Zwischen Seealpen und Côte d`Azur
Cannes - Côte d`Azur
Hafen von Cannes
Frühmorgens hält sich der Verkehr noch in Grenzen, sodass wir entspannt in die von den roten Felsen des Esterel-Massivs und den Voralpen eingerahmte Hafenstadt Cannes einfahren. Das mondäne Seebad an der Côte d’Azur ist bekannt durch sein Internationales Filmfestival. Hier traf die amerikanische Schauspielerin Grace Kelly zum ersten Mal ihren
Cannes
Märchenprinzen Rainier. Wir finden mit der Siwi problemlos einen Parkplatz direkt an der Uferpromenade. Das historische Cannes besteht aus rund einem Dutzend malerischer Gässchen. Nach einem Bummel durch die Altstadt mit ihren kleinen Boutiquen, Shops, Restaurants und Bars genießen wir mit Blick auf das Spielcasino und die zahlreichen Segel- und Motorjachten der „Reichen und Schönen“ noch einen Cafe unter südfranzösischer Sonne. Dann mahnt schon die Uhr zum Aufbruch. Das Navi schickt uns direkt durch die mittlerweile recht quirlige Innenstadt. Stopp and go. Unzählige Motorroller, die sich an keine Regeln halten und jede Lücke nutzen um durchzukommen. Das ist für einen Rheinländer gewöhnungsbedürftig. Schließlich ist auch dies geschafft und wir erreichen über Grasse die Gorges du Loup (Wolfsschlucht). Die Loup hat hier in Jahrtausenden ein tiefes Bett in die Kalklandschaft der südlichen Provence geschliffen. Wir biegen in Pont du Loup in die Schlucht ab und sind sofort von himmelhohen Felsen umgeben. Neben uns schäumt der Fluss. Eine wilde, romantische Landschaft. Wir durchfahren einige Tunnel, von deren Decke das Wasser tropft, dann entlässt uns die Gorges in das Vallée du Loup. Durch lichte Kiefernwälder und Macchia erreichen wir Gréolières, ein malerisches Dorf am Fuße der Montagne du Chairon (1.770). Hinter dem Ort steigt die D2 zügig in einigen knackigen Serpentinen bergan und es beginnt unerwartet eine traumhafte Fahrt durch die Clue de Gréolières. Die schmale, in den Fels gefräste Straße windet sich am Berghang entlang und durchstößt auf ihrem Weg zum Pas de Tous Vents (1.052) zahlreiche Felsüberhänge. Immer wieder ergibt sich ein phantastisches Panorama hinab ins Tal des Loup. Der Blick reicht bis zu den höchsten Gipfeln der Seealpen.
An der „Les Quatre Chemins“, der Kreuzung von D2 und D5, etwa 2 km westlich von Haut Thorenc, wende ich meine Silver Wing dem Col de Bleine (1.439) zu. Durch Hochwald, Busch und Ginsterwälder zieht sich die verkehrsarme Straße hinauf zum Pass. Dichte Mischwälder begleiten die Abfahrt in langen Serpentinen.
Zwischen dem Dorf Solheilas und dem Lac de Castillon liegt der verkehrsmäßig unbedeutende Col de St. Barnabé (1.365). Die wenigen Kehren führen uns schnell hinauf zum Scheitel. Auf der Nordwestseite durchfahren wir zunächst ein Hochtal, links begleitet vom Crete du Teillon (1.893) und rechterhand vom Sommet de la Gourre (1.878). Vom Croix de la Mission aus, einem kleinen Parkplatz mit eisernem Kreuz, haben wir eine hervorragende Aussicht auf den Lac de Chaudanne und den Stausee Lac de Castillon. 9 Serpentinen, ein Gefälle von bis zu 14%, dann ist der Castillon erreicht. Die D955 führt uns entlang seines Ufers nordwärts, während sich die Sonne auf der weiten, tiefblauen Wasserfläche des Castillon spiegelt.
Zwischen Saint-André-les-Alpes und Moriez erklimmt die N202 über den recht unspektakulären Col des Robines (988). Immer wieder kann ich die Gashand auf der gut ausgebauten Strecke spielen lassen. In Digne-les-Bain biegt das schwarze Asphaltband zum Col de Labouret (1.240) und dem Col de Maure (1.346) ab. Die beiden Pässe sind recht unscheinbar, sodass sie leicht übersehen werden; es gibt auch keine Passschilder. In dem kleinen Bergdorf Le Vernet machen wir an der Gedenkstätte vor der majestätischen Kulisse des Bergmassivs, an dem der Germanwings-Flug 4U9525 sein trauriges Ende fand, einen Stopp. Die Gedanken werden schwer. Die nächsten Kilometer sind wir mit einem betroffenen Gefühl unterwegs.
Wir erreichen Seyne und nehmen, um schneller voranzukommen - was kommt konnte ja niemand wissen - „die Abkürzung“ Richtung Turriers zu unserer Unterkunft. Zunächst ist alles gut. Die D1 ist zwar schmal, kaum 2,5m breit, aber der Asphalt ist gut. Beidseits idyllische Almwiesen. Doch dann erreichen wir das „Schotterland“. Endlose 10 Kilometer über frischem Teer und Splitt. 10 Kilometer gegen die tief stehende Sonne. Fast blind tauche ich in den dunklen Schatten einzelner Baumgruppen ein. Als wenn man der Katze in den ….. fährt.
Dann der Aufstieg zum Col des Garcinets (1.250). Schmal, sehr holprig, sehr einsam und doch von wilder Schönheit. Schwarzer Fels säumt den Weg. Geröllhalden am Rand, Schieferplatten und Dreck auf der Straße. Der Schutt, der hin und wieder vom Berg rutscht, wird offenbar nur beiseite geschoben, um als Fahrbahnbegrenzung zu dienen. Slalomfahrt ist durch diese Mischung aus Buckelpiste und Flickenteppich angesagt. Ich warte ständig darauf, dass hinter der nächsten Kurve die Straße endet. Nicht gerade ein ideales Terrain für einen 236 Kg schweren Motorroller. Die Bremsen glühen. Der Schweiß tropft. Die beste Sozia der Welt trägt sich mit dem Gedanken abzusteigen. Die Passhöhe erweist sich dann lediglich als breiter Durchbruch im Felsgestein mit Passschild.
Hinter Turriers, das sich malerisch gegen die umliegenden Berge abhebt, biegen wir über die D951 zum Col de Sarraut (980) ab. Auf der Nordost-Auffahrt sorgen noch einige Kurven für Fahrspaß, dann tauchen wir ins Vallée du Grand Vallon ab. Hier ist die Apfelernte in vollem Gange; kleine Traktoren knattern durch die Obstplantagen, reges Treiben überall. Ländliche Idylle jenseits aller Touristenströme.
Aufbruch: | 19.09.2015 |
Dauer: | 15 Tage |
Heimkehr: | 03.10.2015 |