Abenteuer Vietnam
Die Tunnel von Cu Chi Tag 5
Grenzerfahrung, Krieg und Sprachlosigkeit mit Wow-Effekt
Nach dem Abstecher ins Mekong Delta bot sich ein ein-Tage-Trip nach Cu Chi (ca. 1,5h Fahrt von HCM aus) an. Dort befindet sich das ehemals heftig umkämpfte Tunnelgebiet, Tor zu Saigon und Ende des Ho Chi Minh Pfades. Außerdem ging von hier aus die Tet-Offensive und damit begann der Wendepunkt des Vietnamkrieges.
Nach 1 Stunde hielten wir mit unzähligen anderen Bussen an einer Fabrik mit Imbiss und Happy Room (Toilette - cause after it you are happy). Dort waren massenhaft Touristen, die alle zu den Tunneln wollten. Oh mein Gott. Es gab dort allerdings wundervolles Handwerk, was von Menschen, die in der durch Agent Orange völlig verwüsteten Landschaft (mittlereile wieder aufgeforstet und durch die geraden Linien Baum an Baum gut zu erkennen) schwerste Verletzungen und Behinderungen davongetragen haben. Ein gutes Projekt, zweifelsohne.
Am Tunnelgebiet angekommen merke ich erstmals den Klimaunterschied. Hier begint der Dschungel; die Sonne verleiht den Pflanzen einen unglaublichen Treibhauseffekt er durch das dicht bewachsene Gebiet kaum abziehen kann. Es sind unzählige Busse vor Ort und man bekommt etwas Panik vor dem Gedrängel, was wie sich bald herausstellen sollte aber gut gelöst wurde.
Es geht durch einen großen Tunneleingang und man landet vor vielen grösseren Schilfhütten, die gebaut sind wie ursprüngliche vietnamesische Dörfer. In den Hütten läuft 10min der antiamerikanistischste Film, den ich je gesehen habe und puristische Kommunismus Propaganda. Nunja, was war anderes zu erwarten. Der Film hebt viele Volkshelden hervor, die hier im Tunnel Panzer zerstört und Amerikaner getötet haben, darunter Frauen und Kindersoldaten.
Wir starten in unserer Gruppe durch das Dschungelgebiet entlang schmaler Wege wo alle paar hundert Meter Stationen aufegbaut sind, die gleich mehrfach existieren, so dass der Tourguide mit seiner Gruppe ungestört die Tour fortführen kann. Krankenhäuser, Schulen, Waffen- und Kleidungsmanufakturen sind aufgebaut. Es wird das Drainagesystem gegen Tunnelflutung mit Wasser oder Gas erklärt, welches ziemlich genial ist. Das Tunnelsystem war einst 250km lang und reichte bis zum Saigon River.
Dann das erste Highlight: Dschungelfallen!
Hergestellt aus einfachen Bambusspießen bis hin zu Sprengfallen hergestellt aus nicht explodierten Bomben, die von Partisanen zersägt wurden um sich des Sprengstoffs für seine eigenen Zwecke habhaft zu machen. Die Fallen waren allesamt gut unter Gras versteckt oder an Tunneleingängen platziet mit Vietcongmarkierungen, die kein US-Soldat erkennen konnte. Manche Tunnel waren blinde Tunnel die nur dazu dienten ein Platoon dorthinein zu locken und diesen dann zu sprengen. Einige Fallen waren sogar bewusst darauf ausgelegt den GI nur zu verletzen, denn ein geschwächter Soldat schwächt ein komplettes Platoon.
Das zweite Highlight: MG-Schiespßen.
Währen des ganzen Weges hörte man MG-Schüsse, die immer lauter wurden. Beim Gedanken an die gleichen Töne während der Gefechte in dieser Gegend gefriert einem immer wieder das Blut.
