Radl-Ferntour von Frankfurt am Main nach Neu-Ulm
2. Etappe 16.6.2015: Erbach - Lauffen am Neckar
Nach einer kurzen Irrfahrt zu Beginn des zweiten Tages wegen einer etwas unglücklich angebrachten Radwegausschilderung (ein älterer ortskundiger Herr sagte selbst, daß diejenigen, die Radstrecken ausschildern, oft nicht an die Ferntourer denken, die das erstemal die Gegend durchradeln) lief es ein Stück an der schwach befahrenen B45 entlang, noch dazu gab es eine längere Baustelle mit einseitiger Straßenführung, so daß ich mit dem übrigen Verkehr recht gut "mitschwimmen" konnte.
Kurz darauf erreichte ich das imposante Himbächel-Viadukt, mit 43m Höhe die höchste Eisenbahn-Brücke Hessens. Gebaut von 1880-1881. Bin ja letztes Jahr schon mit dem Zug über dieses Viadukt gefahren, aber vom Zug aus kann man leider nicht diese faszinierende Baukunst feststellen, die in diesem oder auch anderen alten Bauwerken steckt. Dies sind keine in neuzeitlicher Taktschiebebauweise erstellten Betonmonster, die die Talbrücken von Autobahnen und Eisenbahn-Neubaustrecken heutzutage darstellen, sondern noch Bauwerke, die in viel aufwendiger Handarbeit geschaffen wurden und der Nachwelt hoffentlich noch lange zum Bestaunen erhalten bleiben.
Bin zwar Hobby-Eisenbahner, aber mein Ausweich-Fahrweg von der B45 führte mich ungeplant zum Himbächel-Viadukt
Bald nach dem Viadukt wieder eine Ankunft in der Vergangenheit, speziell für Nostalgiker: Am Bahnhof Hetzbach-Beerfelden, wie auch an anderen Bahnhöfen, die von der Bahn an Privatleute veräußert wurden, "strahlen" noch die schwarz-weißen Embleme aus Zeiten der Deutschen Bundesbahn und nicht die rot-weißen Gegenstücke der Deutschen Bahn AG seit der Bahnreform in 1994.
Ab Hetzbach-Beerfelden bog ich dann komplett vom Verlauf der B45 ab und folgte der "Siegfriedstraße", also auf sagenreichem Pfade in Form einer langen kurvenreichen Steigung bis zur Passhöhe am Waldgasthof Reußenkreuz auf einer Höhe von 515 m ü NN. Von dort ging es wieder recht kurvenreich verschlungen abwärts bis Schöllenbach, so daß mich nicht einmal die Autos überholen, geschweige denn abschütteln konnten. Übrigens auch eine Strecke mit vielen schweren Motorrad-Unfällen, weil mit viel zu viel Selbstüberschätzung in die Kurven gerast wird... Da ich von einem Anwohner gewarnt war, hatte ich die Hände ständig an den Bremshebeln und ließ mich auf keine Fliehkraft-Experimente ein.
Am Anstieg in Hetzbach in Richtung Reußenkreuz. Die dunkle Skulptur vor der Krähberghalle soll Khan Attila darstellen.
Auch im Odenwald gibt's glückliche Kühe, hier am Anstieg nach Reußenkreuz.Auch mindestens eine (aus der Ferne) komplett weiße Quotenkuh ist dabei
In Schöllenbach fuhr ich nochmals aus dem Tal heraus und nahm einen Abstecher auf die Anhöhe bei Würzberg, wo der römische Limes verlief und gut erhaltene Reste eines Römerbades zur Ausübung der damaligen römischen Badefreuden noch vorhanden sind.
Am Anstieg nach Hesselbach, von wo es weiter nach Würzberg geht, eine von unzähligen Fingerhut-Pflanzen.
Im Waldgebiet vor Würzberg ein Hinweis auf Wildschweine. Laut nebenstehender, jedoch nur schwer lesbarer Hinweistafel recht zahme Wildschweine in diesem Bereich eines Privatwaldes, die sich füttern lassen, jedoch zu jeder Zeit unberechenbar werden können. Man sollte sie nicht unnötig reizen. Irgendwie hat man dann schon ein etwas flaues Gefühl, aber die Neugier auf's Römerbad war größer als ein Rückzug und gesehen hab ich auch keine einzige Wildsau.
