Zu Fuss über den Gotthard und ein wenig Tessin
Wir sind 2007 vom Vierwaldstätter-See über den Gotthard gewandert bis nach Biasca im Tessin. Anschließend waren wir noch einige Tage am Lago Maggiore und anschließend im Centovalli, ebenfalls im Tessin, dem "Tal der hundert Täler".
Von Flüelen der Reuss entlang zum Gotthard
Nebel auf dem Gotthard
Reuss, Schöllenschlucht und Teufelsbrücke
Wir waren mit dem PKW zum Südende des Vierwaldstättersees gefahren, zum Urnersee, nach Flüelen. Dort hatten wir übernachtet und die Wirtin hatte uns erlaubt, das Auto gegen Gebühr auf dem Wirtshausparkplatz stehen zu lassen, ganz links aber.
Wir wanderten am nächsten Morgen los, am See entlang, vorbei an einer riesigen Rotbuche, dann am Ufer der Reuss flussaufwärts Richtung Gotthard. Altdorf streiften wir nur. In Altdorf hatte ich Jahre zuvor genau gegenüber vom Tell-Denkmal übernachtet, ich war mit dem Fahrrad über den Klausenpass gefahren und klatschnass angekommen.
Wir wanderten teilweise auf dem Reuss-Damm, dann wieder über Wiesen, zwischen Feldern hindurch und kamen kurz hinter Erstfeld zur Jagdmattkapelle, die schon Goethe erwähnt hatte. Idealer Fleck für eine Vesperpause. Dann ging es auf der östlichen Seite des Reusstales zum ersten Mal nach oben, über Vorderried und Ried vorbei an Lawinenschutznischen aus dem 16.Jahrhundert, damals ein Schutz für die Wanderer, wir waren zum Glück im Sommer unterwegs. Dann stiegen wir wieder ins Reusstal ab, tranken in Amsteg noch etwas und machten uns an den Aufstieg nach Gurtnellen-Dorf, dieses Mal auf der rechten, der westlichen Seite des Reusstales. War der Anstieg nach Ried noch kommod gewesen, wurde es jetzt steiler und es wurde schwül, dunkle Wolken deuteten auf Regen hin. Der Weg führte jetzt in Serpentinen aufwärts, vorbei an Bauern, die in höchster Eile das Heu einbringen wollten. Die Schwüle verbunden mit dem steilen Anstieg machten mir zu schaffen. Würden wir das Bergheim, wo wir ein Zimmer reserviert hatten, noch vor dem Regen errreichen?
Nach der Zeitangabe am Wegweiser unten im Tal, müssten wir bald oben sein. Dann ein kleines Dorf. Das kann's noch nicht sein, meinte Ingrid aber wir standen vor dem Bergheim, die freundliche Wirtin zeigte uns unser Zimmer und als wir eingetreten waren, begann es schon zu regnen. Obwohl ich etwas Probleme mit dem Anstieg hatte, hatten wir die angegebene Zeit sogar noch unterschritten. Das sollte uns auf der "deutschsprachigen Seite" des Gotthards noch öfter geschehen, auf der "italienischen" also der Tessiner Seite war es dann seltsamerweise meist umgekehrt. Wir spazierten ein wenig durch Gurtnellen-Dorf, besichtigten die alte Dorfkirche und bekamen dann ein wunderbares Abendessen. Die Wirtin erzählte uns ein wenig vom Leben hier oben über dem Tal, von der Weidegenossenschaft, die den guten Käse herstellte, den wir aßen und von der Oma, die Heidelbeeren sammelte, welche die Wirtin zu einem schmackhaften Dessert verarbeitete.
Am nächsten Morgen und einem guten Frühstück wanderte wir wieder runter ins Tal, kamen an einem Lamagehege vorbei und kamen nach Gurtnellen-Wiler, weiter ging es das Reuss-Tal hinauf bis nach Wassen, dem Ort mit der berühmten Kirche, die, bedingt durch die Serpentinen-Tunnels von der Bahn aus drei Mal aus jeweils unterschiedlicher Richtung gesehen wird (kennt mancher vielleicht durch den Sketch von "Emil"). Wir sahen sie nur einmal und nur aus einer Richtung. Der Wanderweg ging teilweise direkt am Fluss entlang, teilweise hatten wir Kontakt zur Autobahn, dann wieder zur Bahnstrecke, teilweise wanderten wir direkt auf der Autobahn, das heißt der Wanderweg ging teilweise direkt über die Tunnels und Straßenüberdeckungen... In Göschenen aßen wir etwas, Göschenen, seit der Autobahn im Abseits der Gotthardstrecke. Dann aber eines der tollsten Strecken im Reusstal: Durch die Schöllenenschlucht und über die Häderlisbrücke und die Teufelsbrücke hoch nach Andermatt. Bei der Teufelsbrücke besichtigten wir die verschiedenen Brücken aus meheren Jahrhunderten, von der ganz alten, über die früher die Postkutschen gefahren waren, rechts und links blickte man in die Tiefen der Reussschlucht, bis zur Autobahnbrücke, hoch droben. Vorbei am Denkmal für den russischen General Suworow, der die Schweizer im Kampf gegen die Franzosen zur Revolutionszeit unterstützte. Vor Andermatt war noch das Urnerloch zu durchqueren, ein Tunnel, heute nur noch für die Wanderer mit einem Schalter für die Eintretenden, damit man sehend durch das dunkle Loch kommt.
