Durch den Mittleren Westen der USA
Auf einer Harley-Davidson Electra-Glide
durch den Indian Summer in Illinois, Iowa und Missouri
Kapitel Eins, Chicago und Waterloo
Dienstag, 10. Oktober 2006 Zuhause - Düsseldorf - Frankfurt - Chicago
Ein langweiliger aber dafür umso bequemerer Flug. U-Bahn in Chicago - gibt's die da überhaupt?? Ein Besuch in Klein-Griechenland. Um 8 ist alles zappenduster!
Im Zug nach Düsseldorf erfolgt nach jedem Halt die Durchsage, dass sämtliche Reservierungen ungültig seien, weil unser Originalzug von der Polizei beschlagnahmt worden sei. Natürlich gibt es entsprechend Unmut im Zug. Super, denke ich, einen guten Sitzplatz innehabend, mein neues Abenteuer beginnt ja schon recht lustig. In Düsseldorf nehme ich dann den Flieger nach Frankfurt/Main. Der Passagier neben mir ist Entwicklungshelfer in San Salvador und wir haben eine überaus angenehme und kurzweilige Unterhaltung. Leider sind wir viel zu schnell in Frankfurt. Während unseres Landeanfluges erwischen uns ein paar heftige Luftverwirbelungen des vor uns landenden Singapur-Jumbos und wir werden wirklich sehr hart durchgeschüttelt. Na, wenn das kein schlimmes Omen ist, denke ich so vor mich hin und befürchte schon jetzt Schlimmes auf meiner neuen USA-Reise.
In Frankfurt dann der gewohnte lange Fußweg bis zu meinem Jumbo. Diesmal konnte ich frei entscheiden und wählte United Airlines, weil es dort Economy-Plätze mit erweitertem Fußraum geben soll. Und ich habe dann in meinem Sessel auch tatsächlich unendlich viel Beinfreiheit. Ich sitze in der ersten Reihe dieser Economy Plus-Klasse und komme noch nicht einmal mit meinen ausgestreckten Beinen an die Wand vor mir. (Ja, OK, ich weiß, ich habe kurze Beine...) Ich freue mich über so viel Freiraum. Der Flug ist völlig unspektakulär. Auf dem gesamten Flug nur Wolken unter uns. Insgesamt fühle ich mich hier im Vergleich zur Lufthansa deutlich besser aufgehoben und
kann deshalb United Airlines Economy Plus bestens weiterempfehlen.
Wir landen pünktlich nachmittags gegen 3 pm in Chicago O'Hare. Ursprünglich wollte ich mir ja den Indian Summer im Nordosten und ganz besonders in Vermont und Maine ansehen, aber mein neuer Freund Craig hat mich überredet, stattdessen lieber ihn zu besuchen und die Bäume bei ihm sollen genauso bunt wie im Norden sein. Also bin ich jetzt hier in Chicago gelandet. Ich komme ziemlich rasch aus dem Flieger raus und trödle auch nicht so lange wie sonst mit Ingrid rum. Deshalb passiere ich auch als einer der ersten die Immigration Control, muss dann aber dafür umso länger auf meine beiden Taschen warten. Erst ganz zum Schluss kommen sie endlich auf dem Förderband angerollert.
Wie komme ich jetzt eigentlich in die Stadt und vor allem zu meinem Hotel? Ich könnte einfach ein Taxi nehmen, doch das ist mir zu einfach - und auch zu teuer. Es muss doch auch etwas interessanter, sprich billiger, mit U-Bahn oder Bus gehen. Also suche ich erstmal nach einem Stadtplan, finde ihn auch irgendwann und suche die Straße mit meinem Hotel Holiday Inn. Daneben hängt tatsächlich eine U-Bahn-Karte. (Ich kann mich nicht erinnern, von einer U-Bahn in Chicago gehört oder gelesen zu haben oder eine im Film gesehen zu haben.) Ich sehe nach und entscheide mich rasch für eine U-Bahn-Linie und eine Station, an der ich aussteigen muss.
Mit der Flughafenbahn geht es dann rüber zur Underground Station. Ein freundlicher Flughafenbeschäftigter hilft mir, meine U-Bahn zu finden, die auch nur noch auf mich gewartet hat. Das Ticket kostet 2 $. Und ab geht es. So weit außerhalb der Stadt fahren wir noch oberirdisch und ich kann sehen, wie wir uns der Stadt und der eindrucksvollen Skyline nähern. Und bald sind wir dann auch an der Station, von der ich glaube, meinem Hotel nahe zu sein. Doch ich habe mich geirrt! Denn nachdem ich mir einen Stadtplan am U-Bahn-Schalter besorgt habe, merke ich schnell,
dass ich hier im Greek Quarter ziemlich falsch bin.