Auf dem Weg zum Römerbad passierte ich zuerst noch einen ehemaligen Wachtposten des Odenwald-Limes mit Palisadenzaun und einen sehr ausgefallen geformten Baumstamm. Schließlich gelangte ich zum Römerbad Würzberg.
Zurück in Hesselbach benützte ich nochmals ein kurzes Stück Waldweg, das zum 3-Länder-Eck Bayern - Baden-Württemberg - Hessen führte.
Übrigens möchte ich noch erwähnen, daß in dieser Gegend sehr viele Fern-Wanderer am sogenannten Nibelungensteig entlangwandern, der über eine Länge von 124 km von Zwingenberg an der Bergstraße über die Höhen und Täler des Odenwaldes bis nach Freudenberg am Main führt. Damit durchzieht er den Odenwald komplett von Westen nach Osten. Insgesamt erwarten den Wanderer über 4000 Höhenmeter.
Der Grenzstein des 3-Länder-Ecks von oben abgelichtet. Der Daumen in Baden-Württemberg, der Zeigefinger in Hessen, die übrigen drei Finger im hochgelobten Bayern-Lande (do bin i dahoam !). Natürlich habe ich den Grenzstein in der kleinen Lichtung auch umschritten, damit ich jedes Bundesland komplett betreten hatte. Auf den Seiten des Grenzsteines sind übrigens die Initialien KB, GB und GH für Königreich Bayern, Großherzogtum Baden und Großherzogtum Hessen eingeschlagen.
Nach diesen zwei Abstechern verlief die Fahrtroute vom Höhenzug südlich von Hesselbach im flotten Tempo eine längere Abfahrt hinab nach Kailbach, wo am dortigen Bahnhof ein im Voraus geplanter Zwischenhalt ablief. Auch dort kann man der Meinung sein, daß die Zeit stehen geblieben sein könnte.
Am Beginn des 6 km langen Gefälles nach Kailbach nochmals ein römisches Überbleibsel vom Kleinkastell Zwing.
Nochmals zur Orientierung: rechts weg nach Kailbach, dann mein nächster Durchgangspunkt mit besonderem Geografie-Wechsel: Eberbach
Kailbach, der Bahnhof auf der grünen Wiese, befindet sich in Privatbesitz. Deshalb auch hier noch das s/w-Emblem der Deutschen Bundesbahn am Gebäude. Auch der Bahnsteig auf dem sich mein Rad befindet, besteht aus grüner Natur. Hier besteht wirklich Prärie hoch drei ! Übrigens bin ich nicht mit der Odenwald-Bahn weitergeradelt, sondern weitergekurbelt.
Nach Kailbach hatte ich noch 13 km am Flüsschen Itter zurückzulegen und gelangte dann nach Eberbach. Dort erfuhr meine Streckenführung eine geographisch prägnante Wendung, da es jetzt stromaufwärts am Neckar(tal)radweg entlang ging.
Auch wenn der Odenwald noch nicht ganz zu Ende gekommen ist und der Neckar hier durch den Naturpark Neckartal-Odenwald fließt, sage ich an dieser Stelle: Servus, Adé und Auf Wiedersehn lieber Odenwald - hast mich schwer beeindruckt, war kein Fehler mit dem Rad durch Teile von dir entlang zu rollen. Statt an den kleinen Flüsschen Mümling und Itter, geht's jetzt am Neckar entlang mit seinen großen Schleusenanlagen, mit Ausflugs- und Frachtschiffen.
Blick von der Neckarbrücke in Eberbach stromaufwärts Richtung Heilbronn und Stuttgart. Die erste Zeit fuhr ich auf der rechten Neckarseite auf diesem Foto dahin. Geographisch gesehen ist es ja die linke Seite, da es stromaufwärts geht.
An der Staustufe bei Rockenau verläßt gerade ein Frachtschiff die Schleusenanlage in Richtung Heidelberg/Mannheim.
