Beluga geht durchs Nadelöhr 1

Reisezeit: Mai - Oktober 2004  |  von Doris Sutter

Die Donau, der europäische Strom

Vater Rhein ist noch von erheblich größerer Bedeutung, Die Wolga ist länger, aber kein anderer europäischer Fluss hat mehr Anrainer-Staaten als die Donau.
Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Rumänien, Moldawien und die Ukraine. Die Anzahl der Religionen und Völker mit ihren verschiedenen Sprachen, Dialekten, Schriften und Volkstümern beträgt ein Vielfaches davon.

In Donaueschingen vereinen sich die Quellflüsse.
"Brigach und Breg bringen die Donau zu Weg," ein alter Merkspruch. Aber an dieser "Donauquelle" ist eine Inschrift "Mutter Baar schickt die junge Donau auf den Weg nach Osten." Nie hört man, dass durch Schlucklöcher unterirdisch noch viel Donauwasser zum Rhein verschwindet.

Die Donau ist der wasserreichste Fluss Europas. Ein reißender Gebirgsfluss, der sich durch Engpässe drückt, in Karstlöchern verschwindet, durch senkrecht aufsteigende Felsen des fränkischen Jura frisst, das bömische Granitplateau durchbricht, die Karpaten und ungarische Tiefebenen quert, gegen das Eiserne Tor anrennt, um in der behäbigen Gemächlichkeit des Flachstromes in einem Riesendelta auszuebben und im Schwarzen Meer zu verschwinden.

Die Donau ist der einzige größere Fluss Europas, der von Westen nach Osten fließt. Sie hat 120 Nebenflüsse, davon 34 schiffbar und relativ starke unterirdische Zuflüsse. Sie ist 2415 km schiffbar und hat 16 Schleusen. Das Einzugsgebiet der Donau ist viermal so groß als das des Rheins. Sie wälzt ein Wasservolumen wie Rhein, Weser und Elbe zusammen. Das macht sie unberechenbar.

Und sie wird ihren Namen ändern in Dunaj, Dunav,Duna, Dunarea, Danube, Danubio, Dunarez, bei den Kelten hieß sie Ister, die Römer nannten sie Danubis.

Sie war der Weg der Nibelungen und Kreuzfahrer, die Römer benutzen sie als wichtigen Handelsweg und Teil ihres nassen Limes. Die Türken zogen auf ihr bis nach Wien. Sie ist Durchzugsstraße, Grenzscheide und Bindeglied zwischen Ost und West und wir werden versuchen bis zu ihrer Mündung ins Schwarze Meer zu gelangen.

Für die freie Durchfahrt garantieren alle Anrainer-Statten. Sie haben sich im internationalen Donau-Vertrag dazu verpflichtet. Hoffentlich ist das auch allen Grenzposten bekannt!!

Die sanften Hügel des Bayrischen Waldes begleiten uns.
Die Fahrrinne ist gut betonnt. Manchmal nimmt sie den ganzen Fluss ein, dann wieder ist sie sehr schmal. Stromleitwerke gehen fast bis zur Fahrwassermitte. Fischruhezonen sind großflächig durch gelbe Tonnen abgegrenzt. Hoffentlich wissen die Fische auch, dass sie hier ruhen sollen.

Endlich mündet rechts die Isar, kommt aus dem schneegepuderten Karwendel in Tirol, bringt Geröll aber auch etwas mehr Wasser mit. Immerhin bringt uns das 2 km mehr Fahrt. Gut so!

die Isar am Morgen

die Isar am Morgen

Der Inn bringt jede Menge hellgrünes Schmelzwasser und zusätzlich 2 km an Geschwindigkeit.
Strudel irritieren den Geradeauslauf von Beluga. Wo die nur herkommen? Vielleicht weil die Donau hier 10 m tief ist? Manfred ist schwer mit seinem Ruder beschäftigt. Die Landschaft wird von km zu km schöner. Das Donauwasser ist zur Zeit sehr sauber. Es ist wirklich alles ganz anders als man es uns hat weismachen wollen.

