Bootstour auf dem Neckar
Der Neckar
Nach einem Mammut-Einkauf im nahegelegenen Lidl ist die Kombüse gut ausgestatten und wir wollen endlich in den Neckar. Unserem eigentlichen Ziel.
697 km muss der Neckar von seiner Quelle im Schwarzwald bei Villingen-Schwenningen bis zu seiner Mündung in den Rhein bei Mannheim zurücklegen. 203 km davon sind schiffbar und 27 Schleusen helfen den Booten und Schiffen die Höhe von 160 m bis Plochingen zu überwinden.
Doch so weit wollen wir gar nicht fahren. Keine Hektik ist unser Motto. Bei Rhein-Kilometer 428 biegen wir in den kleinen Fluss ein, der, wie alle schiffbaren Nebenflüsse des Rheins, zu Berg kilometriert ist.
Bei Kilometer 6 treffen wir auf unsere erste Schleuse "Feudenheim". Ohne Aufenthalt werden wir alleine geschleust. Genauso wie in der nächsten Schleuse. Und schon haben wir Heidelberg erreicht.
Heidelberg
"Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren "... ja, das kann man wirklich. Eine tolle Stadt mit tollen Kneipen. Das Schloss, das man bequem mit der Bergbahn am Ende der Fußgängerzone erreicht, ist ein Muss. Leider haben wir die Schlossbeleuchtung am 1.Samstag im Juni gerade verpasst.
Ebenso muss man eine der urigen Studentenkneipen aus dem 18. Jh. besuchen. "Zum Seppl" und "Zum Roten Ochsen" gehören zu den ältesten Burschenschaftskneipen und sind, genau wie das "Schnookeloch" einfach sehenswert. Viele Generationen mehr oder weniger lernwilliger, aber durchaus trinkfreudiger Studenten haben sich hier verewigt. Im Ochsen gibt's täglich ab 19.30 Live-Musik.
Süßmäuler werden nicht am Viktoria-Altstadtcafé Strohauer vorbeikommen. 1963 wurde eine von Konditormeister Strohhauer selbst kreierte Torte per Luftpost an Queen Elisabeth in den Buckingham Palast geschickt. Ihre Namensgeberin war Viktoria von Eberbach. Die Viktoria-Torte war erfunden. Lecker, probieren.
Allerdings... alle diese Lokalitäten sind im Gewühl der Touristen, die sich durch die Stadt schieben nicht leicht zu entdecken.
Zwingenberg
Auch das Neckartal ist reich an Burgen. Nicht jede war eine Raubritterburg, doch die Hände tief in den Säckeln der durchreisenden Pfeffersäcke hatten die Burgherren allemal.
Gemütlich schippern wir an Hirschhorn und Eberbach vorbei. Wunderbare kleine Städte, die wir uns für den Rückweg aufheben wollen. Der Neckar mäandert in verrückten Schleifen durch die dunklen Mischwälder des Odenwalds.
"Deutschland ist im Sommer der Gipfel der Schönheit, aber niemand hat das höchste Ausmaß dieser sanften und friedvollen Schönheit begriffen, wirklich wahrgenommen und genossen, der nicht auf einem Floß den Neckar hinab gefahren ist!" Schrieb Mark Twain und ließ sich auf seinem Weg von Heilbronn nach Heidelberg zu Passagen seines Huckleberry Finn inspirieren.
Mit Blick auf die gut erhaltene und noch teilweise bewohnte Burg Zwingenberg, legen wir am linken Ufer beim Motor-Yachtclub Neckar an. Ein schmucker Campingplatz, ein bewirtschaftetes Clubhaus und tipp top saubere Sanitäranlagen. Wir werden sehr freundlich empfangen und lassen uns von der Chefin persönlich aufs Leckerste bekochen. Die Größe der Portionen würden jeden Holzfäller in Bedrängnis bringen. Wer gut zu Fuß ist, erwandert die Burg und die Wolfsschlucht. Sie ist ein Knüller, assoziiert mit der entsprechenden "Wolfsschluchtszene" in Carl Maria von Webers "Freischütz".
Zwingenberg
Das Schloss Zwingenberg wurde erstmals 1326 urkundlich erwähnt. Die ursprünglichen Eigentümer wurden 1363 von der Burg vertrieben, da diese als Raubritter galten. Anschließend wurde die Anlage im Auftrag des Kaisers geschleift. 1403 wurde die Burg von den Herren von Hirschhorn wieder aufgebaut.
Seit 1983 finden jährlich im August ESchlossfestspiele unter freiem Himmel statt. Dabei steht die Oper "Der Freischütz" von Carl Maria von Weber im Mittelpunkt
Haßmersheim
Und weil wir schon bei "freundlich" sind. Das scheint den Baden Württembergern angeboren zu sein. Ruft Manfred eine Schleuse bekommt er die Antwort " Die Schleuse ist klar, Sie können einfahren", oder "Bergfahrt fährt gerade aus, dann komm ich mit der Kammer runter und sag Ihnen Bescheid". (Gottes beste Gabe ist der Schwabe)
Nur gut 3 km weiter, in Neckargerach, ist eine Spundwand zum Anlegen und nur wenige Schritte durch die Unterführung ist ein Penny-Markt, bei dem wir unseren Kühlschrank bis zum Bersten füllen, bevor wir weiterschippern.
