2014 - Turin - Italien UNESCO-Weltkulturerbe
Sonntag, 02.11.2014 4. Tag
Geburtshaus Camillo Cavour
Camillo Benso Graf von Cavour * 10. August 1810 in Turin; † 6. Juni 1861 war der Staatsmann, der die italienische Einheit vorantrieb, der Architekt der italienischen Verfassung und der erste Ministerpräsident des neuen Königreiches Italien.
Der Po ist mit 652 km der längste Fluss Italien. Er entspringt in den Alpen im (an der italienisch-französischen Grenze gelegenen) Valle Po und mündet nahe bei Adria (Venetien) in die Adria. Der Fluss zieht ein grünes Band durch Turin. Auf der östlichen Seite klettern prächtige Villen die Hügel hinauf, gegenüber lassen Ruderclubs ihre Boote zu Wasser. Ausflügler streifen durch den Parco del Valentino. Der Po ist die grüne Lunge der Stadt, die Via Po führt zu ihrem Herzen, der Piazza Castello.
Die Murazzi, von den Turinern einfach "die Mauern" genannt, sind massive Häuser, erbaut im 19. Jh. am Westufer des Po, um die Innenstadt von Turin vor dem Hochwasser zu schützen. Zunächst wurden hier Fischerboote eingelagert, es entstanden Gerbereien, Wäschereien, Mühlen, Handwerkstätten. Heute beherbergen die Murazzi eine große Anzahl von Musikkneippen, die besonders nachts Jung und Alt anziehen.
Die Murazzi sind ein alternativer Unterhaltungsort, ein Fixpunkt für die
Turiner Nächte.
Castello del Valentino"
Heute Sitz der Fakultät Architektur des Politechnico di Torino.
Castello del Valentino gehört wie die anderen Savoyer Residenzen zum UNESCO Weltkulturerbe. Seine drei Flügel könnten durchaus auch an der Loire stehen, denn sein Stil ist eher dem französischen als dem italienischen Barock entsprechend.
Flussfahrt auf dem Po
Sonntag, 02.11.2014 4. Tag
Flußfahrt auf dem Po - Ponte Vittorio Emanuele I - Ponte Umberto I - Ponte Principessa Isabella - Ponte Franco Balbis - Parco Valentino - Castello - Borgo Medioevale - Piazza Vittorio Veneto - Chiesa della Santissima Annunziata - Mole Antonelliana - Palazzo Madama - Turin bei Nacht
Laura schickt mir schon um 6 Uhr ein SMS, dass es ihr nicht gut geht und sie evtl. erst am Nachmittag zu uns stößt. Da ich nun mal wach bin, lese ich und schaue fern, ehe wir uns alle um 8 Uhr zum Frühstück treffen.
Gegen 9 Uhr machen Alex, Mario, Anneken und ich uns auf, Via Camillo Benso di Cavour, Richtung Murazzi am Po. Unterwegs gibt es schöne alte Gebäude zu sehen, den kleinen Park Aiuola Balbo, die Piazza Cavour. Am Ende müssen wir uns etwas sputen, denn gegen 10 Uhr startet die Bootsfahrt auf dem Po.
Der Po ist mit 652 km der längste Fluss Italien. Er entspringt in den Alpen im (an der italienisch-französischen Grenze gelegenen) Valle Po und mündet nahe bei Adria (Venetien) in die Adria. Der Fluss zieht ein grünes Band durch Turin. Auf der östlichen Seite klettern prächtige Villen die Hügel hinauf, gegenüber lassen Ruderclubs ihre Boote zu Wasser. Ausflügler streifen durch den Parco del Valentino. Der Po ist die grüne Lunge der Stadt, die Via Po führt zu ihrem Herzen, der Piazza Castello.
Interessant ist, dass Turin ca. 17.500.000 Quadratmeter Grünfläche besitzt, ca. 170.000 Bäume, 227 Fußgängerzonen - Turin ist die grünste Stadt Italien.
Pünktlich um 10 Uhr erreichen wir die Haltestelle Murazzi. Hier startet die Rundfahrt, für uns kostenlos, Dank der Piemont-Card. Wir bekommen Ohrstöpsel und können so die guten Erklärungen in Deutsch hören. Das ist wirklich ein sehr guter Service.
Die Murazzi, von den Turinern einfach "die Mauern" genannt, sind massive Häuser, erbaut im 19. Jh. am Westufer des Po, um die Innenstadt von Turin vor dem Hochwasser zu schützen. Zunächst wurden hier Fischerboote eingelagert, es entstanden Gerbereien, Wäschereien, Mühlen, Handwerkstätten. Heute beherbergen die Murazzi eine große Anzahl von Musikkneippen, die besonders nachts Jung und Alt anziehen. Die Murazzi sind ein alternativer Unterhaltungsort, ein Fixpunkt für die Turiner Nächte.
