Pfingsten in Lissabon
Belém und Parque das Nacoes
Hervorragend habe ich geschlafen und auch schon das reichhaltige und umfangreiche Frühstücksbuffet im Hotel Mundial geplündert. Es ist ein strahlender Morgen und ich beschliesse, mir diese Hochzeitsgeschichte nicht unbedingt zwingend live anzusehen. Keine Lust, da irgendwo in der Menschenmenge ohne womöglich richtigen Blick auf die Angelegenheit unterzugehen. Nee, Plan A ist Belém und laut meinem Reiseführer fahren sonntags da keine Trams raus. Ich beschliesse, ein Taxi zu nehmen, aber vorher werde ich mir noch eine Tageskarte für den Lissaboner ÖPNV in der direkt vorm Hotel gelegenen Metro-Station besorgen, denn möglichweise nehme ich von Belém aus den Bus zurück in die City und von dort aus auf jeden Fall die Metro nach Olivais im Osten der Stadt. Ich stelle mich bereits psychisch auf den Kampf mit einem portuguiesischen Ticketautomaten ein. Aber mit Geduld und Spucke, sowie einem guten Sprachgefühl verstehe ich durchaus, was der Automat von mir will: Sí, ich will für 0,50 EUR eine carta viva viagem und ich will sie nicht zapping-technisch aufladen, sondern ein bilhete de um dia. Macht 4,45 EUR. Ich schiebe einen 10-EUR-Schein in den Schlitz und zack, da ist die carta. Im Wechselgeldfach klimpert es und ich hole dort 11,10 EUR an Wechselgeld und 2 Quittungen heraus ! Mein Wechselgeld und die Quittung und das Wechselgeld meines Vorgängers, der laut seiner Quittung vor ca. 10 Minuten mit dem Automaten gekämpft haben dürfte. Damit ist mein Ticket für heute umsonst. Obrigada ! Nach Belém kommt man nicht mit der Metro und deswegen mache ich´s mir in einem Taxi bequem. Es sind ca. 7 KM bis zur Torre de Belém, meinem ersten Ziel für heute Morgen. Der Taxifahrer spricht kein englisch, aber das hält ihn sympathischerweise nicht davon ab, mir eine sightseeing-tour in langsam gesprochenem portuguiesisch zuteil werden zu lassen. Finde ich total süss und ich verstehe ihn sogar ! Portuguiesisch ist ansonsten "Genuschel" für mich, aber wenn jemand das so langsam und über-deutlich ausspricht, verstehe ich mehr als 50 % des gesagten und kann mir den Rest zusammenreimen.
Per Strassenunterquerung kommt man auf die andere Strassenseite und steht vor Lissabons wichtigster Sehenswürdigkeit - dem Mosteiro dos Jerónimos. Es ist ein wunderschönes Kloster mit einem beeindruckenden Park davor und einer bildhübschen Kirche. Ich habe angesichts der ganzen Busse auf dem Parkplatz und sich auf den Eingang zu bewegender Menschenmengen schon Angst, dass ich hier ewig Schlange stehen muss vorm Ticketschalter. Wundersamerweise schiebt sich die Menschenmasse überraschend schnell ins Innere und kurz darauf stelle ich auch fest, wieso: Eintritt sonntags bis 14.00 Uhr frei ! Ist ja echt nett, aber da geht doch richtig Geld flöten...braucht man das hier nicht zur Erhaltung des Komplexes, oder was ???
Ein wirklich aussergewöhnlich schönes Bauwerk im manuelinischen Stil - ja, ja ich mache mich wichtig, denn natürlich habe ich keine Ahnung von irgendwelchen manuelinischen, geschweige denn sonstigen Baustilen...
Vom Kloster schlendere ich weiter durch das malerische Bélem und beobachte plötzlich 2 uniformierte Wachen, die auf einem relativ schmalen Fussweg irgendso eine kleine Choreografie durchziehen. Zwar weiss ich, dass hier irgendwo der Sitz des portuguiesischen Präsidenten sein muss, aber dass ich eigentlich schon direkt davor stehe, habe ich gar nicht mitgekriegt. Der ehemalige Königspalast liegt nämlich etwas zurück von der Strasse und ist kaum zu sehen.