In Binau, am rechten Ufer liegt ein Campingplatz mit Anleger und eigenem Schwimmbad, das könnte uns auch reizen, doch wir wollen weiter nach Haßmersheim. So lassen wir auch die Stege des Sportboot-Club Fram-Obrigheim (da gäbe es auch einen Penny-Markt in flußläufiger Nähe) hinter uns und schleichen uns in den ehemaligen Schutzhafen des Haßmersheimer Bootsvereins. Sie veranstalten am Wochenende ihr Hafenfest. Und weil Götz von Berlichingen mit Burg Hornberg und Haßmersheim belehnt wurde, kann man ja auch einiges erwarten. Von hier aus zu sehen ist allerdings nur die Burg Guttenberg mit Sitz der Deutschen Greifenwarte und der Deutschen Umweltstiftung.
Fischerstechen
Freitagabend startet das Hafenfest mit Livemusik. Ritter Götz hat sie sicher hören können und hat seine Freude daran gehabt. Genauso wie am Fischerstechen am Samstag. Mancher Stecher weigert sich immer wieder mit konstanter Bosheit ins feuchte Element zu entschwinden. Doch die, die mehr oder weniger elegant abtauchen, bringen die Zuschauer zum Johlen. Kaffee und Kuchen, Gegrilltes und frisch Gezapftes, Skipper und Crew müssen nicht darben. Und am Sonntag nach dem Weißwurstessen leert sich der Hafen wieder. Ein gelungenes Fest in einem gastfreundlichen Verein, in einer freundlichen kleinen Stadt mit guten Einkaufsmöglichkeiten. Und preiswert sind sie auch noch.
Eberbach
Wir werfen montags die Leinen los um die beiden Städte zu erkunden, die wir auf der Bergfahrt ausgelassen haben.
In Eberbach fragen wir den Schiffsführer des Fahrgastschiffes "Burg-Eberbach" ob es erlaubt ist, dass wir an der Spundwand anlegen. Vor oder hinter ihm. Und was bekommen wir als Antwort:" Legen Sie sich da vorne neben den Stromkasten und holen Sie sich Strom. Es kostet nichts!"
Natürlich bewundern wir die schöne Altstadt. Eberbach liegt am Fuß des Katzenbuckels, einer Erhebung des Odenwalds. Die alte Stauferstadt ist nicht nur ein Kleinod, sie ist auch ein traditionelles Schifferstädtchen. Viele Berufsschiffe haben hier ihren Heimathafen.
Abends klopft es an Belugas Tür. Der Nachtwächter der Stadt steht davor und heißt uns herzlich willkommen. Er drückt uns sogar eine Illustrierte in die Hand, das Eberclub-Magazin, gibt Tipps und erzählt, dass es in Eberbach das beste Trinkwasser am Neckar gibt, das wir am Ausflugsboot bunkern könnten. Wir sind völlig sprachlos!
Der Eber, Sinnbild von Eberbach
unbedingt kostenloses Mitglied im Eberclub werden. Das Magazin ist ganz toll gemacht und bietet viele Informationen über die Gegend und den Neckarsteig
Eberclub-Magazin]
Hirschhorn
Wir schippern weiter durch die beiden Neckarschleifen und steile, bewaldete Berghänge zur "Perle des Odenwalds" nach Hirschhorn. Und obwohl Hirschhorn zu Hessen gehört, ist auch hier der Herr über das imposant Stauwehr mit den beiden Schleusenkammern eine Perle. Wir legen unterhalb der Stadtmauer an, froh, dass wir hier genug Wasser unter dem Kiel haben. Etwas weiter unten ist extra eine Spundwand für Sportboote präpariert, auch mit genügend Wasser für uns. An der Stadtmauer zu liegen hat natürlich den Vorteil, dass im Unterwasser der Schleuse alle Berufsschiffe langsam fahren und wenig Schwell machen und es außerdem nur wenige Schritte in die Altstadt sind und die ist einfach sehenswert. Liebhaber erdbewegender Knollen speisen im "Kartoffelhaus" vorzüglich. Obwohl Schloss und Schlosskirche eigentlich ein Muss sind, verkneifen wir uns den Aufstieg bei der Hitze, denn wir kennen sie.
Noch einmal drei Schleusen, die wir mit der "Burg-Eberbach" meistern, bringen uns zurück nach Heidelberg. Unserer letzten Etappe am Neckar. Leider.
Wer länger verweilen will, sollte gutes Wanderschuhwerk mitnehme und sich am Neckarsteig versuchen. Der Wanderer kann auf 125 km Länge alles genießen was das Herz begehrt: Natur, Kultur, Burgen, Schlösser, schöne Ortschaften und leckere Gastronomie. Und die logistische Besonderheit am Neckarsteig, an jedem Zielort befindet sich eine Anbindung an die S-Bahn, oder man nimmt gleich ein Fahrgastschiff zurück.
Für Liebhaber edler Brände hält Heidelberg eine Besonderheit bereit: "The flying Five". Das ist eine Whisky Kreation aus verschiedenen Malt Whisky Sorten der Whiskyfreunde Heidelberg Highland. Die Produktion ist auf jeweils 200 Flaschen begrenzt. 153 € der Liter. Auf den Schreck brauch ich jetzt einen Schnaps.
Der Neckar, fahrt unbedingt mal hin!
Aufbruch: | Mai 2014 |
Dauer: | circa 5 Wochen |
Heimkehr: | Juni 2014 |