Eine der wenigen Stellen meiner Streckenführung am Neckar entlang, wo ein direkter Zugang zum Neckar möglich war.
Was für beste Wasserqualität spricht: kein Stein, sondern eine geschlossene, lebendige Muschel zw. Daumen und Zeigefinger. In diesem Bereich gab es nicht wenige davon.
Schloss Zwingenberg auf der Nordseite des Neckars. Eine Passantin, die mir auf meinem Weg entgegenkam, sagte mir auf meine Anfrage, daß dort der Prinz von Baden wohne.
Kurz nach Schloss Zwingenberg endet mein Radweg und es heißt auf dieser schmalen Brücke neben einer Fahrspur für Kfz vorübergehend auf die Seite der Ortschaft Zwingenberg zu wechseln. Nach ca. 3 km neben der B 37 wurde ich aber wieder auf die linke Seite des Neckars auf einen ruhigen landwirtschaftlichen Fahrweg zurückgeleitet und blieb auch bis zu meinem mehr oder weniger "ungeplanten" Etappenziel auf dieser "linken" Seite des Neckars.
Keine Burg-, sondern eine neuzeitliche Technikruine: Das seit etwas über zehn Jahren stillgelegte Atomkraftwerk Obrigheim.
Burg Hornberg in Neckarzimmern, die einst dem Ritter mit der eisernen Hand, Götz von Berlichingen, gehörte. Dieser ist uns allen durch das ihm zugeschriebene Zitat: LmaA (aus dem hochdeutschen gekürzt) bekannt. Wer's nicht wissen sollte, kann ja eine der zahlreichen Suchmaschinen bemühen...
Gemäß obiger Bildbeschreibung war ja nach einem abwechslungsreichen Radl-Tag inzwischen der frühe Abend erreicht und Heilbronn bei normaler Tourengeschwindigkeit ohne zeitliche Hetze nicht vor 19:00 Uhr erreicht und eine Quartiersuche vor Ort ist ja bekanntlich nicht immer gleich von Erfolg gekrönt.
Also habe ich die eigentlich unsinnige Flucht darüberhinaus getätigt und bin ohne dort zu suchen kurzerhand weiter getourt.
Nach wenigen km bin ich dann nach Nordheim gekommen, wo es eigentlich genügend Zimmer gegeben hätte, wären sie nicht gänzlich BELEGT gewesen.
Bin halt nicht der einzige, der Mitte Juni mit dem Rad, zu Fuße oder sonstigen Fortbewegungsmitteln am Neckar oder der weiteren Gegend unterwegs ist.
Die erste telefonische Weitervermittlung einer belegten Unterkunft ging noch ins Leere und die Anspannung nach oben, aber ich denke daß es die dritte Weitervermittlung war, die mir dann das ersehnte verfügbare Zimmer bescherte.
Dies bedeutete zwar nochmals (entspannte) ca. 5 km nach Lauffen am Neckar weiterzuradeln, wo ich letztendlich kurz nach 20:15 Uhr mein Zimmer im Hotel Elefanten beziehen konnte, hätte aber kein Problem gehabt, wenn's noch bis zur richtigen Dämmerung gedauert hätte. An so einem optimalen Radl-Tag mag man gar nicht aufhören, solange man etwas sehen kann.
Aber nebenbei angemerkt:
Auch dieses letzte Zimmer war wie am ersten Tag in Erbach nur aufgrund einer kurzfristigen Absage verfügbar. Da besteht natürlich ein Konflikt zwischen Dahinrollen soweit die Räder rollen und einer Zimmervorbuchung.
Ein Kompromiss wäre da schon ab der zweiten Nachmittagshälfte mit einer geruhsamen Durchschnittsgeschwindigkeit den ungefähren noch möglichen Restweg abzuschätzen und das virtuelle Zielgebiet auf der Karte mittels Handy-Internet und z.B. bettundbike.de abzusuchen.
Vielleicht beim nächsten mal...
Nachdenklicher wird man natürlich von mal zu mal - auch wenn's letztlich wieder mal gut ausgegangen ist.
Aufbruch: | 15.06.2015 |
Dauer: | 4 Tage |
Heimkehr: | 18.06.2015 |