Wiedersehen in Indien
KERALA: Trauriger Abschied vom Deshadan
Unsere letzten vierundzwanzig Stunden in Varkala sind angebrochen. Abhilash hat für uns ein Mittagessen mit verschiedenen landestypischen Gerichten zubereiten lassen. Zum Nachtisch gibt es Jackfruit, die sieht verdächtig nach Durian, der Thailändischen Stinkfrucht, aus. Ist es aber nicht und schmeckt lecker nach einer Mischung aus mehreren Früchten. Am Abend sieht es ein wenig nach Sonnenuntergang aus, also fahren wir an den Varkala Beach. Zwischen den Wolken am Himmel und dem Dunst über dem Horizont ist immerhin ein Streifen frei geblieben, in dem sich die Sonne für eine Weile in orange zeigt. Na ja, zur Monsunzeit ist es wirklich schwierig, einen richtigen Sonnenuntergang zu Gesicht zu bekommen. Wie zur Entschädigung spannt sich plötzlich hinter uns ein gut sichtbarer Regenbogen über Varkala auf.
Wir spielen ein letztes Mal Darts in der großen Runde, diesmal ist auch Vishnu dabei! Geiler Name, oder? Das ist einer der drei Hauptgötter der Trimurti (Dreifaltigkeit) im Hinduismus. Brahma ist der Schöpfer, Vishnu der Bewahrer und Shiva der Zerstörer. Die Trimurti symbolisiert den Ursprung aller göttlichen Wirkungen in einer Einheit, da die drei Aspekte sich gegenseitig bedingen und ergänzen.
Sandeep ist leider nicht dabei. Abhilash muss sich früh verabschieden, denn seine Frau hat einen leichten Unfall mit dem Moped gehabt und es geht ihr nicht besonders gut. Morgen zu unserem Abschied versuchen aber alle da zu sein.
Heute Morgen sieht sich Thomas Bilder von dem Hotel an, das ich gestern für zwei Nächte in Cochin gebucht habe und meint, die Räumlichkeiten wieder zu erkennen. Das Gebäude wurde im siebzehnten Jahrhundert an dem Ort errichtet, wo früher ein Leuchtturm stand, und später zu einem Hotel umgebaut. Einst diente es als Bastion und zur Verteidigung wurden von hier aus Kanonen abgefeuert. Ebenso diente der Vorplatz bei hoher Flut als Tockendock für Boote. Um solch ein Haus ging es auch in dem Kinofilm, den wir in Attingal gesehen haben. Und tatsächlich: wir finden ein Bild einer Filmszene, die in einem Raum stattfindet, der genau so auch auf der Homepage des Hotels abgebildet ist. Das Sofa, die Sessel, der Schrank, der Tisch und sogar das Bild an der Wand sind identisch. Es ist tatsächlich der Original Drehort! Welch Fügung des Schicksals, dass wir gerade dort unseren Indienurlaub beenden werden.
Leider müssen wir dann eine herbe Enttäuschung hinnehmen. Abhilash hatte heute ein großes Abschiedsessen mit allen Angestellten und Sandeep organisiert und extra für uns das Festessen auf dem Bananenblatt, das es traditionell nur zum Onamfest gibt, kochen lassen, denn leider werden wir in diesem Jahr Onam nicht mitfeiern können, weil es erst Anfang September stattfindet. Zu diesem Essen sollten auch alle im Mundu erscheinen und wir versprachen uns eine lustige Runde mit allen zusammen. Abhilash ruft uns kurz vor dem Essen an, er und Sandeep, der Arzt und Anish könnten leider nicht teilnehmen, weil sie die Schwester von Anish wegen einer schweren Kopfverletzung, die sie sich heute Morgen bei einem Verkehrsunfall zugezogen hat, ins Krankenhaus nach Kottayam bringen müssen. Was für ein trauriger Abschluss. Ich hoffe, das ist kein schlechtes Omen für unsere Rückfahrt.
Dann wird das Essen auf dem Bananenblatt angerichtet. Insgesamt gibt es vierzehn verschiedene Bestandteile, dazu gehören schon drei verschiedene Arten von Bananen: eine Minibanane, Bananenchips und kandierte Banane. Natürlich ist Reis dabei und Papadam, zwei verschiedene Gemüsecurries, eine helle Sauce mit Kräutern, Pickles, ein dickes scharfes Sößchen, das Cabbage Thoran, Gemüse-Aviyal, die pinkfarbene Sauce aus rote Beete und zum Abschluss gekochte Milchnudeln mit Rosinen und Gewürzen. Wie immer ist es sehr lecker und man kann Nachschlag haben soviel man will.
Als wir mit dem Essen fertig sind, steht schon das Taxi vor der Tür, aber zunächst machen wir noch die Fotos von Sajin, Shah und Thomas im Mundu. Bezahlen müssen wir schließlich auch noch. Es fällt uns wieder sehr schwer, Abschied zu nehmen; Shah weint sogar und uns dreien blutet das Herz, aber es hilft nichts. Wir müssen los, wir haben eine lange Fahrt vor uns. Wie gern hätten wir uns noch von Abhilash, der so viel für uns getan hat, und Sandeep persönlich verabschiedet.
Die Jungs können jetzt jeden Tag Darts üben und wenn wir in zwei Jahren wiederkommen, wer weiß, vielleicht gibt es dann einen neuen Champion von Varkala. Unser Fahrer wurde uns vom Deshadan besorgt und soll gut und erfahren sein. Stets den Ganesha (den Beseitiger aller Hindernisse) auf dem Armaturenbrett im Blick, hoffe ich auf eine sichere Fahrt und heile Ankunft. Nach nicht ganz fünf Stunden erreichen wir schließlich unser Ziel.
Aufbruch: | 30.07.2014 |
Dauer: | 17 Tage |
Heimkehr: | 15.08.2014 |