Hier ist ein griechisches Lokal neben dem anderen. Ich schultere meinen Rucksack und wackle mit den zwei Reisetaschen los. Das sieht ja nicht gut für mich aus! Hoffentlich habe ich bald mehr Glück. Das Wetter ist trüb und kalt, aber wenigstens trocken. Inzwischen frage ich mich schon manchmal, ob es vielleicht falsch war, so ganz alleine und ohne Vorbereitung "rüberzufahren". Und wer kam nur auf die saudumme Idee, hier unbedingt mit dieser blöden U-Bahn fahren zu wollen? Aber jetzt gebe ich nicht auf! Nein, ich nehme mir kein Taxi! Ich nicht!!
Und schon nähert sich das Glück
in Form einer netten hilfsbereiten und freundlichen hübschen jungen Dame, der wohl durch irgendeine kleine Kleinigkeit (vielleicht, weil ich mit dem ausgebreiteten Stadtplan an der Hauswand stehe?) aufgefallen sein muss, dass ich hier etwas fremd bin. (Spötter werden jetzt natürlich sagen, dass ich wahrscheinlich recht hilflos ausgesehen haben muss. Daher weise ich schon jetzt und vorsorglich darauf hin, dass das nicht stimmt. Ich sehe IMMER cool aus!) Sie kennt mein Hotel und erklärt mir den Fußweg dorthin. Ich eiere also weiter und werde kurz darauf von einem jungen Mann überholt. Er fragt, wo ich hin will und will unbedingt mit mir gehen und mir den Weg bis zum Hotel zeigen. (Sehe ich wirklich so blöd aus?) Außerdem will er unbedingt eine meiner beiden Taschen ziehen. (Sehe ich denn wirklich schon so gebrechlich aus??) Er heißt Ben, stammt aus Los Angeles und verkauft jetzt hier in Chicago Obst und Gemüse. Es ist ihm hier viel zu kalt und er will nächstes Jahr mit seiner Freundin zurück nach Kalifornien.
Ben lotst mich am Fluss entlang und an der Rückseite der Oper vorbei. Hier am Ufer herrscht nur Fußgängerverkehr, also alles ganz einfach. Dann müssen wir noch über zwei Brücken und schon stehen wir vor meinem
Hotel Holiday Inn Mart Plaza.
Schnell noch ein Foto von uns beiden und dann ist er auch schon weg. Meine Einladung zum Abendessen schlägt er aus, weil er schon eine Verabredung hat.
Im Hotel muss ich erstmal rauf in den 15. Stock zur Registration. Ich frage nach einem Zimmer mit einem schönen Blick und erhalte es auch tatsächlich in der 16. Etage mit phantastischem Blick
auf die glitzernden Hochhäuser und den tiefgrün schillernden Chicago River,
der direkt vor dem Hotel herumfließt und über den sich jede Menge Brücken schwingen. Der Koffermann bringt die Koffer ein paar Minuten später und ist selbst erstaunt über den tollen Ausblick, den er angeblich noch nie gesehen hat, weil die Hotelgäste die Vorhänge sonst nie zurückziehen, so wie ich es jetzt gemacht habe. Ich glaube ihm nicht, vielleicht will er nur noch mehr Trinkgeld...
Inzwischen ist es später Nachmittag und es dunkelt bereits. Nach den obligatorischen Fotos aus dem Hotelzimmer mache ich mich deshalb bald auf den Weg in die Stadt. Mannomann, ich, ganz allein in Chicago! Wie das wohl endet? Auf jeden Fall muss ich diesmal besonders aufpassen, damit ich nichts vergesse oder liegenlasse wie sonst so oft.
In der Stadt ist es ausgesprochen kalt. Der Wind macht alles noch schlimmer. Da ich keinen Hunger verspüre, (ich bin immer noch satt vom Essen im Flieger,) besorge ich mir erstmal nur etwas zum Trinken.
Gut wäre es, im Sears-Tower hochzufahren,
um die nächtliche Aussicht über die glitzernde Stadt zu genießen. Also mache ich mich auf den Weg und finde ihn auch. Jedoch, leider, um 8 pm wird zugemacht. Jetzt ist es 7.35 pm. Also kein Einlass mehr. Na ja, nicht schlimm, fahre ich halt am letzten Tag rauf. Ich lass mich doch von denen nicht ärgern...
