Edinburgh - Schottland
Britannia und Gruseltour
Auch heute morgen mache ich mich wieder über´s Hotelfrühstück her und latsche dann zu Fuß los zur Waverley Bridge, an der die diversen Sightseeing-Busse ihren Startpunkt haben. Heute morgen benötige ich ein Ticket (14 GBP) für den Majestic Bus, der die Strecke über die new town via botanischem Garten zum Hafenviertel Leith am Firth of Forth bedient und somit auch eine überaus wichtige Haltestelle am Ocean Terminal, welches eine riesige Einkaufsmall beherbergt und eine der absoluten TOP-Sehenswürdigkeiten ganz Groß-Britanniens: Die ehemalige königliche Yacht Britannia.
Für die Britannia kann (und sollte man unbedingt) vorab ein e-ticket ordern, man bezahlt es online per Kreditkarte und bekommt es papiermäßig per Luftpost innerhalb weniger Tage zugestellt, natürlich kostet das Ding 14 GBP... Die ewigen Eintrittspreise in Höhe von 14 GBP sind übrigens nicht "out-of-the-blue", sie entsprechen einfach nur ziemlich genau 20 EUR, was den restlichen Kontinent betrifft, liegen damit deutlich höher, als die sonst üblichen 10-15 EUR für entsprechende Sehenswürdigkeiten Festland-Europas, sind aber noch nicht "over-the-moon".
Diese Straße hinunter heißt "Fleshmarket Close", also Fleischmarkt-Gasse auf deutsch. Dass eine so breite, autobefahrbare Straße "Close" heißt, ist ungewöhnlich.
Was hat es mit den vielen, vielen sogenannten "Close´s" in Edinburgh auf sich ? In der Regel sind Gassen, die sehr eng und schmal sind, mit dem Namen "xxx-Close" benannt. Oft sind es superschmale Durchgänge zwischen Häuser-Komplexen, manchmal auch super-enge Treppen, die unterschiedliche Höhenniveaus von Straßen verbinden. Das stammt alles aus dem Mittelalter, da war die Armweite einer Straße schon enorm zwischen den ganzen Gebäuden und ärmlichen Behausungen. Unten in so einer Close lebten die Ärmsten der Armen im Müll, Dreck und unter unvorstellbaren Bedingungen, etwas weiter oben vielleicht einfache Handwerker (ebenfalls sehr bescheiden), noch weiter oben einfache Kaufleute und ganz oben die echten Bürger der Stadt.
Dazu später mehr aus einer echten, uralten Close, jetzt weiter im Text.
Der Klotz im Hintergrund ist ein Bahnhofshotel ! Es stammt aus dem Jahr 1902, hat eine riesige Uhr (was für Bahnhöfe damals und heute wichtig war und ist) und nunmehr eine über 100-jährige Tradition. Die Uhr geht um 3 Minuten vor, was Absicht ist, damit die Leute ihren Zug nicht verpassen. Nur am 31.12. jeden Jahres (auf schottisch Hogmanay) geht die Uhr richtig. Kein geringerer als Sean Connery hat 1991 das Hotel wieder eröffnet nach umfangreichen Modernisierungsarbeiten. J.K. Rowling hat in diesem Hotel "Harry Potter" zuende geschrieben. "The Deathly Hollows" entstand in Zimmer Nr. 552 in 2007. Die Suite ist jetzt nach ihr benannt und kostet die Kleinigkeit von 1.000 GBP pro Nacht.
Princes Street Garden - man sieht noch, dass es mal ein Fluss war. Im Hintergrund links übrigens die Scottish National Gallery mit den tollen Gemälden, die ich gestern besucht habe.
