Kurventraum - Vom Niederrhein nach Südtirol
Von den weiten Ebenen des Niederrheins zu den mächtigen Felsformationen der Dolomiten - abwechslungsreicher kann eine Motorrollertour kaum sein. Die „Königsetappe“ Stilfser Joch; eine Herausforderung für jeden Motorrollerfahrer und das Pordoijoch; der höchste Pass der Dolomiten mit herrlichen Kurven und super Ausblicken sind nur einige Höhepunkte der Reise.
Tosendes Wasser und wilde Schönheit
Unsere Tour führt uns entlang der Kinzig durch die weiten Täler des Schwarzwalds nach Süden.
Nach einer Zwischenübernachtung in Rielasingen am Bodensee passieren wir schon wenig später den Säntis, den mit 2.501m höchsten Berg der Ostschweiz. Das schon aus der Ferne sichtbare Wahrzeichen der Bodenseeregion ist bekannt für extreme Wetterbedingungen, die sonst nur im Hochgebirge vorkommen. Vom Gipfel blickt man in 6 Länder: Schweiz, Deutschland, Frankreich, Österreich, Liechtenstein und Italien.
In Tiefencastel beginnt der Aufstieg zum Pass d`Alvra / Albulapass, einem 2.312m hohen Gebirgsübergang im Kanton Graubünden. Die 1865 erbaute Albulapassstraße verbindet Chur mit La Punt. In leichten Kurven, immer dem Schienenstrang der Rhätischen Bahn folgend, gewinnt die Straße langsam an Höhe. Touristischer Höhepunkt des unteren Abschnitts ist zweifelsohne das Viadukt der Rhätischen Bahn. Imposante 65 m erhebt sich die bogenförmige Brücke über den Fluss. Wir befinden uns ab jetzt im Tal des Flusses Albula. Kurz vor Bergün mit seinen zahlreichen Engadiner Häusern im historischen Dorfkern schraubt sich die dicht an den Fels geschmiegte Straße in mehreren Serpentinen den Hang hinauf und führt uns schließlich durch die wildromantische Bergüner Klamm. Gleich neben der Straße geht es über 100m senkrecht in den Abgrund, wo die Wassermassen tosen, während wir vor uns schon wieder die kühn in den Fels geschlagene Trasse der Eisenbahn erkennen. Ein aufregender Anblick!
Die einzigartige Streckenführung der Bahn können wir entlang der gesamten Strecke bis Preda bewundern. 5 Kehrtunnel und 9 Viadukte überwinden auf 12 km Länge mehrere 100 Höhenmeter.
Die im Winter als Rodelstrecke genutzte Straße durch die Nadelwälder des Naturschutzgebiets des Piz Palpuogna erreicht das Teufelstal und wird nun merklich schlechter. Wir passieren die Baumgrenze und tauchen in die Geröllfelder des Hochgebirges ein. Am Lai da Palpuogna vorbei, einem smaragdgrünen See auf 1.900m Höhe in dem sich die umliegenden Berggipfel spiegeln, erreichen wir den Sattel des Albula (2.312), das Tor zum Engadin. Von hier oben haben wir einen großartigen Rundblick auf die Gipfel der Rätischen Alpen.
Die anschließende Abfahrt ist dank zahlreicher Kehren schnell geschafft und endet mit einer kleinen Serpentinengruppe in der Ortschaft La Punt. Von hier aus geht es weiter nach Zernez ins Untere Engadin. Die Fahrt über den 2.149m hohen Ofen Pass und die unberührte Landschaft des Schweizer Nationalparks ist eine Reise durch Natur pur. In schön geschwungenen Kurven touren wir, entspannt dem Fluss Ova dal Fuorn folgend, durch lichtdurchflutete Föhrenwälder. Die Strecke ist traumhaft schön und etwas für Romantiker. Vom kleinen Buckel der Passhöhe - natürlich gibt es hier auch einige Souvenirläden - bietet sich uns ein toller Blick hinab ins Val Müstair mit den Gletschern der Ortlergruppe (2.908) im Hintergrund. Durch einen kleinen Nadelwald geht es durch einige kleinere Ortschaften zügig talabwärts. Satt liegen unsere Maschinen in den gut ausgebauten Kehren. Die Ofenpassstraße endet kurz vor Müstair, bekannt durch das Kloster St. Johann (UNESCO-Weltkulturerbe), in Santa Maria. Hier beginnt auf 1.375m Höhe, mitten im Ort und daher leicht zu übersehen, die Passstraße zum Umbrail Pass (2.503). Hinter dem Ortsausgang steigt die einspurige, schmale Straße an. In vielen Kurven und Serpentinen schlängelt sich durch zunächst durch grüne Almwiesen und taucht dann in dichte Nadelwälder ein. Gelegentlich öffnet sich noch mal der Wald und bietet einen letzten Ausblick zurück auf das Münstertal.
Auf nur 16 Kilometern Länge nehmen wir jetzt sage und schreibe 35 Spitzkehren unter die Räder. Eine einzige Achterbahn und einmaliges Kurvenvergnügen. Auf gut 2.000m Höhe verschwindet der Asphalt für etwa 2 Kilometer und wir erleben, was eine Fahrt auf festgewalztem Schotter bedeutet. Mehrmals überqueren wir dabei das Flüsschen Muranxina auf kleinen, mit Rollsplitt verseuchten Steinbrücken. Hier ist besondere Vorsicht geboten. In dem zunehmend karger werdenden Val Muraunza folgen weitere Kehrengruppen. Längst haben wir die Baumgrenze hinter uns gelassen und vermuten hinter jeder Biegung bereits die Passhöhe. Diese hält sich in der kargen Landschaft jedoch noch gut versteckt. Auf den letzten 1,5 km zieht die Straße nochmals an. Die Steigung beträgt meistens 10 - 11 %. Dann zwei letzte Serpentinen und die Passhöhe ist erreicht. Von hier oben winkt bereits der Kamm des Stilfser Jochs herüber und eine Berghütte bittet zur Einkehr. Die kleine Zollstation ist seit dem Beitritt der Schweiz zum Schengener Abkommen nicht mehr besetzt.
Etwa einen halben Kilometer unterhalb biegen wir auf die von Bormio kommende Südwestrampe des Stilfser Jochs ab. Nur einige kleine Gebäude und ein einsamer Schlagbaum markieren die italienische Grenze. Von hieraus aus ist es nur noch ein Katzensprung hinauf auf die Passhöhe.
Im Schein der untergehenden Abendsonne erreichen wir unsere Unterkunft, das Berghotel Franzenshöhe, auf 2.188m Höhe hochalpin zwischen Ortler und der Stilfserjochstraße im Herzen des Nationalparks Stilfserjoch gelegen.
Aufbruch: | 05.09.2012 |
Dauer: | 14 Tage |
Heimkehr: | 18.09.2012 |
Italien
Deutschland