Frühjahrsreise durch Kalabrien und die Basilikata
Cetraro - Die Farm in den grünen Bergen
Cetraro - Die Farm in den grünen Bergen
Die Farm in in den grünen Bergen
"Die Farm in den grünen Bergen" heißt ein Buch von Alice Herdan-Zuckmayer, die auf ihrer Farm in Vermont das Exil vor den Nazis mit ihrem Mann Carl Zuckmayer überstand. Dieser Titel fiel mir gleich ein, als ich die "Fattoria Bonella" in einem grünen Tal hinter Cetraro, 10 km vom Meer entfernt, sah. Nur waren wir nicht im Exil sondern zum Glück im Urlaub.
Aber zuerst muss man mal hinkommen: Wieder durchs Bergland, dieses Mal gegen Süden und zurück nach Kalabrien. Die Berge haben auf ihren Gipfeln noch Schnee, an der Felsenburg von Brienza fahren wir noch einmal vorbei. Dann Autobahn und wir biegen zum Tyrhennischen Meer ab, zum letzten Zipfel Basilicata, dem kleinen Anteil am westlichen Meer bei Materata. Es geht eine steile, windungsreiche Straße hinab, den "Normannensteig". Auf halber Höhe genehmigen wir uns einen Kaffee. Wir wollen statt auf der Autobahn am Meer entlang fahren, zumal endlich wieder die Sonne scheint. Buchten, blaues Meer, Städtchen auf den Hügeln, Sommerhaussiedlungen für die (hier meist italienischen) Urlaubsgäste, oft die alte Bauweise, wenn auch recht grob, imitierend. Nach einigen Buchten und einer Pause am Meer sind wir in Cetraro und auf dem Parkplatz des LIDL-Marktes: die Heimat hat uns wieder. Hier sollten wir unsere nächsten Gastgeber treffen.
Zuerst kaufen wir ein (alles wie beim schwäbischen Mutterkonzern: einfache Ausstattung, Sonderartikel, abgerundetes Sortiment natürlich italienisch abgestimmt).
Mit unseren nächsten Vermietern haben wir telefoniert, wir sind früher da als geplant und nach einem Mischmasch aus italienisch / französisch / englisch treffen wir uns am LIDL-Parkplatz, Valeria, Carlo und zwei ihrer Kinder, ein Junge und ein Mädchen. Nach der Begrüßung rasen wir hinter ihnen her, die kurvenreiche, schmale Straße das Flußtal hinauf nach Bonella zur "Fattoria Bonella". Eine wunderschöne, landwirtschaftlich geprägte Berglandschaft. Nur das Müllproblem hat Kalabrien immer noch nicht gelöst, riesige Müllberge rund um die Container. Seit einem Monat, erfahren wir später, wird in Kalabrien kein Müll mehr abgeholt. Es erinnert fatal an das System Camorra in Neapel, hier vielleicht die `ndranghetu. Dann sind wir aber in der weitläufigen Fattoria von Valeria und Carlo, gelegen auf einer Art Terrasse zwischen Meer, das man ganz vorne vom Tor aus sehen kann, und Gebirge. Carlo ist eigentlich Arzt in einem Klinikum (zuständig für "pronto soccorso") und er ist Hobby-Bauer. Wir werden noch einmal herzlichst begrüßt, bekommen die ersten Kostproben von Farmprodukten und lernen auch bald die beiden Farmarbeiter, Mario und Federico, kennen, die zumeist abwechselnd kommen und das tun, was auf einer so weitläufigen Farm eben zu tun ist.