Übern Gotthard
In Andermatt fanden wir ein Hotel mit italienischem Restaurant, spazierten ein wenig durch den Ort, tranken ein Gläschen in einem hübschen kleinen Bistro, um dann im Hotel zu Abend zu essen, italienisch natürlich.
Am nächsten Morgen sollten wir die eigentliche Gotthard-Etappe beginnen. Wir wanderten Richtung Hospental aber schon am Bahnhof Hospental war es uns klar, dass es heute nicht sonderlich vergnüglich werden würde. Es wurde immer kälter und regnete und Ingrid zog sich in der Bahnhofstoilette erst einmal um. Ein frierendes Radfahrerpaar hatte sich ebenfalls in den Bahnhof zurückgezogen und beschlossen, die Radtour per Bahn fort zu setzen. Dann stiegen wir aufwärts, teilweise auf der alten Säumerstraße, teilweise über Wiesen, Kuhweiden, es wurde steil, hin und wieder musste die Gotthard-Passstraße überquert werden. Dann waren wir am Restaurant Mätteli beim Brüggloch, der Nebel zog immer tiefer und wir konnten unseren Weg kaum mehr erkennen. Vor dem Restaurant stand eine den Originalen nachgebaute Postkutsche und im Restaurant war der Kutscher mit seinen Fahrgästen: Ein 90jähriger sollte als Geschenk über den Gotthard gefahren werden. Wir bedauerten ihn, dass er bei diesem Nebel ja kaum was sehe. "Ach, ich seh eh fascht nix me, do macht au de Nebel nix", meinte er trocken. Ein Fahrradfahrer wärmte sich, er hatte ja noch fast die ganze Abfahrt vor sich, in Airolo auf der Südseite war er bei schönem Wetter los gefahren. Die Kutschenbesatzung trank Kutscher-Kaffee mit reichlich Schnaps drin und die Wirtin sagte zu uns: "Wenn ihr so einen trinkt, schafft ihr es nicht mehr rauf zum Hospiz". Dann aber empfahl sie uns, die alte gepflasterte Gotthardstraße zu benützen, der andere Weg sei bei diesem Nebel viel zu gefährlich und zu leicht könnte man die Markierungen übersehen. Das taten wir dann auch, die gepflasterte Straße führte uns richtig nach oben, obwohl wir teilweise kaum mehr als 2-3 m weit sahen. Einmal huschte abwärts ein Liegeradfahrer an uns vorbei, dann tuckerte ein langsamfahrendes Auto nach oben. Sonst war es ruhig, aus der Ferne hörte man seltsame Geräusche, die wir weder orten noch zuordnen konnten, später ahnten wir mehr als wir es sahen: es war ein Bagger, der neben der Straße arbeitete. Dann waren wir plötzlich fast am Pass, ein wenig lichtete sich der Nebel, ein Fahrradfahrer holte sein Rad aus dem Kofferraum, strampelte vielleicht 30 m nach oben und seine Begleiterin fotografierte diesen "Helden der Alpenpässe". Dann zog es wieder zu und urplötzlich standen wir direkt neben dem mehrstöckigen Hospiz, wir wären fast daran vorbei gelaufen.
Unser Zimmer war modern aber mönchisch einfach, kaum eine Möglichkeit die nasse Kleidung aufzuhängen. Aber ein gutes Essen im Gasthaus des Hospizes möbelte uns wieder auf und als immer wieder Nebelfetzen vom Wind weg geweht wurden, sahen wir sogar etwas von der Umgebung, den Gipfeln und sahen einen Hirten, der gerade seine große Kuhherde von den Höhen über dem Pass nach unten trieb.
Ziel der ersten Etappe: Gurtnellen-Dorf (das Foto stammt von einer späteren Wanderung im Frühjahr 2014)
Aufbruch: | August 2007 |
Dauer: | unbekannt |
Heimkehr: | August 2007 |