Union Jack und die blau-weiße schottische Flagge - auch genannt St. Andrews Cross oder auch Saltire oder auf gälisch Bratach na h-Alba
Ich warte derweil an der Waverley Bridge auf das Auftauchen des Majestic Busses und möchte angesichts dessen, was sich so an ekelhaften Substanzen auf dem Gehweg und den Parkbänken befindet, überhaupt nicht wissen, was sich hier nachts abspielt. Auch Edinburgh ist eine normale, europäische Großstadt mit allen Licht- und Schattenseiten. Die Schattenseiten sind - wie überall - in der unmittelbaren Bahnhofsgegend zu finden. Kotze auf dem Gehweg, leere Flaschen, viel Müll, tja - und wie´s aussieht auch - Blut und Scheiße. Nun ja.
Wenige Minuten später bin ich im Bus und der cruist nun durch die New Town von Edinburgh, ein architektonisches Meisterwerk, welches zwischen 1767 und 1850 im georgianischen Stil entstand und seit 1995 auch UNESCO-Weltkulturerbe ist zusammen mit der Altstadt. Seht selbst:
klassizistische Bebauung und die hypermoderne Straßenbahn, die vom Flughafen bis zum Bahnhof fährt. Die Kosten für den Bau der Tram sind völlig außer Kontrolle geraten und sie scheint bei der einheimischen Bevölkerung auch nicht soo sehr beliebt zu sein. Einige sagen: Totale Geldverschwendung...
Pub´s sind immer so toll. Ganz egal, wo in GB - ich lieeebe die urigen Pub´s. Und ein spezielles National-Gesöff namens Pimm´s. Zwar ist Schottland Whisky-Land (womit man mir gestohlen bleiben kann), trotzdem gibt es auch hier diesen komischen Pimm´s-Cocktail, lecker !
Typisches Gebäude New Town. Ach, übrigens: Sollte man in Edinburgh ernsthaft krank werden, ist man am besten Ort der Welt, um mega-professionell behandelt zu werden: Edinburgh hat eine der besten medizinischen Fakultäten der Welt an der Uni. Hier in Edinburgh hat auch Sir James Young Simpson die Narkose mithilfe von Chloroform erfunden. Schon Queen Victoria hat er mit seinem Narkotikum für ihre 9. Geburt betäubt.
Wir nähern uns unserem nächsten Stopp an den Royal botanic gardens. Der ist riesig, umfasst etliche Hektar Land und beherbergt seltenste Pflanzen und Bäume. Selbst ein Land, wie China, musste sich hier Saat und Setzlinge herholen, um ursprünglich chinesische Pflanzen zuhause wieder ansiedeln zu können. Über die Jahre waren diese Pflanzen in China ausgerottet, in Edinburgh haben sie bei guter Pflege überlebt...
Im Ocean Terminal muss man sich einmal ganz nach oben begeben, um das Besucherzentrum für die Britannia zu erreichen. Heute morgen ist noch nicht viel los, die ganze Mall ist ziemlich menschenleer und auch im visitor center muss ich nirgends Schlange stehen, ich bin halt früh dran heute.
Bevor man die Britannia betritt, gibt es eine kleine, aber gut gemachte Ausstellung zu diesem Schiff, der Geschichte, der Besatzung und natürlich der ehemaligen Bewohnerin, der Queen.
Wichtig, zu wissen ist: Die Britannia war niemals Privateigentum der Queen, sondern immer Bestandteil der nationalen royal navy, also Staatseigentum, die Crew bestand auch immer aus Mitgliedern der Marine, also alles Militär. Nur deswegen durfte der Staat Groß-Britannien der Queen 1997 auch ihr liebstes Stück aus Kostengründen wegnehmen und es seither für die Öffentlichkeit zur Schau stellen.
Britannia wurde in einer schottischen Werft gebaut in Clydebank (daher musste sie auch zwingend nach Schottland zurückkehren nach ihrer Außerbetriebnahme). Am 16.04.1953 lief die Yacht vom Stapel, da war Elizabeth noch nicht einmal offiziell gekrönt. Aber Elizabeth taufte die Britannia im April 1953 und wurde im Juni 1953 gekrönt.
