Pfingsten in Lissabon
Baixa und Alfama
Heute nachmittag knöpfe ich mir als erstes die Baixa und die Alfama vor. Baixa, also Unterstadt, ist das Zentrum der Lissaboner Altstadt. Hier befindet sich der Rossio, die Fussgängerzone Rua Augusta, der einzige senkrechte "elevador" Lissabons Santa Justa, der Bahnhof Rossio und hier beginnt die Prachtstrasse Avenida da Liberdade.
Es ist perfekt heute nachmittag: 23 Grad, knallblauer Himmel, eine leichte Brise vom Tejo bzw. aus Richtung Atlantik und ich schlendere durch die wirklich bildschöne Altstadt von Lissabon. Sehr aufgehübscht sieht es hier überall aus und ich denke mir, dass das arme Portugal sicherlich ein paar EU-Milliarden dafür verprasst hat, die Hauptstadt derart aufzurüschen. Die besondere schwarz-weisse Pflasterung der Plätze und der Fussgängerzone und der allgemein gute Zustand der historischen Gebäude und Strassenzüge lassen dies vermuten. Den Elevador Santa Justa fotografiere ich heute nur, benutzen werde ich ihn am Montag. Am Ende der Rua Augusta befindet sich der Praça do Comércio am Ufer des Tejo und spätestens hier staune ich wirklich Bauklötzer angesichts der Schönheit dieser Stadt !
Ich schlendere weiter zum Praça do Comércio und auch mal ganz runter ans Ufer des Tejo. Fotos, Fotos, Fotos...
Von hier aus wandere ich weiter in Richtung Alfama und tauche bald in den engen, bildschönen Gassen unter. Die Strassencafés und Restaurants sind überall brechend voll. Lissabon verströmt so ein entspanntes Flair, dass man das Wort "Hektik" hier bestimmt gar nicht kennt. Zumindest vergesse ich dieses Wort für dieses Wochenende jetzt völlig, denn die Portion Hektik von heute frühmorgens reicht mir erstmal.
Vor der Kathedrale sitzen Strassenkünstler und bieten Selbstgemaltes zum Verkauf an. Da ich immer gerne Bilder gucke (und kaufe) betrachte ich mir die "Kunstwerke" genauer. Am 2. Stand entdecke ich ein Bild, das ich wirklich schön finde - eine Altstadtansicht von Lissabon, bunt und abstrakt in Acryl auf Leinwand gemalt. Der Maler beobachtet mich ein paar Sekunden und spricht mich dann direkt in perfektem deutsch an (der kann also Touristen mit schlafwandlerischer Sicherheit der richtigen Nationalität zuordnen, gute Menschenkenntnis !): "Willst du nur gucken oder auch kaufen ?" "Ach, ich kaufe auch gern, hängt aber vom Preis ab !" Wir einigen uns auf 20 EUR für das lila-farbene Machwerk und ich bekomme es transportsicher eingepackt und dazu noch Warnhinweise, was Taschendiebe angeht. Dass Lissabon und insbesondere die drangvollen Trams der Linien 12 und 28 akut taschendiebstahlgefährdet sind, weiss ich selber. Ein Taschendiebstahl, das habe ich mir geschworen, wird mir nie wieder passieren, nachdem ich mir in Kopenhagen mal die Tasche mit wirklich allem drin habe klauen lassen. Nach diesem ärgerlichen Ereignis habe ich mir viele effektive Taschen-Protektions-Massnahmen ausgedacht und setze sie seither konsequent um. Das nur nebenbei. Aber nun erstmal rein in die Kathedrale.
...die Kathedrale wird gerade vorbereitet für das morgige Grossereignis ! Massenhochzeit vor laufenden Fernsehkameras.... die Kathedrale ist schon bestückt mit x Fernsehkameras und tutti-kompletti verkabelt. Einige Helfer basteln noch am weissen Blumenschmuck überall.
Übermorgen ist nämlich ein Feiertag "Santo António" und zu Ehren des heiligen Anton von Padua, der in Lissabon geboren wurde, findet alljährlich das Stadtfest statt und ein ganz besonderes Spektakel wird am Vortag abgehalten. 10 Lissaboner Paare, möglichst mittellos, werden unter hunderten von Bewerbern ausgesucht (ob´s dafür mittlerweile auch eine Casting-Show gibt, die Portuguiesen per SMS für die Favoriten voten können und ein portuguiesischer Dieter Bohlen damit irgendetwas zu tun hat, entzieht sich meiner Kenntnis...) und diese 10 Paare heiraten dann gemeinsam in der Kathedrale, was live im TV übertragen wird. Der Witz ist, dass diese Paare alles rund um ihre Hochzeit von der Stadt Lissabon und privaten Sponsoren bezahlt bekommen. Eigentlich will ich mir das morgen live und in Farbe ansehen, aber ich denke jetzt schon, dass man hier in den engen Gassen kaum einen guten Blick auf die ganze Chose bekommen wird. Na, mal sehen.
Und auch hierfür ist Lissabon berühmt: Azulejos. Die blau-weissen Fliesen, teils als ganze Gemälde verbaut, teils nur als Ornamente. Man kann sich eine Azulejo auch schön als Hausnummer als Souvenir mit nach Hause bringen, nur dass da in meinem Fall schon seit Jahrzehnten die Nummer 12 als Azulejo schon hängt ! Wie gesagt, vor vielen Jahren war ich schon einmal in Portugal...
Ich ächze mich jetzt weiter hoch durch die immer enger werdenden Gassen der Alfama zum Castelo. Das Teil an sich ist jetzt nicht der Brüller, obwohl uralt, aber der Ausblick ist erstklassig ! Die Eintrittspreise schocken mich jetzt übrigens gar nicht, das ist unteres Niveau für europäische Verhältnisse.
Café im Castelo. Kein einziges Café in Lissabon habe ich gesehen, dass nicht gut besucht, wenn nicht sogar bis auf den letzten Platz besetzt gewesen wäre. Bei den hier sehr moderaten Preisen, dem schönen Wetter und der irgendwie überall bildhübschen Umgebung auch kein Wunder !
Es ist später Nachmittag geworden, ausser dem Flugzeugmenü habe ich noch nichts gegessen und ich habe so langsam richtig Hunger und Durst, mag nicht mehr laufen und werde furchtbar müde. Ich brauche jetzt auch ein Strassen-Restaurant. Und zwar eines, wo man schön "Leute-gucken" kann. Also kehre ich immer bergab in die Baixa und in die Rua Augusta zurück, lasse mich nieder, bestelle Weisswein, Wasser und Pizza und freue mich zu meiner Entscheidung, meine Meilen für einen Lissabon-Flug verbraten zu haben, halbtot.
Aufbruch: | 10.06.2011 |
Dauer: | 5 Tage |
Heimkehr: | 14.06.2011 |