Katharinenkloster
Ägypten: Der Sinai - rund ums Katharinenkloster
Der kleine, in der Mitte der Karte gekennzeichnete Ausflug, galt dem Katharinenkloster und dem Berg Sinai - sehr zu empfehlen!
Am Montag, dem 24. September 2000 kommen wir erfolgreich in Ägypten an, einem Land, das zwar dreimal so groß wie Deutschland ist, aber zum größten Teil unbewohnbar. Wir wollen uns zuerst eine Woche Zeit nehmen, um uns den Sinai anzusehen.
In Nuweiba am Golf von Aquaba installieren wir unser Basiscamp, dort treffen wir auch Tina und Michael wieder und Rudi aus Amman. Allesamt mit Mopeds, alle wohlauf. Von dort aus geht es einmal zum Wandern und Klettern in den "Coloured Canyon", eine ziemlich "malerische" Schlucht. Hier ist wirklich gutes Schuhwerk angebracht.
Hauptreiseziel eines jeden Sinai-Touristen ist natürlich das Katharinenkloster und der Berg, auf dem Moses angeblich die 20 Gebote entgegengenommen hat.
Zur Erklärung: Der erste Satz der Zehn Gebote ist ja bei Moses' Wutanfall angesichts des Goldenen Kalbs zu Bruch gegangen, worauf Moses gleich noch mal auf den Berg durfte, um den neuen Satz zu holen.
Auch uns zieht es dorthin und so ersteigen wir den rotbraun gefärbten Gebel Musa, genannt Mosesberg, am Nachmittag, denn wir haben vor, oben zu schlafen. Zusammen mit Tina und Michael, die wir im Tal am Katharinenkloster treffen, überwinden wir die angeblich 1000 Höhenmeter auf 2225 m.
Oben angekommen ist es schon ganz schön kühl, obwohl die Sonne scheint und man es im Tal kaum aushalten kann. Auf dem Gipfel lernen wir zwei recht süße Mädels kennen, die per Taxi und mit Backpack aus Israel rübergekommen sind. Nach Einbruch der Dunkelheit flüchten sie jedoch der Kälte halber zurück ins Tal, genau wie auch alle anderen Touristen, und lassen uns vier zurück.
Jetzt erst mal kochen mit Gaskartusche unter erschwerten Bedingungen: Es ist wirklich unglaublich kalt, der Wind weht alles weg, wenn man ihn nur lässt, und alles ist irgendwie schief und steil. Doch wir sind erfolgreich und es gibt wundergute Nudeln mit feiner Erbsen- und Tomatensoße.
Mit Iso und Schlafsack und dicken Winterklamotten ausgerüstet, schlafen wir ausgesprochen gut unter einem vollkommen klaren Sternenhimmel. Und zwar genau so lange, bis uns um halb 5 die tausend Japaner und Italiener wecken, die gerade mit dem Bus aus Hurghada gekommen sind. Ha, aber wir haben die besten Plätze am höchsten Punkt und mit perfekter Sicht auf den Sonnenaufgang okkupiert. Hier gibt's übrigens jeden Tag genau einen Sonnenaufgang und der ist, wie sollte es auch anders sein, jedes Mal total "malerisch".
Schluss mit der Einsamkeit, die Italiener trampeln uns noch während wir schlafen auf den Isomatten rum.
Auf dem Rückweg geht uns beiden (musste ja mal kommen) der Sprit aus. Wir haben ein bisschen zu knapp kalkuliert und so stehen wir dann 2 oder 3 Kilometer voneinander entfernt am Straßenrand und zwar schon in Sichtweite von Nuweiba, dem Basislager. Der erste, der bei mir vorbeikommt (nach 30 Sekunden) reißt mir meinen leeren Kanister aus der Hand, fährt los und kommt 5 Minuten später wieder. Ich gebe ihm das Geld, meinen Dank und Luftballons für seine Kinder und das alles ohne ein Wort English.
Mio wird derweils von einem Beduinen abgeschleppt, der uns dann auch gleich zu sich nach Hause auf Tee einlädt. Dort gibt es nicht nur Tee, viele Freunde und die Familie des Beduinen, sondern auch eine Runde bestes Leitungswasser, dargereicht in einem großen Becher, aus dem alle abwechselnd trinken. Und das, obwohl wir eigentlich immer nur Wasser aus Flaschen trinken wollten.
O.k., so weit, so gut. Eigentlich der perfekte Zeitpunkt, um unauffällig das Weite zu suchen. Wir stehen also auf, verabschieden uns. Und schon fangen alle gleichzeitig an, von allen Seiten auf uns einzureden: "Nein, nein, jetzt noch nicht." O.k., der Versuch war's wert. Wir setzen uns wieder.
