Beluga geht durchs Nadelöhr 1

Reisezeit: Mai - Oktober 2004  |  von Doris Sutter

Raus aus der EG

Jetzt verlassen wir wirklich die Europäische Gemeinschaft. Ganz so lässig wird der Grenzübertritt hier nicht mehr gehandhabt. Wir legen in Mohacs am offizielen Zollsteiger an, doch da wollen sie uns Kleinen nicht. Etwas weiter oben ist ein kleiner und ein größerer Steiger, da sollen wir anlegen. Manfred läßt mich nur aussteigen, irgendetwas ist ihm suspekt. Er dümpelt im Wasser, während ich die Formalitäten erledige. Wasserschutzpolizei, Grenzpolizei und Zollbüro. Überall muss ich eine, die gleiche Liste ausfüllen. 5 Euro soll ich beim Zoll zahlen, damit ich eine dieser Listen ausfüllen darf. Ich zucke die Schulter, habe keinen Cent dabei. Ein feister Dicker kommt angerannt und will kassieren fürs Anlegen an seinem Steiger. Ihm mache ich ganz klar, dass wir ja gar nicht an seinem Steiger liegen und dem jungen Zöllner erkläre ich, wenn er will, dass wir hier anlegen, dann muss er auch für einen Steiger sorgen. Wir zahlen jedenfalls keinen Forint und schon gar keinen Euro. Eine Abordnung aller drei Behörden kommt an Bord, inspiziert Boot und Maschinenraum. Der junge Zöllner ist sichtlich enttäuscht von der Größe unserer Motoren. Die hübsche junge Grenzpolizistin bewundert noch das Bild unserer Enkeltochter und schon sind wir entlassen. Eine Stunde hat die Prozedur gedauert. Alles ist korrekt und sachlich, ja freundschaftlich abgelaufen. Erst beim Weiterfahren fällt mir ein, dass ich ja Besatzungslisten ausgedruckt habe wie ein Weltmeister und die Listen hätte gar nicht ausfüllen müssen. Na, beim nächsten Mal und mein Bootsstempel kam auch zum Einsatz.

Zollsteiger in Bezdan

Zollsteiger in Bezdan

22 km weiter erreichen wir den Zollsteiger Bezdan. Über eine wacklige Stiege, ähnlich einer Leiter, bei der jede zweite Stufe nach hinten abknickt, klettern wir vom Ponton Richtung Zollhaus. Wir müssen uns auf eine lange Wartezeit einrichten, sagt uns ein junger Adonis in hervorragendem Englisch. Zwei Berufsschiffe müssen erst abgefertigt werden und ein Kreuzfahrer und der hat natürlich absolute Priorität. Es ist 14 Uhr und Abend wird es sicher werden. Erstmals werden unsere Donaupässe verlangt und einbehalten. Wir werden in einen kleinen Raum geführt. Der junge Adonis leistet uns Gesellschaft. Wir unterhalten uns angeregt über den Krieg auf dem Balkan, über Politik und Politiker und die Geschichte Serbiens. Wir sind uns einig, dass es in einem Krieg weder Sieger noch Besiegte gibt, nur Verlierer. Zweieinhalb Stunden später kommt der Hafenkapitän auch zu uns. Er muss seitenweise Formular ausfüllen. Sein Gesichtsausdruck ist streng und korrekt. Als er mich zur ersten Unterschift auffordert frage ich ihn: " I make the world best boatsstamp for you, you dont want have it?" Da ist das Eis endgültig gebrochen. Der junge Adonis fährt sogar mit unseren Pässen in die Stadt um die Durchfahrtsgebühr von 60 Euro pro Boot zu entrichten. Die Männen haben sich zwischenzeitlich mit der Besatzung der Hafenbarkasse angefreundet und als wir an Bord zurückkommen besorgt einer der Arbeiter einen Pott mit Fischsuppe für uns und die Frau des Adonis bringt uns einen Teller selbstgebackene Palatschinken mit Schokosoße. Wir erleben alle zusammen einen feucht fröhlichen Abend und sind sicher, niemand vor uns hat je so vergnüglich in einem Land einklariert.

serbische Gastfreundschaft

serbische Gastfreundschaft

Die Donau ist breit, die Fahrrinne verläuft in ihr gewunden wie eine Schlange. Die Wassertiefe schwankt zwischen 5 und 20 m, entsprechend viele und kräftige Wirbel sind im Fluss. Kleine Boote könnte das schon ganz schön durchschütteln. Krümmung folgt auf Krümmung, Seitenarme, Inseln, verwirrend. Die Donau-Schwaben waren hier in der Vojvoda zu Hause.

Die ersten Riesen-Schiffe tauchen auf. Ein Schuber mit 9 Leichtern, drei nebeneinander, drei hintereinander. Was muss dieses Schiff für eine Kraft haben um solche Massen flussaufwärts zu schieben. Ein Monstrum.

Bei km 1382 mündet die Drau in die Donau. sie kommt aus dem 750 km entfernten Toblacher Feld in Süd-Tirol.

Die Inseln werden größer, breiter, länger, was für ein Strom. Um jede Kehre wünsche ich mir, dass sie Sonne endlich dieses irrsinnige Panorama ins rechte Licht rückt, damit ich das herrlichste Bild machen kann, das je von der Donau geschossen wurde. Doch das Wetter meint es weiterhin nicht gut mit uns.

ellenlang

ellenlang

© Doris Sutter, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Bootsreise die Donau abwärts, durch Österreich, Slowakei, Ungarn, durch so schwierige Länder wie Serbien, Rumänien und Bulgarien, eine Rundreise durchs Donaudelta und weiter bis ins Schwarze Meer. Die Heimreise durchs Schwarze Meer und Mittelmeer findet ihr im 2. Teil. Hier folgt der 1. Teil
Details:
Aufbruch: Mai 2004
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: Oktober 2004
Reiseziele: Österreich
Slowakei
Ungarn
Serbien
Eisernes Tor
Der Autor
 
Doris Sutter berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Doris sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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