Hier gibt's Pferde, 5 edle Haflinger aus dem Trentiono. Es gebe nur 7 Haflinger in Kalabrien, davon 5 bei ihm, erklärt mir Carlo stolz. Dann die Kühe, die Milch geben, daraus wird Ricotta und herrlicher Käse "cavallo di caccia" gemacht. Dan sind Schafe da, Gänse und Hühner und ein Schwein, das aber wohl demnächst die Anzahl der Schweine vermehren wird. Ferner wird Mais angebaut, verschiedene Gemüse und Salate und es gibt unter Folientunnels Erdbeeren. Obstbäume blühen, Olivenbäume sind zwar noch klein aber säumen überall die Felder. Und wir bekommen eine Grundausstattung von Produkten der Fattoria: eingemachte Pepperoncini verschiedener Art, Käse, Milch, Eier und Wein. Der Weinberg ist allerdings noch nicht so weit, die Reben sind frisch angepflanzt. Stolz erklärt uns Carlo die einzelnen Rebensorten, darunter eine spezielle kalabresische. Alles soll später zu einem Cuvé ausgebaut werden. Derzeit keltert man auch eigenen Wein mit Trauben, die man in Sizilien holt, in Avola: "nero di Avola". Aber da können wir auch punkten, schließlich stammt ja die Familie vom Mann unserer Nichte J. aus Avola. Alles wird uns gezeigt, als wir erzählen, dass I. früher Bienen hatte, sind wir aufgenommen in die Familie der (Hobby-) Landwirte.
Und dann ist da noch der weisse Hund, Susi, (Spitz? Schnauzer? oder?), der uns begrüßt. Mit ihm werden wir abends und nachts die Farm hüten, er wird uns jeden Fremden melden, auch die freche Katze vom Nachbargrundstück.
Die ganze Fattoria sieht aus wie ein Musterbetrieb, wie ein süditalienischer Muster-Bauernhof. Von zwei Bächen durchzogen, mit drei Weiern, bestanden von alten, riesigen Bäumen, besonders auffällig eine gewaltige Eiche vor der Pferdekoppel aber auch ein kleines Wäldchen ist da, Naturschutzgebiet, wie uns Valeria erzählt, mit unzähligen verschiedenen Vögeln.
Das Haus ist ein typisches, fast gutshofartiges Gebäude, Erdgeschoss und 2 ½ Stockwerke, mit einem seltsam anmutenden, strebenlosen Quadervorbau, der ganz oben unterm Dach hervorsteht, fast als hätte man Frank Gehry ein wenig spielen lassen. Zum Kontrast ist der Würfel auch grün gestrichen.
Die Familie wohnt unten am Meer, Carlo muss ja seinem Hauptberuf als Arzt nachgehen. Mario und / oder Federico kommen morgens und abends, ansonsten ist das jetzt "unsere" Farm und die von Susi. Jeden Abend machen wir einen Rundgang, schauen nach den Kühen im Stall, den Schafen, dem Schwein, das bald Ferkel werfen wird, den Gänsen, die sich fürchertlich aufregen, weil sich da noch jemand nähert und den Hühnern, deren Hahn auch seine Meinung abgibt, gleiches dann wieder am frühen Morgen.
Die Pferde sind noch auf der Koppel, sie gehen nach eigenem Gusto in den Stall. Wir sitzen oft auf der Bank unter der großen Eiche direkt an der Koppel und hören ihrem Schnauben und ihren Hufschlägen zu, trinken ein Gläschen Wein oder Tee und blicken in die Landschaft, vor allem auf den erloschenen Vulkan, der den Talabschluss bildet und hinter dem die Sonne glutrot untergeht. Um das Meer zu sehen, müssen wir ganz vor ans Tor, das abzuschließen auch zu unseren Farmerpflichten gehört.
Die erste Nacht soll uns in Erinnerung bleiben. Wir hatten uns abends fluchtartig nach innen begeben, denn ein kalter Wind kam von den Bergen, der sich im Lauf der Nacht zu einem veritablen Sturm auswuchs. Die Fensterläden klapperten und schlugen, die Scheiben vibrierten, bis wir alle Fenster richtig zugemacht und die meisten Läden verschlossen hatten, verging einige Zeit, Draußen heulte und pfiff der Wind.