Wir sehen die Ponte Vittorio Emanuel I, im Volksmund "die Steinbrücke" genannt. Sie verbindet die Piaz-za Vittorio Veneto mit der Piazza Gran Madre di Dio. Die Brücke hat eine Gesamtlänge von 150 m, eine Breite von 12,90 und 5 Bögen, erbaut zwischen 1810 und 1813, während der französischen Besatzung in Turin. In den zentralen Pfeiler der Brücken wurden 88 Münzen und Gedenkmedaillen der napoleonischen Feldzüge eingebaut. Ein Meter ist ganz aus Silber. Nach der Rückkehr der Savoyer nach Turin, wollte man diese zerstören, der König Vittorio Emanuele I. setzte sich für ihren Erhalt ein.
Die Chiesa Gran Madre di Dio ist vom Boot aus gut zu sehen. Die Kirche in strengem neoklassizistischem Stil, zwischen 1827 und 1831 errichtet, feiert, infolge des Wiener Kongresses, die Rückkehr von Victor Emanuele I nach Turin. Die wundervolle Kirche lehnt sich an die Formen des römischen Pantheons an. Sie hat einen Dreiecksgiebel und eine mächtige Freitreppe. Die Kirche erhebt sich am Fuße der Anhöhe, im Borgo Po, einem faszinierenden Stadtteil, der noch immer Teile des alten volkstümlichen Borgo (Dorf) bewahrt hat, obwohl er heute zu den modernen Vierteln der Stadt gehört.
Die Ponte Umberto I. ermöglicht den Anschluss Corso Vittorio Emanuele II. mit Corso Moncalieri. Die Bauarbeiten dauerten 4 Jahre und die Einweihung fand 1907 in Anwesenheit des Königs Vittorio Emanuele III statt. Der König empfand die Brücke als nicht vollendet und so wurden an den vier Ecken der Brücke mächtige Statuen hinzugefügt: Valore sul campo di battaglia (Tapferkeit auf dem Schlachtfeld), La Pieta, La Maesta che protege l'Arte (Majestät, die die Kunst beschützt) und La Maesta che protege L'Industria (Majestät, die die Industrie beschützt). Aufgrund dieser Erweiterung der Brücke wurde diese ein zweites Mal anlässlich der Weltausstellung 1911 eingeweiht.
Mario steigt an der Haltestelle Parco Valentino, Castello, aus. Er wird den heutigen Tag allein verbringen. Auf seinem Programm steht recht viel, da er ja 1 ½ Tag später angereist ist als wir anderen.
Wir kommen nun zu der Ponte Isabella. Sie gilt als eine der schönsten Brücken in Turin, in 1880 vollendet. Die Brücke (aus Backsteinen) hat fünf Bögen von jeweils 24 Metern, eine Gesamtlänge von 130 Metern und eine Breite von 12 Meter. Die Pylone (Tragekonstruktion) der 5 Bögen sind aus Granit von Montorfano errichtet.
Überall an den Ufern des Po sind die Bootshäuser der vielen Ruderclubs zu sehen. Und auf dem Fluss selbst sind zahlreiche Ruderer unterwegs, Junge und Alte, Männer und Frauen. Manchmal glaube ich, dass wir bald mit einem Boot zusammen stoßen. Doch das täuscht, hier kennt wohl jeder seinen Weg.
Nun kommen wir zur Ponte Franco Balbis. Balbis (1911-1944) war ein hochdekorierter Hauptmann der Artillerie, er trat in den Widerstand ein und wurde später mit verschiedenen Medaillen ausgezeichnet. Sein Deckname bei den Partisanen war "Francis". Er wurde gefangen genommen und nach einem kurzen Prozess zum Tode durch Erschießen verurteilt und sofort hingerichtet.
Obgleich mein Ohrstöpsel hin und wieder Kontaktschwierigkeiten macht, kann man den Erzählungen der Sprecherin gut folgen.
Inzwischen sind auch einige Familien mit kleinen Kindern zugestiegen. Diese sitzen ganz vorne im Boot, um gut zu sehen. Sie sind laut, wie Kinder eben sind, aber alle sehr wohlerzogen. Durch das schöne Wetter sind heute viele Menschen unterwegs. Es ist der letzte Sonntag, wo man so eine Bootsfahrt auf dem Po unternehmen kann. Im Winter fahren die Boote nicht.
Gegen 11.45 Uhr steigen wir am Borgo Valentino aus. Alex stellt fest, dass die Türen verschlossen waren. Wegen der umher laufenden Kinder?