Deshalb steige ich kurzer Hand einfach in den hier wartenden Bus zum
Navy Pier.
Ich kenne den Navy Pier ja noch von unserer Reise 2002 her ganz gut und hoffe dass ich hier noch etwas zu sehen und zu essen kriege. Aber, obwohl ich bis ans Ende schlendere, alles schon zu. In Chicago und auch hier am Vergnügungspier sind spätestens um acht Uhr abends alle Geschäfte geschlossen und sämtliche Bürgersteige hochgeklappt, obwohl hier am Pier noch genug Leute rumlaufen. Aber wenigstens kann ich jetzt hier im Freien meine erste freundliche Zigarre rauchen. Die Ansicht der vielen beleuchteten Hochhäuser ist ständig und immer wieder völlig überwältigend. Und ganz besonders hier draußen mit der spiegelnden Wasserfront und der glitzernden Skyline.
Eigentlich bin ich ganz schön müde. Immerhin ist es jetzt schon 2 oder 3 Uhr nachts für mich. Also zurück ins Hotel und schlafen gehen.
Mittwoch, 11. Oktober 2006
Chicago - Waterloo/Iowa, 650 km
Ein neues Mopedfahrgefühl. Eine Kälte, die immer kälter wird.
Ich mache es mir heute mit dem Breakfast einfach und frühstücke im Hotel, teuer, lieblos und nicht allzu gut. Dann rufe ich ein paar Mal bei
EagleRider an,
um mich nach einer Transportmöglichkeit vom Hotel zur Motorradvermietung zu informieren. Leider meldet sich ein Mensch erst kurz nach der offiziellen Öffnungszeit 10 Uhr morgens. Er sagt, ich soll ein Taxi nehmen und er erstattet mir dann die Fahrtkosten. Also runter vors Hotel, ins nächste Taxi und los.
Das Yellow Cab ist schmutzig und unordentlich,
die Trennscheibe ist kaum noch durchsichtig und es stinkt hier drin vom Fahrer her entsetzlich nach Knoblauch. Eine endlose halbe Stunde und 28 $ später sind wir endlich da und ich kriege wieder Luft zum Atmen. Das Trinkgeld gebe ich äußerst ungern, aber er lebt ja davon, also komme ich leider nicht drum rum.
Der Typ bei EagleRider ist nicht allzu freundlich und erst recht nicht allzu entgegenkommend. Es müssen wieder die gewohnt vielen Unterschriften und Initialen gemacht werden, die zusätzlichen Versicherungen werden bezahlt und dann zeigt er mir endlich mein Moped.
Es ist eine silberne Harley-Davidson Electra Glide.
Eine GoldWing haben sie leider nicht in Chicago. Als allererstes sehe ich nach, ob mein Moped auch tatsächlich die übliche Zigarettenanzünder-Steckdose hat. Es hat. Also kann ich problemlos mein wieder mitgebrachtes
TomTom-Navigationsgerät GO 910
anschließen und werde es auf der Tour dadurch wieder viel leichter haben.
Dann heißt es, alle mitgebrachten Sachen im Moped unterzubringen. Und ich schaffe es auch! Ich muss außer den beiden leeren Reisetaschen nichts zurücklassen! Super. Hätte ich nicht gedacht. Das ist ja ganz erfreulich. Jetzt erstmal halbwegs cool und lässig hier rausfahren. Klappt auch. Es guckt mir zwar wahrscheinlich keiner hinterher, aber es gehört sich so. Es ist Mittag, 12 Uhr. Die Harley lässt sich fahren. Es ist keine GoldWing, doch es geht ganz gut. Ich halte erstmal am nächsten größeren Parkplatz an, um mein Navi festzumachen. Ich habe mir dazu zuhause eine Plastikschale mit Schaumgummi ausgeschlagen. Diese Schale mache ich mit Klebeband auf dem Tank fest, lege das TomTom rein und spanne ein paar Gummiringe darüber. Stromanschluss in der Steckdose des Zigarettenanzünders. Fertig. Dann noch das Ziel und ein paar Zwischenziele eingeben und dann geht es endgültig los. Die Autobahn ist direkt vor mir und schon bin ich auf der richtigen Interstate 290 und dann 88 in genau westlicher Richtung.
Es ist kalt und nieselt etwas. Das kann ja noch heiter werden, denke ich mal wieder so vor mich hin. Auf was für ein Abenteuer hast Du Dich da nur wieder eingelassen? Ich schwimme auf der linken von drei Spuren im Verkehr einfach mit. Oh Schreck, plötzlich sehe ich im Rückspiegel,
dass mein Topcase offensteht!!