Die Seen, die wir nicht finden
Carlo hatte uns mit Hilfe von Mario den Weg zu den Seen erklärt, die Straße hoch bis der Asfalt endet, dann rechts, dann zwei Mal links, ca. 2 Stunden würde es dauern. Zweifelnd schauen sie uns an, erst als wir erzählen, dass wir vor einigen Jahren über die Alpen gewandert seien, wird die Expedition gut geheißen. "A piedi" über den "San Gottardo", das zieht immer. Also wandern wir in die Höhe. Jetzt aber taucht die Frage auf, wo der Asfalt wirklich aufhört. Wir definieren das offensichtlich anders als Carlo und Mario und kommen zu weit nördlich, bevor wir rechts abbiegen. Ein Weg führt dann wieder runter ins Tal, wir nehmen den nächsten. Dann stehen wir plötzlich vor einer tiefen Schlucht. Wir "krabbeln" die Diretissima hoch, anstrengend aber wunderschön und plötzlich sehen wir wieder die Pollino-Gipfel, schneeweiß. Alle 100 Höhenmeter wechseln die Frühjahrsblumen, aus dem Eichenwald wird so langsam ein Buchenwald. Als die zweite tiefe Schlucht auftaucht, wird uns so langsam klar, dass wir auf dem falschen Weg sind. Wir vespern zuerst einmal auf einer Blumenwiese und steigen dann auf einem schräg abwärts verlaufenden sehr steilen Geröllweg ab. Ein älterer Mann mit einem kleinen Traktor kämpft sich ebenfalls mühsam nach unten und bestätigt unsere Richtung. Wir kommen dann wieder auf den alten Weg, sehen auch den Abzweig bei anderer Definition des Asfaltendes... Aber, es ist heiß und mir geht es nicht besonders gut. Meine Knie sind plötzlich wie Gummi und mein Magen revoltiert.
Nach unten ans Meer..... und der zweite Versuch mit den Seen...
Heute wandern wir in entgegengesetzter Richtung zum Meer, ein viel längerer Weg als wir es im Gefühl hatten. Nun, die Farm liegt 700 m.ü.M., das Meer definitinsgemäß bei 0 m. Wie schon am Tag zuvor sind wir wohl in Bonella überall bekannt ("die verrückten Wanderer"). An einem Haus im Oberdorf war gestern gebaggert worden (am Sonntag!), Federico fuhr mit Carlos Lastwagen die Erde auf ein Rebengrundstück unterhalb der Farm. Jeder hat hier wohl mehrere Jobs oder war es reine Nachbarschaftshilfe? Jedes Mal, wenn wir jemanden trafen, den wir schon einmal gesehen hatten, gab es ein großes Hallo. Überhaupt ist der Kontakt mit wenigen Worten Italienisch schnell hergestellt, ganz anders als in Korsika, wo wir im letzten Herbst gewandert waren. Wir mussten hier auf der Straße wandern, was aber nur unten, im eigentlichen Flusstal ein Problem war, weil hier doch etwas mehr Verkehr herrschte. Auch zog sich dieser Teil endlos hin. Aber dann waren wir in Cetraro, das heißt dem Hafenstädtchen, denn die eigentliche Altstadt, Cetraro borgo, liegt auf einem Hügel an Ausgang des Flusstales.
Cetraro besteht eigentlich aus drei Teilen: dem borgo, den wir noch kennen lernen sollten, dem Meer- bzw. Hafen-Teil und den vielen Weilern im bergigen Hinterland, wie auch unserem Bonella.
Wir kaufen in einem kleinen Alimentari noch Brot und Mehl, lassen LIDL rechts liegen und spazieren dem Meer entlang. Wir brauchen dringend einen Capuccino und noch dringender die dazu gehörige Toilette. Das erste Café hat montags zu, im zweiten lässt man fast unmittelbar vor unserer Nase den blechernen Rollladen runter, es ist Mittagszeit (dass inzwischen Sommerzeit ist, haben wir erst am nächsten Tag gemerkt...). Dann finden wir doch noch eine Bar, in der es nicht nur eine Toilette sondern auch hervorragende "süße Stückchen" gibt, der Wirt erklärt uns stolz die Namen der einzelnen Produkte. Besonders fein sind mit Pistazzien gefüllte Croissants.
Dann geht's zurück, heiß und zum Schluss sehr steil. Wir suchen Schatten und kommen ziemlich k.o. in Bonella an.