Wir machen uns auf, das "Borgo Medievale" zu erkunden. Dies ist eine authentische Nachbildung eines piemontesischen Dorfes aus dem 15. Jh. Das 1884 für die in Turin stattfindende Weltausstellung von Alfredo d'Andrade errichtete Dorf erwartet uns mit mittelalterlichen Zugbrücken, engen Gassen und Gebäu-den im typischen Stil der Region. Auch eine befestigte Burg mit zinnenbewehrten Mauern darf nicht fehlen. Kleine Handwerksläden laden zum Besuch ein. Andrade war ein großer Kenner des piemontesischen Mittelalters und bekannter Restaurator von vielen Burgen und Klöstern im Piemont.
Alle Materialen der kleinen Kirche, der Burg, der Türme, der Brunnen im Hof, die geschnitzten Holzwerke wurden im ganzen Piemont gesammelt, von den verschiedensten Dörfern und Schlössern.
Im Visitor Center erstehen wir Karten (kostenlos mit Piemont-Card) für eine Führung durch das Schloss. Diese ist nur in Italienisch, aber ohne Führung keine Besichtigung und so holen wir uns die Karten.
Da wir noch etwas Zeit haben, bevor diese startet, spazieren wir zu einem nahen Lokal, welches wir schon vom Boot aus gesehen haben. Einladende Tische, direkt am Po - L'idrovolante. Irgendwie scheinen eine Dame und ein unfreundlicher Mann nicht begeistert zu sein, dass wir dort Platz nehmen wollen. Anneken und Alex bestellen nur einen Wein, ich zusätzlich Schwertfisch im Pfeffermantel, dazu ein paar Rosmarinkartöffelchen. Es schmeckt sehr lecker. Wir sind zunächst die einzigen Gäste, erst später kommt eine Großfamilie zum Essen. Wie wir feststellen, werden wir sehr unfreundlich behandelt, die Familie jedoch sehr zuvorkommend. Wir haben dem Kellner erklärt, dass wir gleich eine Schloßführung haben und uns daher nicht mit langem Essen aufhalten können. Dies scheint ihn gar nicht zu interessieren.
Alex und Anneken müssen zur "Strafe", weil sie nichts gegessen haben, je 2 Euro als Coperta bezahlen. Na ja, uns sehen die eh nicht wieder.
Anneken sucht die öffentliche Toilette im Dorf vor der Führung auf. Sie kann mir diese nicht empfehlen, Stehtoilette, schmutzig. Da ich aber dringend muss, mir die vielen Stufen hinauf in die Burg heute einfach zu viel sind, verzichte ich auf die Führung, die um 13 Uhr beginnt. Ich bummle durch das schöne Dorf mit vielen kleinen netten Geschäften, erstehe eine Armbrust und ein kleines Schwert für Zuhause und setze mich dann in eine urige Cantina, die auch ihre Tische direkt am Po stehen hat. Die Sanitäranlagen dort - einmalig gut, schön, sauber und behindertengerecht, sowohl für Männer als auch für Frauen. Natürlich muss ich das fotografieren. Zu meinem Glas Wein bekomme ich einige Leckereien serviert, schade, dass Anneken und Alex nicht dabei sind.
Ein älter Herr, seine Tochter und sein kleiner Enkel sprechen mich an. Sie erzählen mir, dass sie heute aufgrund des schönen Wetters einen Ausflug nach Turin gemacht haben.
So vergeht die Zeit im Nu. Um 14 Uhr ist die Burgführung zu Ende und Anneken und Alex sind zurück. Da die Wartezeit auf das Boot zu lang ist, machen wir uns auf, durch den schönen Parco Valentino, vorbei an den Murazzi bis zum Piazza Vittorio Veneto und von dort zur Mole Antonelliana.
Es ist sehr warm und der Weg lang. Mir tun meine Hüfte und meine Bandscheibe weh, ich bin in den letzten Tagen einfach zu viel gelaufen und Treppen gestiegen. Im Park sind viele Menschen unterwegs. Manche haben sich Fahrräder und andere Räder gemietet, um den großen Park zu erkunden.
Der Parco del Valentino ist der älteste und schönste Park Turins, eine herrliche Oase der Ruhe inmitten der Großstadt Turin. Der Park grenzt an das Westufer des Po und erstreckt sich von der Ponte Umberto I. bis zur Ponte Principessa Isabella. Hier befanden sich einst die Jagdgründe des Königshauses Savoyen. 1630 wurde der Park der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und war damit der erste öffentliche Park Turins. 1864 wurden einige Bereiche von einem französischen Landschaftsarchitekten neugestaltet. In jeder Ecke des zweigrößten Parks von Turin finden sich Spuren der Geschichte und eine abwechslungsreiche Pflanzenwelt.
Natürlich kommen wir auch am "Castello del Valentino" vorbei.
Heute Sitz der Fakultät Architektur des Politechnico di Torino.
