Ein Frosch auf Reisen

Reisezeit: März - Mai 2011  |  von Kristina Beatrice Holler-Bouldin

Angst und Schrecken in Las Vegas

Eine wilde Reise in das Herz des amerikanischen Traumes

Bevor ich Euch erzähle, was Kris und ich auf unserer Reise so alles erleben, möchte ich Euch davon berichten, was alles seit meiner Flucht aus dem Glaskasten in Las Vegas passiert ist. Wenn Ihr wissen wollt, was Kris gemacht hat, bevor wir uns trafen, dann könnt Ihr das in ihrem Reisebericht "Endlich Leben!" nachlesen.

Ich blickte in Kris himmelblaue Augen. Ihr Lächeln nahm mir alle Furcht und sie sagte: "Hallo mein kleiner Frosch! Hab keine Angst vor mir. Ich weiß, Du bist kein Prinz, denn den habe ich bereits gefunden. Aber ich weiß auch, dass wir viele schöne Abenteuer miteinander erleben und gute Freunde sein werden. Hast Du denn schon einen Namen?" Ich schüttelte den Kopf, denn sprechen kann ich leider nicht, da meine Macher mir keine Stimmbänder eingebaut haben. Und mit all der Watte, die zwischen meiner froschgrünen Wollhaut steckt lässt es sich auch schlecht Geräusche erzeugen.

"Nein? Dann habe ich einen für Dich," sagte sie. "Wie gefällt Dir Kermit? Kermit der Frosch?"

Ich nickte heftig, denn es war der schönste Name, den ich in meinem bisherigen Leben gehört hatte. Und jetzt war er meiner. Ich hatte einen Namen! Kermit der Frosch.

"Schön, dass er Dir gefällt, Kermit. Ich bin die Kris. Und wenn Du möchtest, dann kannst Du mich auf meiner Reise begleiten."

Wieder nickte ich und sie setzte mich auf ihre Schulter, von wo aus ich einen guten Überblick bekam, und diese großen Wesen, von denen Kris eine war, beobachten konnte. Auch sah ich mein altes zu Hause zum ersten Mal in meinem Leben von außen. Ein großer Kasten, oben aus Glas, unten mit bunten Schriftzügen und Bildern verziert: "Win a toy! 1$ per game!" stand darauf geschrieben. Ich winkte meinen alten Freunden noch einmal zu und schon waren Kris und ich in der Menge verschwunden.

Endlich sah ich, woher denn die bunten Lichter kamen: Nicht nur an der Decke hingen bunte Lampen, sondern es gab überall bunte Maschinen, die Musik spielten und wild blinkten. Ich sah Menschen - das waren diese Wesen - die kleine Münzen in die Automaten steckten, ich sah Menschen, die auf Knöpfe drückten, ich sah Menschen, die traurig waren, weil ihre Münze weg war und ich sah Menschen, die sich freuten, als aus der Maschine viele kleine Münzen kamen. Ich lernte, dass es sich um Spielautomaten handelte und dass wir in einem Spielcasino waren. Ganz schön viel für so einen kleinen Frosch wie mich. Aber noch lange nicht genug!

Wir verließen das Spielcasino und traten hinaus ins Freie. Bisher kannte ich ja nur meinen Glaskasten und dachte, alles außerhalb von ihm bestehe aus bunten Lichtern. Das Casino war vergleichbar mit meinem alten Zuhause, mit dem Unterschied, dass hier die Menschen frei entscheiden konnten, ob sie drinnen sein wollten oder draußen, denn es gab Türen, durch die man ins Freie gelangte. Auch von außen blinkte das Casino in bunten Farben, Lichtern und Schriftzügen ("Circus Circus"). Dann sah ich zum ersten Mal in meinem Froschleben die Sonne! Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was für ein wunderschöner Anblick das war.

Kris lief eine endlos lange Straße mit unzähligen bunten Lichtern und vielen Menschen entlang und große Metallkisten auf Rädern fuhren in der Mitte. Das waren Autos und Busse. Ich lernte schnell, dass es viele andere riesengroße Kästen gab, nämlich Häuser, Hotels, Restaurants und andere Casinos. Irgendwann kamen wir auch an einem Schild vorbei: "Welcome to fabulous Las Vegas!", dann wusste ich auch endlich, wie die Stadt hieß, in der ich war.

