4 Länder in 4 Tagen
Im Herzen Lothringens
In der Nacht hat es geregnet, doch als wir nach einem Croissant mit Café au Lait aufbrechen, herrscht perfektes Frühlingswetter. Glasklare Luft, 18 Grad, am Himmel schweben dekorativ ein paar weiße Wolken. Gelber Raps und roter Mohn; gelegentlich ein rustikales Dörfchen wie Ornes, Damloup und Les Esparges. Recht unspektakulär geht es auf griffigem Asphalt über die Hügelketten Lothringens. Abseits der Nationalstraßen winden sich die gelben und weißen Sträßchen der Straßenkarte durch Wiesen, Äcker und Wälder. Wegkreuze und Madonnenfiguren tauchen am Straßenrand auf. Ein Traktor tuckert gemächlich über den Acker. Entspanntes Touren ohne Stress. Kaum noch Verkehr, dafür noch mehr Weizenfelder, mehr Wiesen, mehr Kiefernwälder, mehr Himmel. Letzterer bereitet uns allerdings zunehmend Sorgen. Je näher wir dem „Lac de Madine“ kommen, umso bedrohlicher türmen sich die grau-gelben Wolkenbänke am Horizont. Da möchte niemand freiwillig reinfahren! Also die Maschinen gestoppt und beratschlagt. „Vous cherchez quelque chose?“ reißt uns ein freundlicher Hausbewohner aus dem Kartenstudium. Was wir suchen? Den möglichst direkten Weg zur Mosel. Den finden wir dann auch und überqueren bei Pont-a-Mousson im Département Meurthe-et-Moselle den Fluss. Ein Geflecht unscheinbarer Nebenstraßen führt uns nach Flocourt, unserem heutigen Etappenziel. Ein altes Bauernhaus im Niemandsland. Cremefarbene Charolais-Rinder weiden auf sattgrünen Wiesen. Wir werden von den Vermietern schon erwartet. Der Kaffee dampft und der Kuchen ist noch warm.
Der Tag ist noch jung, sodass ich beschließe, einen Abstecher ins benachbarte Metz, der Hauptstadt Lothringens, zu unternehmen. Zahlreiche alte Kirchen, Bürgerhäuser und Brücken, ein Mix aus mittelalterlichem Flair und Moderne empfängt mich. Mitten in der pittoresken Altstadt aus gelbem Jeaumont-Stein steht, wie ein Fels alles überragend, die 800 Jahre alte gotische Cathédrale Saint-Etiénne. Ihre leuchtenden Buntglasfenster tauchen das Innere in ein mystisches Licht und gaben der Kirche ihren Spitznamen „Gottes Laterne“.
Direkt daneben erhebt sich der „Marché Couvert“, die Markhalle von Metz. Ursprünglich sollte das Gebäude ein Bischofspalast werden. Zu Beginn der französischen Revolution war es noch nicht fertig gestellt und so wurde entschieden, dort den Wochenmarkt durchzuführen. Hier findet sich so manches, was das kulinarische Herz begehrt: Cidre, Wurst, Schokolade, Konfitüre, Schnecken, Fromage de Chèvre (Ziegenkäse), Fisch, Honig…und…und. Da läuft schon beim Hinschauen das Wasser im Mund zusammen. Ich kann nicht widerstehen und nehme etwas Reiseproviant mit. Auch sonst hat Metz noch einiges zu bieten: quirlige Straßencafés, schattige Parks am Moselufer und das majestätische Viertel Quartier Impérial, das sich für die Liste der Weltkulturerbe beworben hat.
Der Tag klingt mit einem gemeinsamen Abendessen im Wohnzimmer unserer Wirtsleute aus. Die Frau des Hauses hat alles aufgeboten, was Küche und Keller so hergibt. Selbstgeräucherter Wildschweinschinken, Wildpastete, geschmorter Fasan, Schokoladentorte. Ein Glas Rotwein dazu. Leben wie Gott in Frankreich.
Quartier Impérial
Aufbruch: | 25.05.2016 |
Dauer: | 4 Tage |
Heimkehr: | 28.05.2016 |
Frankreich
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