Castello del Valentino gehört wie die anderen Savoyer Residenzen zum UNESCO Weltkulturerbe. Seine drei Flügel könnten durchaus auch an der Loire stehen, denn sein Stil ist eher dem französischen als dem italienischen Barock entsprechend.
Erstmalig wurde das Gebäude in Dokumenten aus dem Jahr 1275 erwähnt. Die ursprünglichen Gebäude wurden von Herzog Emanuel Philibert von Savoyen auf Anraten des Baumeisters Andrea Palladio erworben. Vorher diente es als Residenz adeliger Familien.
Seine heutige Form verdankt das Schloss Prinzessin Cristina von Frankreich, der Frau des späteren Herzog von Savoyen, Victor Amadeus I. Die Arbeiten zogen sich fast 30 Jahre, von 1633 bis 1660, hin. Das hufar-tige Gebäude umfasst einen mit Marmor gepflasterten Innenhof. Die Ecken sind jeweils mit einem Turm-aufbau hervorgehoben. Die Fassade weist, dem Geschmack und der Herkunft der Prinzessin entsprechend, Stilelemente auf, wie sie zu der Zeit in Frankreich modern waren, wie z. B. die Mansard-Dächer. Über dem zentralen Eingang prangt an einem Giebel ein großes Wappen der Savoyer.
Neben dem Palazzo Madama im Zentrum Turins als offizielle Residenz diente das damals noch vor den Mauern der Stadt liegende Schloss als private Residenz. Die schöne, jung verwitwete Herzogin Cristina führte dort ein hemmungsloses Leben. Es soll sogar ein unterirdischer Tunnel angelegt worden sein, um ihren zahlreichen Liebhabern ein problemloses Kommen und Gehen zu ermöglichen. Im 19. Jh. wurden einige Änderungen in seiner architektonischen Gestaltung sowie seiner Anbindung an die Stadt vorge-nommen, die kostbare barocke Einrichtung jedoch größtenteils von napoletonischen Soldaten geplündert und nach Frankreich gebracht.
In den folgenden Jahren verfiel das Schloss, was sich jedoch im Nachhinein als Glücksfall herausstellen sollte. Zwar hat die Zeit ihren Tribut gefordert, z. B. durch Wasserschäden. Der Vernachlässigung ist es jedoch zu verdanken, dass sämtliche Fresken und Friese in seinem Inneren in ihrem historischen Zustand aus dem 17. Jh. erhalten geblieben sind. 1860 entschied sich die Technische Universität für das Castello del Valentino als neuen Standort, sodass das Schloss renoviert und wieder in seinem alten Glanz hergestellt wurde. Am 12. Mai 2007 wurde der zentrale Sala dello Zodiaco (Tierkreissaal) wiedereröffnet, dessen Deckenfresko eine Personifikation des Po, ausgestattet mit Attributen des Meeresgottes Poseidon, zeigt.
Im Parco del Valentino befindet sich auch der Orto Botanico dell'Università di Torino, der Botanische Garten der Universität.
Wir erreichen die Ponte Umberto I und können von den großen Statuen schöne Fotos machen.
Von hier aus haben wir auch einen schönen Blick auf die Wallfahrtskirche Superga - Basilica della Nativi-ta di Maria Vergine.
Vom Ort der heutigen Kirche beobachtete Herzog Victor Amadeus II am 2. September 1706 die Belagerung des nahen Turin und gelobte der Gottesmutter, ihr den Bau einer Kirche an dieser Stelle zu widmen, wenn Turin befreit würde. 1716 begannen die Bauarbeiten an der Kirche, die bis 1731 dauerten. Ausführender Architekt war Filippo Juvarra, der der einflussreichste Baumeister Savoyens werden sollte und hier sein erstes Großprojekt ausführte.
Die Kirche steht an imposanter Stelle hoch über der Stadt Turin, bei gutem Wetter sind die Alpen von hier zu sehen. Für den Bau der Kirche mussten große Mengen Erde bewegt werden, um auf dem abschüssigen Gelände eine freie Ebene zu schaffen. Der Bau ragt bis zur Spitze des Kuppelkreuzes 65 Meter hoch, ist 51 Meter tief und 34 Meter breit.
Am 4. Mai 1949 war die Basilika Schauplatz eines Flugzeugunglückes, das als Tragödie von Superga in die Geschichte einging. Bei dichtem Nebel stürzte ein Flugzeug unterhalb der Kirche ab, wobei das an-grenzende Klostergebäude beschädigt wurde. Alle 31 Insassen - zum großen Teil Spieler des Fußballvereins AC Turin - starben. Die Mannschaft, die sich auf dem Rückflug von einem Freundschaftsspiel befand, war als Grande Torino bekannt und dominierte den italienischen Fußball der 1940er Jahre. Neben 18 Spie-lern kamen drei Trainer sowie Offizielle und Journalisten ums Leben. An den Absturzort wird mit einer Gedenktafel erinnert.