Am nächsten Morgen rebelliert mein Magen völlig, auf den Nero, den wir am Abend zuvor getrunken hatten, hätte ich verzichten sollen! Wir stellen zumindest meine Ernährung um, geröstetes Brot ohne Butter zum Frühstück und schon gar nicht Joghurt mit Früchten. Bei LIDL kaufen wir uns später noch Cola und Salzbretzel ("Salted Pretzels") ,ansonsten gibt's nur noch Tee.
Deswegen fahren wir auch mit dem Auto und zwar nach Cetraro-borgo, in die Altstadt. Finden zu unserem Erstaunen in einer engen Straße eine Parkplatz. Die Altstadt wirkt recht lebendig, überall kleine Geschäfte, Bars und viele Kirchen. Die größte schauen wir uns an, eine Dame im Leoparden-Look stöckelt von (elektrischem) Kerzenständer zu Kerzenständer, wirft überall ihren Obulus ein und lässt ein Kerzchen nach dem anderen erglühen, was sie wohl alles an Anliegen hat?
Gegenüber der Kirche an einem in die Jahre gekommenen Palazzo mit schöner Holztüre hängt ein Schild, das besagt, dass hier "Riccardo I, re di Inghilterra, Cor di Leone" auf derm Weg nach Messina zum 3. Kreuzzug eine Nacht verbracht habe. Wo man die Aufenthaltsorte des guten Richard Löwenherz überall findet, gut manche hat er nicht ganz freiwillig bewohnt, und was die damaligen Fürsten und Könige mit Lösegeldzahlungen veranstalteten, erinnert fatal an gewisse Gruppierungen Neapel südwärts.
Am großen Platz beim Neptunsbrunnen genehmigen wir uns Capuccino (I.) und Schwarztee (ich) und schauen dem Treiben zu. Zwei Polizisten stehen da und beraten Bürger, passen auf, dass niemand unberechtigt parkt, ein Pfeifchen kommt zum Einsatz, ein motorisierter Obst- und Gemüseverkäufer muss seinen Standplatz räumen, denn der entspricht dem Zugang zum kleinen Parkplatz. Ansonsten aber schlendern sie angestrengt und zeigen Präsenz. Wir gehen wieder zum Auto, kaufen noch einen Blumenstock in einem interessanten Gartengeräte-, Samen- und Blumenladen, fahren dann die Einbahnstraße hoch an den gestrengen Polizisten vorbei, umrunden den als Mittelpunkt des Kreisverkehrs dienenden Neptunbrunnen und fahren kurvig wieder runter und noch kurviger gleich wieder rauf, denn wir wollen die Straße, die auch zu den Seen führt, erkunden. Da die Brücke, die Cetraro-City mit dieser Straße verbindet, gerade renoviert wird, müssen wir ein winziges, steiles, Schlagloch-durchsetztes Sträßchen hinauf fahren. Winzige Ansiedlungen rechts und links der Straße. Wir finden auch die Straße, die zu den Seen führt, als der Weg aber immer schlechter wird, die Schlaglöcher die Form kleiner Krater annehmen und aus dem Asfalt eine Sandpiste wird, kehren wir mit Rücksicht auf meinen Magen und die Reifen sowie die Kupplung unseres Doplo um. Die Seen sollen wir nie kennen lernen!
Morgen woll wir nach Altomonte fahren!
Cosenza und Altomonte
Tun wir aber nicht, weil die Berge in Wolken sind. Wir beschließen nach Cosenza zu fahren. Jenes Cosenza "nächtlich am Busento", wo der Westgotenkönig Alarich im Bett des Busento zusammen mit einem Goldschatz begraben sein soll. Niemand hat den Schatz bisher gefunden, genauso verschwunden wie das Rheingold....
Wir fahren bis Paola, wo heute das Fest des hl.Francesco di Paola gefeiert wird, der einst auf seinem Mantel über die Straße von Messina gesegelt sein soll. Vom Fest erfahren wir erst am Abend durch Carlo, von der Überquerung der "Stretta" aus dem Reiseführer und einen Tag später durch ein anschauliches Gemälde in einer Kirche in Altomonte. Es geht nach Paola gleich steil über den Apeninn, viele Tunnels, ganz oben ist alles neblig, die Wolken drücken sich den Westabfall der Berge hoch. Dann durch ein langes Tunnel: blauer Himmel, grüne Landschaft durchsetzt von Hügeln, die meist von einer der pittoresken Städte gekrönt werden.
