Unterwegs im südlichen Kalabrien
Tour 2: Der Nationalpark Aspromonte
An der Westküste biegen wir bei Gioia Tauro ins Landesinnere ab und folgen der Ausschilderung nach Drosi und Rizziconi. Das sind beides kleine, ländliche Ortschaften, geprägt durch einen bescheidenen Wohlstand. Die Straße folgt einem breiten, landwirtschaftlich genutzten Tal mit großen Ölbaumhainen Richtung Berge. Nach den Städtchen Taurianova und Cittanova, letzteres nennt sogar einen gepflegten Stadtpark und ein Kino mit aktuellstem Programm sein eigen, geht es endlich in Serpentinen hoch in die dichtbewaldeten Berge. Zur Linken erhebt sich die Flanke des Monte Scifa, zur Rechten verengt sich weit unten das Tal zu einem engen Steinfluss.
Am Bergrücken angelangt, erwartet uns unter den Bäumen des hohen Laubwaldes ein gepflegter Rastplatz mit Tischen und Bänken, zwischen denen eine Herde Kühe grast. Eine informative Straßenkarte des Nationalparks Aspromonte weist uns den Weg Richtung Süden nach Zomaro. Plötzlich reißt uns lautes Brüllen aus dem Kartenstudium: stolz, schwarz und mächtig marschiert ein Stier in die Mitte der Fahrbahn und brüllt lautstark seinen Revieranspruch hinaus. Den wollen wir ihm auch gar nicht streitig machen; also steigen wir schnell ins Auto und machen uns auf den Weg nach Zomaro. Die neue Landstraße verläuft zwischen Eichen-, Buchen- und Pinienwäldern hindurch längs des Aspromonte. Wir passieren einzelne Feriensiedlungen, in denen um diese Jahreszeit noch alles verriegelt ist.
Und immer wieder Geröllflüsse
In Zomaro erwarten uns ein noch geschlossenes Besucherzentrum, ein menschenleerer Picknickplatz und die Ausschilderung eines Fußweges zum Fonte Aqua Bianca, dem wir durch einen lichten Buchenwald folgen. An der gefassten Quelle des Fonte Aqua Bianca füllen einige Männer ihre Plastikkanister mit Wasser und auch wir füllen unsere Plastikflaschen. Die Männer versichern uns, dass es hier das beste Wasser des ganzen Aspromonte gebe. Zum Beweis zeigen sie auf unsere Plastikflaschen, die sich beim Befüllen perlend mit dem kühlen Nass beschlagen.
Ein gut gekennzeichneter Wanderweg führt von hier zum Laghetto Zomaro. Zwar lassen sich die hier in den Wäldern beheimateten Wildschweine und Wölfe nicht sehen, trotzdem ist die Wanderung ein wunderbares Naturerlebnis.
Zurück auf der Teerstraße fahren wir weiter durch diesen Teil des Aspromonte, der sich so sehr von seinem nur ca. 50 km entfernten wilden und kargen südlichen Ausläufer unterscheidet. Auch wenn sich immer wieder grandiose Panoramablicke in eine wilde Bergwelt eröffnen, so wirkt der Aspromonte hier auf Grund der gepflegten Picknickplätze, der vielen Wegweiser zu Hotels und Gaststätten, der ausgeschilderten Wanderwege und der neuen Teerstraße sehr erschlossen und gezähmt.
An einer Straßengabelung folgen wir der Ausschilderung Richtung Piminoro und weiter nach Zeroo. Zwischen Bäumen grasen einige Pferde friedlich auf einer Weide. Reiterurlaub kann man natürlich auch machen. Langsam bewegen wir uns weiter nach Süden. Prompt stoßen wir bald auf die ersten Schlaglöcher und die Straßengabelungen zeichnen sich wieder durch fehlende Beschilderung aus. Wir halten uns auf gut Glück links nach Süden. Kurvig führt die Straße bergab, vorbei an großen Farnwiesen. Auf der Straße müssen wir den ersten Steinschlagbrocken zwischen den Schlaglöchern ausweichen.
Blick über die Gipfel des Aspromonte
Neben der Straße füllt ein alter Mann an einer gefassten Quelle, die es hier wirklich überall gibt, seine Plastikbehälter auf. Auf unsere Frage, wohin die Straße führt, antwortet er: "Geradeaus!", und auf die Frage nach dem Namen des nächsten Dorfes lautet die Antwort: "Weiß ich nicht!" Der Mann wirkt dabei durchaus nicht unfreundlichen, sondern eher bedauernd.
Die Straße wird zur Sandpiste, Ginster und Farne erobern sich die Fahrbahn zurück. Bei jedem Halt hört man Wildbäche rauschen. Endlich wird die Straße wieder besser und wir kommen an ein überdimensionales Christuskreuz. Weit unten breitet sich eine große Ebene mit zwei Ortschaften aus. Dort angelangt durchfahren wir zuerst das Dorf Delianuova, dann kommen wir nach Scido. Es ist bereits Nachmittag und so freuen wir uns sehr, als wir in Scido auf die geöffnete Trattoria Fontana Vecchia stoßen. Der Wirt ist sehr nett, das Essen gut, doch der Preis überteuert. Wir hatten natürlich wieder einmal den Fehler gemacht, und uns vor der Bestellung nicht die Karte bringen lassen. Aber was soll's. Die Spaghetti mit frischem Tomatensugo geben den richtigen Drive für die Rückfahrt nach Gioio Tauro.
Aufbruch: | 03.06.2005 |
Dauer: | 3 Wochen |
Heimkehr: | 20.06.2005 |