Das Elsass, der kleine Blumengarten Frankreichs.

Reisezeit: Juni 2014  |  von Ralf Beelitz

Elsass

Das Elsass

Ehe es wieder ins Reich der Kurven geht, machen wir einen kurzen Abstecher zum Markplatz von Munster, dem historische Kern der Stadt. Es ist Markttag; entsprechend belebt ist der Platz vor dem alten Rathaus. Man sollte hier nicht den Fehler machen, einfach vorbeizufahren, sondern den Blick gen Himmel wenden. Das Dach ist auf mehreren Etagen mit Storchennestern geradezu gepflastert. Die Störche, das elsässische Symboltier schlechthin, nehmen den Trubel unter ihnen gelassen hin.
Wir verlassen Munster auf alten Kopfsteinpflasterstraßen und folgen dem Vallée de Munster entlang der Fecht in Richtung Südwesten. Dort erwartet uns die unspektakuläre Kuppe des Col du Plaetzerwaesel (1.183). Hinter der Passhöhe geht es kurz bergab, es folgt der ebenso kurze Anstieg zum Breitfirst (1.282) - eher ein Hochplateau als ein Gipfel - dann stoßen wir auf dem Le Markstein wieder auf die Route des Crêtes. Es ist Samstag und die Ruhe des Vortages ist hier oben vorbei. Ganze Horden von Bikern sind in die Vogesen eingefallen. Immer wieder ballern Gruppen vorbei, ungeachtet des Rollsplitts, der laut vernehmbar gegen die Radabdeckungen prasselt. Über den Lac de Kruth, das Vallee de Thur, wo mythisch anmutende Berghöhen die umliegenden Täler und Hochebenen zu bewachen scheinen und das Val de Saint-Amarin geht es südwärts Richtung Thann.
Hier beginnt der Aufstieg zum Col du Hundsruck (748). An diesem Pass geriet Jan Ullrich, der kurz vor dem Gesamtsieg stand, 1997 auf der 18. Etappe der Tour de France durch eine Attacke seines schärfsten Konkurrenten Richard Virenque in Bedrängnis und verlor 47 Sekunden auf die Spitzengruppe. Doch dann soll sein Teamkollege Udo Bölts ihn mit den berühmt gewordenen Worten „Quäl dich, du Sau!” derart angeraunzt haben, dass Ullrich wieder Mut fasste, einen Zahn zulegte und schließlich die Tour gewann. Der Col du Hundsrück bildet den höchsten Punkt der D14b, die von Bitschwiller-lès-Thann nach Masevaux führt. Die Straße wurde im ersten Weltkrieg aus militärischen Gründen gebaut. Sie taucht nach einigen Kilometern in den dichten Wald ein und erreicht so die Passhöhe. Von hier oben bietet sich uns eine großartige Aussicht in die elsässische Ebene und den Grand Ballon.

Auf dem Place de Clemenceau in Masevaux, wo sich das Tal der Doller weitet, genehmigen wir uns in einem kleinen Bistro den obligatorischen Cafe au Lait und schauen dem geschäftigen Treiben auf dem kleinen Obst- und Gemüsemarkt zu. Gestärkt führt uns die D466 weiter in den Parc Naturel des Ballons hinein. In dieser Ecke ist vergleichsweise wenig los. Kaum Verkehr, keine Sessel- oder Sommerrodelbahnen, der Rummel der Route des Crêtes und des Grand Ballon sind weit weg. Hinter dem Dörfchen Sewen mit seinen kleinen Fachwerk- und Sandsteinhäuschen zieht die Straße langsam an und windet sich Staumauer des Lac d’Alfeld (621 m) hinauf. Die Fahrbahn ist schmal, nur von kleinen Mäuerchen begrenzt und dazu kehrenreich. Oben im Bergwald stürzt ein Wasserfall zu Tal - dieser Streckenabschnitt ist ein wahrer Genuss. Schnörkellos und ohne weitere Kehren zieht die Straße dann aus dem Bergkessel heraus und schlängelt sich schier endlos an den dicht bewaldeten Hängen des Grand Langenberges entlang.

Wir lassen den Ballon d`Alsace (1.178) rechts liegen und nehmen die Abfahrt entlang der Roche du Cerf hinunter nach Giromagny. Am Ortsausgang von Plancher-les-Mines empfängt uns die Auffahrt zum Col du Station (1.178) und zum Ballon de Servance (1.158). Die Straße durch den Forêt de Saint-Antoine, entlang des Flüsschens Rahin, bleibt schmal, nicht mehr als ein besserer Waldweg. Auf der rau asphaltierten Straße erreichen wir über eine kurzen Rampe den Col des Croix (680), die Hauptverbindung von Servance im Vallée de l’Ognon nach Le Thillot im Vallée de la Moselle. Das schmale Bergsträßchen trägt zum entspannten Fahrvergnügen bei, schlängelt es sich doch schön der natürlichen Topographie des Hanges folgend nach unten. Über den Col du Mont de Fourche (620), La Bresse und den Col du Bramont (956) geht es noch einmal rassig durch das Kurvenlabyrinth der Vogesen. Fahrgenuss vom Feinsten. Genau der richtige Abschluss für einen gelungenen Pässetag - und am Abend gibt es dann noch das elsässische Nationalgericht „Choucroute“ - Sauerkraut, klassisch mit Schweinefleisch und Würstchen.

Infos

Weitere Bilder finden Sie unter www.motorroller-info.de

© Ralf Beelitz, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Urige kleine Ortschaften mit alten Fachwerkhäusern, Störche, die über den Dächern kreisen, Weinberge und dazu Gipfel wie der Col du Bonhomme, Col de la Schlucht und Le Grand Ballon, die Fahrgenuss vom Feinsten versprechen - das ist das Elsass, der kleine Blumengarten Frankreichs.
Details:
Aufbruch: 19.06.2014
Dauer: 4 Tage
Heimkehr: 22.06.2014
Reiseziele: Frankreich
Der Autor
 
Ralf Beelitz berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.
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