Äonen vor unserer Zeitrechnung hat die Donau ein Gebirge durchbrochen und das Passauer Tal ausgespült.
Sehr imposant.
Der Fluss windet sich durch die Schlögener Schlingen, an hohen Laubwaldhängen entlang, wie eine gekrümmte Schlange.Plötzlich aufkommender Starkwind schlägt Manfred das Verdeck um die Ohren und fast wäre sein vorletztes Käppi auch noch verloren. Die Österreicher Gebirgsmarine knallt uns zusätzlich Wellen vor den Bug. Hinter der Schleuse Aschach sind die Berge schlagartig weg. Die Donau gewinnt mächtig an Figur, wird aber wieder viel langsamer. Sehr zu Verdruss meines Kapitäns und seiner frisch gefüllten Sprittanks.

Manfred hat die Nase tief in seinen Karten vergraben. Über den Strudengau hört man nichts Gutes. Strudel und Wirbel sollen den Lauf der Donau bestimmen. Waldhänge sollen bis in den Fluss hineinragen. Sandbänke und Felsen sollen den Schiffern das Leben schwer machen. Die Schlucht ist schmal und zusätzlich noch von einer Insel geteilt. Zwei Fahrrinnen
sind vorhanden, der Hößgang für die Talfahrer, der Strudenkanal für die Bergfahrer. Die Boote sollen durch die Stromschnellen nur so hüpfen und tonnenweise Wasser übernehmen.

der Strudengau

der Strudengau

Alles nur Märchen. Nicht einen Tropfen Spritzwasser haben wir abbekommen. Der Rhein fließt in Bingerloch, Wirbelei und Loreley um ein Vielfaches schneller.

Auch wenn das Wasser einen Meter höher ist, besteht hier sicher keine Gefahr. Und mal ganz ehrlich, wenn ein Muflon vier rostige Leichter groß wie Fußballfelder vor sich herschiebend die Schlucht berg- und talwärts befahren kann, wo soll dann das Problem für ein gut motorisiertes Sportboot liegen? Wer den Rhein kennt und befährt, für den ist der Strudengau Peanuts.

Durch den Strudengau im Schneckengalopp, das hat mein Abenteuer-Such-Gen nicht befriedigt.

Und noch ein viel verbreitetes Vorurteil können wir wirklich nicht bestätigen. Es gibt jede Menge Liegemöglichkeiten auf der Strecke Regensburg-Wien. Viele Orte und Restaurants haben Gaststeiger, es gibt Jachthäfen und Kai-Mauern, man kann hinter Inseln ankern oder an abgestellten Leichtern über Nacht festmahcne. Für kleinere Boote bis 10 m gibt es keinerlei Probleme. Auch größere Boote wie Beluga finden immer einen Platz. Manchmal muss man ein bisschen rumrangieren und nicht immer wird einem der rote Teppich aus- und die Gangway ans Schiff gerollt, doch ein Liegeplatz für die Nacht war für uns nirgends ein Problem. Allerdings können sich die Wege zur Stadt schon mal ordentlich ziehen. Ein Fahrrad kann nicht schaden.

Burgen, Schlösser, Klöster, die Wachau (leider total verregnet und verhangen) Geschichte und romantische Idylle, man kann sich gar nicht sattsehen an so viel Schönheit und nach einem Landgang fällt man abends müdegelatscht ins Bett.

So richtig an der Donau liegt Wien eigentlich nicht. Der neu gebaute Jachthafen ist komfortabel, die Einfahrt schmal und für große Boote nur geübten Schiffsführern zu empfehlen. Bei Hochwasser gibt's nur eins: Finger weg und weiterfahren oder draußen im Strom an den Steiger gehen. Am einfachsten ist es kurz vor Wien im Jachthafen Kuchelau zu bleiben und per Taxi in die Stadt zu fahren, was man im Wiener Hafen auch muss, da sehr weit außerhalb. Von den 36 Euro für die Nacht wollen wir gar nicht erst anfangen.

die Pestsäule mitten in Wien

die Pestsäule mitten in Wien

© Doris Sutter, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Bootsreise die Donau abwärts, durch Österreich, Slowakei, Ungarn, durch so schwierige Länder wie Serbien, Rumänien und Bulgarien, eine Rundreise durchs Donaudelta und weiter bis ins Schwarze Meer. Die Heimreise durchs Schwarze Meer und Mittelmeer findet ihr im 2. Teil. Hier folgt der 1. Teil
Details:
Aufbruch: Mai 2004
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: Oktober 2004
Reiseziele: Österreich
Slowakei
Ungarn
Serbien
Eisernes Tor
Der Autor
 
Doris Sutter berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Doris sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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