In einem Seitenflügel des Palastes ist das Kutschenmuseum untergebracht und auch da komme ich kostenlos rein, es ist immer noch vor 14.00 Uhr sonntags... Ich bin nicht irgendwie speziell an Kutschen interessiert, aber ganz ehrlich: Dieses Musuem ist wirklich einzigartig. Und zwar nicht nur aus meiner Sicht, sondern es ist wirklich einzigartig weltweit, nirgendwo sonst gibt es eine derartig umfangreiche und wertvolle Kutschen-Sammlung. Die Dinger sind irre ! So riesig, so schwer, so prunkvoll - man muss die Kutschen ja mit Autos vergleichen und da ist der eine oder andere Rolls Royce echt dabei. Ich fand´s hochinteressant, muss man sich unbedingt ansehen, wenn man hier ist !
Es gibt auch ziemlich ungewöhnliche Exemplare, aber die meisten strotzen nur so vor Schnitzereien und Gold. Diese ist mehr so die Renn- und Reisekutsche...
Noch ein Blick auf die Ponte de 25 abril über den Tejo mit der Christusstatue im Hintergrund und dann verlasse ich Belém wieder per Taxi. Die Brücke erinnert übrigens stark an die Golden Gate Bridge und die Statue ist natürlich ihrem Vorbild in Rio de Janeiro nachempfunden, wobei der "Cristo-Rei" 7 Jahre älter als die Brücke ist. Cristo von 1959 und die Hängebrücke von 1966, gebaut von General Steel, die Ami´s haben sie gemacht.
Aus dem Taxi steige ich vor meinem Hotel, mache einen kurzen Boxen-Stopp, checke nochmal die Metroverbindung nach Olivais in meinem Reiseführer und frische mich auf: In Schleswig-Holstein sagt man dazu "waschen, pischen, kämmen", in diesem Sinne... und wieder los!
Die U-Bahn-Stationen in Lissabon sind zum Teil auch etwas besonderes: Sie sind teilweise von Künstlern gestaltet und bieten richtig was zu gucken. Die gefliesten Wände sind in vielen Metro-Stationen echte Kunstwerke. Die Hamburger und Berliner Verkehrsbetriebe würden sich nach solch´schönen U-Bahn-Stationen echt die Finger schlecken, glaube ich. (Die HH- und B-U-Bahnen sind die einzigen deutschen, die ich kenne, aber wahrscheinlich sieht es in F, K und M kaum anders aus, oder ?) In Lissabon haben sie jedenfalls alles vom feinsten.
Wasser-Vorhang, aber nun auch direkt rein ins oceanário. 12 EUR Eintritt für die permanente Ausstellung kostet es. Es gibt zur Zeit auch eine Meeresschildkröten-Ausstellung, die nur vorrübergehend ist, aber die spare ich mir. Mit Meeresschildkröten war ich schon auf Du-und-Du zusammen schwimmen, da brauche ich keine mehr hinter Glas...
Ich könnte jetzt noch hunderte Fisch-, Quallen- und Korallenfotos hier zeigen, aber wen interessiert das ? Man sollte es sich selbst ansehen, es ist wirklich, wirklich toll. Es ist nicht das erste Ozeanarium, das ich mir ansehe, aber tatsächlich eines der besten, ever ! (Kapstadt hat ein noch besseres...)
Der EXPO-Park ist echt klasse. Ich kaufe noch etwas im unterirdischen Supermarkt des Vasco da Gama-Einkaufszentrums ein und fahre dann per Metro wieder in die Innenstadt zurück.
Hunger ! Ich suche eines der vielen schönen Strassenrestaurants auf und bestelle - ta dah - mein Lieblingsgericht Spaghetti Carbonara. Über die Qualitäten der unterschiedlichen Spaghetti-Carbonara-Speisen weltweit, die ich überall probiere, so sie denn zu bekommen sind, führe ich eine Hitliste. Auf Platz 1 rangiert immer noch Pokhara/Nepal (!) Lissabon wird keinen Listenplatz bekommen, sorry. Ich falle im Hotel im Bett um und schalte den Fernseher ein. WOW! Da ist ja die ganze Hochzeits-Party, live im TV !
Die Berichterstattung zieht sich... irgendwann schalte ich um und sehe Shrek I. Es war ein langer Tag und ich schlafe irgendwann ein. Morgen hat Portugals Hauptstadt bestimmt auch noch was zu bieten, da bin ich mir sicher...
Aufbruch: | 10.06.2011 |
Dauer: | 5 Tage |
Heimkehr: | 14.06.2011 |