Übrigens war die Britannia von Bau an so konzipiert, dass sie im Kriegsfall als Hospitalschiff hätte eingesetzt werden können. Dieser Fall ist jedoch nie eingetreten. Nur fast: 1986 wurden 1000 Flüchtlinge aus Aden/Jemen mit der Britannia evakuiert.
Lizzy hat sich echt eine Träne aus dem Auge wischen müssen, als sie ihre heiß-geliebte Britannia aufgeben musste, aber es musste sein, das Schiff wurde einfach zu teuer für den britischen Steuerzahler. Anlässlich ihres 60-jährigen Thronjubiläums durfte sie aber zumindest wieder auf dem Beiboot der Britannia auf der Themse herumschippern.
Die Tour durch die Britannia ist genau vorgegeben und man hat auch keine Chance, den durchgetakteten Weg zu verlassen. Man bekommt nur zu sehen, was man auch zu sehen bekommen darf. Und zwar von ganz oben bis ganz unten. Und von Deck zu Deck geht es nicht über die engen Schiffstreppen im Inneren der Yacht, sondern über ein separates Treppenhaus mit Stahltreppen im Gebäude des Ocean Terminals.
...und los ! Hinein da ! Wenn man das erste Mal die Ausmaße des Schiffes von der Seite aus sieht (und das ist der 1. Blick aufs Schiff), ist man überwältigt, wie groß das Ding tatsächlich ist ! Das ist keine Yacht, sondern ein ausgewachsener Dampfer. Vor vielen Jahren habe ich mal die Yacht "Dannebrog" des dänischen Königshauses gesehen, auch schon ansehnlich, aber fast 50 m kürzer, als die Britannia...
Wirklich außergewöhnlich finde ich, dass es tatsächlich eine gläserne Garage an Bord gibt, in der ein Rolls Royce Phantom V geparkt ist. Beim Bau der Britannia erachtete man die Notwendigkeit einer solchen Unterbringungsmöglichkeit für eine Staatskarosse für unerlässlich. Obwohl es auch jedes Mal ein echter Staatsakt war, das Ding an Bord zu hieven. Seilwinden waren dazu erforderlich und die Stoßstangen des RR mussten jedesmal abgeschraubt werden. Ging die Reise in unwirtlichere Teile der Erde, wurde statt des Rolls Royce kurzerhand der königliche Landrover eingepackt.
Auf den letzten Reisen der Britannia bekam die Garage allerdings meist eine ganz andere Funktion, weil fast an jeder Destination vor Ort ein angemessenes Vehikel für die Queen bereitgestellt werden konnte: Die Garage beherbergte dann die Bier-Ration der Crew...
Auf dem Veranda-Deck. Hier verlustizierten sich die Passagiere und auch teils Crewmitglieder bei Spiel und Spaß in der Sonne. Hinter den bläulichen Fenstern oben befindet sich heute ein Tearoom. Man kann also heute ganz genüsslich und stilvoll auf der Britannia Tee trinken, Gurkensandwiches und Scones mit clotted cream schnabulieren. Oder gleich den ganzen Tearoom für eine private Party mieten. Das Schiff muss heute Geld verdienen, wie auch immer...
Die Sun Lounge mit großen Fenstern auf das Veranda Deck hinaus war das Lieblingszimmer der Queen. Hier hat sie ihren five o´clock tea eingenommen, hier hat der Duke of Edinburgh an seiner Staffelei gemalt. Intelligent in die Bambusholzverkleidungen der Wände eingelassene Schränke beherbergen Kühlschränke für die Lieblingsgetränke der royal family. So stehen selbst heute noch Flaschen in den teils geöffneten Schränken mit Champagner und vor allem dem Leib-und-Magen-Gesöff von Queen Mom, Dubonnet.
Ebenfalls in die Wandverkleidungen eingelassen ist die "Stereo-Anlage" der Britannia, ein vorsintflutlicher Plattenspieler !!!