Wir erreichen einen Schiessstand, bei dem man für ca 10 Euro 10 Schuss einer beliebigen Waffe abfeuern kann. Ich habe das M60 gewählt. Ohrenbetäubender Lärm der ohne Kopfhörer nicht auszuhalten ist. Ich umfasse das MG und habe ein ungutes Gefühl. Aber ich will diese Erfahrung machen. 100m Entfernung zum Ziel. 1.. 2... Ein heftiger Rückstoss. 1.. 2... 3... Der Staub ist am Ziel zu sehen. 1..2..3..4..5.. KLICK. Die Waffe ist leer. Ich bin wie durchgeschüttelt. Heftig. Eine ungeheuerliche Gewalt steckt dahinter und diese Waffe würde jeden Menschen der ihren Weg kreuzt in Stücke reissen. Ich fühle mich erleichtert es versucht zu haben aber traurig der Gewissheit, dass eben diese "Trockenübung" 40 Jahre zuvor ebenda bittere Realität war. ... Ich brauche einen Moment um mich wieder zu finden.
Das dritte Highlight: Endlich geht es in die Tunnel.
Nich umkehren heißt es. Es gibt 5 Ausgänge. Der letzte bedeutet volle 100 Meter in bis zu 9Metern tiefe kriechend zu überwinden. Ich nahm mir fest vor durchzuhalten, an die Grenzen zu gehn und mal wieder den inneren Schweinehund zu überwinden.
20 Leute steigen in den Tunnel. Man kann gebückt laufen (der Tunnel ist für Touristen künstich vergeössert worden, dennoch verlassen eine handvoll den Tunnel nach 20m und nach 40m die nächsten. Es wird enger, niedriger und heißer. Es geht tiefer... Es geht nur noch sehr langsam vorwärts, viele bekommen Beklemmungen. Nach 60 Metern sind noch 4 Leute, die es weiter versuchen. Nach 80m bin ich alleine. Ich schaue den Ausgang hoch, die Leute rufen mir zu: This way. Nein. Ich gehe weiter. Der Tunnel ist an nun unglaublich schmal, die Hitze uneträglich. Ich bewege mich kriechend vorwärts, passe kaum noch durch und werfe meien Rucksack vor mich um weiterzukommen. Es ist eng, ich habe kaum noch Kraft und sehne mich nach dem Ende des Tunnels. Ich atme schnell aufgrund einer Mischung aus Panik und Erschöpfung. Ich rutsche mit den Knien über den festen aber staubigen Boden und kann mich kaum noch vorwärts bewegen.... Dann geht alles ganz schnell. Licht. Der Tunnel ist zu Ende. Ich komme aus einer Art Bunker heraus, völlig erschöpft. Die Gruppe erwartet mich. Anerkennendes klatschen. Von 20 haben es nur 2 geschafft. Ich sehe aus wie ein Wildschwein nach der Suhle. Ich bin KO. Aber erleichtert und stolz es geschafft zu haben.
Mit all den Gedanken wie es gewesen sein muss in dieser Hitze angekommen zu sein, durch die von Fallen gesäumte Umgebung zu laufen, vielleicht von MG-Feuer der Vietcong Stellungen unter Beschuss genommen zu werden und wenn all dies geschafft ist in diese unglaublichen Tunnel zu müssen, die eben nicht nach 100m enden. Und all das mit Ausrüstung. An dieser Stelle wird mir klar warum die Amerikaner diesen Krieg nicht gewinnen konnten. Mir wird klar was hier passiert ist . Immer der Tatsache bewusst wie beängstigend die Bombardierung und der Vormarsch der Amerikaner auf dieses Gebiet eben für jene Vietnamesen gewesen sein muss, die in diesen Tunneln ausharrten. Stunden. Tage...
Bei Tapioka in Zucker/Erdnuss-Pulver verarbeiten alle die Eindrücke. Wir stehen neben einem Erdhaufen aus dem es qualmt. Es ist die Küche wo alles zubereitet wurde. Tief unter der Erde....
Aufbruch: | 25.12.2013 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 15.01.2014 |
Thailand