Cosenzas Außenquartiere zeigen vom Wachstum dieser Stadt, die Altstadt liegt steil aufragend über den Flüssen Crati und Busento. Ein großer Parkplatz, gebührenpflichtig aber ideal gelegen. Wir steigen durch Torbögen und Gässchen hoch zur Altstadt, kommen zum Dom, einem normannischen Bauwerk, wenn auch unter Friedrich II entstanden mit einer überraschenden barocken Seitenkapelle. Wenn man die Gassen und Treppen rauf und runter steigt, erlebt man den Zerfall vieler Häuser (viele "zu verkaufen" - Schilder), es erinnert uns ein wenig an das korsische Bastia, durch dessen Altstadt wir im Herbst "gestiegen" sind.
An einem kleinen Platz hinter dem Dom trinken wir Kaffee (Tee), beobachten das Treiben, später sitzen wir am Zusammenfluss von Busento und Crati (wieso muss der wesentlich breitere Busento jetzt Crati heißen? Aber wir kennen das Problem ja: Inn / Donau oder in unserer Region Enz / Nagold). Dann will uns Cosenza immer noch nicht entlassen, man hat zwei neue Kreisverkehre gebaut aber noch keine Richtungsschilder angebracht und so brauchen wir mehrere Anläufe bis wir wieder auf dem Weg zurück zu unserer "Farm in den grünen Bergen" sind, wo uns inzwischen blauer Himmel erwartet.
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Auf der Fattoria werden heute morgen Kartoffeln gesetzt, morgen soll gebacken werden. Federico, Mario und 3 Frauen arbeiten mit einem Handtraktor, Schnur (damit alles gerade wird) und Setzkartoffeln. Gutsherr "Dottore Carlo" lehnt entspannt an Federicos weißem Jeep, wie zumeist im Mantel. Federico hat seine beiden Hunde mitgebracht, ein völlig cooler Schäferhund und ein ständig bellender Pinscher, was den etatmäßigen Hofhund Susi völlig nervt, sie verzieht sich unter unser Auto, sind wir doch im Moment ihre einzigen wahren Freunde. Wir frühstücken draußen im Freien und beobachten die Szene.
Dann geht's los, dieses mal wirklich nach Altomonte. Und es wird eine Fahrt über sieben Berge und sieben Täler, knallig vor allem die Heimfahrt, die wir entlang der Südgrenze des Pollino - Nationalparks machen, rauf, runter, rauf..... I. hat anschließend den Drehwurm. Zum Glück ist fast kein Verkehr, nur die Linienbusse verblüffen uns, denn sie halten passgenau an den jeweiligen Hauseinfahrten oder auch einmal mitten in den Bergen an einer Quelle
Aber zurück zu Altomonte. Die Stadt liegt, wie nicht anders zu erwarten, auf einem Hügel, direkt vor den noch immer schneebedeckten Polliono - Bergen. Altomonte ist recht gut erhalten. Die Stadt nennt sich "citta del arte" und in der Tat begrüßt uns als erstes ein Freiluft - Amfitheater, dann steigen wir nach einem Abstecher zu einer Gelateria (mutig von mir und ich soll es büssen!) die Treppchen hinauf. An einer Hauswand prangt ein Spruch des Jazz-Saxofonisten Ornette Coleman. Im Normannenturm, dem "Torre Pallota", ist eine Kunstausstellung eines Malers mit netten Landschaftsbildern aber auch Portraits aus Kuba, darunter Fidel Castro und Garcia Marquez (der wenige Tage später sterben wird). Aber schon allein der Turm ist sehenswert, vor allem die Aussichten aus den Fenstern. Wir erfahren, dass in Altomonte im Sommer Musikfestivals stattfinden (Jazz, Rock, Klassik) im Amfitheater aber auch ein Treffen von Bäckern aus der ganzen Welt. Bis zu 10.000 Menschen kommen zu den Konzerten, erfahren wir vom Turmwächter, der im übrigen einen Freund in Karlsruhe hat, Karlsruhe scheint hier jeder zu kennen!
