er sogar die meisten Inneneinrichtungen im Stil des belgischen Jugendstils entwerfen.
Ein historisches Foto ist bereits im 1. Kapitel eingestellt.

Bild in der Ausstellung des Maison Autriche

Bild in der Ausstellung des Maison Autriche

In den 50 er Jahren war in Belgien Jugendstil nicht mehr en voque und Immobilienspekulanten waren nur an dem lukrativen Grundstück an der avenue Louise interessiert. Nur Protesten von Seiten Julie Hortas, Victor Hortas letzten Ehefrau, und des Architekten Jean Delhaye brachten den Minister für öffentliche Bauarbeiten dazu, wenigstens die Fassade zu retten.

Die 15 m lange und 11 m hohe Fassade wurde zerlegt, seine Steine (numeriert) erlebten dann aber eine Odyssee: Zunächst wurden sie in ein Lager bei St. Gilles gebracht, dann auf ein altes Kasernengebiet in Namur, und später auf ein unbebautes Gelände in Tervuren, wo sie jahrelang der Witterung ausgesetzt waren. Erst Ende der 90er Jahre gelangen sie schließlich in die Region Brüssel-Stadt, die Gelder zum Ankauf aufbrachte.
Seit 2001 lagern der Grossteil der 634 Fassadensteine in einer Shedhalle in Schaerbeek, wo sie von Architekten und Helfern gereinigt seit 2010 zu einer 'horizontalen' Fassade zusammengelegt wurden.

Das Mobiliar der Villa Aubecq wurde bereits in den 50er Jahren verkauft und befindet sich teilweise in Privatbesitz, einzelne Holz- und Glasarbeiten sind im Musée d'Orsay in Paris zu besichtigen.

musée royale de beaux arts

musée royale de beaux arts

Im Museum für schöne Künste ist eine kleine Sonderausstellung zu Ehtren Victor Hortas 150. Geburtstag bis zum 9.10.2011 geöffnet. Sie zeigt Pläne und Einrichtungsgegenstände des Privathauses Octave Aubecqs.
Sehr instruktiv sind die aushängenden Tafeln für die einzelnen Räume mit Grund- und Aufriß, aus den man die Lage der Räume im Hause ablesen kann.
Ein altes Foto gibt Auskunft über den Standort des ausgestellten Möbelstücks.

Durch die Eingangshalle kann man in drei sechs- bzw. achteckige Zimmer gelangen. Der Standort des ausgestellten Billardtisches läßt sich ablesen

Durch die Eingangshalle kann man in drei sechs- bzw. achteckige Zimmer gelangen. Der Standort des ausgestellten Billardtisches läßt sich ablesen

vom Wohnzimmer ist der wunderschöne Kamin erhalten

vom Wohnzimmer ist der wunderschöne Kamin erhalten

Die Galerie - von den Stühlen, Tischen und Armsesseln sind eine ganze Reihe ausgestellt.

Die Galerie - von den Stühlen, Tischen und Armsesseln sind eine ganze Reihe ausgestellt.

über dem Treppenhaus befindet sich ein lichtspendendes Glasdach - ein typisches Bauelement belgischen Jugendstils

über dem Treppenhaus befindet sich ein lichtspendendes Glasdach - ein typisches Bauelement belgischen Jugendstils

Wir hatten uns für den 2. Teil der Ausstellung im Internet angemeldet, da man vom Museum der schönen Künste Brüssel durchqueren muß, um zu einer Lagerhalle in Schaerbeek zu gelangen, wo die Fassade rekonstruiert wurde - horizontal auf dem Boden!

Ein Architekt, der an den Arbeiten beteiligt war, dem man den Enthusiasmus für sein Projekt anmerken konnte, gab eine detaillierte Einführung. Der Blick auf den Steinplan konnte helfen sich nachher 'in der Fassade zurechtzufinden'. Zur Betrachtung der Fassade war ein Podest (siehe Bild oben) aufgebaut.

Ein Architekt, der an den Arbeiten beteiligt war, dem man den Enthusiasmus für sein Projekt anmerken konnte, gab eine detaillierte Einführung. Der Blick auf den Steinplan konnte helfen sich nachher 'in der Fassade zurechtzufinden'. Zur Betrachtung der Fassade war ein Podest (siehe Bild oben) aufgebaut.

linker Fassadenteil - im oberen Teil kann man die Auflagen für den Balkon der 1. Etage erkennen

linker Fassadenteil - im oberen Teil kann man die Auflagen für den Balkon der 1. Etage erkennen

mittlerer Fassadenteil - im oberen hat man die Steine des Erkers etwas erhöht hingelegt, um den räumlichen Effekt zu erhöhen

mittlerer Fassadenteil - im oberen hat man die Steine des Erkers etwas erhöht hingelegt, um den räumlichen Effekt zu erhöhen

rechter Fassadenteil - unser Architekt gibt weiterhin Detailerläuterungen - zu erkennen: drei unterschiedliche Steinsorten wurden in der Fassade verarbeitet - leider habe ich die Namen vergessen.

rechter Fassadenteil - unser Architekt gibt weiterhin Detailerläuterungen - zu erkennen: drei unterschiedliche Steinsorten wurden in der Fassade verarbeitet - leider habe ich die Namen vergessen.

selbst die Entwässerung der Fassade wurde aus Stein gehauen und um Kanten kunstvoll herumgeführt

selbst die Entwässerung der Fassade wurde aus Stein gehauen und um Kanten kunstvoll herumgeführt

das Fallrohr 'verschwand' verschwand ebenfalls 'im Stein'

das Fallrohr 'verschwand' verschwand ebenfalls 'im Stein'

auch die Kaminzüge wurden aus Stein gehauen

auch die Kaminzüge wurden aus Stein gehauen

gerettet wurden auch einige schmeideeiserne Gitter und Fenster- bzw. Türrahmen, die natürlich auf dem wechselvollen 'Leidensweg' stark gelitten haben

gerettet wurden auch einige schmeideeiserne Gitter und Fenster- bzw. Türrahmen, die natürlich auf dem wechselvollen 'Leidensweg' stark gelitten haben

das untere hat man inzwischen bereits restauriert - die Holzrahmen harren noch auf 'Auffrischung'

das untere hat man inzwischen bereits restauriert - die Holzrahmen harren noch auf 'Auffrischung'

Nahezu 90 Minuten hat uns der Architekt alle Einzelheiten mit Begeisterung gezeigt und erläutert. Dabei tauchte natürlich die Frage auf, was denn nun weiter mit der Fassade geschieht. Die Halle, in der wir uns befanden, ist immer noch nicht die letzte Station der Fassade. Nach Auskunft der Architekten soll ein endgültiger Ort in einer anderen Halle, die aufwändigen Arbeiten des Säuberns und Restaurierens würdigend, die Fassade auf einer schiefen Ebene zur besseren Aufsicht zusammengesetzt werden, so dass auch der Balkonteil eingebaut werden kann.

© Herbert S., 2011
Du bist hier : Startseite Europa Belgien Hotel Aubecq - Ausstellung an zwei Orten
Die Reise
 
Worum geht's?:
Zum 150. Geburtstag von Victor Horta veranstaltet die Hauptstadt Brüssel im September und Oktober zahlreiche Events, die die Möglichkeit bieten, auch Gebäude zu besuchen, die sonst der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind.
Details:
Aufbruch: 10.09.2011
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 30.10.2011
Reiseziele: Belgien
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
Bild des Autors