Und schon kommt eine riesige Silberplatte mit folgendem Inhalt: unten Reis, gemischt mit irgendeiner uns unbekannten Getreidesorte oder sehr speziellen Nudeln, dazwischen Hammelfleisch en masse und obendrauf ein Crêpe-artiges Brot. Gegessen wird mit den Händen (aber nur mit der Rechten, die Linke gilt als unrein). Der Vater des Beduinen, der sehr, sehr alt ist und natürlich auch weise, lässt es sich nicht nehmen, uns Häppchen aus gewickeltem Crèpe mit Reis und Fleisch darzureichen, mit Händen, die ganz dringend eine Wäsche nötig hätten. Der Gute nimmt also so ein Hammelbein, reißt Fleisch runter, dazu eine Hand voll Reis und packt das Ganze in das Brot. Dann streckt er uns das ganze Paket entgegen. Lecker. Und das beste ist, mittlerweile haben wir uns so an das Leben hier unten gewöhnt, dass wir nach kurzem Stutzen richtig zugreifen. Das Besondere an dem Fleisch ist, dass es hier anscheinend gewisse Probleme bei der Haarentfernung gibt, die Büschel isst man halt mit... Aber es schmeckt natürlich hervorragend und wir umschiffen erfolgreich die Klippen der uns unbekannten Gastfreundschaft.
Erst nach dem Essen greift der gute Alte dann zur Waschschüssel um sich nach alter Väter Sitte die Hände zu reinigen, danach zum Handy, um die restlichen Familienangelegenheiten zu regeln.
Der Beduine hat natürlich, wie könnte es anders sein, auch eine wunderschöne Frau. Wunderschön unter dem Schleier, der ihr verrutscht ist und das halbe Gesicht offenbart. Ein Anblick wie aus Tausendundeiner Nacht.
Aber ein Handy, die Leute hier sind echt heiß.
Von da an verbringen wir 4 Nächte in einem Strandhotel in Dahab, das auch am Golf von Aqaba gelegen ist. Als Gäste von Achmed, auf dessen Dachterrasse wir campen, bekommen wir im gesamten Hotel Discount, sei es beim Essen oder beim Surfen. Achmet ist der Big Chief im Tauchclub des Hotels, wo Mio sich umgehend zum OpenWaterDiver ausbilden lässt, während ich surfe und andere ausgesprochen sinnvolle und pflichterfüllende Dinge erledige: zum Beispiel Mios Motorrad zu warten, altruistisch wie ich nun mal bin.
In Dahab hören wir endgültig auf, selbst zu kochen, und gehen stattdessen so oft wie möglich ins "Baby Fish", das Hotelrestaurant. Ich habe selten so viel und so gut gegessen, nach kurzer Zeit haftet mir der Ruf eines Vielfraßes an.
Die Tage sind hier immer recht anstrengend, vor allem wegen unserer sportlichen Aktivitäten, darum sparen wir uns das hiesige Nachtleben und gehen schon um 9 Uhr zu Bett, nur um am nächsten Morgen um halb 6 aufstehen zu können.
Am Tag der Abfahrt aus Dahab steht uns eine ziemliche Monstertour bevor: Abfahrt um 6, erst mal den Tank vollkommen leerfahren, dann Frühstück an einem wegen der Unabsehbarkeit des Tankinhalt-Endes zufällig gewählten Ort mitten in der Sinaisischen Nordwüste. Ach, zur Info, wir haben natürlich Ersatzkanister dabei, jeder 20 Liter.
Das eigentlich ägyptische Festland erreichen wir durch den Tunnel, der unter dem Suezkanal hindurchführt. Jetzt ist mir auch endlich klar, was die Schilder im Süden des Sinai bedeuten: "Tunnel - 338 kilometers". Das ist kein Ort, sondern der einzige Tunnel weit und breit.
Wir durchfahren Suez, die Stadt, in der alle Autos blau sind, und 300 km später Hurghada, eine endlose Touristensiedlung. Lange nach Sonnenuntergang erreichen wir Port Safaga an der Küste des Roten Meeres.
Das waren bis jetzt insgesamt exakt 858 km in 13 Stunden und mit vielen Pausen. Gähn.
Die Straßen waren im Allgemeinen vollkommen gerade bis zum Horizont, der Verkehr minimal, ja, wir freuten uns geradezu über jedes entgegenkommende Auto. Die Fahrgewohnheiten der Ägypter sind in jeder Hinsicht gewöhnungsbedürftig. Aber richtig lustig wird es erst, sobald es dunkel ist, dann fühlt sich hier jeder Autofahrer verpflichtet, einen durch ständiges Aufblenden, anhaltendes Hupen und Links- oder Rechtsblinken zu informieren, dass man als vermeintliches Auto ein kaputtes Licht hat. Aber normalerweise fahren sie alle höchstens mit Standlicht. Dieses wird dann immer im unpassenden Moment aufgeblendet, so dass man sich nur noch die Augen reiben kann.
Das ist uebrigens auch so ein Riesenspaß: In jedem Reiseführer ist lang und breit beschrieben, dass Nachtfahrten zu vermeiden sind, aber da soll mir mal einer erklären, wie das gehen soll, wenn (mittlerweile) um Punkt halb sechs, in Worten 17.30 Uhr, die Sonne im wahrsten Sinne des Wortes mit einem Schlag untergeht.