Kris ging mit mir essen, in das Hofbräuhaus, und wir gingen an Wasserfontänen vorbei und an Lagunen und ein Piratenschiff gab es auch. Da war der Eiffelturm und eine Pyramide und noch mehr bunte Blinklichter. Wir betraten auch noch ein paar der anderen Casinos, wo ich einige andere dieser Greifarm-Glaskästen entdeckte. Zu meinem hätte ich nicht mehr zurück gefunden, das wollte ich aber auch gar nicht, denn ich war froh, bei Kris zu sein und mit ihr die Welt zu entdecken. Manchmal setzte sie sich auch an einen der bunten Automaten, steckte ein paar Münzen oder Scheine in den Schlitz und manchmal war sie traurig, manchmal aber auch ganz glücklich. Glücklich war sie öfter. Immer dann, wenn die Münzen im Automaten klirrten und sie etwas gewonnen hatte.

Ab und an benutzte sie auch ein kleines schwarzes Gerät mit vielen Tasten, in das sie dann sprach. Sie erklärte mir, dass es sich um ein Handy handelte und man damit telefonieren können. Meistens war sie auch hier sehr glücklich, denn sie telefonierte mit ihrem Prinzen, Ellery. Ihm erzählte sie dann immer, was sie so alles erlebt hatte, sie erzählte ihm auch von mir, und dass ich sie jetzt begleiten würde. Sie erzählte ihm auch, dass sie am nächsten Tag (was Tag und Nacht war, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, denn bisher kannte ich ja nur die Sonne) wieder in den Bus steigen würde und in eine Stadt namens San Francisco fahren würde.

Am Nachmittag meines ersten Tages in Freiheit saßen wir dann in einem Doppeldeckerbus, der an den ganzen großen Casinos vorbei fuhr. Wir hörten gerade Musik ("While my guitar gently weeps" von den Beatles), als Kris Handy mal wieder klingelte. Sie freute sich über den Anruf von ihrem Papa, der zu Hause in Deutschland war. Auf einmal wurde sie aber kreidebleich im Gesicht, von jetzt auf gleich kullerten ihr große Tränen an den Wangen herunter und sie begann zu schluchzen. Als das Gespräch beendet war fragte ich sie, was denn los sei. Sie konnte kaum sprechen und mit tränenerstickter Stimme sagte sie mir, dass ihre liebe Tante Traudl (92) einige Tage zuvor nicht mehr aus ihrem Mittagsschlaf erwacht war.

Das Telefonat hatte Kris einen ganz schönen Schrecken versetzt und ich war froh, dass ich meine liebgewonnene Freundin ein wenig trösten konnte und dass sie nicht ganz alleine in dieser großen bunten Stadt war, in der es trotz der schönen Farben ziemlich einsam sein kann.

Wir liefen dann noch ein wenig durch die Stadt und irgendwann verschwand die Sonne und ich lernte, dass es Tag und Nacht gab. Als es spät wurde gingen wir in das Hostel, in dem Kris sich einquartiert hatte und wir gingen schlafen. Naja, ich als Frosch brauche keinen Schlaf, denn Stoff und Watte wird nicht müde. Aber ich guckte Kris beim Schlafen zu und passte auf, dass ihr nichts passierte.

Am nächsten Tag stiegen wir am Nachmittag in den Bus und verließen Las Vegas. Kris hatte mir vorher verraten, dass wir gar nicht nach San Francisco fahren würden, sondern zurück zu ihrem Prinzen Ellery nach Burlington und ihn überraschen würden. Auf dieser Fahrt wählte sie eine andere Route als die, auf der sie hergekommen war, und so fuhren wir von Nevada über Utah, Idaho, Montana, North Dakota, Minnesota, Wisconsin, Illinois, Indiana, Michigan, Ohio, Pennsylvania, New York, Connecticut, Rhode Island, Massachusetts und New Hampshire zurück nach Vermont.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Frosch. Kermit der Frosch. Geboren wurde ich vor einigen Jahren in China, mein genaues Geburtsdatum weiß ich leider nicht. Auch meine Vergangenheit liegt im Dunkeln, denn ich wurde in eine Kiste verpackt und als ich wieder etwas sehen konnte befand ich mich mit vielen anderen Fröschen, Hasen, Schweinen und Tigern in einem großen Glaskasten, in dem oben ein Greifarm schwebte, der immer wieder einen meiner Mitinsassen entführte, im Oktober 2008 auch mich.
Details:
Aufbruch: 28.03.2011
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 20.05.2011
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Großbritannien
Der Autor