Nun geht es ins Shelter-Deck, also Wohndeck der royal family, wo sich 4 Schlafzimmer mit ensuite Bädern befinden, darunter die Schlafräume der Queen und von Prinz Philipp. Das Schlafzimmer der Queen ist mit hellem Holz und floralen Mustern dekoriert, alles noch original so, wie 1953. Trotzdem nicht altmodisch, einfach nur zeitlos, die Royal´s mögen wohl nicht so sehr viel Veränderung. Und sie mögen´s eigentlich auch recht bescheiden, denn irgendwelchen Mega-Pomp sucht man hier vergeblich.
Hier also nächtigte die Queen. Die altmodischen Telefone sind übrigens dieselben, die sie heute noch im Buckingham Palast hat.
Dunkleres Holz, weniger Schnickschnack, aber eine Verbindungstür zum Schlafzimmer seiner Frau: Das Zimmer des Duke of Edinburgh.
Im Flur eine Truhe aus Kiribati. In der Britannia stehen viele Staatsgeschenke herum, die auf den Törns weltweit so überreicht wurden...
Die einzige Kajüte mit Doppelbett: Sie befindet sich auf der Backbordseite und ta dah: Hier haben Prinz Charles und Prinzessin Diana ihre Flitterwochen verbracht !
die unspektakuläreren Bereiche sind ziemlich normale Schiffsausstattung. Aber: Hier gibt es öffentliche Toiletten ! Eigentlich "muss" ich gar nicht so nötig, aber die Gelegenheit auf der Britannia die Toilette zu benutzen, lasse ich mir nicht entgehen... WAS für ein Schwachsinn, aber lasst mir meinen Spleen...
Den 21 Offizieren an Bord ging es auch nicht wirklich schlecht. Hier hatten sie ihre Offiziers-Lounge mit Bar und allem Pipapo.
Das silberne Schiff ist ein russischer Salzstreuer ! Es stammt vom letzten russischen Zar und es dauert 1 Woche, das Ding bis in die letzte Ritze zu putzen.
Viel interessanter ist aber die Story um den kleinen Teakholz-Klammeraffen, der am Schiff herabhängt: 1957 besuchte Elizabeth II. Kopenhagen und bekam den Affen geschenkt, ein Entwurf des dänischen Designers Kay Bojesen, heute ein sehr gefragtes Kult-Design-Objekt. Ich habe gerade mal nachgesehen, bei ebay muss man für den Affen heute so ca. 120 EUR ausgeben. Auf der Britannia landete der Affe im Offiziersheim und wurde fortan ständig umgehängt. Nach einer Weile hatte sich eine Tradition eingeschlichen rundum den Affen: Spätestens alle 2 Tage musste er woanders hängen und gefunden werden, alles andere hätte Unglück gebracht.
Sehr cool ist: Meine Eltern haben genau diesen Affen auch, ein Original von Kay Bojesen. Trotzdem der Affe so klein ist, ist er in mehr als 40 Jahren auch bei uns nie verloren gegangen, wir haben immer gewusst, wo er gerade hängt und auch bei uns hat der Affe oft den Platz gewechselt. Jetzt hängt er schon lange in der Wohnstube meiner Eltern an einem Bilderrahmen. Vielleicht werde ich ihn jetzt mal wieder umhängen...
Die Britannia hat 3 Kombüsen: Eine für die Queen + Familie und Gäste (die Köche wurden vom Buckingham Palast mitgebracht oder sogar extra eingeflogen), eine für die Offiziere und eine für das Fußvolk. Alle miteinander werden sie niemals schlecht gegessen haben, nur von unterschiedlichen Tellerchen und Löffelchen. Die einen pures Silber, die anderen Blech.
Dies ist keine Kombüse, sondern Spezialgebiet der Britannia. Erinnert ihr euch ? Hospitalschiff, so ursprünglich konzipiert für Kriegszeiten ? Yep, dies ist das Labor an Bord für medizinische Zwecke.
