Suedamerika 2011/2012
Montevideo, Uruguay
Ankunft im Hafen von Montevideo
Ankunft in Montevideo via Schiff 24.11.2011
Voellig Surreal und einer Mondlandschaft aehnelt die Ankunft in Montevideo, Uruguay. Beim Verlassen der Faehre viel es mir noch nicht so auf, aber nach einem kleinen Marsch durch die Docks stehe ich auf einmal an einer grossen Hauptstrasse, mit sehr wenig Verkehr.
Einige Gebaeude stehen direkt an der Strasse und sind entweder kolonialstil, westernmaessig oder erst in den letzten 20 Jahren erbaut.
Der Zustand schwankt willkuerlich zwischen teilweise erhalten und total verwahrlost. Die Hoehe der Gebaeude variiert staendig. Das groesste Gebaeude hat offensichtlich einen offiziellen Charakter und ist sandsteinfarben, mit aeusserst schmalen, dafuer aber sehr hohen Fenstern und einem Turm, auf welchem eine silberne Kuppel thront. Es sieht gleichzeitig futuristisch wie auch altbacken aus, obwohl sich diese Art der Kombination normalerweise ausschliesst. Hier ist es eher die Regel.
Weitere Schritte fuehren mich in eine Seitenstrasse. Sie ist sehr breit und lang und mit vielen Gebaueden zu beiden Seiten gesaeumt, aber es parken nur 3 Fahrzeuge hier. Kein einziger Mensch ist zu sehen. Der Stil der Haeuser schwankt nach wie vor zwischen kolonial und futuristisch. Ganz unfuturistisch sind manche Haeuser, offensichtlich von ihren Besitzern verlassen, was durch vernagelte Bretter oder eingeschlagene Scheiben oder beidem signalisiert werden soll. Immernoch niemand auf der Strasse ausser diese 3 Autos. Sie wirkt verlassen wie eine Palmenoase in der Wueste. Ich muss an die Auswirkungen einer Neutronenbombe denken, welches die Menschen dahinrafft, aber die Infrastruktur, falls vorhanden, verschont.
Ausblick beim Laufen durchs Hafenviertel, keinerlei Menschen
(bitte den Kopf seitlich drehen)
Hafenviertel Montevideo
Beim Einbiegen in eine Querstrasse sehe ich das gleiche Bild, jedoch wirklich 2 Menschen auf der Strasse. Je naeher ich komme, desto verwahrloster wirken sie. Sie mustern uns kurz und starren danach weiter ins Nichts, wie sie es die Zeit vorher auch getan haben mussten.
Erleichtert stelle ich fest, dass es doch Ueberlebende nach dem Angriff gab.
Einen Block weiter stehe ich mitten auf der Kreuzung als es ploetzlich lauthals knallt. Einmal, dann ein weiteres mal. Handelt es sich um Kampfhandlungen ? Ich ueberlege mich sehr schnell von der Strassenmitte zu entfernen als ich gleichzeitig die Ursache der Geraeusche ausfindig machen kann. Eine junge Frau in einer Nebenstrasse schmeist Boeller auf die Strasse. WArum sie das tut erschliesst sich mir nicht und ich werde auch nicht fragen und setze meinen Weg fort.
Es wuerde mich jetzt nicht mehr wundern, wenn ich gleich eine doppellaeufige Schrotflinte auf der Strasse finde und dies der Beginn eines 3D-Reality-Action-Abenteuers ist, wobei kurz darauf aus den verwahrlosten Gebaeuden und Katakomben kriechende untote Zombies angreifen.
Hafenviertel II
Ein grosser Platz ist in Sicht und naehert sich. Von ihm geht laute Housemusik aus, die sich in der ganzen Umgebung verteilt wie Radiowellen und die Szenerie erscheint noch surrealer.
Laute Musik fuer wen ? Die Menschen, die sich auf dem Platz aufhalten, kann ich an einer Hand abzaehlen und sie scheinen keine Party zu machen. Am Ende dieses Platzes soll sich eine Herberge befinden, die sich nach einer konkreten Ortsbegehung als eine von Absperrband umgebene verwahrloste Ruine mit teilweise eingeschlagenen Scheiben entpuppt. Um die Ecke gibt es allerdings einen Supermarkt, wo ich schnellstens eine grosse (Pfand-)Flasche einheimischen Biers mit deutschem Namen erstehe, da dieser Ort definitiv nicht nach Nuechternheit verlangt.
Es geht weiter in Richtung Osten, wo weitere Unterkuenfte vermutet werden und es kommen einige mehr Menschen zum Vorschein. Man vermutet in einer Kleinstadt zu sein, aber nicht in einer angeblichen Millionenstadt.