Der Deckel steht senkrecht nach oben!!! Ganz schnell ein Blick in den Spiegel, ob und was alles von mir auf der Straße hinter mir rumliegt, ich entdecke aber nichts, sind auch zu viele Autos hinter mir, und ganz schnell rüber auf den rechten Standstreifen. Ich sehe nach und stelle sehr rasch fest, dass die beiden verchromten Zuhaltungen gar keine richtige Funktion haben, und zwar von Neuheit an nicht! Unfassbar! Das Topcase war von mir bis obenhin vollgequetscht, obendrauf mein Rucksack mit allen wichtigen Dokumenten, Pass, Geld, Reiseschecks, Handy, Kameras - er ist noch da! Während des Anhaltens sind ein paar Sachen rausgepurzelt und ich sammle sie schnell wieder ein. Ich kann es nicht glauben - ich habe schon wieder mal einen Riesendussel gehabt! Aber, schnell, schnell, der Verkehr und die großen Lkws rauschen ununterbrochen direkt neben mir vorbei und zermatschen mich gleich. Ich bin froh, jetzt nicht meinen Rucksack im fließenden Verkehr auf der Fahrbahn aufsammeln zu müssen, denn das hätte ich bestimmt nicht lebendig überlebt... Ich klebe den Topcase-Deckel schnell mit meinem für das Navi mitgebrachten Klebeband zu und hau erstmal ganz schnell von hier ab. Wenn ich sonst irgendetwas verloren haben sollte, kann ich es nicht ändern. Hauptsache, die Wertsachen sind noch da.
Eine Autobahn-Kontrolle kommt.
Ich muss 80 Cent bezahlen. Geht gar nicht so einfach mit den kalten Fingern, doch ich schaffe es, ohne die Leute hinter mir zu lange zu nerven und schnell geht es wieder weiter. Ich habe 400 Meilen vor mir und will bis 6 pm am Ziel sein.
Nach ein paar Meilen die nächste Toll Station. Wieder 80 Cent und die nervige Fummelei nach dem Kleingeld. Und das gleiche noch mal. Und dann noch mal. Hier muss ich jedoch 1,80 $ bezahlen. Der Typ im Kassenhäuschen sagt, dass ich das einzige Moped bin, das heute bei ihm vorbeigekommen ist. Das glaube ich ihm gerne, denn inzwischen bin ich schon total durchgefroren. Die Nadel des Thermometers steht auf unter 30° Fahrenheit, also deutlich unter dem Gefrierpunkt. Die Kälte kriecht langsam durch sämtliche Löcher und Ritzen tief in mich rein. Warum habe ich Blödmann mich heute Morgen nicht warm genug angezogen? Die warme lange Thermo-Unterhose, mein Kragen und vor allem die dicken Handschuhe sind hinten drin. Viel zu kalt, um sich jetzt noch umzuziehen. Jetzt muss ich durch!
Der Typ bei EagleRider hat mich noch darauf hingewiesen, dass die Benzinanzeige an einer Harley nicht sehr genau anzeigt. Ich soll deshalb sicherheitshalber einfach alle hundert Meilen tanken. Ich habe jetzt schon 130 Meilen drauf und immer noch ist keine Tankstelle zu sehen!
Was mache ich, wenn ich ohne Benzin liegen bleibe?
Mannomann, ich mach mir ganz schön Sorgen, obwohl der Zeiger noch fast halbvoll anzeigt. Endlich eine Ausfahrt. Ich muss hier raus und sehe auch einen Wasserturm in der Ferne. Da muss ein Ort sein! Richtig. Und wo ein Ort ist, da gibt es in den USA auch meistens eine Tankstelle. Korrekt! Schnell tanken und weiter! Nur nicht aufhalten und festfrieren.
Weiter geht es. Immer noch endlose Maisfelder, nichts als Maisfelder, abgeerntet oder noch zum Ernten. Aber nur Futter-Mais, also ohne die leckeren Maiskolben. Endlose Felder. Ganz Illinois muss aus Maisfeldern bestehen.
Es wird lausig kalt.
Ich zittere inzwischen am ganzen Leib. Doch es hilft nichts! Immer noch 150 Meilen! Ich tanke noch mal und schaffe es kaum, den Rüssel in den Tank zu kriegen. So zittere ich. In der Tankstelle schütte ich mir einen glühendheißen Kakao rein und mach mich schnell wieder auf den Weg. Ich muss bei den Leuten da einen merkwürdigen Eindruck hinterlassen haben, so rot im Gesicht und so schlimm zitternd.