Am Poufer steht ein Denkmal für Giuseppe Garibaldi - er ist der populärste italienische Nationalheld.
Schon während der auch in Italien ausgebrochenen Aufstände von 1848/49 hatte Garibaldi sich einen Namen gemacht. Als Kommandeur der kleinen Revolutionsarmee verteidigte er Rom nämlich mehrere Monate gegen französische Truppen, mit denen die Herrschaft des vor der Rebellion geflüchteten Papstes und damit der Kirchenstaat wieder hergestellt werden sollte. Nach der am Ende dennoch unvermeidbaren Kapitulation gegen den überlegenen Gegner, musste Garibaldi flüchten und ging für einige Jahre nach Amerika. im Sommer des Jahres 1859, standen sich das Habsburgerreich und Sardinien-Piemont, das sich diesmal die Unterstützung des französischen Kaisers Napoleon III gesichert hatte, erneut gegenüber. Auch der inzwischen zurückgekehrte Garibaldi beteiligte sich mit einem "Cacciatori delle Alpi" - "Alpenjäger" - genannten Freiwilligenverband an den Kämpfen.
Diesmal waren die Savoyer erfolgreicher. Österreich musste die Lombardei abtreten, konnte Venetien aber weiterhin behalten. Auch das von einer Nebenlinie der Habsburger beherrschte Großherzogtum Toskana wurde in der Folge Sardinien-Piemont angegliedert. Und die der österreichischen Seite zugeneigten Herrscher der Herzogtümer Parma und Modena flohen, so dass zumindest der Norden und die Mitte Italiens nun zu einem Staat vereint werden konnten.
Im Süden gab es weiterhin ein Königreich mit dem seltsamen, historisch gewachsenen Namen "beider Sizilien". Denn nicht nur auf der gleichnamigen Insel, sondern auch auf dem Festland bis nördlich von Neapel erstreckte sich das noch immer in absolutistischer Manier regierte Herrschaftsgebiet. Und dass dieser Feudalstaat ebenfalls nicht mehr lange existierte und 1861 tatsächlich ein Königreich Italien ausgerufen werden konnte, hat mit dem "Zug der Tausend" zu tun, durch den Garibaldi endgültig zur Legende wurde.
Wieder hatte der charismatische Anführer eine Truppe von Freiwilligen zusammen gestellt. Mit diesen gerade einmal gut eintausend Mann - aufgrund der Farbe ihrer "Uniformen" auch "Rothemden" genannt - landete er im Mai 1860 auf Sizilien. Schnell erhielt er weiteren Zulauf und erzielte gegen die eher schwachen Truppen des Königreichs erste Erfolge und eroberte die Insel bis zum Sommer vollständig. Anschließend setzte er aufs Festland über und konnte auch diesen Landesteil mit seiner in-zwischen auf mehrere zehntausend Mann angewachsenen Streitmacht unter geringem Widerstand nahezu vollständig besetzen. Das ohnehin morsche Königreich Sizilien brach regelrecht in sich zusammen.
Langsam machte der Erfolg des im Grunde republikanisch gesinnten Garibaldi die Regierung in Turin nervös. Zwar hatte man dort die Aktion in offiziellen Äußerungen stets abgelehnt, sie jedoch gemeinsam mit den Briten insgeheim unterstützt. Nun sah man allerdings die Vormachtstellung des Savoyischen Königshauses in Gefahr geraten. Und so wurden doch noch reguläre Truppen aus dem Piemont entsandt, die nicht nur die Eroberung zu Ende bringen, sondern auch Garibaldis Siegeszug stoppen sollten. Der stellte schließlich die kurzfristig zu erreichende nationale Einheit über weiter gehende demokratische Reformen. Nur gute vier Monate nach seiner Landung auf Sizilien begegnete Garibaldi Ende Oktober in der Nähe von Neapel dem sardinischen König Viktor Emanuel II und begrüßte ihn als neuen "Re d'Italia".
Vieles an dem "Zug der Tausend" wird sicher übermäßig glorifiziert. Und am Ende war der idealistische Garibaldi vielleicht auch nur ein nützlicher Idiot, der eine Zeit lang für die eher unangenehmen Dinge gut zu gebrauchen war, den man dann aber fallen ließ, als er nicht mehr unbedingt benötigt wurde. Selbst die Bitte seine Männer, die doch für die Einheit Italiens gekämpft hatten, in die reguläre Armee zu übernehmen, wurde später abgelehnt. Und auch der Süden wurde enttäuscht. Zentralistische piemontesische Verwaltungsstrukturen, die auf die lokalen Besonderheiten wenig Rücksicht nahmen, wurden etabliert und zudem noch die bisher eher niedrigen Steuern deutlich erhöht. Von den Hoffnungen der armen Bevölkerung auf Reformen der verkrusteten feudalen Strukturen, eine gerechtere Landverteilung und ein besseres Leben blieb nicht viel übrig.