Eine weitere zentrale Hauptstrasse gegen Mitternacht
Das Bild entstand bei der Suche nach einer geeigneten Unterkunft
Hotel Uruguay
Drei Blocks weiter spricht mich eine gutaussehende junge Frau an und bietet ihre Hilfe an. Verwirrt gehe ich gern darauf ein, allerdings frage ich mich, ob dieselbe Szene sich zu Hause auch ereignet haette, wo eine einzelne Frau bei Dunkelheit zwei biertrinkende und total bepackte Maenner anspricht. Andrea empfiehlt nach einem netten Gespraech ein Hotel direkt in der Naehe, welches den schlichten und zutreffenden Namen "Hotel Uruguay" traegt, aber warnt auch wiederum vor der Gegend, was ich ueberhaupt nicht ernst nehmen kann, da ja wiederum niemand unterwegs ist, der einem ueberhaupt gefaehrlich werden kann (Oder kommen die Zombies doch noch ?!).
Das Hotel Uruguay ist tatsaechlich das beste von den dreien, die wir hier seit dem surrealen Empfang im Hafenviertel gesehen haben (Ruine eingeschlossen). Es vermittelt mir wie bisher noch nichts auf diesem Kontinent so deutlich das Gefuehl in Suedamerika zu sein. Die schoene europaeisch-anmutende Popanz von Buenos Aires ist hier nicht mehr zu finden. Es wirkt altbacken, der Glanz einer laengst vergangenen Zeit ist hier noch spuerbar, wie aufgewirbelter Staub, der sich langsam zu Boden setzt.
Ich weiss nicht, was es ist und wozu es gut sein soll, aber es gibt es... und es steht in MVD und hat hier auch offensichtlich seinen Platz
Der naechste Tag, 25.11.11
Den naechsten Tag relativiert der Eindruck vom Vortag ein wenig. Es leben tatsaechlich Menschen hier und tun, was Menschen so tun.
Die Leere der Nacht sieht tagsueber anders aus. Pferdewagen ziehen Karren durch die Stadt, genauso wie Busse Passagiere befoerdern oder Autos durch die Strassen brummen.
Ich sehe auch Revolver statt Pistole tragende Polizisten, die durch ihr Gebiet patrouillieren. Es hat etwas altertuemliches, als sieht man manchmal auf der Strasse direkt ins letzte oder vorletzte Jahrhundert hinein, weiss aber selbst, in welchem man sich befindet.
Erschreckenderweise stelle ich fest, dass ich meine Sonnenbrille wohl auf dem Schiff liegengelassen habe. Damit reiht sie sich ein in die Liste der tapferen Sonnenschuetzer, die ich in diversen Gewaessern versenkt oder an anderen Orten versehentlich liegengelassen habe. In Memoriam No. 6... M.I.A.
Wurde aber auch mal Zeit, No. 6 hat erstaunlich lange durchgehalten. Also wird es wohl weiter ohne Sonnenbrille gehen, was auf Dauer kein Zustand ist.
MVD bei Tag. Es zeichnen sich auch sehr interessante und schoene Gebauede ab.
Busbahnhof Tres Cruces
Unglaublich gewaltig schwingen sich uniformierte mit Schnellfeuergewehren bewaffnete Maenner aus dem Ausgang hinaus und transportieren nach allen Richtungen blickend eine gelbe Box zu einem gepanzerten Fahrzeug. Ihr Oberkoerper ist durch eine Art gepanzertem Schutzanzug geschuetzt. Auf dem Ruecken tragen sie in grossen Buchstaben die Aufschrift PUMA auf der schwarzen Uniform. Sie sind in Begleitung von anderen Maennern, die eine gelbe Uniform tragen und offensichtlich fuer einen Sicherheitsdienst arbeiten, wozu auch das Fahrzeug gehoert, auf das sich die Maenner zubewegen.
Es ist ein belebter Ort direkt zwischen dem Busbahnhof Tres Cruces, einer Verkehrsstrasse und einem mittelgrossen Platz, wo gerade ein Flohmarkt stattfindet.
Ich bin geneigt diese Szenerie zu fotographieren, jedoch zoegere ich, weil ich nicht weiss, ob man das darf und und ich nicht die Aufmerksamkeit des bewaffneten Trupps auf mich ziehen moechte. Die Maenner erreichen mit der Box das gepanzerte Fahrzeug, wobei einer der Sicherheitsleute dem Fahrer ein Zeichen zum Oeffnen der Tuere gibt. Die Pumas verteilen sich rings um das Fahrzeug, ihm folgt ausschliesslich sein Kollege. Die Tuere ist noch nicht geschlossen als sich die Pumas neu formieren und sich in Richtung eines weiteren Fahrzeugs begeben, welches kurz hinter dem gepanzerten Fahrzeug steht. Sie haben alle Muehe sich mit ihren langen Gewehren zu viert in diesen Kleinwagen hinein zu pressen. Der juenste von Ihnen, der seinen Platz hinten rechts innehat, versucht beim Einsteigen seinen Gewehrlauf nicht seinem Nebenmann an den Koerper zu druecken und die bisher beeindruckende Szene rutscht mehr und mehr ins Laecherliche ab.
Aufbruch: | 17.11.2011 |
Dauer: | circa 9 Wochen |
Heimkehr: | Januar 2012 |
Uruguay