... in den offiziellen Speisesaal für Staatsempfänge. Bis zu 56 Menschen konnten hier Platz nehmen, darunter waren die Clinton´s, die Reagan´s, Winston Churchill, Margret Thatcher und auch Boris Jelzin. Es dauerte bis zu 3 Stunden, die Tische zu decken und die Anordnung der Gedecke wurde mit dem Lineal gezogen. Die Dekoration am Haupttisch waren 2 goldene Kamel-Statuetten, die Queen E. II in Dubai 1979 vom damaligen Scheich geschenkt bekam. Die wertvollsten Stücke an Bord...
drawing room, also Wohnzimmer der Queen und Familie. Die Ausstattung war in Teilen ein Geschenk aus Schweden - man sieht deutlich den IKEA-style nein, Quatsch. Vieles der Ausstattung kam auch von der alten königlichen Yacht, der "Victoria & Albert III". Im Foto nicht zu sehen ist ein Mahagoni-Bücherregal, und was da drin steht ? Die komplette Sammlung von James-Bond-Büchern...
Der Flügel ist seetauglich auf dem Fußboden fest verschraubt. Noel Coward hat ihn für Prinzessin Margret auf einer Karibikreise bespielt, ansonsten aber auch sehr gern Prinzessin Diana.
hier in den Mannschaftskabinen ist der Luxus definitiv zu Ende. Es ist eng, es gibt nur noch Gemeinschaftsunterkünfte, es dürfte gemüffelt haben und es ga einfach keine Privatsphäre.
überraschenderweise gibt es einen winzig kleinen shop an Bord für fudge. Für 5 GBP kann man sich hier Süßigkeiten direkt von der Britannia kaufen, ich lasse es.
Mail Office - das braucht heute auch keiner mehr. Aber hier wurden echte "Papierbriefe" an die Crew ausgeliefert.
nach über 3 Stunden, die ich auf der Britannia verbracht habe + im Ocean Terminal geht es zurück nach Edinburgh durch das Hafenviertel Leith.
Boah, ich bin sooo platt und mache jetzt ca. 2 Stunden Siesta. So sah übrigens mein Hotelzimmer im Ibis Southbridge aus.
Ein touristisches Spezialgebiet in Edinburgh sind die vielen angebotenen Gruseltouren. Da haben die verschiedenen Veranstalter einiges in petto: Spätabendliche Spaziergänge durch die engen close´s der Stadt, durch unterirdische Gewölbe und über Friedhöfe, eine Fahrt im Ghost-Bus, die murder & mystery-Tour, die Geister- und Foltertour, die Auld Reekie-Gruseltour und natürlich gibt es auch den Edinburgh Dungeon. Überall in den Straßen der Altstadt hängen Werbeplakate für die Touren, scheinbar big business in Edinburgh.
Ich hingegen habe mich für den auf tripadvisor hochgelobten Klassiker entschieden, die ca. 1-stündige Tour namens "The real Mary King´s Close", da kann man nämlich auch am hellichten Tag hinein und unheimlich ist es trotzdem, weil alles unterirdisch ist in dunklen Gewölbekellern.
Selbstverständlich kostet der Eintritt 14 GBP, was sonst ?
Der Eingang befindet sich direkt gegenüber der St. Giles Kathedrale. 15 Minuten vor Beginn der Tour sollte man dort sein. Es gibt dort auch ein nettes kleines Café für Snacks und Getränke, Toiletten und - natürlich - einen Souvenirshop. Dazu später.
Mary King´s Close ist eine echte alte Gasse aus dem 17. Jahrhundert. Damals war sie nicht unterirdisch, sie war dicht bevölkert, lag nahebei dem Nor Loch, also dem Fluss, Weiher oder See - wie immer man das bezeichnen möchte - der heute der Prince´s Street Garden ist. Die Gebäude waren damals in den 1630ern schon mehrstöckig, ganz unten in den Kellerlöchern lebten die Ärmsten der Armen, darüber einfache Handwerker, darüber einfache Kaufleute und ganz oben die etwas besser gestellten Kaufleute, die jedoch trotzdem noch in ärmlichen, stinkenden Gassen leben mussten.