Wieder mal typisch: Überall wird von der globalen Klimaerwärmung gesprochen. Aber wenn ich sie mal wirklich brauche, ist für mich nichts davon da...
Die Straße nimmt kein Ende. Natürlich habe ich schon längst meine Route geändert und nehme den allerkürzesten Weg. Am Mississippi überquere ich die Grenze nach Iowa. Und dann endlich, endlich, nach einer weiteren endlosen Quälerei, kurz vor dem sicheren Erfrierungstod, erreiche ich doch noch
Waterloo/Iowa.
Es ist eine mit Cedar Falls zusammenhängende Doppelstadt. Das Navi zeigt mir den Weg bis zu meinem Freund Craig, jedoch der Name an der Haustür ist nicht richtig. Die richtige Hausnummer ist in den Unterlagen hinten im Gepäck, aber jetzt hole ich sie bestimmt nicht raus, schaffe ich gar nicht. Also gehe ich ein paar Häuser weiter und sehe überall nach, aber alles andere Namen. Alle Häuser machen einen total unbewohnten, geradezu verlassenen Eindruck. Auch kein Schwein, äh, kein Mensch auf der Straße zu sehen. Endlich fasse ich genug Mut, gehe zurück und klopfe am ersten Haus. Da hatte ich vorhin durch zwei halboffene Türen im düsteren Hintergrund immerhin ein paar Füße wahrscheinlich vor einem Fernseher sehen können. Ein alter Mann kommt tatsächlich an die Tür geschlurft. Ich frage nach dem Haus meines Freundes. Es ist zwei Häuser zurück. Mühsam fahre ich das Moped rüber und klingele.
Laurel, Craigs Frau, öffnet. Wir kennen uns noch nicht, doch finden wir rasch zusammen. Ich muss wirklich sehr bedauernswert aussehen, so kalt und so durchgefroren. Craig kommt nach ein paar Minuten zur Tür herein. Und dann sitzen wir am runden Tisch, trinken heißen Tee und haben viel zu erzählen. Es klingelt.
Durchs Fenster sehe ich einen Cop und ein Polizeiauto!
Der Nachbar von vorhin hat auch gleich die Polizei gerufen, weil sich ein merkwürdiger Ausländer mit Motorrad rumtreiben soll. Craig klärt alles rasch und wir haben erneut etwas zum Lachen.
Wir stellen mein Moped in Craigs "Shop" (u.a. auch "Werkstatt" nicht nur "Laden, Geschäft") ab. So nennt er seine Fahrzeughalle. Zwei Corvettes, eine C 4 und eine C 5, beide in schwarz, dann zwölf verschiedene Motorräder, von einer kleinen 50er Honda bis zu einer schwarzen 1500er GoldWing stehen hier rum. Dazu jede Menge Werkzeug-Einrichtung und Hobbysachen. Hier kann er prima seine Fahrzeuge warten.
Bald kommt auch Craigs Freund Dick zur Tür hereinspaziert und wir haben ein interessantes Gespräch zum Kennenlernen. Inzwischen lassen wir auch schonmal den einen und anderen Bierdosenverschluss knacken, denn jetzt ist es mir nicht mehr so kalt. Craig bringt mich dann erstmal rüber ins Motel. Da dusche ich so heiß wie möglich, richte mich etwas ein und dann ist Craig auch schon wieder da, um mit uns allen zum Essen zu gehen.
Wir landen in Applebee's, das ich ja auch schon kenne und ich erhalte da ein köstliches saftiges Steak. Inzwischen ist auch Craigs Sekretärin Anita gekommen, die schon zwanzig Jahre bei ihm arbeitet. Craig scheint also ein ganz guter Arbeitgeber zu sein. Laurel kommt mit Tochter Deanna auch noch zu uns. Und so kann ich ein bisschen von "Old Germany" erzählen.
Ich bin herzlich müde und darf dann auch bald zurück ins Motel. Mein Zimmer ist immer noch nicht viel wärmer als vorhin. Die elektrische Heizung ist offenbar nicht in Ordnung. Dazu kein Föhn im Bad. Ich musste mir meine Haare vorhin über dem kalten Gebläse der Klimaanlage notdürftig trocken. Und dann stelle ich auch noch fest, "nur" 22 TV-Programme. Aber ich kann jetzt nichts mehr ändern und schlafe ganz schnell ein. Was werden die nächsten Tage bringen?
Aufbruch: | 10.10.2006 |
Dauer: | 12 Tage |
Heimkehr: | 21.10.2006 |