Viele, die sich zuvor Garibaldi angeschlossen und die italienische Einheit bejubelt hatten, zogen sich in die Berge zurück und bekämpften von dort die neuen und die alten Herren als sogenannte "Briganti", die je nach Standpunkt entweder als gewöhnliche Räuber oder edle Rebellen im Stile eines Robin Hood angesehen werden. Nur mit der Stationierung größerer Truppenkontingente konnte die Lage von der Zentralregierung kontrolliert werden. Ganz so ruhmreich war die Vereinigung Italiens dann halt doch nicht.
Schon das Garibaldi-Denkmal mit dem Löwen zu Füßen des Nationalhelden hat etwas fast schon Theatralisches. Doch die Brückenfiguren an der Ponte Umberto I und der daneben stehende kleine Triumphbogen für die piemontesische Artillerie, an denen der Marathonkurs das Flussufer verlässt, übertreffen dies noch bei weitem.
Wir machen hier viele Fotos, ehe wir weiterlaufen bis zur Ponte Vittorio Emanuele I und zum Piazza Vittorio Veneto.
Hier weitet sich die Via Po zu einem der größten Plätze Europas, über 40.000 Quadratmeter, 360 m lang und 111 m breit. Er diente lange als Exerzierplatz und für Paraden, darum hat der Boden eine leichte Neigung, ca. 7,19 m. Der Architekt Frizzi, der die Gebäude auf beiden Seiten des Platzes entwarf, verstand dies geschickt zu verbergen. Nur wenn man zu Fuß unter den Arkaden unterwegs ist, kann man den Unter-schied erkennen.
Die verrückten Autoverfolgungen in dem Film "Italian Job" sind 1969 unter den Arkaden der Piazza Vitto-rio entstanden.
Überall sind viele Menschen unterwegs und auch die kleinen Cafes sind gut besucht.
Durch Zufall entdecken wir eine sehr schöne Kirche, Chiesa della Santissima Annunziata.
Die neue Kirche wurde in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts in ausgeprägt neuklassischem Stil anstelle der älteren Kirche aus dem 17. Jahrhundert errichtet, die 1914 abgerissen wurde, weil sie zu klein war. Der neue, leicht versetzte Standort, ermöglichte darüber hinaus den Anschluss der Via Sant'Ottavio an die Via Po. Die 1919 begonnen Arbeiten dauerten bis 1932 an. Im Innenraum ist der Hochaltar sehenswert (aus der vorherigen Kirche übernommen), sowie die Skulptur der Schmerzensmutter. Von Mitte November bis Mitte Januar ist auch die mechanische Krippe zu sehen, mit 200 Figuren, die zum Teil beweglich sind und von einem einzelnen Elektromotor aus dem neunzehnten Jahrhundert angetrieben werden. Leider können wir diese noch nicht anschauen. Das Innere der Kirche ist aber auch so sehenswert, sie ist reichlich geschmückt - Puttenköpfe, Voluten, Mehrfarbendruck.
Und ich nutze die kleine Pause, um mich etwas auszuruhen. Meine Schmerzen haben sich gewaltig gesteigert. Da meine Camera nicht richtig funktioniert, vertraue ich darauf, dass die Bilder von Anneken und Alex gut werden. Die Kirche ist wirklich sehr schön, sie gehört zu den Lieblingskirchen der Turiner Bevölkerung.
Und weiter geht es, endlich gelangen wir zu unserem Ziel, die Mole Antonelliana.
Eines der Wahrzeichen von Turin ist die Mole, errichtet 1863-1880. Damals war sie als Synagoge geplant. Die Verlegung der italienischen Hauptstadt von Turin nach Florenz und die ausufernden Baukosten machten dem Plan jedoch ein Ende. Heute befindet sich in der Mole das nationale Filmmuseum. Die Mole Antonelliana (großes Bauwerk) ist das Wahrzeichen der Stadt Turin. Der pavillonartige Bau mit seinem hohen, sich stark verjüngenden Aufsatz entstand in den Jahren 1863-1889. Er war im Auftrag der jüdischen Gemeinde als Synagoge begonnen worden und ursprünglich mit 280.000 Lire veranschlagt. Der übersteigerte Ehrgeiz des Architekten, ein einzigartiges, meisterhaftes Bauwerk zu errichten, ließ die Kosten derart explodieren, dass 1876 schon 692.000 Lire ausgegeben waren, das Gebäude aber immer noch nicht fertig gestellt war. Trotz ambitionierter Versuche konnte die jüdische Gemeinde schließlich kein Geld mehr aufbringen und das Objekt wurde dank einer Bürgerinitiative im Jahr 1877 von der Stadt übernommen, die 1895 ein Museum des Risorgimento darin einrichtete.
