Bhutan - mit dem Fahrrad durch das Land des Donnerdrachens
Angekommen und gleich ein Highlight
Erste Überraschung in Bhutan
Die Anreise verläuft völlig problemlos. Start in Hamburg, über Wien nach Neu Delhi. Hier komme ich nach Mitternacht an und erst nach 14 Stunden kann ich die letzte Etappe mit Druk Air nach Paro in Bhutan antreten. 14 Stunden im Transitbereich des Flughafens sind mir deutlich zu lang, und ich möchte auch nicht völlig zerschlagen am Ziel ankommen. Deswegen nehme ich mir ein einfaches Hotel in Flughafennähe. 14 Stunden sind deutlich zu wenig, um einen Eindruck von einem Land zu bekommen. Deswegen vergesse ich lieber die Details dieses kurzen Intermezzos. Gefühlte 100 Stempel später sitze ich jedenfalls wieder im Flugzeug - linke Seite, Fensterplatz: Panoramablick auf die höchsten Gipfel des Himalaya.
Wenn auch keine ganz klare Sicht, sind die 8000er einschießlich Mount Everest schon richtig spektakulär
Nichts für Feiglinge
... ist der Landeanflug auf den einzigen internationalen Flughafen von Bhutan in Paro. Man hat das Gefühl, der Pilot folgt in engen Kurven den Serpentinen an zum Greifen nahen Bergen unter uns, um dann auf der etwas kurz geratenen Landebahn im Tal von Paro sofort ein Vollbremsung hinzulegen. Am Ende der schmalen Piste kommt die Maschine zum Stillstand, wendet und rollt zum kleinen Terminal.
Nach Geldwechsel und den unkomplizierten Einreiseformalitäten erwartet mich am Ausgang Karma mit Fahrer. Nicht in Landestracht wie die meisten und auch der Fahrer, sondern sportlich modern kommt Karma daher und zu meiner Überraschung spricht er fließend Deutsch, hat 16 Jahre in Deutschland gelebt und studiert und zwei seiner Schwestern leben noch immer dort - und warum haben wir per E-Mail dann die ganze Zeit auf Englisch kommuniziert? Zumal er sagt, dass er sich mit seiner jüngsten Schwester nur auf Deutsch unterhält und seine Landessprache Dzongkha zwar versteht, aber nur auf umgangssprachlichem Niveau inzwischen wieder spricht.
Egal. Alles hat wie verabredet geklappt. Wir fahren gemeinsam in das kleine Hotel in Paro, wo ich die nächsten zwei Nächte unterkomme und wir ein leckers, üppiges Abendessen serviert bekommen. Hier erfahre ich, dass Karma selbst erkrankt ist und noch in der Nacht nach Paro zurückkehren wird. Die Wanderung zum Taktshang oder Tigernest wird sein Fahrer mit mir unternehmen und am darauffolgenden Tag werden mich ein anderer Guide und ein Mechaniker auf der dann beginnenden Radtour begleiten.
Der Weg zum Tigernest
Wenn ein Bild von Bhutan bekannt ist, dann ist es dieses Kloster, das 800m hoch über dem Tal von Paro scheinbar an den Fels geheftet wurde. Hier soll einer der wichtigsten Gurus in der bhutanischen Form des Buddhismus auf einem fliegenden, feuerspeienden Tiger gelandet sein und drei Monate meditiert haben. Deswegen ist es bis heute eine der bedeutendsten buddhistischen Pilgerstätten im Himalaya. Aller Spiritualität zum Trotz reichen mir die Lage und das Bauwerk, um mich der Mühe der gut einstündigen Wanderung auf einem steilen Pfad zu unterziehen.
Es muss nicht immer die Hightech Outdoor-Ausrüstung sein: In der tradinellen Tracht mit leichten Slippern bekleidet weicht mein Begleiter mir nicht von der Seite
Zahlreiche Gebetsmühlen säumen den Weg zum Kloster, das im Hintergrund schon am Fels zu erkennen ist
Neben den großen Gebetsmühlen, die man dreimal im Uhrzeigersinn umrundet und dabei dreht, gibt es zahlreiche kleine Gebetsmühlen, die man einfach mit der Hand - selbstverständlich auch im Uhrzeigersinn - in Bewegung setzt
Fast am Ziel angekommen hat man die wohl beste Sicht auf dieses spektakuläre Kloster, dessen Lage am Berg der inneren Reinheit dienen soll und auch den Wanderer auf dem Weg nach oben widerfährt diese Reinigung - wahrscheinlich ist der schweißtreibende Aufstieg gemeint (ich weiß, ich bin ein Banause)
Die eigentliche Pracht des Klosters verbirgt sich aber in seinem Innern. Aber bevor man Zugang zu den dort verborgenen 13 Heiligtümern bekommt, muss man Arme und Beine bedecken, Taschen, Kameras und Handys abgeben. Danach folgt ein ständiger Wechsel von Schuhe an und Schuhe aus. Mein Begleiter hat sich nicht nur viel Mühe gegeben, mir die Bedeutung der acht verschiedenen Gestalten des Gurus, der buddhistischen Riten und Bräuche, sondern auch deren Bezeichnung auf Dzongkha näher zu bringen. Am Ende war ich so verwirrt, dass ich weder das eine noch das andere behalten habe, wobei die sprachliche Hürde deutlich höher lag. Beeindruckend war das Erlebnis allemal und die Art wie die Mönche hier leben und sich zum Teil drei Jahre zum Meditieren in eine kleine Kammer zurückziehen und sich in dieser Zeit weder Haare noch Fingernägel schneiden und nur vom Nötigsten leben, macht deutlich, dass es uns Mitteleuropäern wohl kaum möglich sein wird, diese Glauben wirklich zu durchdringen. Aber für viele ist es ja schick, sich punktuell das herauszugreifen, was gerade hipp ist.
Zügig gehen wir wieder hinab in fruchtbare Paro-Tal, in dem jetzt im Herbst der Reis kurz vor der Ernte steht.
Im Ort gelingt es mir, meinen Begleiter davon zu überzeugen, dass ich mich hier auch ganz gut allein zurechtfinde und allein ins Hotel zurückkehren werde. So habe ich denn ein bisschen Zeit mich umzusehen. Paro und Thimphu sind wohl die Haupttouristenorte in Bhutan und so erkenne ich hier nicht so viel von dem wieder, was Linda Leaming in ihrem Buch ¨Das glücklichste Land der Welt¨, welches mir als Reiselektüre dient, aus ihren 20 Jahren Erfahrung in Bhutan ersheint. Hier hat in den letzten Jahren wohl doch ein wesentlicher Wandel stattgefunden. Mönche mit Handy am Ohr sind so selbstverständlich wie zahlreiche Souveniershops. Die Uhren beginnen anscheinend auch hier anzufangen, anders zu ticken. Im Osten des Landes soll es aber noch ganz anders aussehen - dort wird mich die Reiseroute in den nächsten zwei Wochen dann hinführen - ich werde sehen und berichten.
Ich vermute, der Fahrer dieses Lastwagens holt sich drinnen den Segen für seine Fahrt ab - wird er wohl auch dringend benötigen
Dächer sind nicht nur gut gegen Regen und Sonne, sondern eignen sich hervorragend, um die Chiliernte zu trocknen - und davon wird in der hiesigen Küche sehr viel gebraucht
Aufbruch: | 06.10.2014 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 26.10.2014 |