Das Normannenkastell ist in ein 5-Sterne-Hotel umgewandelt, wir sehen uns aber dennoch den Innenhof an. Bei den beiden großen an den jeweiligen Spornenden des Hügels gelegenen Kirchen der Dominikaner und der Franziskaner gefallen uns insbesondere die doppelstöckigen Kreuzgänge. In der Dominikanerkirche hängt das Bild des hl.Franziskus von Paola, wo er auf seinem Mantel stehend die "Stretta di Messina" überquert. Wir mussten die Fähre nehmen.
Abschied von der Fattoria
Der Wind lässt etwas nach, heute wollen wir auf den (erloschenen) Vulkan, der uns täglich die Aussicht zum Meer versperrt und hinter dem jeden Abend zwischen orange und knallrot die Sonne untergeht. Oben ist ein "Santuario" und wir wollen schauen, ob man am Kamm zu den weiteren Bergen ein wenig wandern kann.
Wir fahren los Richtung Monte Serra, dem "Vulkan". Kurz noch zu LIDL, dann geht es eine enge Straße hoch, steil, Zick-Zack, Serpentinen, immer wieder wechselnde Aussichten auf das Meer und die Bergwelt. Während von uns aus der obere Teil des Monte Serra wie kahl aussieht, ziehen sich auf der anderen Seite Häuser bis fast nach oben hin. Kühe wandern über die Straße, eine treffen wir fast auf dem Gipfel neben einer Jesus-Figur. Zwischen der letzten Ansiedlung und dem Santuario auf dem Gipfel hat es gebrannt, große Mengen von Kiefern sind angekohlt oder liegen schwer verkohlt am Boden. Oben Ausblicke in alle Richtungen, leider ist es dunstig. Wir sehen "unser" Tal und finden "unsere" Fattoria, wir sehen tief unten Cetraro, aus dieser Perspektive fällt der Höhenunterschied zwischen der Altstadt und der Ansiedlung am Meer kaum mehr auf. Wir sehen den Yachthafen und ganz im Hintergrund die schneebedeckten Pollino-Berge.
Das Santuario ist relativ neu, die Kirche und ein zusätzliches Gebäude sind verschlossen. Eine große Wiese mit Dutzenden von Steinbänken, ein überdachter Altar im Freien. Madonna, Christus, Erzengel Michael und ein riesiges Kreuz befinden sich an einem Aussichtspunkt vor der Kirche.
Dann wieder runter, meist im 2. Gang und immer bremsbereit, einmal fahre ich kurz den falschen Weg, dann aber sind wir wieder unten auf Meereshöhe zurück zu "unserer" Farm.
Dort raucht es mächtig, Valeria ist da, wir waren ihr bei der Runterfahrt schon kurz begegenet, es wird Brot gebacken, wir lernen "la Mamma di Federico" kennen, die mit einer Holzschaufel Brot um Brot in den Ofen schiebt. Dutzende von Broten werden gebacken, runde, flache Brote, "pitta" in Kalabrien genannt. Eines der Brote ist mit einer Art Schweinemet gefüllt, die Mamma schneidet uns ein riesiges Stück ab, sehr gut und kalorienreich und für meinen Magen der Härtetest. Dann bringt uns Valeria noch ein ofenwarmes Brot. Wir wollen Brot, Wein, Käse, Salami, Pepperoni und alles was wir bekommen haben bezahlen aber Valeria lehnt entrüstet ab. Zum Glück haben wir einen Blumenstock, eine Flasche "Terre Die Volsci" vom Jahrgang 2003 und Süssigkeiten besorgt, die wir auf den Kaminsims stellen. Dann machen wir Siesta, Valeria und Carlo verabschieden sich von uns, morgen werden wir schweren Herzens abreisen. Draußen zieht Nebel auf und fast die ganze Umgebung ist verschwunden.
Aufbruch: | 11.03.2014 |
Dauer: | 6 Wochen |
Heimkehr: | 18.04.2014 |