Ich stehe jetzt in den Startlöchern für die Tour mit ca. 20 weiteren Personen aus aller Welt. Im Wartebereich gibt es ein Modell zu sehen von dem Komplex, durch den wir uns gleich bewegen werden. Es ist auch hier schon ziemlich düster und die Guides laufen in historischen, mittelalterlichen Kostümen durch die Gegend. Wir warten vor einer dunklen Tür, durch die ab und an mark-erschütternde Schreie nach außen dringen. Ach du Sch..., eigentlich mag ich mich nicht so gern erschrecken, ich hasse Gruselfilme und laufe vor allem Blutrünstigen direkt davon. Aber mitgefangen, mitgehangen... ich hab´s ja so gewollt.
Ein netter, junger Typ taucht auf, mittelalterlich gekleidet. Sehr modern werden unsere Tickets gescannt, fotografieren dürfen wir gar nicht - so werden wir aufgeklärt - und ansonsten sollen wir aufpassen, wo wir hintreten. Sollte jemanden die Klaustrophobie packen, einfach Bescheid sagen. Es gibt schnelle Wege hinaus.
Die dunkle Tür geht knarzend auf und wir wandern über viele Stufen abwärts in sehr dunkle Gewölbe. Ich will nicht zuviel verraten für alle, die es sich ansehen möchten und dazu rate ich dringend jedem Edinburgh-Besucher ! Es ist große Show, gut gemacht, witzig und mit angemessenem Gruselfaktor ausstaffiert, es ist anschaulich anhand von Projektionen, Puppen, sonstigen drastischen Darstellungen, immer schön schummerig, aber niemals beängstigend. Die Tour vermittelt einen guten Eindruck vom mittelalterlichen Leben und Sterben in der Altstadt, von Pest, Tod, Elend, Hunger, Mord und Totschlag. Die wohl wahre Geschichte von Mary King, nach der die Gasse benannt ist, bildet das Story-Gerüst der Erzählungen während der Tour. Irgendwann sitzen wir alle in einem finsteren Verlies, selbst die letzte Kerze wird gelöscht und in vollständiger Dunkelheit lauschen wir einer Gruselgeschichte. Ich warte jeden Moment auf den "Buh"-Effekt, der uns alle zum Kreischen bringen soll, aber er kommt nicht. Ich bin nicht traurig darüber, aber ein klein wenig mehr Gruselfaktor hätte selbst ich mir gewünscht. Am Ende der Tour treten wir auf die eigentliche Mary King´s Close, die echte Gasse, hier wird ein Foto von jedem Besucher geschossen, das für weit überteuerte 5 GBP im angeschlossenen Souvenirshop gekauft werden darf. Ich hab´s getan, weil ich eh sonst keine Fotos von der Tour gehabt hätte.
Mein Fazit zur Tour "the real Mary King´s Close": Gut, lohnenswert, die 14 GBP auch definitiv gut angelegt, einen gewissen Gänsehautfaktor gibt es, aber es ist keine Horror-Show. Man kann es auch mit (nicht zu kleinen) Kindern machen, das englisch der Guides ist sehr gut verständlich (der Guide auf meiner Tour war aus Nordirland), ein perfekter Abschluss des Tages.
Morgen muss ich sehr früh raus, also Supermarkt-Besuch bei Sainsbury´s, self-catering Abendessen, Anruf zuhause und zzz...
ich musste das Foto abfotografieren, daher die Sch...-Qualität, aber so sieht die Mary King´s Close an der einzigen Stelle aus, von der man ein Foto kaufen (nicht selber machen) darf.
Und das bin ich im gespenstischen lila Licht in der Close. `Tschuldigung für die miese Qualität, das Originalfoto ist bei weitem besser, aber man bekommt einen gewissen Eindruck, hoffe ich.
Aufbruch: | 30.09.2015 |
Dauer: | 5 Tage |
Heimkehr: | 04.10.2015 |