In Port Safaga verbringen wir zwei Tage, denn wir haben einiges zu tun. So steht unter anderem endlich mal eine richtige Klamotten-Wasch-Session an und die Mopeds haben auch ihren Bedarf an Pflege. Wir einigen uns darauf, uns den Stress mit der Handwäsche zu sparen. Direkt neben uns ist ein Hotel, Luxusklasse, 4 Sterne, fragen kostet nichts. Auf Anfrage erfahren wir den genauen Preis: "Don't worry 'bout the price, it's very cheap!". Wir fragen viermal, denn wir sind davon überzeugt, dass alle Ägypter des Englischen nicht fähig sind. "No, no, don't worry 'bout the price, it's very cheap!"
Am nächsten Tag hört sich das ein bisschen anders an: "Okay, macht dann 120 Ägyptische Pfund.", was so ungefähr 80 DM sind, pro Hose 4 DM und pro T-Shirt 2 Mark, Mios 10 T-Shirts also insgesamt 20 DM. Nach einer halben Ewigkeit des Feilschens müssen wir dann aber doch nur 110 LE zahlen, 74 Mark. Das Zeug ist noch nicht mal sauber, aber dafür korrekt gebügelt und jedes Einzelteil fein säuberlich in eine Plastiktüte eingewickelt. Sogar die Socken!!!
Unser Weg von Port Safaga zum Nil gestaltet sich ausgesprochen widerborstig. So zeigen sich die Beamten am Checkpoint wenig kooperativ, die Straßen seien schlecht und lebensgefährlich, es geht immerhin 200 km durch die Wüste. Der wahre Grund sind natürlich befürchtete Attentate auf Touristen. Seit dem Terroranschlag von Luxor 1997 steht sowieso das ganze Land Kopf. Die netten Mitarbeiter des Checkpoints raten uns zu warten, bis der abendliche Konvoi um 18 Uhr ansteht.
Da wir nicht warten wollen, bleibt uns nichts anderes übrig, als einen anderen Weg zum Nil zu finden. Viel weiter im Süden gibt es einen Ort mit Namen Quseir, der auch am Roten Meer liegt. Von dort aus existiert eine Verbindung, die quer durch die Wüste zum Nil führt. Jedoch auch hier wird es uns nicht gestattet, diese Straße zu benutzen. Es sei zu gefährlich, heißt es, es gäbe weder Polizei noch Rettungsdienst. Aber wo gibt es die hier unten schon? Nach ungefähr einer Stunde Diskussion mit dem sehr höflichen und gebildeten Polizeichef geben wir auf und versuchen erstmal ganz dumm, doch die verbotene Straße zu nehmen. Unmöglich, mittlerweile weiß jeder Polizist im Ort, wer wir sind.
Da der Weg nach Westen tabu, der Weg nach Süden zu weit und der Weg nach Osten zu nass ist, fahren wir notgedrungen zurück gen Norden. Am Wegrand sticht uns ein wunderschönes Fleckchen Erde ins Auge, eine Art Lagune, eine Bucht, die supersauber zu sein scheint. Da das Wasser mehr oder weniger steht, ist es ausgesprochen warm, aber trotzdem sauber, denn alles lebt. Im seichten Wasser der Bucht finden wir Muscheln und essbare Krebse, die wir voller Begeisterung sammeln. Für mich als Stadtmensch ist das natürlich ausgesprochen seltsam, denn hält man die Muscheln zu lange in der Hand, beginnen die Bewohner, ihr Eigenleben zu führen, klettern raus aus ihrem Gehäuse und zwicken einen in die Handfläche. Oh, Taschenkrebs, schnell weg. Obwohl sie ausgesprochen gut schmecken (leider ohne Sauce, nicht mal Mayonnaise) "fressen" wir sie in ziemlicher Eile runter, denn wir müssen ganz dringend zurück nach Port Safaga zum 18-Uhr-Konvoi. Viel zu spät starten wir durch, mit röhrenden Motoren prügeln wir die Maschinen zum Checkpoint in Port Safaga. Um 18.01 Uhr stehen wir dort und schauen die Polizeibeamten mit großen Augen an: "Wie? Der Konvoi ist schon weg? Neeee, oder?". Und so winken sie uns durch, jedoch nicht bevor wir Ihnen versprochen haben, den Konvoi einzuholen. Wir holen ihn nicht ein, haben aber auf der Fahrt Gelegenheit, den Zustand der Straße zu überprüfen: Die Straße ist neu, sehr eben, keine Schlaglöcher, kein Grund für Konvois. Die Terroristen haben sich gut versteckt. Wir fühlen uns ausgesprochen sicher, denn wir sind kein sonderlich gutes Ziel. Sollten hier Fundamentalisten einen Anschlag planen, so wären Konvois immer noch das beste Ziel, vor allem, da sie immer zur selben Zeit vorbeikommen.
Aufbruch: | 01.09.2000 |
Dauer: | 10 Wochen |
Heimkehr: | 07.11.2000 |
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