Als Risorgimento wird sowohl eine Epoche der ital. Geschichte zwischen 1815 und 1870 bezeichnet als auch weltanschaulich sehr politische und soziale Bewegungen, die nach dem Wiener Kongress von 1814/1815 die Vereinigung der damaligen jeweils eigenstaatlichen Fürstentümer und Regionen der Apennin-Halbinsel in einem unabhängigen Nationalstaat Italien anstrebten.
Die Aufstellung einer knapp 4 Meter hohen Figur eines geflügelten Genius auf der Spitze markierte im April 1889 die Vollendung des Baus.
Mit einer Höhe von 167,50 Metern war die Mole Antonelliana bei ihrer Fertigstellung das zweithöchste begehbare Gebäude der Welt, sie übertraf den Kölner Dom um 11 Meter. Nur der Obelisk des vier Jahre zuvor fertig gestellten Denkmals für George Washington war 180 Zentimeter höher.
Die Kuppelkonstruktion gilt als das Äußerste, das in traditioneller Bauweise (ohne Eisenbeton) hergestellt werden kann. Antonelli konnte die gewaltigen Ausmaße erreichen, indem er die ziegelgemauerten Wände mit Lisenen verstärkte und dadurch bei einer verhältnismäßig großen Leichtigkeit eine hohe Stabilität erzielte. Bis 1953 war die Mole Antonelliana das höchste in Ziegelmauertechnik ausgeführte Bauwerk der Welt.
Am 23. Mai 1953 wurde die Spitze durch einen Tornado zerstört. Sie wurde erst 1961 in Form einer mit Steinen verkleideten Metallspitze wiedererrichtet. Die gesamte Struktur wurde mit Stahlbeton befestigt.
Das Gebäude beherbergt heute das Museo Nationale del Cinema, das bedeutendste Filmmuseum Italiens.
Eine spektakuläre Aufzugskonstruktion zieht im Innern der Mole einen gläsernen Lift frei schwebend an Führungskabeln durch den Hauptraum unter der Kuppel hindurch zu der Aussichtsplattform in 85 m Höhe. Von hier hat man eine wunderbare Sicht über die Stadt und bei klarem Wetter bis zu den Alpen.
Die Mole Antonelliana ist auf der italienischen 2-Cent-Münze dargestellt. Sie war auch Vorbild für das offizielle Logo der Olympischen Winterspiele 2006 in Turin.
Was ich bei der Programmplanung nicht bedacht habe, dass heute, am Sonntag viele Besucher die Mole aufsuchen werden. Eine lange Schlange erwartet uns vor dem Ticketschalter. Wir müssen mit unserer Piemont-Card zwar nichts bezahlen, aber anstehen müssen wir schon. Alex meint, nein danke, ohne ihn, doch Anneken, die schon 2006 die Mole besuchen wollte, besteht darauf. Sie will bleiben und warten. Also lässt sich auch Alex überreden und steht mit Anneken Schlange. Ich darf mich auf eine nahe Bank setzen. Mein Kreuz würde durchbrechen, ewig zu stehen. Ein kleiner Junge hat sich einen klappbaren Stuhl mitgebracht, witzig anzusehen, aber ganz schön schlau. Nur langsam geht es vorwärts. Max. 10 Personen passen in den Aufzug. Das kann also dauern. Nach 60 Minuten sind Anneken und Alex bis zum Einlass an den Ticket-schalter vorgerückt und ich geselle mich zu ihnen, damit wir zusammen eingelassen werden. Nun, die Karten erhalten wir und dann heißt es wieder, Schlange stehen, warten vor dem Aufzug. Das dauert nochmals ca. 30 Minuten. Irgendwann sind wir dann auch an der Reihe und schweben im Aufzug auf die Aussichts-plattform und ich muss sagen, das Warten hat sich gelohnt, Danke Anneken! Wir haben eine herrliche Sicht auf die Stadt. Bei unserem Rundgang auf der Plattform stellen wir fest, dass hier viele Russen zu Besuch sind. In einer Ecke entdecken wir eine "Raucherecke", unglaublich. Nachdem wir wieder mit dem Aufzug nach unten gefahren sind, suchen wir erst einmal eine Toilette. Eine wird grad geputzt, also zur nächsten, immer weit zu laufen. Anneken schaut gar nicht erst lange, hinein in die Herrentoilette und so verschwindet Alex in der Damentoilette. Ich kann warten und fotografiere die schönen Türen in der Zwischenzeit. Anschließend kaufen Anneken und ich noch einige Köstlichkeiten für Zuhause (Risotto, Schokolade etc.) in einem schönen Laden unten in der Mole ein.
Dann heißt es, Richtung Hotel wandern. Wir sind alle ganz schön müde und so machen wir eine kleine Trinkpause in einem netten Cafe. So gestärkt geht es über die Via Giuseppe Verdi zum Piazza Castello, vorbei an der schönen "Kanalratte" weiter über Via Roma bis zum Hotel. Alex passt wie ein Schiesshund auf, dass Anneken und ich nicht bei Rot über die Straße laufen. Es ist schon dämmrig, viele Menschen sind noch unterwegs. Unter den Arkaden gibt es kleine Stände, die Gemüse, Obst, Schinken, Wurst, Süßigkeiten und guten Wein verkaufen. Dies ist eine Tradition am ersten Sonntag im November, wie mir Laura später erklärt. Auf der Piazza San Carlo zeigen Künstler ihre Kunststücke, Musikanten spielen - einfach alles sehr schön, das italienische Leben hier so zu sehen und zu erleben. Ich fühle mich an meine Zeit in Milano zurückversetzt. Alex und Anneken schauen zu, wie eine Farinata herstellt wird. Ich bin müde und laufe daher allein zum Hotel zurück, will mich vor dem Abendessen noch etwas ausruhen.
Antonio von der Rezeption unseres Hotels hat für mich die Reservierung für das Abendessen geändert - wir gehen zur Osteria degli Ottoni. Dort können wir zu Fuß hinlaufen und brauchen kein Taxi.
Laura, der es inzwischen besser geht, kommt mit Bus zum Hotel und auch Maria ist pünktlich um 19.30 Uhr startklar und so spazieren wir durch das schön beleuchtete Turin über die Via Roma, Via Gramsci, Via Andrea Doria zur Via Pomba. Doch hier verirren wir uns ein bisschen, statt nach rechts zu gehen, laufen wir nach links. Gott sei Dank merkt Alex, dass die Hausnummern immer höher werden und wir falsch sind. Laura und ich sind so in unser Gespräch vertieft, dass wir gar nicht richtig schauen. Zudem dachte Laura, wir seien auf dem richtigen Weg. Ich rufe das Lokal an und frage, wo wir hin müssen. Der nette Inhaber erklärt uns, dass wir in die andere Richtung gehen, den Platz überqueren sollen und dann seien wir schon fast da. Gesagt, getan und so erreichen wir die kleine, aber sehr gemütliche Osteria. Der Besitzer und seine Bedienung begrüßen uns freundlich. Es gibt nur wenige Gerichte, aber das bedeutet immer, dass alles gut und frisch ist.
Unser Essen:
Anneken Vorspeise mit 3 verschiedenen Anchovis-Gerichten, anschließend Risotto mit Anchovis und roter Beete, später Eis. Laura Fasanenbrust (15 Euro), später Schokoladentorte (5,50 Euro). Uschi Gnocchi mit Wildragout (11 Euro), danach Fasanenbrust (15 Euro), kein Nachtisch. Anneken, Laura und ich teilen uns einen Liter Rotwein (Ruche - 13 Euro) und zwei Karaffen Wasser - kostenlos.
Mario Gnochi mit Wildragout (11 Euro), Nachtisch Panna Cotta (5,50). Alex gefüllte Zwiebeln (Hack) (10 Euro), Kalbsteak auf Kartoffeln (14 Euro). Mario und Alex teilen sich einen Liter Rotwein, Barbera (13 Euro).
Das Essen ist ausgezeichnet, alles sehr lecker und schön angerichtet. Ein netter Herr am Nebentisch macht ein Gemeinschaftsfoto von uns allen, endlich mal.
Wir haben natürlich eine Gesamtrechnung von ca. 150 Euro, die wir schnell an der Kasse auseinander rechnen, so dass jeder seinen Anteil bezahlt. Leider vergessen Anneken und Laura, Trinkgeld zu geben, was ich nicht schön finde, denn in diesem Lokal hat alles gestimmt. Mich macht das etwas sauer und ich erhöhe daher meinen Tipp für die nette Bedienung.
Wir machen uns durch die schön erleuchteten Straßen auf den Rückweg zum Hotel. Laura begleitet uns. Aus Verärgerung lade ich nur sie zu einem Kaffee ein. Die anderen lasse ich selbst bezahlen, obgleich ich eigentlich heute einen Absacker ausgeben wollte.
Allerdings haben bisher nur Anneken und ich die anderen eingeladen, Alex und Mario haben sich nicht daran beteiligt. Irgendwie ist die Stimmung gekippt. Laura fährt mit dem Bus zurück nach Hause und wir anderen gehen um 0.30 Uhr schlafen.
Am Poufer steht ein Denkmal für Giuseppe Garibaldi - er ist der populärste italienische Nationalheld.
Aufbruch: | 30.10.2014 |
Dauer: | 5 Tage |
Heimkehr: | 03.11.2014 |